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Bambi, »bin ja hier zu Hause. Wollen Sie zu Sandra oder zu Rides?«

      Da Jonny nicht knurrte, konnte sie der Fremden wohl trauen. Jonny war sehr kritisch.

      »Zu Rides, das heißt, zu Mr Ride«, entgegnete die junge Dame. Es klang ein wenig stockend. Bambi hatte ein feines Gehör und betrachtete sie aufmerksam.

      »Zu welchem Mr Ride?«, fragte sie. »Zu Freddy?« Das behagte ihr nicht recht, denn gestern hatte sie Freddy mit Eva Grossmann am See gesehen. Es ging nach Bambis Ansicht nicht an, dass jetzt noch eine junge Dame aufkreuzte. »Oder zu seinem Daddy?«, fragte Bambi weiter, als Dorrit schwieg.

      »Ja, zu seinem Daddy« antwortete Dorrit geistesabwesend. Je näher sie dem Ziel kamen, desto mehr wurde ihr bange.

      »Ich heiße Bambi«, sagte die Kleine. »Wir wohnen im Sonnenwinkel.«

      »Ich heiße Dorrit Maxwell.«

      »Wie der Kaffee?«, fragte Bambi. Doch bevor Dorrit die Frage beantworten konnte, kam Freddy angefahren und neben ihm im Wagen saß Jacky, die Dorrit ganz erschrocken anblickte.

      »Kennst du mich noch, Jacque­line?«, fragte sie schnell.

      Jacky schüttelte erst trotzig den Kopf. Dann stieß sie hervor: »Ich will nicht zu der Großmutter, ich will hierbleiben!« Sie riss sich los und rief: »Daddy, Daddy, komm schnell, sie will mich holen!«

      Auch Freddy warf Dorrit Maxwell einen nicht gerade freundlichen Blick zu, während Bambi nicht recht wusste, was sie davon halten sollte.

      »Ich will sie nicht holen«, sagte Dorrit leise. »Ich möchte nur Mr Ride sprechen. Ich war als Stewardess in dem Flugzeug.«

      »In wessen Auftrag kommen Sie?«, fragte Freddy leise.

      »Aus eigenem Entschluss«, erwiderte sie gepresst.

      *

      »Wie haben Sie mich gefunden?«, fragte Eric Ride Minuten später.

      »Es ist ein Zufall«, entgegnete sie ausweichend. »Aber glauben Sie mir, es ist sehr wichtig für Sie, Mr Ride.«

      Er fuhr sich mit der Hand durch das dichte Haar.

      »Bitte, sprechen Sie«, murmelte er. »Hat sich die Großmutter, ich meine Frau von Czibulski gemeldet?«

      »Sie ist vor ein paar Tagen gestorben. Niemand weiß Bescheid über Jacque­line, aber mich hat man trotzdem auf die Straße gesetzt.«

      »Ich werde Sie entschädigen. Darüber können wir später reden.«

      »Ich will keine Entschädigung«, platzte sie heraus. »Ich bin aus eigenem Antrieb gekommen, in der Hoffnung, anderen zuvorzukommen. Man wird Sie suchen, Mr Ride.«

      »Sie sollten um Ihr eigenes Wohl besorgt sein«, äußerte er sarkastisch. »Es tut mir leid, wenn ich Sie in Schwierigkeiten gebracht habe. Es wird sich alles regeln lassen. Es ist doch jetzt niemand mehr da, der ein Recht auf das Kind hat. Oder?«

      »Ich weiß nicht. Es wird sich herausstellen. Ich verkenne Ihre Motive doch nicht, Mr Ride. Ich bin jederzeit gern bereit, das zu bestätigen, wie sehr Jacky Ihnen zugetan ist.«

      Er hob leicht die Augenbrauen.

      »Aus welchem Grund?«, fragte er verhalten.

      »Weil es mich gerührt hat«, antwortete sie leise.

      Er schaute an ihr vorbei. Augenblicklich war er leicht irritiert.

      Da kam diese Stewardess einfach her und bot sich als Hilfe an. Auch das war irgendwie rührend.

      »Wir werden alles in Ruhe besprechen«, bemerkte er. »Ich werde Sie jetzt mit meiner Familie bekannt machen und vor allem Jacky sagen, dass sie nichts zu befürchten braucht.« Er ging langsam zur Tür. »Sind Sie mit dem Taxi gekommen?«

      »Nein, mit dem Zug«, erwiderte sie.

      »Da haben Sie eine lange Fahrt hinter sich. Ich werde Ihnen eine Erfrischung bringen lassen. Möchten Sie sich ausruhen?«

      Sie schüttelte den Kopf.

      »Danke, mein Zug fährt bereits in einer Stunde.

      »Und dafür haben Sie die Strapazen auf sich genommen? Das kommt nicht infrage«, erklärte er energisch. »Sie sind unser Gast, Miss Maxwell.«

      *

      Ja, nun war sie Gast auf dem Erlenhof, aber Jacky ließ sich nicht blicken. Dafür bemühte sich Mary-Ann Ride doppelt herzlich um sie. Diesmal schien es Eric seiner Mutter sehr gern zu überlassen, für ihn die Kastanien aus dem Feuer zu holen.

      »Ich habe Eric Vorhaltungen gemacht«, begann Mary-Ann Ride das Gespräch. »So, wie er sich das vorstellt, geht es doch einfach nicht, mag Jacky auch noch so liebenswert sein.«

      »Ich glaube gar nicht, dass er besondere Vorstellungen hatte, Mrs Ride«, sagte Dorrit leise. »Er handelte ganz nach dem Gefühl.«

      »Mein Sohn ist an sich kein sehr gefühlsbetonter Mensch«, stellte die Ältere nachdenklich fest, »zumindest nicht nach außen hin. Ich müsste ihn doch genau kennen. Immerhin bin ich fünfzig Jahre seine Mutter. Oder fast fünfzig«, fügte sie einschränkend hinzu.

      »Ich kann nur davon ausgehen, was ich während des Fluges beobachten konnte. Es hat mich sehr beeindruckt.«

      Es oder er, überlegte Mary-Ann, aber sie gelangte doch zu der Überzeugung, dass Dorrit Maxwell nicht aus eigennützigen Motiven hierhergekommen war.

      »Sie haben Ihre Stellung verloren«, lenkte sie ab.

      Dorrit machte eine vage Handbewegung.

      »Ich war ohnehin zu alt, um als Stewardess zu arbeiten«, bemerkte sie.

      »Aber wir wollen doch nicht übertreiben«, lächelte Mary-Ann Ride liebenswürdig.

      »Mit zweiunddreißig hat man in diesem Beruf die Grenze erreicht«, erwiderte Dorrit offen. »Nun, ich werde eine andere Stellung finden.«

      »Stammen Sie aus Australien?«

      »Aus England«, entgegnete Dorrit.

      »Mein Sohn wird Ihnen bestimmt behilflich sein, eine Stellung zu finden, und auch sonst wird er sich erkenntlich zeigen. Es ist selbstverständlich«, wehrte sie rasch einen Einwand ab. Dennoch schüttelte Dorrit den Kopf. »Ich habe mich übrigens auch schon eingeschaltet«, gestand Mrs Ride flüsternd. »Eric kann sehr störrisch sein, aber schließlich muss er auch ein wenig an seinen Ruf denken. Jetzt möchte ich fast meinen, dass ihm alles gleichgültig ist, außer Jacky. Würden Sie für mich einen Auftrag übernehmen, Miss Maxwell, im Interesse meines Sohnes und des Kindes?«

      Erstaunt sah Dorrit die alte Dame an.

      »Was könnte ich tun? Bei unserer Fluggesellschaft kann ich nichts erreichen.«

      »Eine Anzeige gegen Eric habe ich bereits abgebogen. Man weiß, dass sich das Kind hier befindet. Man wird mir Bescheid geben, wenn sich Angehörige melden. Aber Sie könnten das sicher menschlicher und diskreter erledigen. Ich habe die Adresse des Anwalts von dieser Frau von Czibulski. Ich werde dafür sorgen, dass Sie einen Wagen zur Verfügung gestellt bekommen. Einige Tage werden die Recherchen wohl in Anspruch nehmen. Natürlich wird Ihnen alles vergütet. Sie haben doch wohl Zeit, wenn ich es recht verstanden habe?«

      »Doch ja, ich habe Zeit, aber ehrlich gestanden, wäre es mir recht unangenehm, wenn ausgerechnet ich Mr Ride eine schlechte Nachricht bringen müsste.«

      »Das brauchen Sie nicht. Ich werde es dann selbst in die Hand nehmen. Ich schlage vor, dass Sie hier übernachten und morgen früh abfahren. Ich werde Sie selbst nach Hohenborn bringen, und dort wird Herr Münster einen Wagen für Sie bereithalten. Das ist alles bereits besprochen.«

      Dorrit staunte. Die alte Dame war nicht nur resolut, sie schien auch ein ausgesprochenes Organisationstalent zu besitzen. Dorrit konnte sie nur bewundern.

      »Das Übrige erledigen wir morgen früh«, raunte Mary-Ann

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