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Traum oder wahres Leben. Joachim R. Steudel
Читать онлайн.Название Traum oder wahres Leben
Год выпуска 0
isbn 9783738079319
Автор произведения Joachim R. Steudel
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Nach einem Blick über Karims Schulter fiel sie ihm lachend um den Hals. Erst nachdem sie ihn kräftig an sich gedrückt hatte, wandte sie sich Sarah zu.
Al-Kismetbahr übernahm die Vorstellung auf Englisch.
»Das ist Sarah Liebherr, eine Freundin aus Deutschland. Sie ist das erste Mal in Ägypten und kann sich nur in Englisch mit dir unterhalten.«
Karim deutete auf die Ägypterin.
»Sarah, das ist Nailah Fathallah, die Frau meines Freundes.«
Nailah umarmte Sarah und drückte ihr dann herzlich die Hand.
»Alle Freunde von Karim sind mir herzlich willkommen«, sagte sie in perfektem Englisch.
Nachdem sie einen Schritt zurückgetreten war, blickte sie von Sarah zu Karim und fragte:
»Was kann ich für euch tun?«
»Sarah braucht angemessene Kleidung. Nicht zu züchtig, nur um auch bei Männern wie Zarif Al-Meschwesch und bestimmten Ämtern zu bestehen.«
Nailah nickte.
»Das sollte kein Problem sein, möchtest du im Männerzimmer warten?«
Karim lachte kurz auf.
»Du weißt, dass ich keine Wasserpfeife rauche oder anderweitige Zerstreuung brauche. Auch die Gesellschaft dort ist nicht nach meinem Geschmack. Ich muss noch dringende Dinge erledigen und würde Sarah gerne in deiner Obhut lassen. Es könnte zwei, drei Stunden dauern, ist das möglich?«
»Selbstverständlich. Die Zeit wird ihr nicht zu lang werden, das verspreche ich dir.«
Nailah legte Sarah den Arm um die Schulter und dirigierte die etwas überrumpelte Frau in Richtung Tür.
»Warte«, rief Karim und drückte Nailah eine Kreditkarte in die Hand. »Geht alles hier drauf.«
»Du hast unbegrenzten Kredit, das weißt du.«
»Und ich will das nicht, das weißt du.«
Lachend schob sie ihn zur Seite und schloss die Tür.
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Nailah führte Sarah an einem offenstehenden Büro vorbei, zog einen Vorhang zur Seite und betrat den Geschäftsbereich. Mit offenem Mund blickte Sarah in die Runde.
»Du müsstest dein Gesicht sehen, Sarah«, sagte Nailah mit unterdrücktem Lachen.
Sarah schloss den Mund, war aber unfähig zu antworten.
»Ich darf dich doch Sarah nennen, oder?«
»Natürlich«, brachte diese mühsam hervor.
»Dieser Bereich hier scheint dich zu verwirren?«
»Na ja, nach den Auslagen im Schaufenster hatte ich keine Abteilung mit so aufreizenden Dessous erwartet.«
Nailah wurde wieder ernst und sagte mit trauriger Stimme:
»Das ist das Ergebnis der Propaganda, die fanatische Muslime in die Öffentlichkeit tragen. Auch viele Muslima zeigen gerne ihre Reize, aber eben nur ihren Männern. Sie tragen sie nicht in aller Öffentlichkeit zur Schau, ein Thema, über das es viel zu sagen gäbe. Vielleicht sollten wir erst deine Kleidung aussuchen, und dann können wir uns entspannt bei einem Kaffee unterhalten.«
Sarah nickte und folgte ihr in die untere Etage. Nailah musterte sie einen Augenblick, ging zu einem Kleiderständer, nahm einen Damen-Kaftan, hielt ihn vor Sarah, schüttelte den Kopf und nahm den nächsten. Nach drei weiteren schob sie Sarah mit einem dunkelblauen Kaftan in die Umkleidekabine. Als Sarah heraustrat, lächelte Nailah zufrieden. Sie machte den Blick auf den Spiegel frei, und Sarah betrachtete sich von allen Seiten. Die weiten Ärmel erinnerten ein wenig an die Hippiezeit, doch die silberne orientalische Stickerei verlieh dem Kaftan ein edles Aussehen. Kurze Schlitze am Saum ließen bei bestimmten Bewegungen ein klein wenig von der Wade sehen und milderten den strengen Schnitt.
»Das ist etwas, was du tragen solltest, wenn ihr tolerante Besucher empfangt oder bei Männern wie Zarif Al-Meschwesch eingeladen seid.«
»Muss ich dazu ein Kopftuch tragen?«
»Nein, das passt nicht zu diesem Kaftan, und für andere Anlässe suchen wir noch Kleidung aus.«
Skeptisch blickte Sarah in den Spiegel.
»Aber Zarif wirkte wie ein Mann aus einer anderen Zeit. Streng und verschlossen. Würde er sich nicht am offenen Haar stören?«
Nailah schüttelte lächelnd den Kopf.
»Lass dich durch unsere regierende Muslimbruderschaft nicht täuschen. Das ägyptische Volk ist im Großen und Ganzen sehr aufgeschlossen. Sicher sind die meisten dem Islam verbunden, doch gerade was die Kleidung betrifft, gibt es keine allgemeingültige Regelung. Jedes islamische Volk hat seine eigenen Vorgaben, und Ägypten mit seinen vielen ausländischen Touristen ist in dieser Hinsicht sehr offen. Was die Meschwesch betrifft, so sind es zwar gläubige Muslime, aber schon immer offen für Andersdenkende gewesen. Zarif würde dich auch in westlicher Kleidung willkommen heißen, aber so gekleidet, steigst du wesentlich in seiner Achtung.«
Unter ähnlichen Gesprächen suchten sie noch eine zweiteilige Abaya, eine Tunika mit einer weiten faltenreichen Hose und eine Jabador-Tunika mit Hose aus. Den Abschluss auf dieser Etage bildeten die Auslagen mit den Kopftüchern. Sarah entschied sich für zwei Hijap-Sets, ein mehrfarbiges Seidenkopftuch mit Fransen und ein schlichtes weißes Kopftuch.
Nailah begutachtete ihre Wahl und nickte zufrieden.
»Damit hast du für jeden Anlass das Passende. Die Bandana lassen wir weg. Karim sagte, die Kleidung muss nicht zu züchtig ausfallen, also kannst du deinen Haaransatz ruhig zeigen. Jeder kann sehen, dass du keine Ägypterin bist, und man wird die Kleidung als Geste des guten Willens deuten.«
Auf einen Wink von Nailah kam eine Angestellte, die gerade die Auslagen ordnete, und nahm die bisher ausgesuchte Kleidung entgegen.
»Nimm die Preisschilder ab und bring die eingepackte Ware nach oben. Oder