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Nicht, daß man sich nicht darüber freute, daß es Leute gab, die ebenso tatkräftig gegen die Ausländer kämpften. Ganz im Gegenteil. Aber man wollte die Brandstifter natürlich allzu gerne in den eigenen Reihen haben, weil man glaubte, man könne noch etwas von ihnen lernen. Außerdem wollte man, daß ab sofort alle Terroranschläge von der BAF ausgingen und ihnen nicht die Schau gestohlen wurde. „Ich glaube, hier können wir bei unserer Suche ansetzen“, vermutete Witt und las aus einer Zeitung vor: „Mann in eigener Wohnung erschossen! Racheakt von Ausländern? Gestern wurde der 77jährige Rentner Johann Simbeck in seiner Wohnung erschossen und ausgeraubt. Die Polizei hält es durchaus für möglich, daß Ausländer ihn umgebracht haben, um den Tod der elf Türken zu rächen. Zu dieser Ansicht kamen die Beamten, da Johann Simbeck als Sympathisant der rechten Szene bekannt war. Möglicherweise hat er die Täter provoziert, indem er den Brandanschlag auf die Türken guthieß.“ „Ja und? Was hat das mit unseren Brandstiftern zu tun?“ wollte Ohlmann wissen. „Das liegt doch auf der Hand. Unsere Brandstifter haben ihn umgebracht, weil er sie erkannt hatte“, erklärte ihm Höller. „Glaubt Ihr das wirklich? Es ist doch viel naheliegender, daß ihn Ausländer umgebracht haben, um die Türken zu rächen“, entgegnete Ohlmann. „Siehst Du! Genau das haben sich unsere Mustermörder auch gedacht. Die Polizei ist genauso wie Du auf der falschen Spur“, erläuterte Witt. „Und was machen wir jetzt?“ erkundigte sich Höller. „Wir hören uns erst einmal ein wenig in der Szene um. Dann sehen wir weiter“, entschied Witt. Sie verließen ihr Geheimversteck und fuhren nach Frankfurt, um die Szenelokale abzuklappern. Auf alle Fälle wollten sie den oder die Brandstifter in ihrer Organisation dabei haben. Da es unwahrscheinlich war, daß einer neun Molotow-Cocktails geschmissen hatte, gingen sie von mehreren Tätern aus.

      „Guten Tag. Was kann ich für Sie tun?“ fragte Antje Fierer den jungen, kahl geschorenen Mann, der an ihrer Tür geläutet hatte. „Das Essen machen!“ verlangte jener. „Wie bitte?“ „Na ja, ich habe Hunger“, stellte der Mann klar. „Moment, Sie klingeln da an meiner Tür und wollen, daß ich das Essen mache?“ „Richtig.“ „Was erlauben Sie sich eigentlich?“ empörte sich Antje. „Kochen Sie jetzt endlich was?“ fragte der Mann ungeduldig. „Hören Sie. Ich rufe die Polizei“, drohte Antje und wollte die Türe schließen. „Die ist schon da. Gestatten, Fierer. Hier ist mein Ausweis“, sagte Andreas Fierer. Da erst erkannte ihn seine Frau. „Du meine Güte! Wie siehst Du denn aus?“ rief sie erschrocken. „Wieso? Gefällt es Dir nicht?“ erkundigte sich er. „Ganz und gar nicht. Du siehst ja aus wie so ein Nazi.“ „Das ist ja prima“, freute er sich und gab ihr einen Kuß. Antje verstand die Welt nicht mehr. „Was bitteschön ist daran prima, daß Du wie ein Nazi aussiehst? Und das gerade jetzt, wo dieser Brandanschlag war!“ „Das erkläre ich Dir beim Essen“, versprach er und schaute in den Spiegel. Tatsächlich! Er sah aus wie ein Neonazi! „Also, was ist jetzt?“ wollte Antje später wissen. „Du hast doch bestimmt gehört, daß wir rund um die Uhr die Brandstifter suchen?“ Antje nickte. „Na ja, und um die zu finden müssen wir uns in die rechte Szene einschleusen, um mehr zu erfahren.“ „Aber warum gerade Du?“ wunderte sich Antje. „Warum nicht?“ konterte Andreas. „Wenn wir die Täter finden, könnte ich befördert werden.“ „Das ist doch verdammt gefährlich!“ Antje war sauer. Sie wollte nicht, daß Andreas sein Leben riskierte. Außerdem paßte ihr seine „Frisur“ nicht. „Ach ja, eines hätte ich fast vergessen: Wir sehen uns heute wahrscheinlich das letzte Mal für lange Zeit“, fiel ihm ein. „Schön, daß Du das auch mal erwähnst“, ätzte sie zynisch. „Kannst Du mir vielleicht sagen wieso?“ „Na ja, wenn ich weiterhin hier ein und aus gehe, dann wissen alle, daß ich der Bulle Fierer bin und dann habe ich keine Chance, in die Szene zu gelangen. Darum hat mir mein Boß eine Wohnung in einem Viertel besorgt, in dem ich leicht Anschluß finden werde“, vertraute Andreas ihr an. „So! Das ist ja toll!“ rief Antje wütend. „Willst Du Dich vielleicht auch noch scheiden lassen?“ „Hey, was ist denn los, mein Schatz?“ tröstete er sie. „Schwierige Situationen erfordern schwierige Maßnahmen. Das weißt Du doch. Oder willst Du nicht, daß diese Brandstifter geschnappt werden?“ „Schon. Aber warum muß deshalb unser Zusammenleben enden?“ wollte sie wissen. „Weil es nicht anders geht. Stell Dir vor, einer meiner künftigen Kumpanen beobachtet, wie ich jeden Tag in unsere Wohnung gehe und bei Frau Fierer übernachte, die zufälligerweise die Frau eines Polizisten ist. Dann kann ich meine Körperteile im Main zusammensuchen.“ „Also darf ich Dich wohl ab heute Adolf nennen?“ spottete sie. „Nein. Ich heiße von nun an Oliver Schricker“, antwortete er. „Na dann viel Erfolg, Oli“, wünschte Antje, bevor sie das Geschirr abspülte. „Moment, nicht so schnell.“ Er griff ihr an den Po. „Erst mal will ich noch Andreas Fierer sein. Schließlich werden wir uns lange Zeit nicht mehr sehen.“ „Laß mich!“ forderte Antje. „Ich will nicht von einem Glatzkopf gefickt werden!“ „Auch nicht, wenn der Glatzkopf Dein Mann ist?“ erkundigte er sich. „Auch dann nicht!“ machte sie deutlich. Da fiel er über sie her und vergewaltigte sie.

      Natürlich konnten sich die neun „Feuermacher“ nicht mehr in der „Reichsbar“ blicken lassen, weil die Leute dort auch zählen konnten. Es hätte zwar eine Gruppe hingehen können, aber dann hätte es gewiß dumme Fragen gegeben. Außerdem wollte man einen zweiten „Fall Simbeck“ unbedingt vermeiden. Deswegen ging Alfreds Gruppe ab sofort in die „Braune Grube“, während Karls Gruppe im „Heldentreff“ ihre Abende verbrachte. Wie der Zufall es so wollte, waren an jenem Abend Witt, Ohlmann und Höller ebenfalls in der „Braunen Grube“. Alfred fielen sie auf, weil sie doch recht gut gekleidet waren. „Ich hab gar nicht gewußt, daß Bonzen hier auch Zutritt haben“, provozierte er sie. „Und mir war nicht klar, daß man auch linke Zecken hier hereinläßt“, konterte Witt. Alfred mußte sich beherrschen, um nicht eine Schlägerei mit ihm anzufangen. „Was fällt Dir ein, mich einen linken Zecken zu nennen?“ brüllte er. Witt blieb ganz ruhig. „Du hast uns Bonzen genannt. Nur die Linken reden von Bonzen“, entgegnete er. „O.k.. Mein Fehler. Dürfte ich dann vielleicht erfahren, was die gut angezogenen Herren in dieser schmutzigen Kneipe wollen?“ „He, keine Beleidigungen! Sonst kannst Du gleich wieder gehen“, mischte sich der Wirt ein, der mitgehört hatte. „Sorry. War nicht so gemeint“, entschuldigte sich Alfred, da er ja noch einige Male seine Abende in jenen Räumen verbringen wollte. „Das will ich auch hoffen“, bekräftigte der Wirt. Überhaupt war Alfred in letzter Zeit viel ruhiger geworden. Einmal, weil er recht zufrieden mit sich und der Welt war; zum Anderen, da er nicht unnötig auffallen wollte. Mit seinen Provokationen gegenüber ihm unliebsamen Leuten wollte und konnte er jedoch nicht aufhören. „Das darfst Du ruhig wissen. Wir suchen die Leute, die das Türkenhaus angezündet haben“, sagte ihm Ohlmann. „Ach, Ihr seid Bullen. Hätt ich mir ja denken können“, klagte Alfred und wollte gehen. „Tut mir leid, junger Freund. Wir sind gewiß keine Polizisten. Wenn wir Polizisten wären, dann wärst Du ein Neger“, klärte ihn Höller auf. „Sagt mal, wie oft wollt Ihr mich denn noch beleidigen? Fehlt nur noch, daß Ihr mich einen Juden nennt, was ich Euch aber wirklich nicht raten würde. Was wollt Ihr denn von diesen Brandstiftern?“ wollte Alfred wissen. „Das dürfen wir Dir leider nicht sagen“, äußerte sich Ohlmann vorschnell. „Wenn wir es nie jemandem erzählen, dann finden wir sie nie“, zischte Höller. „Wir wollen sie in unsere Organisation aufnehmen“, bemerkte Witt. „Wieso das denn?“ erkundigte sich Alfred neugierig. „Weil wir solche Leute wie sie brauchen können. Wer wagt es schon, in unserer Zeit noch Ausländerhäuser anzuzünden?“ „Danke“, dachte sich Alfred geschmeichelt und fragte dann: „Was ist denn das für eine Organisation?“ Die drei Männer überlegten, ob sie ihm wirklich so viel sagen sollten. Als sie schwiegen, teilte ihnen Alfred mit: „Wißt Ihr was ich glaube? Ihr tragt diese Luxushemden nur, um Euch zu tarnen. Ihr habt es wohl faustdick hinter den Ohren. Vielleicht habt Ihr ja das Kanackenhaus angezündet. Jeder drei Molotow-Cocktails, das würde ja sogar schön aufgehen.“ „Würden wir dann die Brandstifter suchen?“ erwiderte Witt gelassen. „Warum nicht? So käme niemand auf die Idee, daß Ihr es wart.“ „Also, Freundchen, hör mir mal zu: Wir finden das total super von denen, die das gemacht haben und würden sie gerne in unserer Organisation aufnehmen“, offenbarte sich Höller und gab ihm eine Visitenkarte. „Teile es uns bitte mit, wenn Du sie kennst.“ „Ich ruf Euch an, wenn sie mir ihre Tat gestanden haben“, versprach Alfred belustigt und ging.

      „Was wollten denn die komischen

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