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– halt!!“ fuhr Tory dazwischen. „Es ist der falsche …!“

      Pinkemüller regte sich. Und mühsam quälte er die Worte hervor: „Sie haben mich sehr erschreckt, meine Herren!“

      Er nahm sich zusammen, blickte um sich. Dann blieb sein Auge auf Tory ruhen. Der trug wieder die Verkleidung des Bureauvorstehers Schmidt.

      „Wer sind Sie …?“ fragte Pinkemüller schnell. „Ihre Stimme ist die meines Neffen, aber …“

      „Ich bin Viktor Ruhnau!“ erwiderte Tory laut. „Und die drei Herren dort sind Kriminalbeamte!“

      Der Professor nahm unwillkürlich den Hut vom Kopf; Schweißperlen glänzten auf seiner Stirn.

      „Kriminalbeamte …?!“ sagte er tonlos. „Nicht – nicht – – das kann nicht sein!“

      Ihle erwiderte streng: „Es ist so, Herr Professor!“ Und er nannte Namen und Amtstitel. „Wollen Sie mir bitte Aufklärung darüber geben, zu welchem Zweck Sie hier eingedrungen sind …?!“

      Pinkemüller brach jetzt völlig zusammen. Ihle und ich stützten ihn, sonst wäre er umgesunken. Haßfeld schob ihm einen Stuhl hin …

      Wir standen um den halb Bewußtlosen im Kreise herum.

      Dann begann Tory ihn auszufragen. Er nannte ihn ‚Sie‘ wie einen Wildfremden. Pinkemüller stöhte darauf …:

      „Ah – er hat mich belogen – der Schuft – der Schuft …!!“

      Die Wut gab ihm die Kräfte zurück.

      Und Tory bohrte und forschte weiter. So erfuhren wir, was uns zu wissen nottat. – –

      Nachher brachte ein Taxameter den Professor, Spengler und die Lahore-Vase nach dem Polizeipräsidium.

      21. Kapitel

       Inhaltsverzeichnis

      Konsul Schimpel saß in seinem Privatkontor an dem großen Diplomatenschreibtisch. – Die Lampe hatte einen grünen Schirm. Unter dieser Beleuchtung sah des Konsuls sonst so energisches Gesicht ganz verfallenen aus – wie eine entstellte Totenmaske …

      Es war Mitternacht; ringsum alles still. Nur er allein befand sich in dem großen Gebäude der Firma – er allein – mit bösen Geistern als Gesellschaft. Und diese Geister waren seine Gedanken …

      Schimpel saß wie eine Statue – mit halbgeschlossenen Augen, den Kopf in die Linke gestützt …

      Wenn Pinkemüller nur erst zurück wäre …!! Wenn nur erst die Vase dort auf dem Tisch stehen würde …!! – Wozu diese Angst …?! Wozu eigentlich?! Es war ja keine Gefahr dabei …!! Pinkemüller würde den Auftrag schon erledigen …! Für tausend Mark würde der noch ganz anderes ausführen …!

      Woher trotzdem dieses lähmende Furchtgefühl?! Woher diese Unrast, diese Unsicherheit, dieser Verlust der früheren geistigen und körperlichen Spannkraft …?! –

      Das verd… Mädel, die Hildegard, – daß sie auch ausgerechnet zu Katzenstein mit dem Schmuck sich hinverirren mußte …!! –

      Ja, seit er dies wußte, seit die indische Halskette bei Katzenstein sich befand, war er ganz aus dem seelischen Gleichgewicht gekommen, verfolgten ihn ständig Gespenster …! Wenn er recht hatte, wenn Katzenstein nachforschen ließ, wer das Mädel gewesen, wenn ein Zufall ihn auf seine Spur führte, – – dann – dann war alles verloren …! Kam der Stein erst einmal ins Rollen, so gab’s kein Halten mehr …! – –

      Schimpel hob plötzlich lauschend den Kopf. Die Seitenpforte wurde aufgeschlossen, die den zweiten Zugang über eine schmale Treppe zu seinem Privatkontor bildete.

      Es konnte nur Pinkemüller sein …!! Er hatte ihm den Schlüssel der Pforte mitgegeben.

      Schimpel sprang auf, knipste den Kronleuchter an.

      Dort neben dem Bücherschrank hinter der Portiere war die zweite Tür nach der schmalen Seitentreppe hin.

      Schimpel eilte dem Schwager entgegen …

      Ob er die Vase mithatte …?! Ob sie noch unversehrt sein mochte, ob die Geschmeide und der Frauenkopf sich noch darin befänden …?

      Er schlug die Portiere zur Seite. Da öffnete sich schon die Tür …

      Ihle wurde sichtbar, dahinter Viktor Ruhnau, Haßfeld und ich …

      Der Konsul prallte zurück. – Wir traten schnell ein.

      Schimpel mußte bessere Nerven haben als ich. Obwohl bleich wie der Tod, fragte er dennoch ärgerlichen Tones:

      „Was soll das, meine Herren?! Was wünschen Sie hier?!“ Unwillkürlich eilte seine Augen jedoch mit Fluchtgedanken nach der anderen Tür hin.

      Haßfeld war’s, der den Blick richtig deutete, der schnell an dem Konsul vorbei schritt und sich vor jenen Ausgang stellte.

      Schimpels Gesicht wurde grau.

      Da erwiderte Ihle: „Wir haben verschiedene Fragen an Sie zu richten. Setzen Sie sich dorthin! – Bitte – gehorchen Sie …!!“ Der Ton duldete kein Widerstreben, und der Konsul ließ sich in den Sessel fallen.

      Ihle setzte sich gleichfalls. Und auch wir drei anderen zogen uns Stühle herbei.

      Schimpel spielte nervös mit dem Brillantring am kleinen Finger. Es war ein sehr eigenartiger, alter Ring.

      Ihle schaute mahnend zu Tory hinüber. Das hieß: ‚Bitte – beginnen Sie doch!‘

      Tory stand auf, entfernte die Perücke, den falschen Bart … Der Bureauvorsteher mauserte sich, wurde zu Viktor Ruhnau.

      Des Konsuls stiere Augen, unnatürlich geweitet, klebten auf dem Gesicht des Stiefsohnes, der nun zu ihm sagte – kalt und schneidend:

      „Geben Sie zu, daß Sie den Brahmanen, den indischen Priester aus Lahore, der sich hier Tompson nannte, ermordet haben …?“

      Schimpel schwieg, zog mit dem Versuch eines verächtlichen Lächelns die Achseln hoch.

      Da sprach Tori weiter:

      „Ich werde Ihnen beweisen, daß Sie der Mörder sind! Hören Sie – und wenn Sie können, widerlegen Sie mich! – –

      Damals an jenem Abend, in jener Nacht besser, in der der Inder ermordet wurde, beobachteten wir die leuchtende Vase drüben im leeren Hause, wir – Dr. Wilde und ich. –

      Ich wußte genug von den Eigentümlichkeiten der Lahore-Vase, um mir auch den strahlenden Frauenkopf sofort richtig zu deuten; ich wußte daß, nach Abschaffung der Witwenverbrennung in Indien durch die Engländer, ganz im geheimen ein neuer Brauch aufgekommen sein sollte, anstatt aus Liebe und Treue zu dem toten Gemahl die nunmehr verbotenen Scheiterhaufen zu besteigen, sollten die Witwen indischer Fürsten sich durch einen Trank betäuben und dann freiwillig – – enthaupten lassen. Der Kopf aber wurde einbalsamiert und auf besondere Art präpariert, dann mit dem wertvollsten Schmuck der Toten geschmückt und in eine jener berühmten Vasen eingegossen. – –

      Ich sah das Frauenhaupt, sah die gleißenden Diamanten und hätte schon in jenem Moment schwören können, es ist eine der neueren Lahore-Vasen, die dort drüben steht. –

      Wir hörten aber auch die Todesschreie des Opfers, gingen hinüber, fanden die Leiche und nahmen die Lahore-Vase mit. –

      Wer der Tote war, wußte ich bald. Tompson aus den Nebenhause – Tompson, der am Nachmittag vor dem Morde aus der Dachluke mit einem Fernglas in jenes Zimmer hinein gespäht hatte. – –

      Die Vorsehung schickt uns oft auf gar seltsame Wege. Sie, Herr Konsul Schimpel, hatten dafür gesorgt, daß ich nicht, wie es mir zustand, die vollen Zinsen meines Erbteils erhielt. Und so haben sie mich eigentlich, da ich dringend Geld brauchte, zu

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