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Die menschliche Familie nach ihrer Entstehung und natürlichen Entwickelung. Friedrich von Hellwald
Читать онлайн.Название Die menschliche Familie nach ihrer Entstehung und natürlichen Entwickelung
Год выпуска 0
isbn 4064066112547
Автор произведения Friedrich von Hellwald
Жанр Документальная литература
Издательство Bookwire
Die Monogamie oder Einzelehe, welche einige der höher stehenden Völkergruppen und insbesondere die höchstgestiegenen christlichen Kulturnationen Europas zur Grundlage ihrer Gesittung erhoben haben, die Einzelehe, welche unsere Morallehrer gewohnt sind, als die Form κατ’ ἐξοχὴν der menschlichen „Ehe“ zu betrachten, existiert gar nicht selten bei den Tieren. Sie wird vorerst geradezu zur Notwendigkeit bei den sehr zerstreut lebenden Spezies, wie z. B. bei vielen Raubtieren, sowie bei allen jenen, welche nur paarweise leben können, sei es dass ihre Nahrungsmittel selten, sei es dass sie von Haus aus besonders ungesellig sind. Doch sind diese Bedingungen nicht einmal unbedingt unerlässlich, und es giebt sogar einige, wenn auch wenige, monogame Affenarten. Der indische Makak Uanderu (Macacus silenus) hat nur ein Weibchen und bleibt ihm treu bis zum Tode. Cuvier erzählt auch, dass als im Jardin des plantes zu Paris eines der Uistitiäffchen (Harpale Jacchus) gestorben war, der überlebende Gatte sich trostlos gebärdete, lange Zeit die Leiche liebkoste, endlich aber von der Wirklichkeit überzeugt, seine Augen mit den Vorderpfoten bedeckte und so lange ohne Nahrung liegen blieb, bis er schliesslich selber zu leben aufgehört hatte. Wohl etwas weniger „sittlich“, wenn man so sagen darf, aber noch immer als Beispiel empfehlenswert, benimmt sich der Orang-Utan. Das Männchen lebt nämlich nur in der Zeit der Paarung mit dem Weibchen vereinigt, die übrige Zeit meistens allein und für sich.[26] Doch stiess der britische Leutnant C. de Crespigny im südlichen Borneo auf eine Orang-Utan-Familie, bestehend aus dem Männchen, dem Weibchen, einem grösseren und einem kleineren Jungen, woraus sich schliessen lässt, dass ihr Bündnis schon längere Zeit bestanden haben müsse. Bei dem ausserordentlich scheuen Nschiego-mbouvé, dem kahlen Schimpanse (Troglodytes calvus) des äquatorialen Westafrika, dessen Schädel viel geringere Unterschiede von jenem der Australier aufweist, als mancher im stillen wünschen möchte, nimmt nach Angaben der Eingebornen am Bau des Nestes das Männchen wie das Weibchen teil. Dieser Anthropoide lebt, wie es scheint, nicht herdenweise, sondern einsiedlerisch und in Monogamie; mit einem lauten, eigentümlichen „Yuh! Yuh!“ ruft er in der Dämmerung seine Genossin herbei.[27]
Auf diese Beispiele ist nicht geringes Gewicht zu legen, weil die Anthropomorphen nicht bloss als die höchst organisierten Tiere, sondern auch als die nächsten animalischen Verwandten des Menschen zu betrachten sind. Weniger Wert messe ich deshalb der Monogamie in der Vogelwelt bei, welche dem Menschen unvergleichlich ferner steht. Gerade das gefiederte Volk ist reich an Beispielen von Einzelverbindungen, welche übrigens eine merkwürdige Ähnlichkeit mit dem Eheleben gesitteter Menschen aufweisen. Sing- und Raubvögel, Raben, Elstern, Tauben, Sperlinge leben vielfach in lebenslänglicher Einzelehe. Zu den ganz unzertrennlichen Vögeln gehören die sonst wilden Lerchenfalken. Sehr viele Vögel scharen sich im Herbst in grösseren und kleineren Gruppen, aber auch hier sind die einzelnen Paare treu vereint. Bei anderen Zugvögeln vereinigen sich die Männchen und Weibchen in besonderen Schwärmen und begeben sich, in dieser Weise getrennt, auf die Wanderung; im Frühling finden sich jedoch stets dieselben Paare wieder zusammen. Pfarrer Snell, ein aufmerksamer Beobachter, sagt über das uns beschäftigende Thema: Die Ehen der Vögel werden meist im Frühjahre nach dem Geburtsjahr geschlossen, und es findet dabei eine ganz bestimmte Wahl statt, deren Gründe ebenso wenig zu enträtseln sind, wie die der Menschen, wenn nicht die gewöhnlichen Rücksichten des Lebens obwalten. Oft entscheidet der blosse Zufall oder, wenn mehrere Bewerber sich um die Braut drängen, das Recht des Stärkeren. Selbst wenn die Überzahl auf seiten der Weibchen ist (was selten vorkommt, da es bei den Vögeln mehr Männchen als Weibchen giebt) entstehen oft heftige Kämpfe der Eifersucht. In der Ehe selbst kommen Streitigkeiten nicht vor. Das Weibchen ordnet sich dem Männchen unter, geht also ihren menschlichen Schicksalsgefährtinnen mit gutem und lehrreichem Beispiele voran. Die Wahl des Nestes z. B. trifft immer das Männchen, und es sind bei Sperlingen und Tauben Fälle beobachtet worden, wo das Männchen aus Dummheit oder Ängstlichkeit einen ganz unpassenden Platz wählte, das Weibchen aber sofort Material herbeischleppte, obwohl dasselbe gar nicht anzubringen war. Nur bei Lerchenfalken kommen zuweilen Streitigkeiten vor, die aber nie zu Thätlichkeiten führen. Die ganze Innigkeit und Treue der Vogelehe zeigt sich uns am schönsten in den Pärchen der Prachtfinken und kleinen Sittiche. Hier ist vollkommene Harmonie des Wollens und Thuns; diese beiden Tierchen trennen sich während ihres ganzen Lebens freiwillig keinen Augenblick; sämtliche Verrichtungen, Essen und Trinken, Baden und Putzen des Gefieders, Schlafen und Wachen u. s. w. führen sie gemeinsam aus, dicht aneinander gedrängt ruhen sie, viele von ihnen brüten auch gemeinsam, und bei den andern sitzt das Männchen wenigstens die ganze Nacht mit in dem Neste oder dicht neben demselben. Aber auch hier zeigen sich für den scharfen Blick noch mancherlei Abstufungen.
Bei den kleinen Prachtfinken steht das innige Verhältnis wohl am höchsten unter allen Vögeln. Andere Prachtfinken haben dieselben Zärtlichkeitsbezeugungen, doch giebt es bei ihnen bereits hin und wieder, besonders um das Futter, einen kleinen, freilich immer nur harmlosen Streit. Dann folgen die Zwergpapageien, welche ebenfalls so innig zusammenhängen, dass man eine Art ja sogar Inséparables, Unzertrennliche, benannt hat. Im Menschenleben lässt der Tod eines Ehegatten den Überlebenden nur in den seltensten Fällen für alle Zeiten untröstlich zurück. Bei Psittacus pertinax ist aber Witwertum oder Witwenschaft und Tod gewöhnlich gleichbedeutend. Dennoch zeigt diese Ehe alle Augenblicke, selbst während der Brutzeit, kleine Zänkereien, oft sogar von beiden Seiten arge Schnabelhiebe. Ebenso, nur während des Nistens ganz verträglich, leben die Gatten eines Edelfinkenpärchens. Unser kleiner Gimpel oder Dompfaff ist seinem Weibe ein liebevoller Gatte, hilft ihm das Nest bauen, die Kinder grossziehen und singt ihm während des Brütens, sowie zur Zeit der keimenden Liebe seine sanften Lieder vor. Einen glänzenden Beweis ehelicher Treue gab ein Gimpelmännchen, dessen angstvolles Ab- und Zufliegen durch mehrere Tage beobachtet worden war, bis man endlich unter den überhängenden Zweigen eines Busches sein Weibchen mit gebrochenem Flügel im Grase sitzend fand. Der kleine Vogel brachte ihr dorthin das Futter, sass neben ihr, umflatterte sie und gab alle Zeichen der tödlichsten Angst, als man die Patientin forttrug, um sie gegen allfällige Unbill und Überfälle zu schützen. Tagelang umflog er rufend und lockend das Fenster, an dem das Bauer stand, in welchem das kranke Weibchen sass, und erst nachdem er sich die Überzeugung geholt, dass es gelähmt blieb und dass sein Fliegen und Rufen fruchtlos sei, flog er fort, um nie wiederzukehren. Auch unsere Hausgans sowie alle anderen Gänsevögel sind musterhafte Ehegatten. Hier ein charakteristischer Zug: Auf einem Hofe zu Troisdorf waren von einer früheren zahlreichen Schar von Gänsen zwei Exemplare, Männchen und Weibchen, übrig geblieben, denen man aus Dankbarkeit für die von ihnen erzielte Nachkommenschaft mit löblicher Pietät das Gnadenbrot zu teil werden liess. Das vielleicht gegen zwanzig Jahre mit einander alt gewordene Pärchen empfand schon die Gebresten des Alters, und namentlich war die mit einem stattlichen Fettbäuchlein behaftete Gans in letzter Zeit nicht wohl mehr im Stande, den nahen Teich zu erreichen. Da half ihr denn mit rührender Beflissenheit der treue Lebensgefährte durch Aufmunterung, Ziehen und Schieben, so gut es gehen wollte. Endlich einmal war alles umsonst. Die Gans kam nicht von der Stelle und nach vergeblichen Anstrengungen schmiegte sich das resignierende Männchen an, legte seinen Hals auf den Rücken der Freundin und beharrte wohl eine Stunde lang in dieser Haltung, die endlich auffiel und die Hofbewohner zum Nachsehen veranlasste. Man fand das Männchen tot; es war ohne sichtbaren Todeskampf an der Seite der Gattin gestorben; diese aber starb in gleich stiller Weise eine Stunde nachher. Ebenso schöne Züge lassen sich von den Amseln berichten. Ein Amselpaar (Merula vulgaris) hatte sein Nest in der Nähe einer Baustätte; eines Tages kam eine zahme Elster, erfasste das Weibchen und trug