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rührende Anhänglichkeit, mit der sie von Jacky beglückt wurden, konnte nicht ohne Widerhall bleiben.

      Marianne Heimberg hatte ihren Mann eingeweiht. Von seiner Seite gab es keine Fragen, von Erics um so mehr.

      »Was willst du in Hohenborn, Granny?«, fragte er.

      »Besorgungen machen«, erwiderte sie lakonisch.

      »Wir können doch einmal gemeinsam fahren«, schlug er vor. »Jacky braucht einige Sachen.«

      »Genießt den Tag mal ohne uns«, redete sie sich heraus. »Ich bringe ihr etwas mit.«

      Nun, sie hatte auch ihren eigenen Kopf. Eric war es gewohnt. Sicher wollte sie einmal mit Marianne allein sein. Oft hatten sie dazu noch nicht Gelegenheit gehabt, wie er wusste.

      Ihm wurde die Zeit mit Jacky bestimmt nicht lang. Sie konnten einmal am See entlanggehen und sich die Umgebung anschauen. Einige Eindrücke von der Landschaft wollte er doch mitnehmen.

      Jacky hatte auch nicht das Verlangen, in die Stadt zu fahren.

      Marianne Heimberg steuerte den Wagen. In Gedanken versunken saß Mary-Ann Ride neben ihr.

      »Was ist nun?«, fragte Marianne. »Was hast du vor, Mary-Ann?«

      »Ich will jemanden treffen. Dorrit Maxwell und …« Sie machte eine kleine Pause und fuhr dann schnell fort: »Jackys Vater.«

      »Guter Gott, jetzt wird es kompliziert«, seufzte Marianne. »Hast du das arrangiert?«

      »Nein. Er ist gekommen, nachdem er die Nachricht von dem Tod der Frau von Czibulski bekam. Nun kannst du dir wohl vorstellen, wie mir zumute ist.«

      »Es wird Eric arg treffen«, murmelte Marianne. »Ich kann ihn verstehen. Ich weiß, was es bedeutet, wenn man ein Kind lieb gewinnt. Uns ist es mit Tino doch auch so gegangen. Mr Dane will Jacky mit sich nehmen?«

      »Natürlich!«

      »So natürlich ist das nun auch wieder nicht. Er kennt sie ja kaum.«

      »Aber er will sie haben. Ich weiß es von Dorrit.«

      »Armer Eric!«, seufzte Marianne. »Hoffentlich gibt es zwischen euch keinen Zwist deswegen.«

      »Nun, er wird doch wohl wissen, was uns verbindet«, meinte Mary-Ann ruhig. »Ich bin seine Mutter. Freddy und Tracy sind seine Kinder. Jacky kennt er erst ein paar Tage. Deswegen möchte ich eine Entscheidung so schnell wie möglich herbeiführen.«

      Verstandesgemäß mochte das richtig sein, doch Marianne urteilte gefühlsmäßig und ergriff Erics Partei.

      »Wäre es nicht besser, du würdest dich heraushalten?«, fragte sie.

      »Nein, ich muss dem Jungen helfen. Ich glaube, er hat mich noch nie so gebraucht wie jetzt«, erklärte Mary-Ann, und mit dem Jungen meinte sie ihren fünfzigjährigen Sohn.

      Sie waren beide mit sich und ihren Gedanken beschäftigt, als sie sich trennten.

      Marianne machte Besorgungen, und Mary-Ann betrat das Hotel.

      Dorrit hatte schon auf sie gewartet. Sie wollte erst allein mit ihr sprechen. Sie war sehr blass und kämpfte mit den Tränen.

      »Ich habe mein Möglichstes versucht«, flüsterte sie, »und Mr Dane zeigt sich sehr einsichtig, aber das ändert natürlich nichts daran, dass er der Vater ist und sein will. Und Geld konnte ich ihm schon gar nicht bieten. Er ist selbst vermögend, und seine Frau ist reizend«, fügte sie kleinlaut hinzu.

      »Umso besser für Jacky«, erklärte Mrs Ride aufmunternd.

      »Mit Tatsachen muss man sich abfinden, und es ist immerhin gut, wenn man weiß, dass sie in geordnete Verhältnisse kommt.«

      »Was sagt Mr Ride?«, fragte Dorrit gepresst.

      »Er weiß noch nichts. Dazu hat mir bisher auch der Mut gefehlt, aber wenn ich Mr Dane erst kennengelernt habe, wird es mir leichterfallen.«

      Dann lernten sie sich kennen, und nachdem sie sich anfänglich zurückhaltend begegneten, fanden sie dann doch schnell Kontakt zueinander.

      »Wir haben Mr Ride zu danken«, sagte Bob Dane. »Deswegen wollen wir uns gern freundschaftlich mit ihm einigen. Wir wollen ihm das Kind nicht einfach wegnehmen. Miss Maxwell hat wie ein ausgezeichneter Anwalt für ihn plädiert. Es hat uns sehr beeindruckt.«

      Glühende Röte schoss in Dorrits Wangen. Mrs Ride warf ihr einen mütterlichen Blick zu.

      »Und Jacky sollte uns auch erst kennenlernen und sich auf uns einstellen«, warf Peggy Dane ein. »Aber wie könnte man das arrangieren?«

      »Ich wüsste einen Weg«, erklärte Mrs Ride. »Es kommt darauf an, wie viel Zeit Sie zur Verfügung haben.«

      »Zwei Wochen oder drei?«, schlug Bob Dane vor. »Aber hier in der Stadt, obgleich dieses Hohenborn sehr reizvoll ist, wäre vor allem für Danny nicht der richtige Aufenthalt. Er ist einen Garten gewohnt, wo er herumkrabbeln kann.«

      Da machte sich der kleine Danny Dane auch schon bemerkbar. Er war aus seinem Bett herausgestiegen und kam in einem putzigen bunten Schlafanzug anmarschiert. Mit schiefgelegtem Köpfchen betrachtete er Mrs Ride.

      »Granny da?«, fragte er verwundert.

      Peggy lächelte. »Meine Mutter gleicht Ihnen ein wenig, Mrs Ride. Er hat sie sechs Wochen nicht gesehen.«

      »Aber sicher ist er sich nicht«, meinte Mrs Ride lächelnd, und als sie sprach, schüttelte der Kleine auch schon heftig den Kopf.

      »Granny nicht« bemerkte er und lief zu seiner Mutter.

      Es wurde Mary-Ann Ride leichter ums Herz. Eine glückliche Familie, eine reizende junge, aber nicht zu junge Mutter, die sehr sanft und kinderlieb war. Man sah, wie zärtlich sie mit ihrem Söhnchen umging, und man würde sehen, ob sie es auch mit Jacky verstehen würde.

      »Ich könnte Ihnen einen Vorschlag machen«, sagte sie. »Unsere junge Lehrerin, Frau Fanchon, bewohnt zurzeit ein Haus in Erlenried allein. Ich glaube, sie hätte nichts dagegen, Sie für einige Zeit aufzunehmen.«

      »Geht das?«, fragte Peggy zurückhaltend.

      »Wir wollen niemandem zur Last fallen«, warf Bob Dane ein.

      »Oh, so etwas kennt man in Erlenried nicht«, meinte Mrs Ride.

      »Miss Maxwell kann bei anderen Bekannten wohnen. Das habe ich schon geregelt.«

      »Mich brauchen Sie doch jetzt mehr, Mrs Ride«, flüsterte Dorrit.

      »O doch, Sie brauche ich sehr«, erwiderte Mrs Ride rätselhaft. »Mit Frau von Roth habe ich schon gesprochen. Sie freut sich, wenn sie einen Gast hat. Sie können sich bei dem Ehepaar auch ganz genau über die Geschichte der Riedings orientieren. Herr von Roth weiß fast besser Bescheid als ich. Und ich werde mit Frau Fanchon sprechen. Sie ist wirklich sehr hilfsbereit. Ich rufe Sie dann gleich von dort aus an. Ist es recht so?«

      Es war einfach phantastisch, wie überlegt sie handelte. Auch Bob Dane sah die alte Dame mit unverhohlener Bewunderung an.

      »Wir werden uns gegenseitig helfen«, sagte er mit einer Wärme, die man ihm gar nicht zugetraut hätte, und auch das erinnerte an Eric Ride.

      *

      Mary-Ann traf sich mit Marianne im Café Fenstergucker, dem gemütlichen Treffpunkt von Hohenborn. Marianne hatte ihre Besorgungen schon gemacht. Erwartungsvoll blickte sie die Ältere an.

      »Es wird schon werden«, erklärte Mary-Ann Ride zuversichtlich. »Ein wenig Vernunft wird Eric ja auch noch besitzen. An den Danes gibt es nichts auszusetzen. Ich werde sie bei Fritzi einquartieren.«

      »Du kapitulierst wohl nie«, meinte Marianne bewundernd.

      »Nicht, solange nur die geringste Aussicht auf einen Erfolg besteht. Mein Gott, wir konnten uns einfach nicht leisten zu kapitulieren. Und Frederic war manchmal ein Träumer. Er brauchte einen Motor. Eric

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