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und einen steinigen Weg, der zwischen einem Wald und dem Acker hindurchführte, auf dem die beiden gerade hinter dem Zaun lagen. Allerdings hörte er ein Pferd wiehern und auch Hufgetrappel. Und dann sah er sie: Drei Reiter auf schwarzen Pferden kamen den Weg entlang. Sie redeten nicht, sondern schienen aufmerksam die Gegend zu beobachten. Alle drei trugen lange schwarze Mäntel und schwarze Hüte, dazu schwere Stiefel und Handschuhe. Zwei der Reiter hielten Säbel oder Schwerter in den Händen, mit denen sie in den Gebüschen am Wegesrand herum stocherten. Der dritte ritt etwas hinter den beiden anderen, an seinem Hut schwang ein Federbusch und an seinem Ohr baumelte ein großer runder Ohrring. Johannes fand, daß alle drei aussehen wie Piraten, finstere Gesellen, denen man vermutlich besser aus dem Weg ging.

      "Wer waren denn die drei Typen?“, fragte Johannes den fremden Jungen als die drei Reiter ein Stück weiter geritten waren. Der Junge vergewisserte sich noch einmal, daß die drei außer Hörweite waren und sah vorsichtig über den Zaun.

      „Typen? Was meinst du mit 'Typen' ? Das war der widerliche Franco mit zweien seiner Männer. Sag bloß, die kennst Du nicht?“

      „Nö, muss ich?"

      „Wär' schon besser für dich, glaub mir. Ich verschwinde jedenfalls, ich muss im Dorf Bescheid sagen, daß sie wieder in der Nähe sind. Los, weg hier!“

      Der Junge sprang auf und rannte los in Richtung Wald und Johannes lief ohne lange darüber nachzudenken hinterher. Der fremde Junge lief sehr schnell und Johannes hatte Mühe, ihm zu folgen. Der Wald war sehr dicht, einen richtigen Weg gab es nicht, und nach einiger Zeit war sich Johannes sicher, alleine gar nicht mehr herausfinden zu können. Also musste er dem Jungen immer weiter hinterher. Kurz bevor Johannes die Puste auszugehen drohte blieb der Junge glücklicherweise plötzlich stehen.

      „Hier sind wir sicher“, sagte der Junge und atmete noch schwer. „Du siehst zwar nicht aus wie einer der Banditen, aber ich muss vorsichtig sein. Schieb' mal deine Ärmel hoch.“

      Johannes war von dem Lauf durch den Wald ebenfalls völlig außer Atem und lehnte sich erst einmal an einen Baum, um wieder zu Luft zu kommen. Der Junge kam zu ihm herüber, packte seinen Arm und schob den Ärmel nach oben. Bevor Johannes fragen konnte, was er denn da suchte, war auch der andere Arm an der Reihe.

      „Gut“, sagte der Junge, „ihr Zeichen trägst du nicht. Wie heißt du? Woher kommst du?“

      „Was für ein Zeichen? Ich bin Johannes, eigentlich wollte ich Brötchen holen gehen, aber dann bin ich auf die Schaukel und dann war ich hier.“

      „Du wolltest Brötchen kaufen gehen? Hier im Wald?“

      Der Junge sah Johannes ungläubig an, ging aber schon wieder weiter.

      „Also, Johannes, Brot gibt es bei uns im Dorf, da kannst bestimmt etwas bekommen, zumindest bevor die Banditen wieder kommen und alles mitnehmen. Außerdem bist du wohl genau so harmlos wie ahnungslos, also komm' mit!“

      Und schon marschierte er weiter.

      „Und wer bist du?“, rief Johannes dem Jungen nach, während er ihm schon wieder hinterher lief.

      „Ich bin Gregor, Gregor der Sohn von Jakobus, dem Schmied.“

       3. Das Dorf

      Es dauerte nicht mehr lange bis Johannes und Gregor den Rand des Waldes erreichten. Gregor blieb neben einer großen Eiche stehen, streckte seinen Arm aus und zeigte in Richtung von ein paar Büschen, hinter denen Johannes einige Häuser erkennen konnte: „Das ist mein Dorf.“

      Als sie sich dem Dorf weiter näherten, erkannte Johannes, daß es sich um ziemlich alte und einfache Häuser handelte. Sie waren aus Holz und groben Steinen gebaut und ihre Dächer waren mit Stroh und Reisig gedeckt. In dem Dorf gab es auch keine richtige Straße, keine Ampeln und keine Autos. Das Dorf sah auch nicht so aus wie die Dörfer, die Johannes von Ausflügen aufs Land kannte, denn dort gab es ja zumindest Traktoren, Feldwege und Verkehrszeichen. Aber wo war er hier gelandet? Dieses Dorf hier erinnerte ihn mehr an das Freilichtmuseum, das er mit seiner Schulklasse im letzten Herbst besichtigt hatte und in dem verkleidete Frauen und Männer alte Handwerks-Berufe vorführten, die es heutzutage gar nicht mehr gab. Die verkleideten Frauen und Männer gab es auch in Gregors Dorf, allerdings wirkten sie alle gar nicht verkleidet, sondern ziemlich echt. Ein barfüßiger Mann führte einen Pferdekarren quer durch das Dorf, ein paar Frauen saßen vor einem Haus und flochten Körbe und ein Mädchen versuchte, ein paar Ziegen in einen kleinen Stall zu sperren. Aus einem Haus kam ein lautes Geräusch, als wenn jemand mit einem Hammer auf ein Metallstück einschlug. Das war das Haus, zu dem Gregor ging. Johannes hüpften ein paar Hühner vor die Füße, flatterten aber aufgeregt gleich weiter. „He, ihr zwei, erschreckt mir die Hühner nicht, sonst legen sie wieder keine Eier“, rief den beiden Jungen eine Frau zu, die gerade aus der Tür herausgekommen war und Bettwäsche auf die Wäscheleine neben dem Haus hing.

      „Macht nichts, Mutter“, beruhigte Gregor sie, „bei Vollmond legen die doch eh kaum Eier.“

      Gregors Mutter sah zum Himmel wo der bleiche Mond schon gut zu erkennen war. „Hast Du die Schafe zur Weide gebracht?“, fragte sie.

      „Mutter, wir haben Franco mit zwei anderen Banditen bei den Feldern gesehen.“

      „Ob Du die Schafe zur Weide gebracht hast, habe ich gefragt!“

      „Ja ja, habe ich, und dabei habe ich die drei Banditen am Wald entlang reiten sehen, du weißt doch, was es heißt, wenn sie so nah am Dorf sind!“

      „Ich weiß zumindest, was es heißt, wenn du dich wieder irgendwo in der Gegend herumtreibst und die Schafe nicht auf der Weide ankommen. Und wie dreckig du wieder aussiehst, du sollst die Schafe hüten, und dich nicht mit ihnen auf dem Boden herum wälzen. Und wer ist eigentlich dein Freund da, kenne ich den?“

      „Das ist Johannes, der hat die Banditen auch gesehen, er kommt von weit her und möchte Brot kaufen.“

      Johannes wusste nicht so recht, was er sagen oder machen sollte, verbeugte sich aber ein wenig. Gregors Mutter machte einen energischen, aber auch freundlichen Eindruck. Sie trug ein einfaches schwarzes Kleid mit einer grauen Schürze darüber, die Ärmel hatte sie bis über die Ellbogen hochgekrempelt und das braune Haar war hinter dem Kopf zusammengesteckt. Jetzt schaute sie genau so ungläubig wie ihr Sohn.

      „Brot kaufen? Bei uns? Und dafür von weit her kommen? Wir backen zwar nicht schlecht, aber dafür würde ich wirklich nicht von weit her kommen. Und jetzt zieht eure schmutzigen Schuhe aus und kommt erst mal herein, auch wenn ihr Buben den ganzen Tag nur Unsinn gemacht habt, Hunger habt ihr bestimmt, da kann dein Johannes gleich etwas von unserem Brot kosten! Vater wird auch schon hungrig sein. Kommt herein.“

      Gregor und Johannes zogen die vom Marsch durch den Wald wirklich sehr dreckig gewordenen Schuhe aus, stellten sie neben die Tür und folgten Gregors Mutter ins Haus. Auch drinnen fühlte sich Johannes an das Museumsdorf erinnert. Die Möbel waren aus groben Holz gebaut, es gab einen großen Ofen, der offenbar auch zum Kochen genutzt wurde, aber weder Fernseher noch Radio oder andere elektrische Geräte. Eine steile Stiege führte nach oben unter das Dach. Gregors Mutter stellte sich auf die erste Stufe der Stiege und rief nach oben:

      „Marie, kannst du saubere Hemden und Hosen nach unten bringen, hier sind zwei junge Herren, die sich erst zu uns an den Tisch setzen dürfen, wenn sie ihre verdreckten Sachen ausgezogen haben!“.

      Während sich Johannes noch im Haus umschaute, zog Gregor schon seine schmutzige Kleidung aus und legte sie über einen Stuhl in der Ecke.

      „So, so, hat der Herr Schafhirte sich wieder mit den süßen Lämmchen auf der Weide gewälzt?“ hörte Johannes jemanden von der Stiege herunter fragen.

      "Gib mir lieber die Hose und halte keine klugen Reden, Waschfrau!" antwortete Gregor dem Mädchen, das nun die Stiege herab kam.

      "Das ist meine geschwätzige Schwester, sie heisst Marie, Mariechen Plappermaul."

      "Habe ich mir schon gedacht, ich meine, daß sie deine Schwester ist. Ich habe auch eine."

      Johannes

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