Скачать книгу

Zopf. Sie war ein paar Jahre älter als Gregor und deutlich größer.

       "Und das ist Johannes, der bei uns Brot kaufen will, ich habe ihn hinter dem Wald vor den Banditen gerettet", erklärte Gregor, während er in die neue Hose schlüpfte.

       "Du hast ihn gerettet?", fragte Marie und schien ihren Bruder nicht recht ernst zu nehmen.

      "Hast du die Banditen mit deinem Hirtenstock in die Flucht geschlagen oder hast du ihnen die Schafe auf den Hals gehetzt?“. Sie wandte sich Johannes zu.

      „Du musst nämlich wissen, die schwarzen Banditen fürchten nichts mehr als meinen wilden kleinen Bruder mit seinen noch wilderen Schafe", meinte Marie zu Johannes gewandt, der noch immer mit den Kleidungsstücken in der Hand da stand.

       Gregor streckte ihr die Zunge heraus.

      "Schluss, ihr beiden“, unterbrach Gregors Mutter, "Marie, du gehst jetzt zur Schmiede und sagst Vater Bescheid, dann kann sich unser Gast auch ungeniert umziehen. Und danach kommt endlich das Essen auf den Tisch! Beim Essen kann uns Gregor dann von seinen Heldentaten berichten."

      Marie ging zur Tür hinaus und Johannes begann, Jeans und Pullover auszuziehen. Gregor's Mutter nahm ihm beides gleich aus den Händen.

      "Gib' mal gleich her, Johannes, die kommen mit den anderen Sachen in die Wäsche, wirst sehen, morgen sind die wieder wie neu." Dabei befühlte sie den Stoff und zog anerkennend die Augenbrauen nach oben.

      "Da habt ihr aber einen guten Tuchmacher in Eurem Dorf, der einen so dicken und festen Stoff weben kann. Und färben kann er auch gut, ein feines Blau hat er da geschafft, alle Achtung, auch wenn man es unter dem Staub kaum noch erkennen kann."

      Sie nahm die Sachen und legt sie zu Gregor's schmutzigen Kleidern auf den Stuhl in der Ecke. Dann begann sie mit Gregors Hilfe, Geschirr aus dem Schrank zu holen, gab Johannes ein paar Teller und gemeinsam deckten sie damit den Tisch in der Mitte des Hauses. Dazu legten sie Brot, Wurst und einen großen Schinken, eine Schale mit dicken Bohnen, Zwiebeln und Kräutern. In die Mitte stellte sie einen großen Krug mit Wasser und einen etwas kleineren mit Wein, dazu ein paar Becher aus Metall. Im selben Moment flog die Tür wieder auf und ein kräftiger Mann kam zusammen mit Marie herein. Er trug eine lederne Schürze und feste Schuhe. Seinem verschwitzten Gesicht sah man an, daß er wohl den ganzen Tag hart gearbeitet hatte. Offenbar war das Jakobus, der Schmied, der Vater von Gregor und Marie. Während er sich an einer Wasserschüssel, die auf einer kleinen Anrichte unter dem Fenster stand, Gesicht und Hände wusch, stellte Marie noch eine kleine Schüssel mit Schmalz auf den Tisch und setzte sich.

      „Marie hat mir schon von unserem Gast berichtet.“ sagte Jakobus, während er sich ebenfalls an den Tisch setzte. „Fürwahr, wir haben selten Besuch von außerhalb. Wenn wir aber welchen haben, dann wollen wir ihn so recht wie möglich bewirten, nicht wahr, Grethe?“

      „Natürlich, Jakobus, so ist es guter Brauch.“ antwortete Gregors Mutter und begann, ein kurzes Tischgebet zu sprechen.

      „Wir haben nicht viel, aber was wir haben, ist gut“, sagte Jakobus danach und nahm sich vom Brot und Schmalz. „Also, willkommen in meinem Haus, Johannes, greif ordentlich zu und erzähle uns, was dich hierher in unser Dorf verschlagen hat!“

      Aber bevor Johannes antworten konnte, kam ihm Gregor zuvor:

      „Also, ich habe hinter dem Wald die drei Banditen bemerkt und wollte herausfinden, was sie vorhaben, da war er plötzlich da und wäre ihnen ahnungslos in die Arme gelaufen, wenn ich ihn nicht zurückgehalten hätte!“

      „Pah, wahrscheinlich war es genau andersherum, Du hast wieder bei den Schafen vor dich hin geträumt und Johannes hat dich vor den Banditen gerettet“, fiel ihm Marie ins Wort.

      „Ruhe, ihr beiden!“ meinte Jakobus da energisch, während er sich ein Stück Wurst abschnitt, „ich will Johannes hören, nicht euer Gezänk. Also sprich, mein Junge.“

      Johannes hatte sich bis jetzt noch gar nichts vom Essen genommen, griff aber jetzt zu Brot und Wurst.

      „Also, ich komme aus der Stadt, wollte Brötchen holen gehen, war im Park und dann bin ich auf die Schaukel und plötzlich lag ich neben Gregor im Staub und die drei komischen schwarzen Piraten ritten an uns vorbei. Danach sind wir hierher gerannt“, sprudelte es da aus ihm heraus. Gregor, Marie und Mutter Grethe sagten nichts. Jakobus schaute zu Johannes hinüber, kaute seinen Bissen zu Ende und begann dann herzhaft zu lachen.

      „Hahaha, aus der Stadt kommst du – die Stadt liegt fünf Tagesritte entfernt, die Strecke bist du doch kaum zu Fuß gelaufen, um bei uns Brot zu kaufen, ein Pferd hast du ja keines dabei. Und einen Park hat dort nur der Herr Fürst auf seinem Anwesen – und nach einem der fürstlichen Kinder siehst du nicht aus, fürwahr!“

      Auch Gregor, Marie und Mutter Grethe mussten lachen.

      „Also, sprich ruhig die Wahrheit, wir sind rechtschaffene Leute hier im Dorf, uns kannst Du vertrauen“, fuhr Vater Jakobus fort, „Ich wette, du bist von daheim ausgerissen und der Hunger hat dich in unser Dorf getrieben!“

      Johannes überlegte kurz, ob er auf seiner Geschichte bestehen sollte. Aber da ja selber noch nicht verstanden hatte, wie er eigentlich vom Spielplatz zu Hause hierher in das Dorf gekommen war, entschied er sich dagegen und stimmte lieber zu.

      „Ja, so war das wohl. Ein Glück, daß ich Gregor begegnet bin, hätte sonst mit den Piraten, ich meine Banditen, ganz schön schief gehen können.“

      „Sag ich doch!“, rief Gregor da. „Der fiese Franco ist mit zwei anderen umher geritten, um zu sehen, ob die Luft rein ist. Da wird die ganze Bande bald wieder ins Dorf kommen und sich holen, was nicht niet- und nagelfest ist.“

      „Wenn das stimmt, dann sind das keine guten Nachrichten, fürwahr“, meinte Vater Jakobus.

      „Warum nicht?“, fragte Johannes, „die drei sahen nun auch nicht so gefährlich aus, daß sich Euer ganzes Dorf vor ihnen fürchten muss. Ehrlich gesagt, in ihrem komischen Aufzug sahen die ein bisschen albern aus.“

      Vater Jakobus Miene wurde ernst.

      „Albern? Nein, Franco ist bestimmt ein verschlagener Lump und gar nicht albern, fürwahr– und sie sind auch nicht nur zu dritt. Du musst wirklich von weit her kommen, wenn du noch nie vom Admiral, seinem Statthalter Franco und seinen Banditen gehört hast. Es sind bestimmt an die fünfzig von ihnen, die unser Dorf immer wieder heimsuchen.“

      „Sie kommen nun schon seit ein paar Jahren zu uns, wie aus dem Nichts tauchten sie eines Tages mit ihren Säbeln, Lanzen und Messern im Dorf auf und nahmen mit, was sie tragen konnten,“ ergänzte Mutter Grethe. „Und wehe dem, der ihnen nicht gibt, was sie verlangen, dem ergeht es übel.“

      „Manchmal kommen sie wochenlang gar nicht, dann kurz hintereinander gleich mehrmals. Deswegen behalten wir die Umgebung im Auge, denn bevor sie alle zusammen kommen, schicken sie stets erst ein paar von ihnen voraus, um festzustellen, ob es etwas zu holen gibt und ob fürstlichen Soldaten im Dorf sind, die uns schützen könnten“, fügte Gregor hinzu. „So wissen wir wenigstens, wann sie kommen, auch wenn wir nichts dagegen unternehmen können.“

      „Warum ruft ihr dann nicht schnell die Soldaten an, wenn die Banditen gerade wieder in der Nähe sind, damit sie kommen, um euch zu helfen?“, fragte Johannes.

      „Die nächste Garnison mit Soldaten ist drei Tagesritte entfernt, wie willst du dahin rufen? Und selbst wenn die Soldaten schnell genug hier wären, sie könnten nicht lange bleiben. Der Admiral würde einfach warten, bis sie wieder abgezogen sind, und erst dann über uns herfallen“, erklärte Vater Jakobus. „Einmal, da hatten wir Soldaten hier, einen Boten hatten wir zur Garnison losgeschickt, der sie dann zu uns führte. Und keiner der Banditen ließ sich bei uns blicken. Erst nachdem die Soldaten wieder fort waren, kamen sie zu uns und der Admiral setzte uns umso mehr zu.“

      Johannes hatte sich mittlerweile überlegt, daß es in einem Haus ohne elektrischen Strom natürlich auch kein Telefon geben konnte, mit dem man mal eben die Polizei oder Soldaten zu Hilfe hätte holen können. Kein Telefon, kein Fernseher, kein Radio und keine Kaffeemaschine, das Dorf lebte

Скачать книгу