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doch bei ihm ... ist al­les ir­gend­wie an­ders.«

      Sie wa­ren in der ers­ten Eta­ge an­ge­kom­men, und Nailah blieb ste­hen, um Sa­rah in­ten­siv zu mus­tern.

      »Hm, das kann ich kaum glau­ben. Ich spü­re ein Band zwi­schen euch, das stär­ker ist als al­les, was ich bis­her an ihm wahr­ge­nom­men habe. In dei­nen Au­gen kann ich eine Sehn­sucht se­hen, die ich selbst ein­mal ver­spürt habe. Auch wenn noch Zwei­fel in dei­nem Her­zen woh­nen, ver­bin­det euch et­was, was stär­ker ist als eine lan­ge Freund­schaft.«

      »Hast du auch sol­che Fä­hig­kei­ten wie er?«

      »Was für Fä­hig­kei­ten?«, frag­te Nailah mit hoch­ge­zo­ge­nen Brau­en.

      »Ach nichts ... ich dach­te nur ...«, stot­ter­te Sa­rah, dem Blick der Freun­din aus­wei­chend.

      »Wenn du eine gute Be­ob­ach­tungs­ga­be meinst, dann ste­he ich ihm si­cher nicht nach. Ich habe dei­nen Blick ge­se­hen, als ich ihn zur Be­grü­ßung um­arm­te. Höre die Un­si­cher­heit in dei­ner Stim­me, wenn wir auf ihn zu spre­chen kom­men, und spü­re, wie du dich nach ihm sehnst.«

      Sa­rah schluck­te ver­nehm­lich, und ihre Wan­gen rö­te­ten sich.

      »Ist es wirk­lich so of­fen­sicht­lich?«

      Mit ei­nem lei­sen Auf­la­chen drück­te Nailah sie herz­lich an sich.

      »Mach dir kei­ne Ge­dan­ken. An­de­re se­hen es viel­leicht nicht gleich, aber ich bin ein biss­chen sen­si­bel in die­ser Rich­tung, da mich die glei­chen Ge­füh­le auch ein­mal be­herrscht ha­ben. Heu­te weiß ich, dass ich nicht den Fun­ken ei­ner Chan­ce hat­te, doch bei dir scheint das an­ders zu sein.«

      »Meinst du?«, frag­te Sa­rah mit ei­nem hoff­nungs­vol­len Auf­fla­ckern in den Au­gen.

      »Ja, da bin ich mir si­cher. Willst du es tes­ten? Du fin­dest in die­ser Eta­ge al­les, um einen Mann zu be­tö­ren. Such dir ein paar schö­ne Des­sous aus. Schmuck und Make-up sind auch in je­der Rich­tung zu fin­den, und ein paar Tipps be­kommst du gra­tis.«

      Jetzt war es Sa­rah, die lach­te.

      »Ich den­ke, Tipps brau­che ich nicht von dir, ich habe da si­cher mehr Er­fah­rung. Doch, ob das bei ihm hilf­reich ist, be­zweifle ich.«

      Prü­fend blick­te sie in die Run­de.

      »Make-up mag er nicht, Schmuck ist et­was Äu­ßer­li­ches, wor­auf er kei­nen Wert legt, aber schön Ver­pack­tes könn­te ihn viel­leicht rei­zen«, sag­te sie mit Blick auf die Des­sous.

      »Du kennst ihn an­schei­nend viel bes­ser als ich«, sag­te Nailah und streb­te den Un­ter­wä­sche­aus­la­gen zu.

      »War­te, das geht nicht. Un­ser Auf­bruch war so plötz­lich, dass ich kei­ne Mög­lich­keit hat­te, Geld um­zut­au­schen. Ich kann’s also nicht be­zah­len.«

      »Dann nehm ich’s mit auf sei­ne Kre­dit­kar­te.«

      »Auf kei­nen Fall! Aber viel­leicht kann ich mit mei­ner EC-Kar­te zah­len?«

      »Lei­der nicht, un­ser Le­se­ge­rät ak­zep­tiert sol­che Kar­ten nicht. Aber wir kön­nen zur Bank auf der an­de­ren Stra­ßen­sei­te ge­hen, und du hebst am Au­to­ma­ten et­was ab.«

      Freu­dig stimm­te Sa­rah zu, und bald dar­auf stand sie wie­der vor den Des­sous und stö­ber­te mit ru­hi­ge­rem Ge­wis­sen in den Aus­la­gen. Wenn Nailah et­was vor­schlug, schüt­tel­te sie meist den Kopf und wähl­te et­was an­de­res.

      Nach ei­ni­ger Zeit war sie zu­frie­den mit ih­rer Aus­wahl, hat­te be­zahlt und drück­te mit klop­fen­den Her­zen das klei­ne Packet an sich. Un­si­cher­heit kam in ihr auf. War es rich­tig, was sie vor­hat­te? Sie war sich ja selbst noch nicht si­cher, was sie fühl­te. War sie wirk­lich ver­liebt in ihn, oder wa­ren das Ge­füh­le an­de­rer aus den Ge­schich­ten, die er ihr er­zählt hat­te?

      Nailah merk­te nichts von ih­rer Un­si­cher­heit und führ­te sie, fröh­lich auf sie ein­re­dend, in das zum Ge­schäft ge­hö­ren­de Café. Sa­rah er­fass­te kaum, was Nailah sag­te, und erst als Ka­rims Name fiel, riss sie sich aus ih­ren Grü­belei­en.

      »Wie lan­ge kennst du Ka­rim schon«, hat­te Nailah ge­fragt und nur sto­ckend kam ihre Ant­wort.

      »Noch nicht ein­mal zwei Wo­chen. Und nur vier Tage, wenn ich die Zeit rech­ne, die wir bis­her ge­mein­sam ver­bracht ha­ben. Den­noch ist mir, als ken­ne ich ihn schon ewig. Die­se vier Tage wa­ren so in­ten­siv, so an­ge­füllt mit In­for­ma­tio­nen, dass ich mich füh­le, als hät­te ich mein hal­bes Le­ben mit ihm ver­bracht.«

      Un­gläu­big schüt­tel­te Nailah den Kopf.

      »Soll­te ich mich so täu­schen? Ich habe eine der­art star­ke Ver­traut­heit zwi­schen euch ge­spürt, dass ich dach­te, ihr seid schon lang ein Paar.«

      »Na ja, so falsch liegst du nicht, denn die Ver­traut­heit ist auf je­den Fall da. Er hat mir Din­ge aus sei­nem Le­ben er­zähl­te, die noch nie­mand so von ihm er­fah­ren hat ..., sagt er zu­min­dest. Aber auf je­den Fall hat er mir Kraft ge­ge­ben und mich ins Le­ben zu­rück­ge­holt.«

      »Wie meinst du das: ins Le­ben zu­rück­ge­holt?«

      »So, wie ich es sage. Ich woll­te ster­ben, mei­nem Le­ben ein Ende set­zen, und er hat mir ge­zeigt, dass dies der falsche Weg ge­we­sen wäre.«

      Nailah setz­te ihre Kaf­fee­tas­se lang­sam ab und mus­ter­te Sa­rah zum wie­der­hol­ten Male skep­tisch.

      »Aber warum denn das? Du bist jung, scheinst ge­sund und klug zu sein. Aus­neh­mend hübsch bist du au­ßer­dem. Aus wel­chem Grund woll­test du das al­les weg­wer­fen?«

      Sa­rah über­leg­te, wie viel sie ihr er­zäh­len soll­te, schüt­tel­te den Kopf und kam zu dem Schluss, dass es gut wäre, sich auch ein­mal mit je­mand an­ders dar­über aus­zut­au­schen.

      »Weil ich an ei­nem Punkt an­ge­kom­men war, der mich die Ober­fläch­lich­keit mei­nes Le­bens er­ken­nen ließ. Ich habe für den Kick, den Lust­ge­winn, mich und mei­nen Kör­per ver­kauft. Mei­ne Leh­re ab­ge­bro­chen, alle Zu­kunfts­chan­cen igno­riert. Mit mei­nen El­tern ge­bro­chen, weil sie sich mei­ner schäm­ten. Nur für den Au­gen­blick ge­lebt. Be­frie­di­gung in ei­ner Welt ge­sucht, die nicht real ist. Tau­sen­de kön­nen das jetzt se­hen, und ich schä­me mich da­für, doch da­mals hat mich mein Kör­per und nicht der Kopf be­herrscht.«

      Mit of­fe­nem Mund starr­te Nailah sie an, und sto­ckend frag­te sie:

      »Du hast bei Por­nos mit­ge­wirkt?«

      »Ja«, ant­wor­te­te Sa­rah tro­cken. »Jetzt siehst du mich mit an­de­ren Au­gen, und ich kann es dir auch nicht ver­übeln.«

      »Nein, war­te.« Be­schwich­ti­gend hob Nailah die Hän­de. »So war das nicht ge­meint. Ich kann’s nur kaum glau­ben, denn du wirkst über­haupt nicht so, wie ich mir solch einen Men­schen vor­stel­le.«

      »Was ent­sprä­che denn dei­ner Vor­stel­lung? Müss­te ich halb nackt he­r­um­lau­fen, schmie­ri­ge Wor­te auf den Lip­pen ha­ben und je­den Mann an­ma­chen?«

      Jetzt rö­te­ten sich Nailahs Wan­gen, und be­schämt senk­te sie den Blick.

      »Ich ... ich weiß nicht. Dar­über habe ich mir noch nie Ge­dan­ken ge­macht. Ent­schul­di­ge, ich bin mit der Si­tua­ti­on et­was über­for­dert.«

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