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seid doch meine Kinder, und das bleibt so«, erklärte er. »Finanziell sollt ihr euch auf keinen Fall schlechter stehen.«

      Freddy krauste die Stirn.

      »Mit Geld hat das doch nichts zu tun, Dad. Aber wäre es nicht besser gewesen, du hättest wieder geheiratet und noch ein paar Kinder gehabt, wenn du schon so wild darauf bist?«

      Eric Ride war leicht aus der Fassung gebracht.

      »Ich bin zu alt, um noch mal mit Babys anzufangen«, brummte er.

      »Unsinn!«, sagte Freddy.

      »Denk doch mal an diesen Herrn Grossmann. Granny hat mir erzählt, dass er beinahe mein Vater sein könnte. Das ist doch ein anormales Verhältnis.«

      »In seinem Fall vielleicht. Er hatte vorher ja keine Kinder und auch gar keine Beziehung zu ihnen. Er hat niemals kleine Kinder mit Pickis gefüttert«, fügte Freddy leicht anzüglich hinzu.

      »Findest du es albern?«, fragte sein Vater gekränkt.

      »Im Gegenteil, Ich finde es sehr menschlich und sehr nett.«

      »Wir wollen damit sagen, dass es Unterschiede gibt. Manche Väter sind für diese Rolle geschaffen, andere gar nicht«, warf Tracy ein. »Und du beweist es ja, dass du für diese Rolle geschaffen bist.«

      »Jacky ist immerhin sechs Jahre alt«, brummte er.

      »Aber bei allem Wohlwollen, das wir dir und auch ihr entgegenbringen, Daddy, sie ist nicht dein Kind. Sie hat einen andern Vater.«

      »Der sich nie um sie gekümmert hat«, knurrte er.

      »Vielleicht liegen die Dinge ganz anders, als wir sie überschauen können«, bemerkte Freddy vernünftig. »Aber ich glaube, Granny kommt zurück.«

      »Und sie bringt Eva mit«, rief Tracy, die zum Fenster hinausschaute.

      Da wurde für Freddy alles andere nebensächlich. Er stürmte hinaus, während Eric Ride murmelte: »Nun bin ich aber doch gespannt, was für ein Mädchen er mir als Schwiegertochter zugedacht hat.«

      Er fiel aus allen Wolken, denn so hätte er sich die Auserwählte seines von den Frauen sehr verwöhnten und früher recht flirtfreudigen Sohnes nicht vorgestellt.

      Aber als Eva ihn mit ihren schönen Augen schüchtern anblickte, sah er nicht mehr ihre jungenhafte Kleidung. Er hatte Sinn für das Besondere, und Eva Grossmann war etwas Besonderes.

      So völlig natürlich, unverbildet und taufrisch hatte er schon lange kein Mädchen ihres Alters mehr kennengelernt, Tracy inbegriffen, denn auch sie trug, trotz ihrer Jugend, den Stempel der eleganten Welt, in der sie groß geworden war.

      »Dann herzlich willkommen im Familienkreis«, sagte er leger. »Wann wird geheiratet?«

      »Hoffentlich bald, wenn du uns hilfst, die Hindernisse zu beseitigen, Dad«, erwiderte Freddy.

      »Wollen mal sehen, was sich machen lässt«, brummte er.

      *

      Als Eva heimkam, war ihr Vater schon da, wie Käti es gefürchtet hatte. Seltsamerweise fragte er nicht, wo sie gesteckt hatte.

      Er murmelte etwas in den Bart und verschwand in seinem Arbeitszimmer.

      »Emmerich liegt im Sterben«, erklärte Käti sein eigentümliches Verhalten. »Seine Zeit ist gekommen. Pfarrer Frerichs und Dr. Riedel aus dem Sonnenwinkel sind jetzt bei ihm. Komisch, dass der Bauer diesmal nicht den Arzt aus der Stadt geholt hat.«

      Eva ging hinüber in das Austragshäusel. Sie hatte zwar immer eine Scheu vor dem einfältigen Emmerich gehabt, aber in dessen Todesstunde wurde ihr bewusst, dass er zu dem Hof gehörte.

      Emmerich murmelte wirres Zeug, von Briefen und dass er hinauf in den Wald müsse, von Geld, das unter seiner Matratze läge.

      Es war ihr unbegreiflich, dass er jetzt fast deutlicher redete als manchmal zu Lebzeiten. Verstehen konnte ihn allerdings nur jemand, der seine Sprache deuten konnte. Sie konnte es, während es Dr. Riedel und Pfarrer Frerichs sichtlich schwerfiel.

      Dr. Riedel schob das junge Mädchen sanft zur Tür.

      »Es wird nicht mehr lange dauern«, bemerkte er leise. »Ersparen Sie sich den Anblick, Fräulein Grossmann.«

      Mit gesenktem Kopf ging Eva zum Haus zurück. Zum ersten Mal seit langer Zeit betrat sie unaufgefordert das Zimmer ihres Vaters.

      Er saß am Schreibtisch und starrte geistesabwesend zum Fenster hinaus.

      »Emmerich stirbt, Vater«, sagte sie leise.

      »Ja, ich weiß«, brummte er. »Manch einer, der gesund war, hat früher sterben müssen. Seine Zeit ist gekommen. Für ihn ist das Kreuz bald zu Ende.«

      »Vielleicht möchte er dir noch etwas sagen«, flüsterte sie. »Er redet von Briefen, vom Wald und von Geld, das er versteckt hat.«

      »Er hat schon vorhin davon geredet. Kümmere dich nicht darum.«

      So ging sie wieder. Käti saß in der Küche, die Hände gefaltet.

      »Gott sei seiner armen Seele gnädig«, murmelte sie. »Amen.«

      Und es war seltsam, denn in dieser Minute schloss Emmerich seine Augen für immer.

      *

      Der Chauffeur Jacobs hielt vor einem schönen Haus. Wie ein kleines Palais wirkte es, kühl und vornehm.

      Kein Aufenthalt für eine junge Frau, die das Leben und die Freiheit liebte, wie es Jacquelines Mutter wohl getan hatte. Es wirkte tot.

      Totenstill war es auch in den kühlen Räumen. Ein Diener hatte Dorrit die Tür geöffnet. Sie nannte ihren Namen und sagte, dass sie im Auftrag von Mrs Mary-Ann Ride käme.

      »Dr. Braun erwartet Sie«, erwiderte der Diener steif.

      Dorrit betrat ein kostbar eingerichtetes Zimmer. An einem kleinen Barockschreibtisch saß ein älterer Herr, der sich jetzt erhob.

      Dorrit nannte nochmals ihren Namen, da der Diener sich schon zurückgezogen hatte.

      Erst dann entdeckte sie den andern Mann, der an einem runden Tisch in der Ecke des großen Raumes saß.

      »Darf ich Sie mit Mr Dane bekannt machen, Miss Maxwell«, sagte Dr. Braun höflich.

      Der Boden begann unter Dorrits Füßen zu schwanken. Das musste Jacquelines Vater sein, und er sah durchaus nicht so aus, als würde er sich mit Geld bestechen lassen.

      Er war der typische Engländer, hochgewachsen, sehr schlank, mit einem schmalen kühnen Gesicht, durchdringenden hellen Augen und einem schmalen Mund, um den ein sarkastischer Zug lag. Ein Mann, der bestimmt nicht mit sich spielen ließ.

      Zudem verriet seine Kleidung, perfekt vom Scheitel bis zur Sohle, dass er sich auch Extravaganzen leisten konnte.

      Er machte eine ganz knappe Verbeugung und betrachtete Dorrit misstrauisch.

      »Wir würden gern von Ihnen hören, wie sich diese etwas ungewöhnliche Freundschaft zwischen Mr Ride und Mr Danes Tochter Jacqueline entwickelt hat«, erklärte Dr. Braun. »Man ließ uns wissen, dass Sie darüber informiert seien.«

      Dorrit suchte nach passenden Worten. Sie fühlte sich hilflos unter den scharf beobachtenden Augen. Seltsamerweise kam Mr Dane ihr zu Hilfe.

      »Sie begleiteten die Maschine als Stewardess«, sagte er ruhig. »Ich würde sehr gern von Anbeginn den Ablauf der Reise erfahren.«

      Sie dachte an Eric Ride, und ein heftiger Schmerz durchzuckte sie.

      Sie ahnte schon jetzt, dass er sich von Jacky würde trennen müssen.

      Sie begann zu erzählen, so als erlebe sie alles noch einmal von dem Augenblick an, als sie Jacky neben Eric Ride gesetzt hatte.

      Ihre Stimme war klanglos, fast monoton, bis sie dann Jacky vor sich zu sehen schien, wie diese sich an Eric Ride schmiegte,

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