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Ich liebe diesen Anzug. Der passt so wundervoll zu dir“, und strich am Revers runter.

      Da musste er jetzt auch grinsen.

      „Ich mag ihn auch. Darum habe ich drei von der Sorte. Ich fühle mich sehr wohl darin.“

      Er hakte sich bei mir unter, und wir gingen zum Aufzug, der uns ins Restaurant brachte. Natürlich war ein Tisch für uns reserviert. Etwas abseits, aber noch so viel, dass man alles überblicken konnte. Es gab als Vorspeise Sülzchen, dann einen warmen Fisch, eine Kartoffelcremesuppe. Die Hauptspeise war ein richtiges Wiener Schnitzel. Und als Nachspeise gab es Eis. Die Sorte durften wir uns aussuchen. Er nahm sich nur zwei Kugeln. Ich hingegen vier Stück. Von den anderen Speisen hatte er immer etwas übriggelassen.

      „Wenn du jetzt das Eis nicht zusammen isst, wird der Koch bald beleidigt erscheinen. Du solltest vielleicht versuchen, mehr zu essen, denn dein Anzug geht bald mit dir spazieren und nicht du mit ihm“, versuchte ich es leicht zu sagen.

      Das war mir schon letztens aufgefallen, dass er nicht viel aß.

      „Würde ich gerne, aber ich hatte eine Magen-OP und jetzt kann ich nicht mehr so viel auf einmal essen.“

      „Oh! Das tut mir leid. Aber wie sollte ich das wissen?“

      „Ich bin dir nicht böse deswegen. Ich erzähle nicht gerne davon. Aber reden wir lieber von etwas anderem? Was willst du morgen unternehmen? Vormittags kannst du machen, was du willst. Ich habe leider noch einen privaten Termin. Aber nachmittags könnten wir Frankfurt unsicher machen.“

      „Ich würde gerne, wenn das Wetter passt, am Rhein spazieren gehen.“

      Am liebsten mit dir, verkniff ich mir zu sagen. Er sah jetzt schon nicht gut aus. War er krank? Hatte er eine schwere Krankheit? Er war doch schon am Magen operiert. Das traute ich mich dann doch nicht zu fragen. Um die Situation nicht noch einmal zu verschlimmern.

      Und was für einen privaten Termin? Ich biss mir auf die Zunge, damit ich nicht zu viel fragte. Nach dem Essen gingen wir noch etwas an die Bar. Er trank einen leichten Wein und ich genehmigte mir einen Cocktail.

      „Willst du mir nicht auch etwas von dir erzählen?“, fragte ich ihn trotzdem mutig.

      „Ja. Irgendwann später, aber nicht jetzt und heute.“

      „Dann hätte ich noch eine Frage.“

      Ich sah ihn an und wartete auf seine Reaktion.

      „Ja, bitte“, sagte er ruhig und nahm einen Schluck seines Weins.

      „Wieso bin ich hier? Wieso fährst du mit mir hierher? Du könntest doch viel jüngere und hübschere Frauen haben. Wie soll es weiter gehen mit uns? Wie stellst du dir das weiter vor?“

      Er lächelte amüsiert und sagte: „Das war jetzt mehr als nur eine Frage.“

      „Man kann sie zusammenfassen in eine: Was hast du mit mir vor?“

      Jetzt war er still und sah mich nur an. Ich ließ ihm Zeit. Wir hatten Zeit. Uns drängte nichts. Wir mussten nirgends hin.

      „Hat irgendwer was ausgeplaudert?“

      „Nein. Was sollte wer ausplaudern?“

      Jetzt wurde ich erst recht neugierig, und er etwas verlegen.

      „Sagen wir so. Ich habe dich engagiert, weil du mir sofort sympathisch warst. Und das Glück, das ich dich nicht suchen musste, war, dass du bei Agnes warst. Glaubst du an eine Fügung des Schicksals? Ich glaube daran. Du musstest mir an diesem Tag über den Weg laufen, wo ich Agnes nach langem wieder besuchte. Obwohl ich keine Frau suchte oder buchen wollte. Und frag bitte nicht konkreter nach. Wenn es so weit ist, erzähle ich dir alles. Aber nicht jetzt, nicht heute und nicht dieses Wochenende. Genieße es mit mir. Bitte.“

      „Darf ich dann wenigstens wissen, wie jung du bist. Du bist so schwer einzuschätzen.“

      Er lachte und fragte: „Wie alt, glaubst du, dass ich bin?“

      „Ich denke, so zwischen 55 und 60.“

      Er war überrascht.

      „Du bist gut! Ich werde heuer 60. Und wann, das verrate ich dir nicht.“

      Wir tranken aus und gingen zurück zu unseren Zimmern. Er wünschte mir eine „Gute Nacht“ und gab mir wieder einen Handkuss. Er sah schon wieder müde aus. Er musste krank sein. Und dann fliegt er auch noch nach Frankfurt?

      Ich hatte eine unruhige Nacht. Ich der Früh stand ich gerädert auf. Wir hatten nicht über ein gemeinsames Frühstück gesprochen. Um 8 Uhr war ich fertig. Sollte ich schon runter gehen, oder auf ihn warten? Ich wollte selbst bei ihm anklopfen, als es bei mir an der Tür klopfte. War er das schon? Ich machte sofort auf und stand einem großen Strauß roter und rosa Rosen gegenüber.

      „Die schickt Herr von Behringen, weil er nicht mit Ihnen frühstücken kann. Auf Sie wartet nach dem Essen ein Auto auf Sie, das Sie hinbringt, wohin sie wollen.“

      Der Page stellte die Blumen samt Vase auf einen Tisch. Ich war so überrascht, dass ich vergaß, ihm ein Trinkgeld zu geben. Aber er hatte auch nicht auf eines gewartet. Somit konnte ich schon nach unten gehen. Es steckte sogar eine Karte bei den Blumen.

      ‚Guten Morgen und habe einen schönen Tag. Alfons, 05. 09.‘, stand darauf. Aber was sollte die Zahl? Dann kam es mir! Es war sein Geburtsdatum. Er hatte es mir doch verraten. Ich grinste. Das wusste nicht einmal Agnes! Und die kannte ihn schon länger.

      Beim Frühstück gab es alles, was das Herz begehrte. Danach zog ich mir noch rasch meine Turnschuhe an, damit ich besser spazieren gehen konnte. Dem Taxifahrer sagte ich, er solle mich irgendwohin zum Main fahren, wo ich dann spazieren gehen konnte. Als wir dort waren, wollte ich ihn bezahlen, doch er meinte, dass würde alles das Hotel übernehmen. Somit würde es sicher auf die Rechnung von Alfons gehen. Er blieb sogar hier und sollte warten. Oder mir hinterherfahren. Somit konnte ich wieder zum Hotel zurückfahren, wann ich wollte. Ich genoss den Spaziergang und die schon warme Sonne. Ich setzte mich hin und wieder auf eine Bank, sah mich um und machte Fotos. Natürlich musste ich Michi etwas schicken. Die hatte ich gestern noch kurz informiert. Die war wieder ganz aus dem Häuschen. Ich verstand ihre Aufregung nicht. Mich würde mehr interessieren, was mit Alfons los war. Ich war so in Gedanken, als mich jemand ansprach. Die Stimme kannte ich ja.

      „Hallo, meine schöne Frau. Wohin des Weges?“

      Ich starrte in zwei blaugraue Augen. An wen erinnerten mich die immer? Es war Alfons, der auf einer Bank saß. Ohne Jacke. Heute sah er schon weit besser aus.

      „Was machst du denn hier?“, fragte ich überrascht, „Und wieso weißt du, wo ich bin?“

      „Erstens freut es dich nicht, dass ich da bin? Zweitens hat es dein Taxichauffeur meinem gesagt, und der hat mich zu dir gebracht. Also willst du, dass ich wieder gehe?“

      „Nein, nein. Bleibe nur. Du siehst heute schon besser aus als gestern. Da hatte ich Angst, dass du mir zusammenfällst.“

      Das war zwar nicht wahr, aber ich hatte trotzdem Angst. Er lächelte etwas zaghaft. Ich setzte mich sofort zu ihm und gab ihm ein Küsschen auf die Wange. Das freute ihn noch mehr. Wir sahen uns noch die Gegend an, bevor wir weitermarschierten. Bei der nächsten Gelegenheit verließen wir den Main und gingen zum Taxi.

      „Und was machen wir jetzt?“, fragte ich ihn?

      Ich dachte, wir würden zum Hotel zurückfahren und uns nach dem Spaziergang ausruhen. Da er immer noch so geschwächt aussah.

      „Wir sind in Frankfurt, meine Liebe. Wir gehen einkaufen!“

      Das „meine Liebe“ gab mir einen kleinen Stich. Von Adolf hörte es sich besser an.

      „Schon wieder? Wieso? Ich habe doch alles, was ich brauche mit.“

      „Nein, hast du nicht! Du hast kein Abendkleid!“

      „Doch ich kann das Kleid von gestern anziehen, das ist auch ein Abendkleid.“

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