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beiden Herren saßen beim Abendrot und unterhielten sich sehr angeregt, tauschten alte Erinnerungen aus und bedauerten nur, daß nicht auch der echte Doktor zugegen war.

      „Er wird dir gefallen,“ meinte Viktor warm. „Ein prächtiger Mensch. Als Kriminalschriftsteller von einer unerschöpflichen Phantasie, als Mensch goldeswert!“

      Als die Uhr an der Wand zehn schlug, machten sie sich zum ausgehen fertig.

      „Hoffentlich laufen wir nicht dem verd… Schließer in die Arme!“ meinte Viktor lachend. „Ich fürchte heute würde er doch stutzig werden.“

      „Und wenn er sich bei der Schmitz erkundigt hat, ob deine Angaben stimmen?!“ fragte der Gast nachdenklich.

      „Hm – das wäre fatal! – Na – hoffen wir, daß er harmlos genug ist, an den Schwindel geglaubt zu haben.“ –

      Wieder war es etwa um einhalb elf Uhr, als die Haustür des Nachbargebäudes sich öffnete und zwei Männer nach einem spähenden Blick die Straße aufwärts und abwärts den Pfeffergang betraten.

      Bis dicht an die Einmündung in die Breitgasse waren sie bereits gelang, als hinter ihnen eine Trillerpfeife ertönte.

      „Verflixt!“ brummte Ruhnau. „Du, ich ahne, die Geschichte geht heute schief!“

      „Allerdings!“ meinte der andere. „Total schief!“

      Aus einer Haustür vor ihnen waren drei Gestalten wie Geister aufgetaucht, kamen auf sie zu. Und hinter ihnen versperrten gleichfalls drei Kriminalbeamte den Weg.

      Kommissar Ihle sprach die beiden an.

      „Einen Augenblick, meine Herren.“ Er zog seine Legitimationsmarke und nannte seinen Amtstitel. Dann fügte er hinzu: „Woher kommen Sie?“ –

      „Von Frau Schmitz, der Witwe eines Straßenbahnoberkontrolleurs, die dort in Nummer …“

      „Danke!“ unterbrach Ihle ironisch den alten Herrn. „Die eine Lüge genügt mir! – Können Sie sich ausweisen?“

      Viktor flüsterte seinem Begleitern schnell zu: „Gib dich nicht zu erkennen!“

      „He – was haben Sie da zu flüstern!“ fuhr Ihle ihn an. „Vorwärts – haben Sie Papiere bei sich, die über Ihre Person Aufschluß geben?“

      „Nein,“ erwiderte Viktor. Und auch der andere sagte: „Bedaure …!“

      „Dann müssen Sie mit!“ entschied der Kommissar.

      Ein bereitgehaltener Taxameter brachten die beiden sowie Ihle und Spengler nach dem Polizeipräsidium.

      Hier in des Kommissars Dienstzimmer konnten die Beamten sich ihren Fang genauer ansehen. Der Alte machte äußerlich einen fast ärmlichen Eindruck, der andere dagegen war ein kräftiger, schlanker Herr in den besten Jahren mit scharfgeschnittenem, bartlosem Gesicht und sehr elegant gekleidet.

      Bevor Ihle noch nach dieser schnellen Musterung etwas äußern konnte, begann der ältere Herr mit feinem Lächeln:

      „Wenn Sie mich gestern verhaftet hätten, Herr Kommissar, wäre mir’s recht unangenehm gewesen. Heute macht es nichts mehr aus.“ Er griff in die Innentasche seines Rockes und holte einen Brief hervor, reichte ihn Ihle und meinte: „Ich brauche also die Post nicht mehr zu bemühen. Sie sehen, der Brief trägt Ihre Adresse.

      Spengler beugte sich vor, erkannte sofort die Handschrift.

      „Sie sind Viktor Ruhnau?“ fragte er gespannt. Ihle fuhr zusammen, rief: „Wirklich – Ruhnau?“

      „Ja, meine Herren. Ich freue mich, daß ich Ihnen diese Überraschung bereiten konnte. – Ich denke aber, wir nehmen Platz. Unsere Unterredung dürfte einige Zeit beanspruchenden.“

      Der Kommissar drehte noch immer halb verlegen den Brief in den Fingern hin und her.

      „Das – das ist ja unglaublich …!“ sagte er unsicher. „Sie waren also in Dr. Wildes Wohnung verborgen! Eine ziemliche Unverfrorenheit!“

      „Nicht verborgen. Ich habe mich dort ganz frei bewegt, nur – krank war ich nicht. Ich vertrat meinen Freund sozusagen.“

      „Daraus werde ein anderer klug!“ rief Ihle unwillig. „Sie schlagen hier überhaupt einen Ton an, der …“

      Viktor schüttelte den Kopf und fiel ihm ins Wort:

      „Wir sind doch Verbündete, Herr Kommissar. – Gestatten Sie jetzt, daß ich Ihnen diesen meinen Begleiter hier vorstelle – –: Herr Kriminalkommissar Haßfeld aus Berlin!“

      Ihle blieb der Mund offen. – Haßfeld streckte ihm lachend die Hand hin:

      „Es regnet Überraschungen, Herr Kollege. – Damit Sie aber an mir nicht zweifeln – hier meine Legitimation mit abgestempelter Photographie!“

      Ihle kam langsam zu sich. „Nein – so etwas! Wer hätte das denken können!“ meinte er, jetzt endlich mit vollem Verständnis für die eigenartige Komik der Situation. –

      Man saß jetzt zwanglos um Ihles Schreibtische herum. Viktor Ruhnau ließ sein Zigarettenetui die Runde machen und blies behaglich die ersten Züge in tadellosen Ringen von sich. Dann begann er:

      „Der Brief dort enthält das, was ich jetzt hier vortragen muß. – Ich will mir die Sache erleichtern und ihn vorlesen. Zunächst aber noch einiges zur Aufklärung für Sie, Herr Ihle, und Herrn Spengler. –

      Ich sagte vorhin, daß mir gestern eine Verhaftung peinlich gewesen wäre. Gestern hatte der, den ich überführen will, nämlich noch nicht auf den Köder angebissen. Heute hat er’s. –

      Hier habe ich die heutige Abendzeitung, und hier sehen Sie eine Annonce, die lautet:

      !! Vase !!

      Diskretion zugesagt. Rückgabe in der Weise, daß dorthin zurückgeschafft wird, wo gefunden, mit aller Vorsicht. Antwort erbeten.

      Diese Annonce ist nicht die erste mit der Überschrift ‚!! Vase !!‘ Und die Antwort, die ich auf die erste dieser Anzeigen durch den Pfandleiher Katzenstein einrücken ließ, ist eben der Köder gewesen. Morgen Abend wird in der Zeitung eine neue zu finden sein.

      !! Vase !!

      Einverstanden! Gegenseitiges Interesse an Diskretion! Heute früh schon an Ort und Stelle gebracht.

      Und vielleicht morgen nacht schon können wir den Mörder haben!“

      Ihle und Spengler riefen jetzt in einem Atem.

      „Die Vase ist der gestohlene Gegenstand …!!“

      „Die Vase – ganz recht!“ nickte Viktor. „Es ist das große runde Ding, das Herr Hönig uns fortschleppen sah.“ Und nach kurzer Pause fuhr er fort: „Sie werden nicht verlangen, meine Herren, daß ich Ihnen den Namen des Mörders schon jetzt nenne und auch das Motiv dieses Verbrechens erläuterte. Gönnen Sie mir bitte die Genugtuung, Ihnen die Spannung auf den Erfolg meines Planes erhalten zu dürfen! Dieser Plan war in allen Einzelheiten genau zurechtgelegt und muß glücken, wenn Sie mir helfen wollen, woran ich nicht zweifle. Hätte der Mörder zum Beispiel einen anderen Ort zur Rückgabe der Vase bestimmt, so wäre ich genau so bereitwillig darauf eingegangen, – denn ob Sie ihn am Tatort selbst oder anderswo festnehmen, bleibt sich gleich. – So, und nun will ich den heutigen Brief verlesen:

      Um den Täter mit voller Sicherheit an den Ort zu locken, wo Sie ihn verhaften können, ist folgendes nötig: Die morgigen Abendzeitungen müssen die Nachricht bringen, daß der Schriftsteller Dr. Wilde unter dem Verdacht des an dem Engländer Tompson verübten Mordes heute, das heißt morgen mittag, verhaftet worden und die Polizei auch dessen Komplizen auf der Spur ist. –

      Hierdurch wird der Mörder in Sicherheit gewiegt werden. Er braucht den, der mit ihm durch die ‚Vase‘-Anzeige verhandelt hat, nicht mehr zu fürchten. – –

      Das ist der eine Punkt. Dann der zweite. Morgen im Laufe des Tages kann

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