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mich und dann Jon an. »Stella kann gehen. Jetzt, wo das erledigt ist. Aber nicht ihr zwei.«

       »Gut«, sagt Stella. »Ich werde gehen und ein langes Bad nehmen. In dem Wasser, für das ich gerade einen alten Drecksack in den Arsch getreten habe.«

       »Denk an eure Ration«, sagt Brenda, als meine Frau abwinkend geht. Ich bin mir ziemlich sicher, dass auch ein Mittelfinger in diesem Winken war. »Hat sie mir den Stinkefinger gezeigt?«

       »Nein, ganz bestimmt nicht«, lüge ich. »Also, was möchtest du von uns?«

       »Carl hat mich auf ein ernstes Problem hingewiesen«, sagt Brenda und bedeutet uns, dass wir uns hinsetzen sollen.

       »Carl hat ein Problem beim Stromnetz gefunden.«

       »Und das Problem ist …?«, fragt Jon.

       »Wir werden in den nächsten Wochen die Hälfte des Stromnetzes verlieren«, sagt Brenda. »Bei der Batteriekapazität gab es einige Fehleinschätzungen und nun – kurz gesagt – müssen wir mehr Batterien auftreiben, wenn wir das Stromnetz auf voller Leistung halten wollen.«

       »Vielleicht ist es keine so schlechte Idee, es zurückzuschrauben«, sagt Jon und hält sein Handy vor sich. »Ich bin nicht besonders erpicht darauf, dass dieses Ding immer eingeschaltet ist. Brauchen wir die Kommunikation über Wi-Fi denn wirklich? Und brauchen wir Strom, damit unsere Kinder XBox spielen und Erwachsene BluRays schauen können? Du weißt, das ist die Apokalypse.«

       »Wir halten die Gesellschaft am Leben, indem wir die Traditionen aufrechterhalten«, kontert Brenda.

       »Ein guter, scharfer Stock ist das, womit wir in diesen Tagen die Gesellschaft am Leben halten«, sage ich, bedaure es aber gleich, als ich die Wut in ihrem Gesicht sehe. Das ist offenbar etwas, das sie erledigt haben will. Und wenn Brenda möchte, dass etwas getan wird …

       »Mal angenommen, wir stimmen zu«, sagt Jon. »Warum wir? Warum redest du nicht mit meiner Frau? Sie ist die Leiterin der Plünderungszüge. Es ist ihre Mannschaft, die da rausgeht.«

       »Weil wir sie und ihre Mannschaft anderweitig brauchen. Sie müssen draußen nach Nahrung suchen«, entgegnet Brenda. »Stubben hat mir mitgeteilt, dass die Pflanzen dieses Jahr nicht gut wachsen. Wir werden unser Lager mit Konserven und anderen Lebensmitteln, die wir finden, auffüllen müssen.«

       »Was sagt Tran dazu?«, frage ich. Tran ist mein vietnamesischer Nachbar. Sein Akzent ist so stark, dass wir hauptsächlich mit Kopfnicken und Handzeichen kommunizieren. »Er ist Leiter der Lebensmittelversorgung.«

       »Er ist auch eine Klatschtante«, erwidert Brenda. »Man sagt ihm etwas, und der ganze Ort weiß es. Das kann ich mir nicht leisten.«

       Eine Klatschtante? Tran? Nun fühle ich mich richtig schlecht, weil ich nicht entziffern kann, was er von sich gibt. Gott, als Nachbar tauge ich gar nichts.

       »Ich brauche euch zwei, weil …«, sie zeigt auf Jon, » … du bist Leiter der Anlage und wirst wissen, wonach du suchen musst. Und du …«, ich bin es nun, auf den sie zeigt, »… du bist unser Problemlöser. Unter uns, ich weiß, dass ihr alle Batterien bekommen könnt, die wir benötigen.«

       »Das letzte Mal, dass ich Batterien gesehen habe, war irgendwo mitten in der Stadt«, sagt Jon. »Ich würde eine Einladung, in die Stadt zu gehen, lieber ablehnen.«

       »Stuart wird euch begleiten«, bekundet Brenda.

       Dadurch fühle ich mich besser, aber nicht viel.

       »Nur drei von uns? Das ist alles?«, frage ich. »Finde ich nicht gut.«

       »Mit Stuart werdet ihr sicher sein«, sagt Brenda und zeigt zur Haustür, als ob unsere Zeit nun um wäre.

       »Er wird euch am Morgen kontaktieren.«

       »Oh«, entgegne ich, als ich merke, dass unsere Zeit tatsächlich um ist. »Wie früh denn?«

       »Ja, wie früh?«, will auch Jon wissen. »Ich möchte donnerstags ausschlafen.«

       »Ist morgen Donnerstag?«

       »Zur Hölle, als ob ich das wüsste.« Jon zuckt die Achseln. »Sagen wir ja, damit wir ausschlafen können.«

       »Was soll dieses wir? Bestimmst du jetzt für mich mit? Ich muss meine Mutter anrufen, um zu fragen, ob es okay für sie ist. Sie mag es nicht, wenn …«

       »Verdammt!«, schreit Brenda, reißt dann eine Hand vor den Mund und senkt ihre Stimme. »Jungs, bitte. Es war ein anstrengender Tag und ich habe noch viel zu tun, bevor ich zu Bett gehe.«

       »Okay«, sagt Jon. »Wir werden bereit sein.«

       Wir gehen eine Weile, bevor ich das Schweigen breche.

       »Hast du ein gutes Gefühl dabei?«, frage ich.

       »Verdammt, nein«, antwortet Jon. »Es stinkt.«

       »Warum diese Geheimniskrämerei?«, wundere ich mich. »Warum hat es Carl uns nicht selbst gesagt? Man könnte meinen, er würde …«

       »Morgen früh reden wir mit Stuart, bevor wir durch das Tor gehen«, sagt Jon. »Sind wir einmal auf der anderen Seite, werde ich keinen Piep mehr von mir geben, bis wir gesund und munter zurück sind.«

       »Verstehe«, sage ich, während wir vor meinem Haus stehen. Wir wissen beide, dass wir es nicht schaffen werden, nicht zu reden. Reden ist genau unser Ding – leise zu reden, natürlich. »Bis dann.«

       »Es wird ein Abenteuer«, sagt Jon. »Ein Scheißabenteuer.«

       »Nacht, Mann.«

       »Nacht.«

       Ich sehe ihm kurz nach, als er geht. Dann drehe ich mich um, und laufe ins Haus. Ich finde Stella, die auf der Couch sitzt.

       »Ich dachte, du wolltest ein Bad nehmen?«

       »Ich habe das nur gesagt, um Brenda zu täuschen«, antwortet Stella. »Ich würde auf diese Weise kein Wasser verschwenden.« Sie beobachtet mich eine Sekunde lang. »Was? Was ist passiert, nachdem ich gegangen bin?«

       »Mir wurde ein Auftrag erteilt«, sage ich und setze mich neben sie. »Ich muss diesen Ort morgen früh mit Jon und Stuart verlassen. Anscheinend brauchen wir Batterien oder das Stromnetz bricht zusammen.«

       »Also, warum geht Melissa denn nicht?«

       »Genau das hat Jon auch gefragt«, erwidere ich. »Brenda hat uns irgendeinen Mist zur Antwort gegeben.«

       Stella lehnt sich gegen mich und seufzt. »Wem können wir am meisten vertrauen, falls ich Verbündete brauche?«

       »Verbündete? Du hast zu viel John LeCarre in der Schulbibliothek gelesen.« Ich lache. »Tran und seine Familie. Vielleicht Stubben? Natürlich Melissa.«

       »Verdammt kurze Liste«, sagt Stella.

       »Alle anderen sind zu sehr mit Brenda verbandelt. Oder mit Mindy, was aufs Gleiche rauskommt.«

       »Tran und vielleicht Stubben. Großartig.« Stella verdreht die Augen. »Ich könnte die Schule abblasen, bis du wieder zurück bist. Mich im Haus verkriechen.«

       »Dadurch könnten bei den Anderen die Alarmglocken läuten«, erwidere ich.

       »Ich werde einfach sagen, dass Carrey in einer seiner wahnsinnigen, wilden Phasen ist«, antwortet Stella. »Was er irgendwie ja auch ist.«

       Lange Zeit sitzen wir schweigen da. Dann steht Stella auf und nimmt meine Hand. »Lass uns den Kindern sagen, dass sie das Licht ausschalten und zu Bett gehen sollen.«

       »Gute Idee.« Ich hoffe, dass ihre Vorstellung vom Ins-Bett-gehen auch meiner entspricht. »Lass mich nur noch mal die Türen überprüfen.«

       Unsere kleine Siedlung sollte ein Ort sein, an dem man nie seine Türen abschließen muss. Aber dies ist das Whispering Pines nach den Z. Trotz des Tores und all den Befestigungsanlagen vergewissere ich mich noch, ob alle Fenster verschlossen und die Türen versperrt sind. Sobald ich weiß, dass das Haus sicher ist, wache ich nur noch zwölf Mal die Nacht auf, statt besorgte zwanzig Mal.

       Erst hat man Kinder und schläft nicht, wenn sie klein sind. Mit der Zeit werden

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