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Art entsteht.“ „Sind Sie auch dieser Meinung?“ erkundigte sich der Reporter bei Wolfgang. „Absolut.“ „Ist das nicht ein wenig übertrieben?“ „Wenn Sie gehört hätten, mit welchen Namen man uns allein in den letzten zwei Stunden beleidigt hat, würden Sie uns Recht geben“, teilte ihm Alfred mit. „Nach wie vor ist die ganze Welt über die grausamen Morde von Frankfurt erschüttert. Allerdings entsteht langsam aber sicher ein blinder Fanatismus gegen alle Rechtsradikalen und Leute, die nicht unbedingt für Ausländer sind. Auch das sollte man nicht aus den Augen verlieren“, schloß der Reporter. Daraufhin bedankte er sich bei Alfreds Gruppe und verschwand. Am Abend sahen dann fast zehn Millionen Menschen das Interview im Fernsehen. Einige gewannen tatsächlich den Eindruck, daß man nicht nur die Täter, sondern alle Rechten verurteilte. Hätten sie gewußt, daß der Reporter das Interview mit den Brandstiftern geführt hatte, hätten sie gewiß anders gedacht.

      Am Abend saß Karls Gruppe wieder im „Heldentreff“. Man redete ein wenig über belanglose Dinge, weil man natürlich nicht riskieren wollte, als Brandstifter erkannt zu werden. Zwar saßen in der Kneipe nur Leute, die sie gewiß nicht verraten hätten, aber dafür ab und zu einen Wunsch gehabt hätten, den man dann erfüllen hätte müssen, um nicht hinter Gitter zu kommen. Gegen neun Uhr betrat Andreas Fierer, der laut seinem neuen Personalausweis Oliver Schricker hieß, den „Heldentreff“. Ein paar der Männer, die herumsaßen und den Alkohol sichtlich genossen, unterhielten sich darüber, wer denn die Helden sein könnten, welche die Kanackenhäuser angezündet hatten. „Gib’s zu, Du bist einer von den Brandstiftern“, meinte einer der Männer zu Schricker. „Behalt’s aber für Dich“, entgegnete jener gelassen. „Kannst Dich drauf verlassen“, garantierte der Angesprochene. „Komm! Setz Dich zu uns!“ Schricker ließ sich bei ihnen nieder. „Was glaubst Du? Wer war so mutig, es den Kanacken einmal zu zeigen?“ wollte einer von Schricker wissen. „Vielleicht Nachwuchsleute. Auf jeden Fall waren es absolute Profis“, lautete dessen Antwort. „Da hast Du Recht! Prost!“ „Prost!“ riefen die Anderen und tranken. „Kennt Ihr irgendeine Gruppe, bei der ich anfangen könnte?“ erkundigte sich Schricker. „Na klar! Bei den sprechenden Glatzköpfen!“ brüllte einer. Die Anderen lachten, daß sich die Balken bogen. Schricker lachte auch. „Kleiner Scherz! Siehst Du die da hinten? (Er deutete auf Karls Gruppe) Vielleicht können die noch jemand brauchen.“ „Danke!“ sagte Schricker und stand auf. Karls Gruppe langweilte sich ein wenig. Das Geld war versoffen, aber heim wollte auch noch niemand. „Eine Runde für den Tisch da hinten!“ rief Schricker dem Wirt zu, als er bei Karl und seinen Freunden angekommen war. „Hey, so lob ich mir das! Solche Leute lernt man gerne kennen“, gab Steffi von sich, die froh darüber war, daß sich etwas tat. Auch die Anderen freuten sich über die zu erwartende billige alkoholische Füllung. „Was ist denn mit Euch? Ihr kommt mir ein wenig gelangweilt vor“, wunderte sich Schricker. „Kein Wunder! In dem Schuppen ist ja nichts los“, erklärte ihm Berthold. „Das wird wohl daran liegen, daß es zu wenig Helden in unserer Zeit gibt“, vermutete Schricker. „Wahrscheinlich. Aber wenigstens haben wir wieder was zum Trinken“, freute sich Karl und schüttete die gebrachte Flüssigkeit in sich hinein. „Donnerwetter!“ staunte Schricker. „Was ich Euch fragen wollte: Könnt Ihr noch jemanden in Eurer Gruppe brauchen? Ihr seid ja erst vier.“ „Na ja, wenn Du immer die Getränke zahlst“, erwähnte Steffi bereitwillig. „Da muß ich Euch enttäuschen. Irgendwie muß ich meine Miete auch bezahlen“, winkte Schricker ab. „Wo arbeitest Du denn?“ fragte Berthold. „Nirgends“, lautete Schrickers Antwort. „Und wie willst Du dann Deine Miete bezahlen?“ „Das kann ich Euch leider nicht verraten“, flüsterte Schricker geheimnisvoll. Die Anderen wurden neugierig. „Sag mal, wie heißt Du eigentlich?“ erkundigte sich Steffi. „Oliver Schricker. Und wer seid Ihr?“ „Ich bin Steffi und das sind Karl, Berthold und Hans“, stellte ihm Steffi die Anderen vor. „Schön Euch kennenzulernen. Noch eine Runde auf meine Rechnung, Herr Wirt!“ rief Schricker. Langsam aber sicher wurde er ihnen sympathisch. Sie redeten noch eine Stunde über ein paar Sachen, bis Schricker zahlte und sich verabschiedete. „Seid Ihr morgen wieder hier?“ wollte er wissen. „Wahrscheinlich schon“, vermutete Karl. „Und dann sagt Ihr mir, ob ich bei Euch mitmachen kann, oder?“ fragte Schricker. „Darauf kannst Du Dich verlassen“, versprach ihm Karl. „Mal schauen, was Alfred dazu sagt“, sprach Karl zu den Anderen.

      Witt, Ohlmann und Höller waren überrascht. Zum Einen darüber, daß zwei weitere Brandanschläge stattgefunden hatten, und zum Anderen darüber, daß Alfred im Fernsehen gekommen war. Nicht weniger erstaunt hatten sie seine doch recht zurückhaltenden Worte. Natürlich waren sie enttäuscht, daß sie die Brandstifter immer noch nicht gefunden hatten. Denn solange sie jene nicht aufspürten, konnten ihre Terroraktionen nicht beginnen, da sie ja nun einmal beschlossen hatten, als einzige rechte Organisation Anschläge zu verüben, um so in den Mittelpunkt des Interesses zu gelangen. „Wir werden wohl noch mal in die „Braune Grube“ gehen müssen“, glaubte Höller. Witt nickte. Am Abend saßen sie dort und wunderten sich darüber, Alfred nicht zu sehen. Nach einer Stunde wurde es Witt zu dumm. „Wo ist denn Alfred?“ fragte er den Wirt. „Ach, der läßt sich hier nicht mehr blicken. Na ja, als Fernsehstar geht man wohl woanders hin“, mutmaßte jener spöttisch. Witt verstand. „Waren noch andere Leute bei Alfred?“ erkundigte sich Ohlmann. „Ja, vier. Drei Jungen und ein Mädchen, das, soviel ich mitbekommen habe, seine Freundin ist.“ „Danke für die Auskunft“, ließ Höller verlauten und bezahlte. Wenig später saßen sie in ihrem Auto mit falschem Nummernschild. „Fünf Leute. Bei dem Brandanschlag waren es doch fünf Molotow-Cocktails“, fiel Ohlmann ein. „Das hat nichts zu bedeuten“, erwiderte Witt. „Alfred kennt viele Leute. Ich bin mir ziemlich sicher, daß er weiß, wer die Brandstifter sind.“ „Warum sagt er es uns dann nicht?“ wunderte sich Ohlmann. „Aus Vorsicht natürlich. Wer verrät schon wildfremden Leuten Geheimnisse?“ gab Höller zu bedenken. „Also müssen wohl wir den ersten Schritt machen?“ warf Ohlmann in den Raum. „Du sagst es“, stimmte Witt ihm zu und fuhr los. Aus dem Telefonbuch hatten sie Alfreds Adresse herausgesucht und fuhren nun zu seiner Wohnung. Sie hatten Glück. Alfred war daheim und allein. „Können wir reinkommen?“ fragte Ohlmann. „Na klar“, bemerkte Alfred, den brennend interessierte, was die Drei wirklich wollten. „Kein schlechter Auftritt im Fernsehen“, erwähnte Witt beiläufig. „Man hätte fast meinen können, daß Du Vorsitzender in einer Partei bist.“ „Wieso das denn?“ wunderte sich Alfred. „Na ja, richtig diplomatisch halt. Wie ein Politiker“, erläuterte Witt. „Ich will halt auch noch ein paar Jahre leben und nicht von der Meute gelyncht werden“, stellte Alfred klar. Sie verstanden was er meinte. „Also, was verschafft mir die Ehre Eures Besuchs?“ Witt freute sich, als er bemerkte, daß Alfred sie duzte. „Wir glauben, daß Du etwas mehr über unsere Organisation erfahren sollst“, begann Höller. „Warum gerade ich?“ wollte Alfred wissen. „Weil Du gute Kontakte in der Szene hast und weil wir glauben, daß Du die Brandstifter kennst“, argumentierte Ohlmann. „Wir haben Meinungsfreiheit. Also schießt los!“ bat Alfred. „Unsere Organisation nennt sich Braune Armee Fraktion, also BAF“, erzählte Witt. „Was Besseres ist Euch wohl nicht eingefallen?“ spottete Alfred. „Kannst Du vielleicht auch mal zuhören?“ fragte Ohlmann genervt. „Kein Problem“, teilte ihm Alfred mit. „Also, wir planen in ganz Deutschland Terroranschläge gegen Ausländer, ausländische Einrichtungen, Ausländerfreunde und Entführungen linksgerichteter Politiker.“ „Hört sich gut an“, fand Alfred. „Und was hab ich damit zu tun?“ „Du sollst einen Kontakt zu den Brandstiftern herstellen, damit wir sie in unserer Organisation aufnehmen können“, erläuterte Höller. „Woher wollt Ihr wissen, daß die das auch wollen?“ wunderte sich Alfred. „Weil es für rechtsradikale Brandstifter keinen besseren Platz als den in unserer Organisation gibt“ behauptete Witt und gab ihm eine Karte, auf der eine Telefonnummer stand. „Interessant“, dachte sich Alfred.

      Sitzung im „Führerbunker“. „Du, Alfred, hör mal zu! Wir haben gestern im „Heldentreff“ jemanden kennengelernt, der wahnsinnig gerne in meiner Gruppe mitmachen würde. Was meinst Du dazu?“ wollte Karl wissen. „Ich weiß nicht so recht. Wir sollten vorsichtig sein. Wo ist Hans überhaupt?“ entgegnete jener. „Ach, der hatte heute keine Lust“, gab Karl weiter. „Keine Lust? Was soll denn das? Was ist denn das für eine Moral!“ schimpfte Alfred. Steffi wollte ihn beruhigen: „Das ist doch nicht so schlimm.

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