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Fahrrad ab, schaltete seine Rechner an und schaute in das Gefrierfach.

      Heute früh gab es Burger. Jetzt sind nur noch Pizzen da. Du solltest nochmal einkaufen.

      »Ich gehe heute nirgends wo hin«, sagte er zu sich selbst und holte die Ofenfrische aus dem Fach heraus. Er belegte die Salamipizza mit extra Käse und den restlichen Ananasscheiben aus der Dose und schob sie in den nicht vorgeheizten Backofen.

      Während die Pizza backte, setzte er sich vor den Rechner. Er klickte auf einen neuen Musik Streamingdienst. Auf ›Spotify‹ hatte er sich verschiedene Playlisten und Podcast Listen angelegt. Heute sollte es etwas Musik sein. Ruhige Klänge. Grübelnd ließ er sich auf die Couch nieder und sah auf sein Smartphone, welches aufleuchtete.

      ›Wo bist du denn hin?‹, schrieb Susann.

      Peinlich berührt realisierte er, dass er seine Kollegin hatte sitzen lassen. Und diese Nachricht war die erste, die sie ihm schrieb. Er lächelte kurz. Er freute sich darüber, aber was sollte er antworten.

      ›Hast du heute Abend Zeit für einen Kaffee?‹, schrieb er zurück, ohne auf ihre Frage einzugehen.

      Gespannt sah er auf das Display und hoffte auf eine Antwort. Aber sie ließ sich Zeit.

      Der Backofen piepte vor sich her. Er erhob sich, holte seine Mahlzeit heraus und schnitt sie auf dem hölzernen Brett in kleine Stückchen. Dann setzte er sich wieder auf sein Sofa und lauschte der Musik, die ihn genauso beruhigte, wie der Gedanke an Susann.

      Zwischendurch sah er wieder auf das Display und plötzlich leuchtete es auf.

      ›Ja, ich bin ab 19 Uhr zuhause‹, antwortete sie.

      *

      Mit Schmetterlingen im Bauch fuhr er mit seinem Drahtesel in Richtung Charlottenburg-Nord. An der Spree entlang hielt er Ausschau nach einem prunkvollen Reihenhaus in rot-weißer Backsteinoptik.

      Ein niedriger Metallzaun trennte den kleinen Vorgarten vom Fußweg ab. Marvin bemerkte den roten BMW X1 in der Garageneinfahrt. Spar dir die Kohle, mein Freund. Zu Hause findest du nie einen Parkplatz. Er tippelte die drei Stufen empor und klingelte an der Tür.

      »Kann ich Ihnen helfen?«, fragte eine Frau mittleren Alters, die einen Hosenanzug trug, als sie die Tür öffnete.

      »Ja … Ich wollte zu Susann. Mein Name ist Marvin. Ich bin ihr Arbeitskollege«, erklärte er hibbelig.

      Die Frau lächelte freundlich. »Kommen Sie rein. Sie können das Fahrrad in den Fahrradständer an der Seite unten reinstellen.«

      Ungelenk stellte Marvin seinen Drahtesel in den Ständer, der an der Seite der Eingangstreppe verankert war und ging die Stufen hinauf. Er stand in einem großen Flur, an dem linker Hand die einzelnen Zimmer aufgeteilt waren. Eine steile Treppe führte ins erste Obergeschoss.

      Die Frau nahm den Hörer ab und sagte: »Dein Besuch ist da, Susann.« Dann legte sie auf und lächelte den Arbeitskollegen an, der wie ein Teenager nervös im Flur stand. »Sie ist gleich da«, sagte ihre Mutter und verschwand im Wohnzimmer.

      An den geweißten Wänden hingen zahlreiche Bilder. Die schicken Möbel waren alle im dunklen Kolonialstil. Plötzlich hörte er Schritte von oben.

      »Komm doch hoch«, sagte sie, während sie im oberen Flur stand.

      Er stapfte die Stufen empor und folgte ihr eine weitere steile Treppe nach oben.

      Das ist wahrlich ein hübscher Po, der da vor deiner Nase hin und her wackelt, schoss es ihm durch den Kopf und Marvin konnte nicht von diesen wegsehen.

      Susann öffnete die Tür zu einer hübschen, lichtdurchfluteten Dachgeschosswohnung. Diese Wohnung war das komplette Gegenteil zu dem Loch, in dem Marvin hauste. An den Wänden hingen selbst gezeichnete Bilder, die Kleidung lag nicht wild auf dem Boden verstreut. Die geöffnete Badtür bot einen kleinen Einblick in die geräumige Nasszelle mit allerlei Schminkzeug und Hautpflegeartikeln. Die Duschkabine war ebenerdig und groß genug für zwei Erwachsene. Zur Wohnung gehörte eine Dachterrasse mit Rattanmöbeln. Mit Blick über die Spree war es wahrlich eine Ruhe Oase.

      Er folgte ihr auf die Terrasse, auf deren Tisch eine kleine Flasche Bier stand.

      »Setz dich. Möchtest du einen Kaffee oder einen Latte macchiato?«, fragte sie freundlich.

      »Ich nehme gern eine Latte«, antwortete er nervös und Susann begann keck zu grinsen. »So hab‘ ich das nicht gemeint«, wiegelte er peinlich berührt ab, als er die Anspielung in ihren Augen sah.

      »So war das auch nicht gemeint«, erwiderte sie lächelnd, streifte seine Schulter und ging in die Küche. »Da kann ich endlich mal den Milchaufschäumer benutzen, der an der Espressomaschine dran ist«, rief sie ihm zu.

      Skeptisch sah er in den Aschenbecher, in dem ein einzelner Zigarettenstummel lag. Ich habʼ sie noch nie rauchen gesehen, wunderte er sich und steckte sich postwendend eine Zigarette an.

      Das Rattern und Fauchen der ›De‘Longhi‹ Espressomaschine drang ebenso auf den Balkon wie der Geruch von frischgemahlenen Kaffeebohnen.

      Er holte aus seinem Rucksack die Unterlagen für Lyon und legte sie auf den Tisch, als Susann ihm den Kaffee brachte.

      Lächelnd setzte sie sich neben ihn und blickte in die untergehende Sonne. Als sie einen Schluck ›Astra Kiezmischung‹ trank, bemerkte sie seinen erstaunten Blick. »Was? Denkst du etwa, dass ich noch nie Alkohol getrunken habe?«, fragte sie mit neckischem Grinsen.

      »Und geraucht hast du auch?«, fügte er lachend hinzu.

      »Abends, wenn alles erledigt ist und ich die Ruhe genieße. Sind aber Zigaretten mit Geschmack. Meist Vanille.«

      Ihr durch die Sonne leuchtendes Antlitz brachte ihn zum Seufzen und er sah sie bewusst schmachtend an. Ob sie es merkte oder nicht, war ihm egal.

      »Warum bist du heute gegangen? Ich habe auf dich gewartet«, hakte sie nach und drehte die Flasche in ihren schmalen Händen.

      Gedankenverloren sah er in den Sonnenaufgang. Er senkte seufzend seinen Blick. »Weil ich aufgebracht war und mir viele Dinge durch den Kopf gingen.«

      »Welche denn?«

      Marvin atmete tief ein und aus. »Zum einen bin ich sprachlos, dass ein solches Projekt einfach eingemottet wird, ohne dass ein Heilmittel erforscht worden ist. Und ich find’s zum Kotzen, dass ich keine Garantie habe, mit dir weiter zusammen arbeiten zu können.«

      Geschmeichelt grinste sie ihn mit diesem speziellen Augenaufschlag an. »Vielleicht sollte ich nochmal mit Kaufmann reden, um ihn von unserer Zusammenarbeit zu überzeugen.«

      Marvin begann zu nicken. »Weiblicher Charme, oder?« Susann nickte. »Kaufmann ist ein Arschloch. Er weiß gar nicht, was er damit anrichten könnte, wenn die Forschung eingestellt wird. Du musst nicht mit ihm reden. Ich werde mich schon dafür einsetzen, dass du bei mir bleibst.«

      Fragend runzelte sie die Stirn und lächelte. »Ist es dir so wichtig, mit mir zusammen zu arbeiten?«

      Er zuckte mit den Schultern. »Ich arbeite sehr gern mit dir zusammen. Du bist sehr gewissenhaft. Intelligent. Du kannst meine Sauklaue entziffern und bist zu alledem wahnsinnig hübsch.«

      Wahnsinnig hübsch!, fuhr es ihm durch den Kopf wie ein Blitz, der in einen Baum einschlug. »Ähm … Das war nicht so gemeint … Eigentlich doch, aber …«, stammelte er peinlich berührt. »Ach man!«

      Susann lachte herzlich darüber und errötete leicht. »Das braucht dir doch nicht peinlich zu sein.«

      »Tut mir leid … Das ist mir so rausgerutscht …«, entschuldigte er sich und kratzte sich nervös auf der Glatze herum.

      Warmherzig grinste sie ihn an und beobachtete ihn für einen Augenblick. »Wir sind schon ein gutes Team. Bezüglich des Projekts solltest du selbst mit der Kommission reden. Du musst ihnen klar machen, dass wir noch lange nicht fertig sind.«

      »Ja,

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