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werden. Ich hoffe, wir haben nicht Eure Nachtruhe gestört?“

      „Aber nein, Herr Admiral, auch unser Tagwerk beginnt für gewöhnlich bei Sonnenaufgang, beim ersten Hahnenschrei.“

      „Bestens, mein lieber Leopold, bestens! Denn wir müssen reden.“

      Franco nickte zustimmend und befahl den erstbesten Dorfbewohnern, die ihm in den Blick kamen: „He, ihr beiden, wir brauchen einen Tisch und drei Stühle, bringt sie uns her!“

      Die beiden waren offenbar Vater und Sohn und zögerten einen Moment, der Aufforderung des Banditen nachzukommen.

      „Na los, worauf wartet ihr?“, setzte Franco nach, „Oder wünscht ihr vielleicht, daß euch meine Männer dabei behilflich sind?“

      Das klang weit weniger freundlich, als man hätte meinen können. Es dauerte nicht mehr lange, bis die beiden Tisch und Stühle in die Mitte des Dorfplatzes gestellt hatten und sich der Admiral, Franco und der Bürgermeister hingesetzt hatten und miteinander zu reden begannen.

      „Los, Johannes, wir gehen näher heran, hier kann man sie nicht verstehen. Ich will wissen, was sie besprechen“, sagte Gregor zu Johannes. Mutter Grethe, die mit Jakobus und Marie mittlerweile auch vor dem Haus stand, wollte die beiden noch zurückhalten, schaffte es aber nicht mehr. Gregor und Johannes gingen weiter nach vorne bis sie hören konnten, worüber am Tisch geredet wurde.

      „Bürgermeister, wir waren lange nicht bei Euch im Dorf zu Gast, da dachten wir, es wäre wieder einmal Zeit. Und wie es der Zufall so will, sind unsere Vorräte fast alle aufgebraucht“, begann der Admiral. „Wir haben in den nächsten Wochen viel vor und meine Männer werden hungrig und durstig sein und brauchen dieses und jenes. Ich hoffe, ich kann wieder auf die Hilfe Eures Dorfes zählen?“

      „Gewiss könnt Ihr das, Herr Admiral, gewiss. Was können wir für Euch tun?“

      „Nun, wir brauchen das Übliche: Mehl, Zucker, Wein, Kartoffeln, Kleidung, Leder - Ihr wisst schon, allerhand Zeug des täglichen Bedarfs. Franco hat die Männer nach ihren Wünschen gefragt und alles notiert. Zeig' dem Bürgermeister die Liste, Franco!“

      Franco griff in seine Manteltasche und reichte dem Bürgermeister ein großes Stück Papier. Der Bürgermeister sah sich die Liste an, griff sich ans Kinn und machte einen nachdenklichen Eindruck. Ein Kätzchen lief in diesem Augenblick quer über den Dorfplatz hinüber zu dem Tisch, an dem die drei saßen. Der Admiral nahm es, setzte es sich auf den Schoß und begann, ihm den Nacken zu kraulen.

      „Das ist sehr viel, Herr Admiral, soviel haben wir heute gar nicht hier, versteht Ihr, allein die zwölf Säcke Mehl, die müssen wir doch erst noch mahlen“, murmelte der Bürgermeister und blickte dabei starr auf das Blatt Papier.

      „Ich weiß, mein lieber Leopold, deswegen kommen wir auch in sieben Tagen wieder, bringen ein oder zwei Pferdewagen mit und holen dann alles in Ruhe ab. Solange habt Ihr Zeit, alles vorzubereiten. Das werdet Ihr doch schaffen? Wir wollen doch beide nicht, daß meine Männer enttäuscht und vielleicht wütend werden, was meint Ihr?“, erwiderte der Admiral und lächelte den Bürgermeister an. Einige der Banditen, die sich im Dorf aufgebaut hatten, fanden das offenbar lustig und lachten.

      „Nein, nein, gewiss nicht, sieben Tage müssten reichten, Herr Admiral“, beruhigte der Bürgermeister den Admiral und nickte eifrig.

      „Das freut mich. Euer Dorf kann sich glücklich schätzen, einen so klugen Bürgermeister zu haben, der schnell erkennt, was das Beste für das Dorf ist und dafür sorgt, daß die ihm anvertrauten Bürger auch entsprechend handeln.“

      Der Admiral hob seinen Hut und fuhr sich durch das Haar. Dabei schweifte sein Blick durch das Dorf und da erblickte er Gregor und Johannes.

      „He, du Junge dort, komm' doch bitte einmal zu uns!“, rief er zu den beiden hinüber und winkte Johannes zu sich. „Ja, du mit den blauen Hosen!“.

      Johannes wusste einen Moment lang nicht, was er tun sollte.

      „Los, geh schon, sonst gibt es noch Ärger“, sagte Gregor und schob Johannes etwas nach vorne. „Geh' einfach zu ihm hin, keine Angst zeigen.“

      Johannes überlegte nicht lange genug, um Angst zu bekommen und ging zum Tisch hinüber, wo der Admiral auf ihn wartete.

      „Ein erstaunliches Beinkleid trägst du da“, stellte der Admiral fest. „Das Tuch ist von enormer Festigkeit und das Blau geradezu enorm! Sag, wie nennt sich dieser Stoff, mein Sohn?“

      Johannes hatte sich darüber noch nie Gedanken gemacht, schließlich war zumindest für ihn die Hose die normalste Sache von der Welt.

      „Das ist eine Jeans-Hose, nichts besonderes“, antwortete er entsprechend knapp. Johannes bemerkte, daß sowohl der Admiral als auch Franco eine Tätowierung in Form eines Wappens mit gekreuzten Säbeln am Unterarm trugen. Das musste das Zeichen der Banditen sein, das auch Gregor bei ihrer ersten Begegnung an seinem Arm gesucht hatte. Der Admiral zog die Augenbrauen hoch und nickte.

      „So, so, eine Dschiehns-Hose und nichts besonderes. Das ist mir neu, euer Dorf versteht sich wirklich auf sein Handwerk. Wie du sicher bemerkt hast, bevorzuge ich im Gegensatz zu meinen Männern durchaus farbenfrohe Kleidung, schließlich ist das Leben oft grau und trüb genug. Und dieses Blau finde ich äußerst kleidsam. Franco, ergänze bitte die Liste: Eine, oder besser gleich zwei, von diesen Dschiehns-Hosen für meine Wenigkeit.“

      Dabei erhob er sich und gab Johannes das Kätzchen. Er wandte sich noch einmal dem Bürgermeister zu: „Sieben Tage, mein Bester, vergesst es nicht. Und jetzt, meine lieben Leute, nehmt ein gutes Frühstück, der Tag ist noch lang.“

      Er gab seinen Leuten ein Zeichen, schwang sich auf sein Pferd und grüßte die Dorfbewohner noch einmal mit gezogenem Hut. Auch Franco stieg auf sein Pferd, zog seinen Säbel und rief laut in die Runde:

      „Sieben Tage, sieben Tage – und heute ist schon der erste!“

      Einen Moment später hatte die ganze Bande das Dorf wieder genau so schnell verlassen, wie sie gekommen war. Johannes stand immer noch mit dem Kätzchen auf dem Arm neben dem Tisch, während der Bürgermeister weiter auf die jetzt um einen Punkt längere Liste starrte. Die Dorfbewohner sahen den Banditen nach, die gerade über die Anhöhe hinweg ritten und danach außer Sicht waren. Einige von ihnen gingen hinüber zum Bürgermeister, um auch zu sehen, was die Banditen alles auf die Liste gesetzt hatten. Die anderen gingen nachdenklich zurück zu ihren Häusern, so wie auch Gregor und Johannes es taten.

       5. Der Pullover

      Kaum saßen alle beim Frühstück zusammen, da machte Marie ihrem Unmut Luft.„Habt ihr wieder diesen Leopold gesehen, wie er vor dem Admiral herum gekrochen ist? So ein Jammerlappen, kein Wunder, daß dieses feige Dorf ausgerechnet den zum Bürgermeister gemacht hat. Ja, Herr Admiral, gewiss Herr Admiral, untertänigster Diener, Herr Admiral – bah, widerliches Geschleime. Der sollte diesem eitlen Gockel endlich einmal da hinschicken, wo der Pfeffer wächst!“

      Jakobus blickte schon wieder böse zu seiner Tochter, doch bevor er sie wieder zurecht weisen konnte, fragte Johannes schnell: „Warum nennt ihr den Typen eigentlich 'Admiral' ? Admirale gibt es doch nur auf dem Meer.“

      „Um den Admiral ranken sich viele Geschichten“, antwortete Gregor.

      „Eine besagt, er sei mit seinen Männern eines Tages mit einem großen Schiff, dessen Kapitän er war, irgendwo an der Küste gestrandet. Das Schiff wäre zerschellt und dann hätten sie einfach an Land ihr mieses Geschäft weiter betrieben. Vielleicht wird er auch nur wegen der Uniform so genannt, aber ob er die wirklich einmal als echter Admiral getragen hat oder auch nur irgendwo gestohlen hat, das weiß niemand ganz genau.“

      „Das ist auch ganz egal, ob der nun eine echter Kapitän oder Admiral ist oder nicht, am Ende ist er doch nur ein gemeiner Räuber und Dieb, da ändert auch sein vornehmes Getue und sein hübsches Mäntelchen nichts!“, meinte Marie immer noch erbost und machte ein wütendes Gesicht.

      „Dann sehen sie also doch nicht zufällig

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