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nichts! Wie sollten sie auch?! Sie hatte ja in dem ehemaligen Kontorzimmer drüben nur eine Spur zurückgelassen, in dem Staube der Tischplatte einen Kreis dort, wo sie gestanden hatte, bevor der Mörder sie herunterhob um sie mitzunehmen.

      Dann zuckte in meinem Geiste plötzlich die so naheliegende Frage auf: Wer hat die Vase überhaupt in das leere Haus gebracht, und zu welchem Zweck ist dies geschehen? – Ein so wertvolles Stück verbirgt man doch anderswo, selbst wenn es gestohlen ist, stellt es nicht auf einen Tisch in ein verschlossenes Zimmer in einem unbewohnten, ebenfalls wohl für gewöhnlich verschlossenen alten Gebäude …?!

      Weiter eilten meine Gedanken, bauten allerlei Schlußfolgerungen auf aus Tatsachen, die wie die bunten Steine eines Steinbaukastens waren. Aber ich brachte nichts Gescheites zurecht mit meinem Kombinieren – gar nichts! Obwohl ich doch weit mehr wußte als Ihle und Spengler.

      Dieser fruchtlosen Geistesarbeit machte das Bimmeln meiner Flurglocke ein Ende.

      Ich ging öffnen.

      Wachtmeister Spengler war’s …!!

      „Haben Sie einen Augenblick Zeit für mich, Herr Doktor?“ fragte er sehr höflich.

      „Ja, bitte …!“ Das klang wohl recht zögernd.

      Wieder saßen wir in meinem Arbeitszimmer. Spengler lehnte die Zigarre, die ich ihm anbot, dankend ab.

      „Bin stets Nichtraucher gewesen und will es bleiben,“ meinte er. „Ich kaufe für das Geld lieber meinen Kindern Süßigkeiten. Und ich habe vier zu Hause, Herr Doktor! Bei den teuren Zeiten ein kleiner Luxus, die vier …! Aber – ich habe meine Freude dran! – Die Älteste sitzt bereits in der vierten Klasse und leistet sehr gutes. Sogar Zierschrift schreibt sie in der Vollendung, besonders Rundschrift.“

      Rundschrift hatte er gesagt …!! – Ich fühlte die grauen Augen fast durchdringend auf mir ruhen …

      Hätte ich mich doch nur besser beherrschen können! – Aber – ich war zusammengezuckt, und alle Energie half nichts, mir schoß das Blut ins Gesicht!

      Schnell täuschte ich einen Hustenanfall vor … Oh – er gelang kläglich … kläglich!

      Und Spengler sprach weiter …

      „Schreiben Sie eigentlich auch Rundschrift, Herr Doktor? – Ich sah da vorhin, als Sie mit meinem Chef auf dem Balkon waren, auf Ihrem Schreibtisch einen Halter mit einer Rundschriftfeder. Ich suche nun für Erna – das ist meine Älteste, schon seit langem eine wirklich gute Feder. Können Sie mir eine bestimmte empfehlen?“

      Ich hätte mich mit den stärksten Schmeicheleien für die unglaubliche Dummheit belegen können, den – gerade den Federhalter nicht weggepackt zu haben!! – Jetzt war’s zu spät! Dieser durch seinen Beruf zu stetem Mißtrauen verpflichtete Kriminalbeamte dachte sicherlich an den Mann, der den Brief mit der Meldung von dem Morde in die Polizeiwache geworfen hatte …! – Daß er von seiner Tochter so harmlos dabei sprach, war Finte, war eine kalte berechnete Schlauheit.

      Jetzt hieß es mehr denn zuvor, jeden Argwohn bei ihm zu zerstreuen …! Ich durfte mich nicht mehr verraten – durfte nicht!

      „Ich schreibe sogar sehr gut Rundschrift,“ erwiderte ich. „Nur – nie mit einer bestimmten Sorte von Federn.“

      „So – so! Schade!“

      Und nach kurzer Pause wieder: „Herr Doktor, Sie wollten, so schien es mir wenigstens, vorhin eine Zwischenbemerkung machen, als von den Zeichnungen gesprochen wurde, besonders als ich im Anschluß daran betonte, Tompson sei ein Inder.“

      „Da haben Sie sich getäuscht, Herr Spengler. Oder aber – diese Bemerkung wäre dann so gleichgültiger Natur gewesen, daß ich sie sofort wieder vergessen habe.“

      Er wiegte den Kopf hin und her. Und plötzlich sagte er dann: „Ich möchte jetzt Gedankenleser sein …!“

      „Weshalb denn, Herr Spengler?“

      „Weil es mir auf Ihre Gedanken mehr ankommt als auf Ihrer Worte.“

      „In diesem Augenblick auch?“ fragte ich scharfen Tones, da ich mir nämlich gerade nicht für Spengler Schmeichelhaftes gedacht hatte.

      „Ja, – denn alles hängt ja doch mit den beiden Männern zusammen, die Ihr leider sehr kurzsichtiger Hauswirt Herr Hönig in der verflossenen Nacht aus dem leeren Hause kommen sah, als er an das Fenster eines Vorderzimmer seiner im ersten Stock gelegenen Wohnung trat, nachdem ihn Gichtschmerzen von seinem Lager aufgescheuchte hatten. –

      Wie gesagt – er ist sehr kurzsichtig, der Hönig, – aber gesehen hat er doch, daß der eine der Leute einen ziemlich großen Gegenstand im Arm trug …“

      Mein Herzschlag setzte aus … Und es war mir, als presse die Hand eines Riesen mit plötzlichem Druck mir auch die Kehle zusammen.

      Aber wie oft gerade in Momenten höchster Gefahr selbst einem Menschen mit geringer Geistesgegenwart ein rettender Gedanke, oder mit einemmal eine erstaunliche Energie zufliegt, so erging es jetzt auch mir.

      Hier stand alles auf dem Spiel …!! – Diese Erkenntnis genügte. Gelang es mir jetzt nicht, völlig harmlos zu erscheinen, dann war mit Sicherheit anzunehmen, daß der Argwohn Spenglers noch weiter wachsen und daß diese Unterredung mit einer Katastrophe endigen würde …! Wir hatten ja einen Diebstahl verübt, wir hatten uns weiter dadurch verdächtig gemacht, daß wir von dem von uns entdeckten Verbrechen die Polizei nicht in üblicher Weise in Kenntnis gesetzt hatten …! Konnte man da nicht gar zu leicht auf den Gedanken kommen, wir selbst seien die Mörder …?!

      Alles stand auf dem Spiel …!!

      Aber ich bekam es jetzt wirklich fertig, etwas überlegen zu lächeln und mit feinem Spott zu sagen:

      „Allerdings, – Herr Hönig ist sehr kurzsichtig, sehr! Zahlt man die Miete, so geht er mit jedem Schein, jeder Münze ans Fenster und prüft, ob auch nicht Falschstücke darunter sind …!!“

      Ich schaute den Wachtmeister dabei ohne Scheu an. Und – er lächelte auch. –

      Ich fügte hinzu:

      „Auf Hönigs Beobachtungen würde ich für meine Person wenig geben, recht wenig, zumal die vergangene Nacht doch sehr dunkel war. Wir, Viktor Ruhnau und ich, begaben uns vor Mitternacht zu Ruhe. Als ich die Vorhänge meiner Schlafzimmerfenster schloß, schaute ich auf die Straße hinab. Da war kaum die Hand vor Augen zu sehen.“

      „Ganz recht, Herr Doktor,“ meinte Spengler jetzt in einem Ton, der sich wesentlich von dem bisherigen unterschied, da das Gespannte, Lauernde, Nebenbedeutungsvolle fehlte. „Ganz recht … Aber der Himmel klärte sich bald auf, sehr bald. Herr Hönig kann sich diese seine Angaben doch nicht einfach aus den Fingern gesogen haben …!“

      „Bewahre, – das wollte ich auch nicht etwa andeuten, – nein! Dazu ist mein Hauswirt viel zu gewissenhaft. Nur – ob er sich nicht insofern getäuscht haben mag, daß es sich bei den beiden Männern nur um harmlose Passanten handelte, – dies wollte ich unterstreichen.“

      Ich redete, lächelte, machte Bewegungen, als sei ich ein Automat. Aber ein sehr guter, naturgetreuer. Die Worte kamen mir über die Lippen, ganz unbewußt, während meine Gedanken anderes dachten …

      Die Gefahr für uns war noch größer geworden. Hönig war wach gewesen, hatte am Fenster gestanden, hatte uns gesehen …!! Konnte er uns dann nicht auch gehört haben, wie wir die Treppe hinauf schlichen …?! Und – wenn er etwas gehört hatte, – wußte Spengler auch davon?! – Ich warte gierig, was Spengler jetzt antworten würde.

      „Harmlose Passanten, – ja, ja, kann sein, Herr Doktor, kann sein!“ sagte er freundlich. „Wir, der Herr Kommissar und ich, messen Hönigs Beobachtung auch keinen besonderen Wert bei.“ – –

      „Eine harte Nuß für uns, dieser Mord …!!“ seufzte er dann und stand auf, um sich zu verabschieden.

      Da fragte ich etwas, das ihn ganz von unserer Harmlosigkeit überzeugen sollte.

      „Seien

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