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Walther Kabel-Krimis: Ãœber 100 Kriminalromane & Detektivgeschichten in einem Band. Walther Kabel
Читать онлайн.Название Walther Kabel-Krimis: Ãœber 100 Kriminalromane & Detektivgeschichten in einem Band
Год выпуска 0
isbn 9788075831101
Автор произведения Walther Kabel
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Freund …?! – Ich prüfte mich, meine feinsten Empfindungen, dachte an den Augenblick, wo die Madonna meine Hand in den ihrigen gehalten hatte …
Ich war jung. Wenn ich den Frauen bisher aus dem Wege gegangen war, so hatte das seinen sehr ernst Grund. Eine große Leidenschaft hatte einst scheinbar alles in mir aufgezehrt, aufgesogen förmlich, was an wärmeren Gefühlen für das andere Geschlecht in mir lebte … – Gewiß – genug holde Weiblichkeit hatte auch nachher noch meinen Weg gekreuzt. Mit einem gewissen Lächeln überlegenen Wissens hatte ich auf alle herabgesehen: ‚Ich kenne eine, die hunderte von euch nicht aufwiegen, die alles in sich vereinte, was ein Weib begehrenswert macht! Was könntet Ihr mir geben …? Auch ich würde vergleichen, und dann würde die wilde Sehnsucht kommen nach der, die ich einst liebte … Und die jetzt tot ist für mich, tot sein muß!!‘ –
Heute an diesem Vorsommerabend inmitten der Felder, heute, nachdem die Madonna neben mir gesessen, ich in ihre schwermütigen Augen geschaut hatte, – heute zum ersten Mal seit Jahren hätte ich nicht überlegen lächeln können. Ein Neues war in meinem Herzen aufgegangen wie ein zarter Sprößling einer Wunderblume …
Oh – ich doppelter Betrüger …!! –
Ich ging heim und nahm mir vor, die Madonna nicht wiederzusehen …
Der Morgen kam. Ich schaute nach dem Wetter aus. – Klarer Himmel …! Da freute sich der würdige Herr Kanzleisekretär. Daß er am Abend vorher beschlossen hatte, einem blonden Kinde auszuweichen, hatte er längst vergessen …
Ich trank den Morgenkaffee in der Weinlaube im Gärtchen. Frau Klaus brachte mir die Zeitung vom Abend vorher. Ich blätterte darin, suchte nach der bewußten Annonce, fand sie auch. – Aber – nur die Überschrift war dieselbe. Der Text lautete anders …
Ah – also so sandte Tory dem Mörder die Antwort …
!! Vase !!
Mitnahme nur aus Übermut geschehen. Wenn Diskretion zugesagt wird, erfolgt sofort Rückgabe auch ohne Belohnung. Möchte Vase gern und schnell wieder loswerden.
Ich las – las nochmals. – Was sollte diese merkwürdige Antwort?! Was bezweckte Tory damit?! Glaubte er etwa, er würde den Unbekannten dazu verleiten können, die Vase aus meiner Wohnung abzuholen …?!
Doch – alles Grübeln war hier umsonst. Tory kam man so leicht nicht hinter seine Schliche! –
Und eine Stunde später saß ich wieder unter einer Eberesche zwischen Heckenrosen und Brombeersträuchern und … wartete …? Wartete klopfenden Herzens – – ich – Betrüger …!!
Die Madonna erschien sehr bald … Beide Hände streckte sie mir entgegen …
„Sie sind ein guter Arzt, mehr noch, Sie sind ein Zauberer …! – Ich werde Ihren Rat befolgen. Ich werde mir eine geregelte Tätigkeit suchen, werde arbeiten! Es war ein harter Kampf mit meiner Mutter. Bisher habe ich stets in allem nachgegeben, habe fast willenlos gehorcht. Jetzt blieb ich fest …“
Sie seufzte plötzlich, gab meine Hände frei.
„Ja – zu willenlos gehorchte ich,“ fuhr sie leise mit gesenktem Kopf fort. „Ich habe etwas getan, wogegen sich alles in mir sträubte, – etwas Schlechtes …!! Ich bin sonst nicht raffiniert, wirklich nicht. Ich hasse alles Unwahre, Unklare … – Doch – wozu diese Erinnerung aufrühren – wozu …?!“
Ich ahnte, worauf sie anspielte, auf jenen Vormittag, als sie zu dem Pfandleiher ging … Als sie auf dem Postamt sich das an die Kartenlegerin gerichtete Schreiben aneignete, um eine Legitimation für alle Fälle zu haben.
Wir setzten uns. Und ich sagte:
„Wozu man Erinnerungen aufgerührt, kleine Madonna?! – Vielleicht um sich von einem alten Manne bestätigen zu lassen, daß für das Schlechte genug Entschuldigungsgründe vorhanden sind, um es in anderem Licht erscheinen zu lassen, um wieder Ruhe vor dem eigenen Gewissen zu haben!“
Sie sah mich überrascht an.
„Gewissen – ja, das ist’s! – Oh, wie gut Sie doch in meiner Seele zu lesen verstehen …!“ meinte sie leise. „Ich vertraue Ihnen. Daher möchte ich Ihnen beichten, damit Sie entscheiden, ob ich schuldig bin. –
Ich hatte einen Auftrag, nein, einen Befehl erhalten von einem Manne, der mir nahe stehen sollte und den ich doch verachten muß, einem schlimmen Heuchler, einem … –
Doch nein, ich darf nicht sprechen! –
Ich gehorchte jedenfalls. Aber nachher packte mich die Angst vor der Ausführung des Befehles, als ich erst den Gang schon einmal umsonst gemacht hatte, als man von mir einen Ausweis, eine Legitimation verlangte. Da wollte es ein verführerischer Zufall, daß ich auf der Post ein Schriftstück fand, wie ich gerade einige Marken einkaufen wollte. Und … da habe ich dieses Schriftstück benutzt, habe …“
Tränen erstickten ihre Stimme. Und in ihrem reuevollen Schmerz lehnte sie sich wie haltsuchend an mich … Und ich habe sie sanft an mich gezogen … Ich, der würdige Herr Kanzleisekretär – der Betrüger!!
17. Kapitel
Ich sitze wieder in der Laube von wildem Wein. Mutter Klaus’ leicht nach Zichorie schmeckender Kaffee erscheint mir als Mokka … Die ganze Welt um mich her ist verändert …
Ich liebe die blonde Madonna. Die Vergangenheit ist tot. Ich ziehe keine Vergleiche mehr …
Ich liebe sie! Und ich könnte vielleicht unaussprechlich glücklich sein, wenn ich … nicht der Kanzleisekretär Reinhold Henning wäre …!! – –
Frau Klaus bringt mir auch heute wieder die Zeitung. Ob der Mörder wohl geantwortet haben wird …? –
Meine Gedanken werden abgelenkt von dunklen Märchenaugen, schwellenden Lippen, einer süßen Stimme … –
Da habe ich sie ja schon, die Annonce, die Antwort des Mörders.
!! Vase !!
Diskretion zugesagt. Rückgabe in der Weise, daß zurückgeschafft wird, wo gefunden, mit aller Vorsicht. Antwort erbeten.
Ich schüttelte ganz ratlos den Kopf. – Zurückgeschafft …?! Also wieder in das Mordzimmer …?! – Wollte der Mörder sie sich von dort abholen …? – Undenkbar. Würde er so leichtsinnig sein?! Würde er nicht einen Falle befürchten, die man ihm stellte?! Oder vertraute er so fest darauf, daß der, der die Vase mitgenommen hatte, allen Grund hätte, diesen Diebstahl zu verheimlichen und keinerlei Hinterlist anzuwenden …?!
Ich wußte nicht, was ich davon halten sollte. Jedenfalls, wäre ich der Mörder gewesen, so würde ich um keinen Preis mich nochmals in das leere Haus gewagt haben! –
Kaum hatte ich die Zeitung aus der Hand gelegt, da waren meine Gedanken auch schon wieder bei ihr – bei der Madonna, bei Hildegard – Hilde …
Ich sah nach der Uhr. Bald war es Zeit, bald würde ich wieder unter der Eberesche sitzen, lauschen und schauen, – auf die strahlende Jugend, die neben mir war … – –
Auch dieser Tag verging in einem Taumel junger Seligkeit für den alten Herrn Kanzleisekretär … Hildegard ahnte noch immer nichts …
Ein neuer Tag zog herauf. Aber heute war der Himmel mit jagenden Wolken bedeckt. Regen drohte. Der Wind pfiff durch die Bäume und Sträucher. Es war kühl draußen wie im März.
Ich mußte in meinem Hinterstübchen das erste Frühstück einnehmen. Mein natürlicher Bart war inzwischen so nachgewachsen, daß ich mich notwendig, damit der falsche sich durch Abblättern des Klebstoffes nicht löste, rasieren mußte. Gerade als ich bei verschlossener Tür, wieder zum Dr. Karl Wilde