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Walther Kabel-Krimis: Ãœber 100 Kriminalromane & Detektivgeschichten in einem Band. Walther Kabel
Читать онлайн.Название Walther Kabel-Krimis: Ãœber 100 Kriminalromane & Detektivgeschichten in einem Band
Год выпуска 0
isbn 9788075831101
Автор произведения Walther Kabel
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
In meinem Schlafzimmer spielte Tory dann bei dicht geschlossenen Vorhängen Theaterfriseur – an mir! Er hütete sich, daß sein Schatten je auf die Vorhänge fiel.
Während er mich in einen alten, würdigen Herrn verwandelte, erstattete er weiter Bericht über seine Erlebnisse.
Was er in Heubude ausgekundschaftet hatte, darüber glitt er schnell hinweg. Auffallend schnell sogar. Ich hatte das Gefühl, daß er mit etwas zurückhielt. Ich erfuhr nur, daß die blonde Madonna Hildegard Schollert hieß, daß sie mit ihrer Mutter, einer noch sehr stattlichen Dame, in dem einsamen Hause wohne und daß der Konsul dort recht häufig aus und eingehe, stets aber abends käme und in Heubude allgemein als Bruder der Frau Schollert bei den nächsten Nachbarn gelte.
Dann erzählte Tory, wie er heute abend gleich nach seiner Ankunft sich zu Katzenstein begeben habe, unbekümmert um den Kriminalbeamten, der Isidors Haus beobachtete. –
„Wie sollte der Mann ahnen, daß ich der vielgesuchte Viktor Ruhnau bin!“ meinte er mit einem gewissen Stolz. „Meine Verkleidung hat sich tadellos bewährt. –
Bei Katzenstein hörte ich, was du mit ihm verhandelt hattest. Ich ließ ihn bei dem Glauben, daß du indische Altertümer in einem Roman mitverwerten wolltest und daß nur deshalb die Rede auf die Lahore-Vase gekommen sei. Er teilte mir nach einigem Zureden dann folgendes über ‚seine‘ Lahore-Vase mit:
Diese hatte ihm ein Herr gebracht, der ein Zeugnis des Direktors der Königlichen Museen vorwies, daß die plumpe Urne einen Wert von mindestens fünfzigtausend Mark als eine der seltsamsten Raritäten indischen Kunstgewerbes habe. Natürlich dachte Katzenstein nicht im entferntesten daran, diesen Wert einer Beleihung zugrunde zu legen. Er gab dem Herrn nur dreihundert Mark, und der Mann war – recht merkwürdig!! – auch zufrieden. Auf Namen und Aussehen des Vasenbesitzers besinnt er sich nicht mehr, meint aber, der Herr hätte einen recht vornehmen Eindruck gemacht und sich wohl als Forschungsreisender ausgegeben. –
Der brave Isidor erlebte an der Seelenurne jedoch wenig Freude. Sie roch seiner Geruchsempfindung nach nach Leichen, und er war froh, als er dem ‚Forschungsreisenden‘ dann bereits nach zwei Tagen die Vase wiedergeben konnte. Er nennt sie nur ein ‚unheimliches Ding‘. Na – so ganz unrecht hat er damit ja nicht! – –
Von Katzenstein lenkte ich meine Schritte nach der Parallelstraße des Pfefferganges, der Lavendelgasse. Eine ganz bestimmte Absicht hatte ich dabei. Ich wollte feststellen, ob man nicht von der Lavendelgasse aus in das leere Haus gelangen könne. –
Ja, man kann’s sogar sehr bequem und unbemerkt. An die Rückseite des leeren Hauses schließt sich ein Lagerplatz mit langen Schuppen an, dessen Torweg in die Lavendelgasse führt. Der Holzzaun dort ist leicht zu übersteigen. Ich probierte es, schlich über den Lagerplatz, erkletterte einen zweiten Zaun und stand im kleinen Hofraum des leeren Hauses. Ich hatte mich mit Dietrichen schon bei Katzenstein versehen, so daß es mir keine großen Schwierigkeiten machte, in das Innere des alten baufälligen Kastens zu gelangen. Ich habe dort jedoch nichts von Wichtigkeit entdeckt – nichts! Aber – und das ist wertvoll! – ich weiß jetzt, wohin der Mörder damals seinen Rückweg genommen hat, – über die beiden Zäune.“
Schließlich berichtete er nun auch, daß Katzenstein ihm die Annonce ‚Vase!‘ gezeigt hätte. –
„Ich hoffe“, sagte er, „diese Annonce wird dem Mörder verhängnisvoll werden. Der Mann glaubt die Diebe der Vase leicht ‚einwickeln‘ zu können, fühlt sich ihnen geistig so überlegen, daß er dieses gefährliche Spiel mit der Anzeige ruhig wagt. Daran siehst du schon, ein wie ernsthafter, starker Gegner dieser Mann ist. Nun – wir werden eben noch schlauer sein!!“
Er preßte jetzt die Lippen so fest aufeinander, daß sein Mund nur noch ein schmaler Strich war. Sein Gesicht hatte einen Ausdruck angenommen, der mich fast erschreckte.
„Tory, du siehst aus, wie Satanas, der nach einer armen Seele greift,“ meinte ich beklommen.
„Nein – wie die Vergeltung!!“ sagte er hart und schneidend. Und fügte hinzu – in ganz anderem Ton, so leichthin: „Du wirst morgen in der Zeitung eine Antwort auf die Vasen-Annonce finden, Karl. Gib Acht darauf.“
Dann hielt er mir einen Handspiegel vor das Gesicht.
„Bist du zufrieden?“
Ich mußte es sein! Er hatte seine Sache vorzüglich gemacht.
Er gab mir noch für Heubude ganz genaue Verhaltungsmaßregeln. Ich wieder hatte noch allerlei Fragen. Ich fürchtete für seine Sicherheit. Wie leicht konnte er der Polizei in die Hände geraten bei diesem gefährlichen Unterfangen, mich hier in seiner Wohnung zu vertreten. Ich hielt es geradezu für ausgeschlossen, daß ihm nichts zustieß. –
Ich war ehrlich und brachte alle meine Bedenken vor.
„Mein Plan ist so einfach,“ meinte er lachend. Er war jetzt beständig so übermütig, so lebhaft. Wo war nur der blasierte Viktor geblieben …?!
„Ja, sehr einfach, lieber Trommler! Deine Aufwärterin geht für mich durchs Feuer. Sie wird meine Verbündete werden.“ –
Einzelheiten erfuhr ich von ihm erst später. Wenn er nicht reden wollte, hätte man ihn foltern können und doch kein Wort herausgepreßt.
Wie falsch beurteilten doch die allermeisten Menschen meinen Freund!! – Das sah ich jetzt erst so recht ein. Und wie oft mag er spöttisch die Lippen verzogen haben, wenn er hörte, daß man ihn das ‚Danziger Gigerl!‘ nannte …!
Ich kam nachher auch noch auf das unheimliche, leuchtende Bild des schwebenden Frauenkopfes zu sprechen.
„Du wirst es noch einmal sehen!!“ sagte er bedeutungsvoll. „Jetzt verkneife dir alle weiteren Fragen danach und denke daran, daß du so schnell mit der Laterna Magika bei der Hand warst.“
Dann wagte ich einen ganz kräftigen Vorstoß.
„Ich weiß nicht, Tory, ich habe das unklare Empfinden, als ob du bereits den Mörder kennst. Weshalb schenkst du mir eigentlich nicht reinen Wein ein?! – Es ist doch sicher, daß die Erscheinung des Weiberhauptes, die Vase, der versetzte Schmuck und das einsame Haus in Heubude gleichsam Seitenpfade sind, die nach einem Ziel hinlaufen, nach dem Mörder, – das heißt, daß das alles zusammen gehört.“
„Großartig – großartig, liebes Karlchen!!“ Er triefte förmlich vor Hohn. „Wenn das alles zusammengehört, so muß es auch verbindende Nebenpfade in diesem Strahlenkranz von Wegen geben! Bitte – schildere mir diese Nebenpfade! Vorwärts! Du bist ja mit Behauptungen so fix bei der Hand!!“
Da gab ich alles Forschen und Bohren auf.
Ich mußte abwarten. – Später, als der Schuldige längst entdeckt war, sah ich erst, wie leicht ein scharfsinniger Kopf diese Nebenpfade des Strahlenkranzes hätte finden können, – wenn auch nicht alle! – –
Vielleicht ist dies auch bereits diesem oder jenem der Leser gelungen. Das sollte mich freuen, und ich mache dem Betreffenden mein Kompliment!
15. Kapitel
Kommissar Ihle und Wachtmeister Spengler hatten soeben in Ihles Dienstzimmer auf dem Polizeipräsidium eine lange Unterredung über den Tompson-Mord gehabt.
„Wir können zufrieden sein mit dem bisher Erreichten,“ sagte der Kommissar zum Schluß. „Wir wissen, wer die Täter sind. Hönigs Zeugnis ist das wertvollste. Er hat die beiden nicht nur gesehen, sondern auch gehört, wie sie nach Verübung des Verbrechens in Wildes Wohnung zurückkehrten. Wenn auch des Schriftstellers Charakter durchaus nicht für seine Teilnahme an einem so schweren Delikt spricht, so ist dies bei Viktor Ruhnau umso mehr der Fall, wie wir durch vorsichtige Nachfrage über dessen ganze Lebensauffassung und Führung festgestellt haben; er