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flehend …

      „Öffnen Sie … Bitte, bitte, – ich muß Sie sofort sprechen, – so–fort …!!“

      „Es geht nicht, Kind … Ich bin gerade beim Anziehen,“ rief ich zurück, vollständig kopflos vor Schreck. – Wie sollte ich mein Madonna jetzt wohl gegenübertreten …?! Ich war ja nicht ihr alter, würdevoller, gütiger Freund, ich war eben … ich selbst …!!

      „So ziehen Sie irgend etwas über – schnell, schnell, – ich muß mit Ihnen reden, – muß, oder …“ Hildes Stimme erstickte in einem lauten Aufschluchzen …

      Ich öffnete. Ich durfte es, soweit es sich um meinen Anzug handelte, – freilich mein Gesicht …!!

      Aber ich sagte mir: Einmal muß diese Spiel ja doch aufgegeben werden! Ich wollte meine Madonna nicht aufgeben – niemals mehr – niemals!!

      Ich trat zur Seite, damit die Klaus mich nicht sah.

      Hilde stürmte ins Stübchen, schaute nach mir hin, wich mit weiten Augen zurück …

      Ich drückte schnell die Tür im Schloß, stellte mich davor.

      „Wer – wer sind Sie …?“ stotterte Hilde. Dann glitt ein Ausdruck des Erkennens über ihr Gesicht, das ganz bleich und blutleer war.

      Sie sank in den plumpen Holzstuhl, schlug die Hände vor das in schmerzlich Enttäuschung zuckende Antlitz und stöhnte verzweifelt: „Auch Sie einer von der Polizei – auch Sie …!!“

      Wie dann alles weiter sich abspielte, was ich gesprochen habe, was Hilde antwortete, ich weiß es nicht mehr, weiß nur, daß sie plötzlich an meiner Brust lag und stammelte: „Rette mich – nur nicht noch mehr der Schande, der Demütigungen …!“

      Ein köstliches Gefühl der Sicherheit ist da wohl in mein Herz eingezogen. Madonna war mein – liebte mich, liebte meine Seele, hatte unter Tränen gelächelt, als ich scheu fragte, ob ich ihr so nicht fremd sei, so als der Schriftsteller Karl Wilde, – – gelächelt unter Tränen und geflüstert: „Fremd …?! Wie sollte das wohl möglich sein …!“ –

      Ja – auf diese Einzelheiten besinne ich mich doch noch, – und darauf, daß wir uns küßten, daß es lange dauerte, ehe ich sie aus den Armen ließ, mich nur mit ihren Händen begnügte, die ich fest umspannt hielt … – –

      Was in dem einsamen Hause ihrer Mutter geschehen war, ist bald erzählt. Zwei Kriminalbeamte waren erschienen, um Haussuchung abzuhalten. Hildes Mutter fiel vor Entsetzen in Ohnmacht, schrie nur noch auf: ‚Alles ist verloren …!‘ Da war Hilde unbemerkt entflohen, zu mir geeilt …

      * * *

      Nachdem ich damals frühmorgens das Haus durch den geheimen Gang und durch das Nachbargebäude verlassen hatte, wartete Viktor Ruhnau auf das Erscheinen der geschwätzigen Frau Meller. Diese hatte einen Schlüssel zur Flurtür, brauchte daher nicht erst die Alarmglocke in Bewegung zu setzen und kam nun, als sie in der kleinen Küche das Kaffeewasser auf den Gaskocher gestellt hatte, in des Doktors Arbeitszimmer, um hier mit dem Aufräumen zu beginnen.

      Viktor saß am Sofatisch und sagte freundlich:

      „Morgen, Frau Meller …!“

      Die kleine, bewegliche Person erstarrte erst zur Salzsäule. Dann grinste sie und zeigte all ihre Zahnlücken.

      „Ach nee, Herr Ruhnau, Sie hätten mir wirklich beinahe erschreckt! Sie sind doch mal ein ulkiger Herr …!! Wozu haben Sie sich denn so maskiert …?“

      Sie trat näher, faltete die Hände über der Schürze, musterte kopfschüttelnd den Freund ihres Doktors und fügte hinzu: „Wahrhaf’gen Gott, wenn ich Ihnen nicht an die Stimme erkannt hätte, ich hätt geschworen, Sie wären’s nich!“

      Viktor lachte. „Ich bin’s auch nicht, Frau Meller, – darf es nicht sein! Ich bin jetzt Dr. Karl Wilde.“

      „Aber Herr Ruhnau, was reden Sie da bloß für’n Unsinn …! Nee – können Sie ulkig sein!“

      „Mir ist nach Ulk verteufelt wenig zumute, – wirklich nicht! Alles andere als das! – Aber – da, setzen Sie sich! Der Kaffee hier ist noch heiß. Ich habe eben mit Karl ein Abschiedstässchen getrunken. Schenken Sie sich nur ein! Ich kenne ja Ihre Leidenschaft für dieses Getränk. – Vorwärts, – ich habe nämlich mit Ihnen zu reden!“

      Sie gehorchte zögernd. Viktor mußte aber selbst die Kanne nehmen und ihr die Tasse füllen. Dann begann er, indem er im Zimmer langsam auf und ab ging, eifrig dabei seine geliebten Zigaretten qualmend …

      „Nun passen Sie mal genau auf, Mellern! Sie wissen von dem Morde im Hause gegenüber … Die Polizei sucht natürlich mit allen Mitteln dem Täter auf die Spur zu kommen. Bisher ist ihr nur ein Erfolg beschieden gewesen, sie hat zwei Herren in Verdacht, die allerdings infolge einer Verkettung besonderer Umstände tatsächlich nicht ganz ‚hosenrein‘ erscheinen, was diesen Mord anbetrifft. In Wahrheit sind sie schuldlos. – Diese beiden Herren kennen Sie sehr gut, Frau Meller …“

      „Um Himmels willen,“ rief das Weiblein entsetzt, „doch nicht etwa der Herr Doktor und Sie …?!“

      Viktor blieb vor ihr stehen, nickte ernst. „Allerdings, Mellern, – Karl und ich! Und besonders hinter mir ist die Polizei am eifrigsten her. Deshalb die Verkleidung, deshalb war ich verreist. Aber auch Karl droht vielleicht Verhaftung. Er ist daher nun ebenfalls verduftet.“

      „Gott nee – mir wird ganz schwach, Herr Ruhnau.“ Schnell trank sie die Tasse leer. „Wie sie nur bei solche Gelegenheit noch ‚verduftet‘ sagen können …!!“ fügte sie mißbilligend, aber auch bewundernd hinzu.

      „Auf den Ausdruck kommt’s ja nicht an, nur auf die Tatsache als solche. – Also – Karl ist nun weg, und ich will hier seine Stelle einnehmen. Dies ist nötig. Warum, das sollen Sie später erfahren. Wenn nun jemand während des Vormittags, wo Sie doch noch hier sind, nach mir fragt, das heißt nach Ihrem Doktor, weisen Sie jeden mit dem Bemerken ab, ich sei krank und liege zu Bett. – Verstanden?“

      „Jawohl, Herr Ruhnau. Wird gemacht. – Aber – hm –, wenn nun wer am Nachmittag oder Abends kommt?“

      „Dann hängt draußen an der Flurtür ein Zettel: ‚Dr. Wilde erkrankt. Bestellungen usw. sind bei Frau Meller, Pfeffergang 2, Erdgeschoß links, auszurichten‘, und dann öffne ich einfach nicht. –

      Im übrigen können sie unauffällig überall erzählen, ich hätte starkes Fieber, und man könnte nicht wissen, was für eine Krankheit sich noch daraus entwickeln würde.“

      „Schön, soll gesorgt werden …“

      „Die Hauptsache aber, Mellern, zu niemandem ein Wort, daß ich jetzt hier Ihren Doktor spiele! – Sie könnten uns sehr schwer schaden, wenn Sie nicht reinen Mund hielten! Sind Sie verschwiegen, so sollen Sie nachher bare fünfzig Mark erhalten.“

      „Fufzig Mark – – Ach nee …?! Dafür lasse ich mir das Maul für Wochen zubinden, Herr Ruhnau! Aber – auch ohne dem Jelde hätt’ ich Ihnen nie reinjelegt durch Redereien – niemals nich! Gerade Ihnen nich! Sie sind ‘n so feiner Herr, und doch stets freindlich zu unsereinen, und zu Weihnacht haben Sie mir auch zehn Mark und das scheene Tuch jeschenkt …“

      Viktor reichte der Alten jetzt die Hand.

      „Also sind wir einig, Mellern?“

      „Und ob …!!“

      Der Tag verging. Niemand ließ sich sehen mit Ausnahme des Postboten und der Zeitungsfrau.

      Viktor wurde die Zeit lang. Aber vor Dunkelwerden wollte er sich doch nicht ins Freie wagen. Erst gegen zehn Uhr abends verließ er des Freundes Wohnung mit Hilfe des Verbindungsganges, begab sich zu Katzenstein, der in alles eingeweiht wurde und die Annoncen besorgen mußte, ging dann nach dem Telegrafenschalter des Hauptpostamtes, wo er eine nur mit Viktor unterzeichnete lange Depesche an den Kriminalkommissar Haßfeld absandte, und besuchte schließlich noch eine kleine, gemütliche Kneipe in der Hundegasse, die das Stammlokal

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