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ers­ten Ein­druck. Schma­le Lip­pen wur­den von Fält­chen be­grenzt, die zeig­ten, dass die Frau ger­ne und oft lach­te. Ge­klei­det war sie mit ei­nem leich­ten Kleid, des­sen Aus­schnitt nichts vom De­kol­leté se­hen ließ. Der wei­te Är­mel­ab­schluss en­de­te knapp über den Hand­ge­len­ken, und die Fuß­ge­len­ke wa­ren nicht sicht­bar. Es wirk­te edel mit sei­ner schim­mern­den dun­kel­grü­nen Far­be und ei­nem Schnitt, der Män­ne­rau­gen an­zog.

      Nach ei­nem Blick über Ka­rims Schul­ter fiel sie ihm la­chend um den Hals. Erst nach­dem sie ihn kräf­tig an sich ge­drückt hat­te, wand­te sie sich Sa­rah zu.

      Al-Kis­met­bahr über­nahm die Vor­stel­lung auf Eng­lisch.

      »Das ist Sa­rah Lieb­herr, eine Freun­din aus Deutsch­land. Sie ist das ers­te Mal in Ägyp­ten und kann sich nur in Eng­lisch mit dir un­ter­hal­ten.«

      Ka­rim deu­te­te auf die Ägyp­te­rin.

      »Sa­rah, das ist Nailah Fa­t­hal­lah, die Frau mei­nes Freun­des.«

      Nailah um­arm­te Sa­rah und drück­te ihr dann herz­lich die Hand.

      »Alle Freun­de von Ka­rim sind mir herz­lich will­kom­men«, sag­te sie in per­fek­tem Eng­lisch.

      Nach­dem sie einen Schritt zu­rück­ge­tre­ten war, blick­te sie von Sa­rah zu Ka­rim und frag­te:

      »Was kann ich für euch tun?«

      »Sa­rah braucht an­ge­mes­se­ne Klei­dung. Nicht zu züch­tig, nur um auch bei Män­nern wie Za­rif Al-Me­schwesch und be­stimm­ten Äm­tern zu be­ste­hen.«

      Nailah nick­te.

      »Das soll­te kein Pro­blem sein, möch­test du im Männ­er­zim­mer war­ten?«

      Ka­rim lach­te kurz auf.

      »Du weißt, dass ich kei­ne Was­ser­pfei­fe rau­che oder an­der­wei­ti­ge Zer­streu­ung brau­che. Auch die Ge­sell­schaft dort ist nicht nach mei­nem Ge­schmack. Ich muss noch drin­gen­de Din­ge er­le­di­gen und wür­de Sa­rah ger­ne in dei­ner Ob­hut las­sen. Es könn­te zwei, drei Stun­den dau­ern, ist das mög­lich?«

      »Selbst­ver­ständ­lich. Die Zeit wird ihr nicht zu lang wer­den, das ver­spre­che ich dir.«

      Nailah leg­te Sa­rah den Arm um die Schul­ter und di­ri­gier­te die et­was über­rum­pel­te Frau in Rich­tung Tür.

      »War­te«, rief Ka­rim und drück­te Nailah eine Kre­dit­kar­te in die Hand. »Geht al­les hier drauf.«

      »Du hast un­be­grenz­ten Kre­dit, das weißt du.«

      »Und ich will das nicht, das weißt du.«

      La­chend schob sie ihn zur Sei­te und schloss die Tür.

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      Nailah führ­te Sa­rah an ei­nem of­fen­ste­hen­den Büro vor­bei, zog einen Vor­hang zur Sei­te und be­trat den Ge­schäfts­be­reich. Mit of­fe­nem Mund blick­te Sa­rah in die Run­de.

      »Du müss­test dein Ge­sicht se­hen, Sa­rah«, sag­te Nailah mit un­ter­drück­tem La­chen.

      Sa­rah schloss den Mund, war aber un­fä­hig zu ant­wor­ten.

      »Ich darf dich doch Sa­rah nen­nen, oder?«

      »Na­tür­lich«, brach­te die­se müh­sam her­vor.

      »Die­ser Be­reich hier scheint dich zu ver­wir­ren?«

      »Na ja, nach den Aus­la­gen im Schau­fens­ter hat­te ich kei­ne Ab­tei­lung mit so auf­rei­zen­den Des­sous er­war­tet.«

      Nailah wur­de wie­der ernst und sag­te mit trau­ri­ger Stim­me:

      »Das ist das Er­geb­nis der Pro­pa­gan­da, die fa­na­ti­sche Mus­li­me in die Öf­fent­lich­keit tra­gen. Auch vie­le Mus­li­ma zei­gen ger­ne ihre Rei­ze, aber eben nur ih­ren Män­nern. Sie tra­gen sie nicht in al­ler Öf­fent­lich­keit zur Schau, ein The­ma, über das es viel zu sa­gen gäbe. Viel­leicht soll­ten wir erst dei­ne Klei­dung aus­su­chen, und dann kön­nen wir uns ent­spannt bei ei­nem Kaf­fee un­ter­hal­ten.«

      Sa­rah nick­te und folg­te ihr in die un­te­re Eta­ge. Nailah mus­ter­te sie einen Au­gen­blick, ging zu ei­nem Klei­der­stän­der, nahm einen Da­men-Kaftan, hielt ihn vor Sa­rah, schüt­tel­te den Kopf und nahm den nächs­ten. Nach drei wei­te­ren schob sie Sa­rah mit ei­nem dun­kelblau­en Kaftan in die Um­klei­de­ka­bi­ne. Als Sa­rah he­r­austrat, lä­chel­te Nailah zu­frie­den. Sie mach­te den Blick auf den Spie­gel frei, und Sa­rah be­trach­te­te sich von al­len Sei­ten. Die wei­ten Är­mel er­in­ner­ten ein we­nig an die Hip­pie­zeit, doch die sil­ber­ne ori­en­ta­li­sche Sti­cke­rei ver­lieh dem Kaftan ein ed­les Aus­se­hen. Kur­ze Schlit­ze am Saum lie­ßen bei be­stimm­ten Be­we­gun­gen ein klein we­nig von der Wade se­hen und mil­der­ten den stren­gen Schnitt.

      »Das ist et­was, was du tra­gen soll­test, wenn ihr to­le­ran­te Be­su­cher emp­fangt oder bei Män­nern wie Za­rif Al-Me­schwesch ein­ge­la­den seid.«

      »Muss ich dazu ein Kopf­tuch tra­gen?«

      »Nein, das passt nicht zu die­sem Kaftan, und für an­de­re An­läs­se su­chen wir noch Klei­dung aus.«

      Skep­tisch blick­te Sa­rah in den Spie­gel.

      »Aber Za­rif wirk­te wie ein Mann aus ei­ner an­de­ren Zeit. Streng und ver­schlos­sen. Wür­de er sich nicht am of­fe­nen Haar stö­ren?«

      Nailah schüt­tel­te lä­chelnd den Kopf.

      »Lass dich durch un­se­re re­gie­ren­de Muslim­bru­der­schaft nicht täu­schen. Das ägyp­ti­sche Volk ist im Großen und Gan­zen sehr auf­ge­schlos­sen. Si­cher sind die meis­ten dem Is­lam ver­bun­den, doch ge­ra­de was die Klei­dung be­trifft, gibt es kei­ne all­ge­mein­gül­ti­ge Re­ge­lung. Je­des is­la­mi­sche Volk hat sei­ne ei­ge­nen Vor­ga­ben, und Ägyp­ten mit sei­nen vie­len aus­län­di­schen Tou­ris­ten ist in die­ser Hin­sicht sehr of­fen. Was die Me­schwesch be­trifft, so sind es zwar gläu­bi­ge Mus­li­me, aber schon im­mer of­fen für An­ders­den­ken­de ge­we­sen. Za­rif wür­de dich auch in west­li­cher Klei­dung will­kom­men hei­ßen, aber so ge­klei­det, steigst du we­sent­lich in sei­ner Ach­tung.«

      Un­ter ähn­li­chen Ge­sprä­chen such­ten sie noch eine zwei­tei­li­ge Aba­ya, eine Tu­ni­ka mit ei­ner wei­ten fal­ten­rei­chen Hose und eine Ja­ba­dor-Tu­ni­ka mit Hose aus. Den Ab­schluss auf die­ser Eta­ge bil­de­ten die Aus­la­gen mit den Kopf­tü­chern. Sa­rah ent­schied sich für zwei Hi­jap-Sets, ein mehr­far­bi­ges Sei­den­kopf­tuch mit Fran­sen und ein schlich­tes wei­ßes Kopf­tuch.

      Nailah be­gut­ach­te­te ihre Wahl und nick­te zu­frie­den.

      »Da­mit hast du für je­den An­lass das Pas­sen­de. Die Ban­da­na las­sen wir weg. Ka­rim sag­te, die Klei­dung muss nicht zu züch­tig aus­fal­len, also kannst du dei­nen Haar­an­satz ru­hig zei­gen. Je­der kann se­hen, dass du kei­ne Ägyp­te­rin bist, und man wird die Klei­dung als Ges­te des gu­ten Wil­lens deu­ten.«

      Auf einen Wink von Nailah kam eine An­ge­stell­te, die ge­ra­de die Aus­la­gen ord­ne­te, und nahm die bis­her aus­ge­such­te Klei­dung ent­ge­gen.

      »Nimm die Preis­schil­der ab und bring die ein­ge­pack­te Ware nach oben. Oder

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