ТОП просматриваемых книг сайта:
Traum oder wahres Leben. Joachim R. Steudel
Читать онлайн.Название Traum oder wahres Leben
Год выпуска 0
isbn 9783738079319
Автор произведения Joachim R. Steudel
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
»Spezifizieren Sie Ihre Bedingungen.«
Unwillig, aber ohne Widerworte schauten ihre Kollegen Karim an.
»Ein in gefettetes Leder eingewickeltes längliches Bündel, das am Kopfende des Sarges auf einer Truhe liegt, entnehme ich, ohne dass Sie etwas über den Inhalt erfahren.« Die Mienen der Forscher verfinsterten sich, aber Al-Kismetbahr fuhr fort, ohne dass sie zu Wort kamen. »Ich versichere Ihnen, dass dieses Päckchen nicht zum Grabschatz gehört und aus einer späteren Periode stammt. Es würde nur Verwirrung stiften.«
»Und was noch?«, fragte Silvia Wallert ungeduldig.
»Die Mumie können Sie sehen und von mir aus auch fotografieren. Sie wird aber von niemand zu Forschungszwecken berührt, und ich werde sie an einem versteckten Ort zur ewigen Ruhe betten.«
Aufgeregtes Stimmengewirr erhob sich, doch Karim sprach mit lauter Stimme weiter.
»Sämtlicher Forscherruhm gehört Ihnen. Wir wollen nicht erwähnt werden. Nein, es ist sogar eine Bedingung, dass wir nicht erwähnt werden. Der komplette Grabschatz, und er ist nicht unerheblich, kann entnommen werden. Auch der Granitsarkophag und die drei darin verschachtelten Holzsärge interessieren mich nicht. Ich biete ...«
»Die Frau liegt in einem Granitsarkophag? Sie war also eine hochgestellte, reiche Adlige und liegt hier, so weit entfernt von dem eigentlichen Gräberfeld?«, stieß Dr. Wallert ungläubig hervor.
Al-Kismetbahr spürte, dass der Widerstand brach und sagte, darauf bedacht, die aufkeimende Stimmung für sich zu nutzen:
»Nein, war sie nicht. Sie war eine einfache Landarbeiterin.« Ungläubig hoben sich die Brauen der meisten Teammitglieder. »Wir würden heute sagen: Sie war ein ziviles Opfer der Kämpfe. Doch gewisse Umstände brachten es mit sich, dass Ramses III persönlich einen Großteil der Grabbeigaben beisteuerte und für eine angemessene Bestattung sorgte. Die Todesumstände wurden in Bildern und Hieroglyphen an den Wänden der Grabkammer verewigt. Und ich wollte Ihnen, bevor Sie mich unterbrachen, anbieten, den mir bekannten Teil ihrer Lebensgeschichte preiszugeben.«
Nachdenkliche Stille breitete sich aus. Die Archäologen wirkten unentschlossen, als der leitende Regierungsvertreter das Wort ergriff.
»Ich finde das Angebot und auch die Bedingungen von Karim Al-Kismetbahr akzeptabel, zumal er meinen Mitarbeitern glaubhaft versichert hat, dass andernfalls ihr Team vermutlich leer ausgehen wird.«
Silvia Wallert blickte langsam vom Sprecher zu Zarif und dann zu Karim.
»Meinen Sie?«
»Ich meine nicht, sondern weiß es«, antwortete Karim. »Sie werden wenig finden, aber viel zerstören, wenn Sie weitergraben wie bisher.«
Das Forscherteam verständigte sich mit Blicken, und Dr. Wallert bat um etwas Zeit zur Beratung. Al-Kismetbahr forderte seine Begleiter und Zarif auf, ihm zu folgen, und strebte der Grabungsstelle zu, über die eine Zeltbahn gespannt war, in deren Schatten sie sich niederließen. Schweigend beobachteten sie die aufgeregt diskutierenden Archäologen. Auch die Regierungsvertreter beteiligten sich intensiv an diesem Gespräch, und es hatte den Anschein, als spalte sich die Runde in zwei Gruppen. Der impulsive Ägypter Kamal und seine zwei europäischen Kollegen wirken sehr aufgebracht, doch der Rest schien immer wieder überzeugende Argumente ins Feld zu führen.
Karim wandte sich ab und blickte sich in seiner Gruppe um. Sarahs Augen hingen an ihm und zeigten immer noch jenes maßlose Erstaunen, das sie seit der Erwähnung des Grabalters erfasst hatte. Safi vermied jeden Blickkontakt mit seinem Vater und knetete nervös mit seiner linken Hand die rechte Faust. Doch der Anblick von Zarif ließ Al-Kismetbahr das Schweigen brechen.
»Was ist los mein Freund? Du siehst aus, als säße dir der Tod im Nacken.«
Langsam, mit gequältem Gesichtsausdruck suchte Zarif Al-Meschwesch den Blickkontakt.
»War es klug, ihnen all das zu versprechen? Unsere Vorfahren und auch wir haben geschworen, das Grab für alle Zeit zu bewahren. Was soll jetzt aus uns werden? Wie sollen wir den Jahrestag ihres Todes überstehen, wenn wir das Grab nicht besuchen und ihre Seele besänftigen können? Werden wir sie dadurch nicht noch mehr gegen uns aufbringen?«
»Ich habe befürchtet, dass dich das beschäftigt, und ich kann dir im Moment noch keine befriedigende Antwort geben.« Wieder einmal strich er sich mit der Hand über Stirn und Augen. »Aber ich sehe keine andere Möglichkeit. Wenn sie hier weitergraben, zerstören sie entweder alles, oder mit viel Glück gelangen sie ohne uns in die Kammer, was vielleicht noch schlimmer wäre. In jedem Falle wäre das Grab für uns verloren. Wenn ich die Tote irgendwo zur ewigen Ruhe betten kann, werde ich versuchen, den Fluch für immer zu brechen.«
Ein Funken Hoffnung blitzte in Zarifs Augen auf.
»Meinst du, das wäre möglich?«
»Die Zeit ist reif, und ich bereue, dass ich es nicht schon längst versucht habe.«
Karims Augen ruhten jetzt auf Sarah, die dem Gespräch gebannt gefolgt war. Ihre Blicke trafen sich, und mit müder Stimme sagte er:
»Ich habe in letzter Zeit Gespräche geführt, die mich über vieles nachdenken ließen, Erinnerungen ausgegraben, die mir zeigten, wie viel ich in meinem Leben falsch gemacht habe. Es ist an der Zeit, einiges zu richten.«
Sarah schluckte, hielt aber seinem Blick stand. Mehrfach öffnete sie den Mund und wollte um Aufklärung der vielen Rätsel bitten, doch immer wieder schreckte sie vor den erwarteten Antworten zurück. Schweigen senkte sich wieder über ihre Gruppe, und keiner bemerkte, wie Silvia Wallert sich näherte. Erst als sie angesprochen wurden, schreckten Karim und seine Freunde aus ihren Gedanken hoch.
»Kommen Sie bitte wieder zu uns? Wir haben uns entschlossen, Ihr Angebot anzunehmen, und möchten gerne die Einzelheiten besprechen.«
Alle erhoben sich, doch bis sie bei den anderen waren, fiel kein Wort. Karim wirkte erleichtert, Sarah nachdenklicher denn je, Zarif immer noch bedrückt, und Safi führte einen inneren Kampf, den nur Al-Kismetbahr verstand. Kamal schien von alldem nichts zu bemerken und kam zur Sache, bevor sie sich setzen konnten.
»Wir sind nicht ganz einer Meinung, doch wir lassen uns auf Ihre Bedingungen ein. Also führen Sie uns jetzt ins Grab!«
»Nicht ganz