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schlauer als du, Titus. Übrigens habe ich auch diesen Brief von Milena gefunden.«

      Sie legte ihn vor Titus Grossmann hin. Sein Gesicht wurde noch fahler, als er ihn las.

      »Auch das gab ihm kein Recht, sie so zu behandeln!«, stieß er grimmig hervor.

      »Wir wissen nicht, wie er sie behandelt hat«, stellte Mary-Ann fest. »Es ist lange her. Willst du deinen Groll nicht begraben, Titus? Ich habe nicht die Absicht, dir nachzulaufen und dich anzuflehen. Ich will vernünftig mit dir reden. Es geht um Evi und Freddy. Eine Mitgift braucht sie nicht, aber meinst du nicht, dass deine Tochter ein Anrecht auf ein bisschen Glück hat?«

      »Hier ist ihre Heimat«, erwiderte er hart. »Sie ist meine einzige Erbin. Sie wird einen Mann bringen, der den Hof bewirtschaftet.«

      »Du kannst sie nicht gegen ihren Willen zwingen«, erklärte Mary-Ann nun ebenso hart. »Und auch du hast kein ewiges Leben, Titus, wie wir alle nicht!«

      »Aber solange ich lebe, wird sie tun, was ich sage!«

      »Du hirnverbrannter Dickschädel!«, brauste sie auf. »Willst du andere zwingen, Geschütze aufzufahren, die deinem Ruf sehr schaden könnten? Evi wird mündig, und dann kann sie tun und lassen, was sie will.«

      »Bis es so weit ist, wird sie längst mit Leopold verheiratet sein. Verlass dich drauf!«

      Sie lachte auf. »Nein, darauf verlasse ich mich gewiss nicht. Du wirst dich noch wundern! Ich werde es an die große Glocke hängen, dass Evi wie eine Magd schuften muss und nicht einmal ein Kleid bekommt!«

      »Sie hat eins!«, schrie er empört. »Für den Kirchgang reicht es, und herumzuflanieren braucht sie nicht.«

      Sie maß ihn mit einem langen Blick.

      »Dass du überhaupt noch wagst, in die Kirche zu gehen«, bemerkte sie kopfschüttelnd. »Ich kann mich nur wundern. Ich habe jetzt noch anderes zu erledigen. Auf Wiedersehen, Titus. Vielleicht änderst du deine Meinung doch noch, wenn du die Briefe gelesen hast.«

      *

      »Dein Mädchen kann einem leidtun«, sagte Eric Ride zu seinem Sohn. »Der Alte ist ja ein Tyrann. Es muss schrecklich sein, wenn Kinder einen solchen alten Vater haben. Das Generationsproblem ist wohl das Schlimmste.«

      »Es kommt immer auf den Vater an«, lächelte Freddy. »Mit Evi bin ich mir einig. Wenn er noch Theater macht, türmt sie. Käti hat ihr auch zugeredet.«

      Eric Ride runzelte die Stirn.

      »Wir wollen doch nichts unversucht sein lassen, um eine gütliche Einigung zu erreichen«, meinte er. »Glaube mir, es ist besser. Diese Menschen hier sind ein eigener Schlag. Sie setzen sich nicht so schnell über alles hinweg.«

      »Diesbezüglich scheinst du aber auch eine ganze Portion Erbmasse mit dir herumzutragen, Dad«, stellte Freddy fest.

      »Himmel noch mal, wo will denn Granny schon wieder hin?«, wechselte er das Thema, als er den Wagen davonfahren hörte.

      »Sie ist sehr unternehmungslustig, wie mir scheint«, bemerkte sein Vater. »So kenne ich sie schon lange nicht mehr.«

      »Vielleicht bekommt ihr das Klima hier doch besser«, lächelte Freddy.

      »Wo steckt denn Jacky?«

      »Sie ist mal mit zu den Auerbachs gegangen. Ich konnte es der kleinen Bambi nicht abschlagen. Man muss schon zugeben, dass es hier reizende Kinder gibt.«

      »Und selten gibt es so viel nette Menschen auf einem Platz«, nickte Freddy. »Du müsstest dir wirklich Zeit nehmen, sie näher kennenzulernen. Aber morgen ist ja Sonntag, da treffen wir sie in der Kirche.«

      Eric Ride sah seinen Sohn verblüfft an.

      »Ich soll in die Kirche gehen?«

      »Warum eigentlich nicht? Ich gehe ja auch. Du wirst staunen, aber es gefällt mir sogar.«

      *

      Nun waren Bob und Peggy Dane mit ihrem kleinen Sohn nach Erlenried gekommen.

      Von Fritzi Fanchon freundlich empfangen, gefiel es ihnen bald in dem hübschen Haus.

      Unbemerkt hatte Dorrit Maxwell das Gästezimmer bei den Roths bezogen.

      Von ihrem Fenster aus konnte sie den Garten der Auerbachs überblicken, und sie sah, wie die Kinder dort spielten.

      Sie entdeckte auch Jacky, die eine der Fröhlichsten war.

      Sie ist ein Kind, ging es ihr durch den Sinn. Wenn man lieb zu ihr ist und ihr das Gefühl der Geborgenheit gibt, wird es ihr gar nicht so schwerfallen, sich an ihre Eltern zu gewöhnen.

      Sie traute es Peggy Dane zu, dass sie Jackys Zutrauen schnell erringen würde. Es kam jetzt nur auf Eric Ride an. Sehr viel hing von ihm ab.

      »Du, Bambi, Fritzi hat Besuch gekriegt«, sagte der kleine Jerry, Dr. Riedels Sohn. »Hast du sie schon gesehen? Sie haben einen ganz niedlichen kleinen Jungen.«

      »Ein Baby?«, fragte Bambi.

      »Wer hat ein Baby?«, mischte sich Jacky ein.

      »Die bei Fritzi zu Besuch sind«, erklärte Jerry.

      »Wer ist Fritzi?«, wollte Jacky wissen, die sich nun schon daran gewöhnte, dass es viele Kinder in Erlenried und im Sonnenwinkel gab.

      »Unsere Lehrerin«, antwortete Bambi.

      »Du gehst doch noch gar nicht zur Schule«, meinte Jacky.

      »Wenn ich aber gehe, ist Fritzi meine Lehrerin«, sagte Bambi darauf.

      »Ich würde gern das Baby sehen«, warf Jacky ein. »Ich habe Babys gern.«

      »Wir auch«, rief Bambi. »Aber in Erlenried gibt es immer wieder welche.«

      Jacky blickte sinnend vor sich hin.

      »Ich habe nie Kinder zum Spielen gehabt«, flüsterte sie.

      »Jetzt hast du ja welche«, äußerte Jerry unbefangen. »Ihr müsst halt dableiben. Sag es doch deinem Daddy. In Australien kann es gar nicht so schön sein.«

      »Ist es auch nicht«, gab Jacky zu.

      *

      Die erste Begegnung zwischen Jacky und ihrem richtigen Vater fand rein zufällig statt, als Bambi und ihr großer Bruder Hannes sich anschickten, ihre kleine Freundin heimzubringen.

      Sie wollten den Weg durch den Wald nehmen, was sie nun wieder unbesorgt tun konnten, da Emmerich dort nicht mehr herumgeisterte.

      Jonny trabte neben ihnen her. Bob Dane holte noch Sachen aus seinem Wagen.

      »Das ist ein Engländer«, flüsterte Hannes.

      »Woher weißt du das?«, fragte Bambi.

      »Das Auto hat ein englisches Kennzeichen«, erklärte Hannes.

      »Kann man denn auch über das Wasser mit ’nem Auto fahren?«, erkundigte sich Bambi.

      »Klar, auf der Fähre. Das haben wir doch auch gemacht. Hast du es vergessen?«

      »Ist schon lange her«, meinte Bambi mit einem Seufzer, der aber recht erleichtert klang.

      Bob Dane richtete sich auf. Er sah die Kinder, und sein Blick fiel auf Jacky.

      Ihm blieb fast das Herz stehen. Er wusste sofort, dass es seine Tochter war, denn sie sah dem kleinen Danny unwahrscheinlich ähnlich, obgleich sie doch eine andere Mutter hatte als er.

      Die Kinder sagten »Guten Tag!«, wie sie es gewohnt waren, und er erwiderte freundlich ihren Gruß.

      Da purzelte der kleine Danny auf die Straße. Lachend zeigte er seine Zähnchen.

      »Daddy, Daddy!«, rief er.

      »Der sagt auch Daddy«, raunte Bambi Jacky zu.

      Diese musterte nachdenklich den Mann. Aber dann blieben ihre Augen an dem

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