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ers­ten Mal er­griff die zwei­te Frau des Gra­bungs­teams das Wort.

      »Spe­zi­fi­zie­ren Sie Ihre Be­din­gun­gen.«

      Un­wil­lig, aber ohne Wi­der­wor­te schau­ten ihre Kol­le­gen Ka­rim an.

      »Ein in ge­fet­te­tes Le­der ein­ge­wi­ckel­tes läng­li­ches Bün­del, das am Kopf­en­de des Sar­ges auf ei­ner Tru­he liegt, ent­neh­me ich, ohne dass Sie et­was über den In­halt er­fah­ren.« Die Mie­nen der For­scher ver­fins­ter­ten sich, aber Al-Kis­met­bahr fuhr fort, ohne dass sie zu Wort ka­men. »Ich ver­si­che­re Ih­nen, dass die­ses Päck­chen nicht zum Grab­schatz ge­hört und aus ei­ner spä­te­ren Pe­ri­ode stammt. Es wür­de nur Ver­wir­rung stif­ten.«

      »Und was noch?«, frag­te Sil­via Wal­lert un­ge­dul­dig.

      »Die Mu­mie kön­nen Sie se­hen und von mir aus auch fo­to­gra­fie­ren. Sie wird aber von nie­mand zu For­schungs­zwe­cken be­rührt, und ich wer­de sie an ei­nem ver­steck­ten Ort zur ewi­gen Ruhe bet­ten.«

      Auf­ge­reg­tes Stim­men­ge­wirr er­hob sich, doch Ka­rim sprach mit lau­ter Stim­me wei­ter.

      »Sämt­li­cher For­scher­ruhm ge­hört Ih­nen. Wir wol­len nicht er­wähnt wer­den. Nein, es ist so­gar eine Be­din­gung, dass wir nicht er­wähnt wer­den. Der kom­plet­te Grab­schatz, und er ist nicht un­er­heb­lich, kann ent­nom­men wer­den. Auch der Gra­nits­ar­ko­phag und die drei dar­in ver­schach­tel­ten Holz­sär­ge in­ter­es­sie­ren mich nicht. Ich bie­te ...«

      »Die Frau liegt in ei­nem Gra­nits­ar­ko­phag? Sie war also eine hoch­ge­stell­te, rei­che Ad­li­ge und liegt hier, so weit ent­fernt von dem ei­gent­li­chen Grä­ber­feld?«, stieß Dr. Wal­lert un­gläu­big her­vor.

      Al-Kis­met­bahr spür­te, dass der Wi­der­stand brach und sag­te, dar­auf be­dacht, die auf­kei­men­de Stim­mung für sich zu nut­zen:

      »Nein, war sie nicht. Sie war eine ein­fa­che Land­ar­bei­te­rin.« Un­gläu­big ho­ben sich die Brau­en der meis­ten Team­mit­glie­der. »Wir wür­den heu­te sa­gen: Sie war ein zi­vi­les Op­fer der Kämp­fe. Doch ge­wis­se Um­stän­de brach­ten es mit sich, dass Ram­ses III per­sön­lich einen Groß­teil der Grab­bei­ga­ben bei­steu­er­te und für eine an­ge­mes­se­ne Be­stat­tung sorg­te. Die To­desum­stän­de wur­den in Bil­dern und Hie­ro­gly­phen an den Wän­den der Grab­kam­mer ver­ewigt. Und ich woll­te Ih­nen, be­vor Sie mich un­ter­bra­chen, an­bie­ten, den mir be­kann­ten Teil ih­rer Le­bens­ge­schich­te preis­zu­ge­ben.«

      Nach­denk­li­che Stil­le brei­te­te sich aus. Die Ar­chäo­lo­gen wirk­ten un­ent­schlos­sen, als der lei­ten­de Re­gie­rungs­ver­tre­ter das Wort er­griff.

      »Ich fin­de das An­ge­bot und auch die Be­din­gun­gen von Ka­rim Al-Kis­met­bahr ak­zep­ta­bel, zu­mal er mei­nen Mit­ar­bei­tern glaub­haft ver­si­chert hat, dass an­dern­falls ihr Team ver­mut­lich leer aus­ge­hen wird.«

      Sil­via Wal­lert blick­te lang­sam vom Spre­cher zu Za­rif und dann zu Ka­rim.

      »Mei­nen Sie?«

      »Ich mei­ne nicht, son­dern weiß es«, ant­wor­te­te Ka­rim. »Sie wer­den we­nig fin­den, aber viel zer­stö­ren, wenn Sie wei­ter­gra­ben wie bis­her.«

      Das For­scher­team ver­stän­dig­te sich mit Bli­cken, und Dr. Wal­lert bat um et­was Zeit zur Be­ra­tung. Al-Kis­met­bahr for­der­te sei­ne Be­glei­ter und Za­rif auf, ihm zu fol­gen, und streb­te der Gra­bungs­stel­le zu, über die eine Zelt­bahn ge­spannt war, in de­ren Schat­ten sie sich nie­der­lie­ßen. Schwei­gend be­ob­ach­te­ten sie die auf­ge­regt dis­ku­tie­ren­den Ar­chäo­lo­gen. Auch die Re­gie­rungs­ver­tre­ter be­tei­lig­ten sich in­ten­siv an die­sem Ge­spräch, und es hat­te den An­schein, als spal­te sich die Run­de in zwei Grup­pen. Der im­pul­si­ve Ägyp­ter Ka­mal und sei­ne zwei eu­ro­päi­schen Kol­le­gen wir­ken sehr auf­ge­bracht, doch der Rest schi­en im­mer wie­der über­zeu­gen­de Ar­gu­men­te ins Feld zu füh­ren.

      Ka­rim wand­te sich ab und blick­te sich in sei­ner Grup­pe um. Sa­rahs Au­gen hin­gen an ihm und zeig­ten im­mer noch je­nes maß­lo­se Er­stau­nen, das sie seit der Er­wäh­nung des Gra­bal­ters er­fasst hat­te. Safi ver­mied je­den Blick­kon­takt mit sei­nem Va­ter und kne­te­te ner­vös mit sei­ner lin­ken Hand die rech­te Faust. Doch der An­blick von Za­rif ließ Al-Kis­met­bahr das Schwei­gen bre­chen.

      »Was ist los mein Freund? Du siehst aus, als säße dir der Tod im Nacken.«

      Lang­sam, mit ge­quäl­tem Ge­sichts­aus­druck such­te Za­rif Al-Me­schwesch den Blick­kon­takt.

      »War es klug, ih­nen all das zu ver­spre­chen? Un­se­re Vor­fah­ren und auch wir ha­ben ge­schwo­ren, das Grab für alle Zeit zu be­wah­ren. Was soll jetzt aus uns wer­den? Wie sol­len wir den Jah­res­tag ih­res To­des über­ste­hen, wenn wir das Grab nicht be­su­chen und ihre See­le be­sänf­ti­gen kön­nen? Wer­den wir sie da­durch nicht noch mehr ge­gen uns auf­brin­gen?«

      »Ich habe be­fürch­tet, dass dich das be­schäf­tigt, und ich kann dir im Mo­ment noch kei­ne be­frie­di­gen­de Ant­wort ge­ben.« Wie­der ein­mal strich er sich mit der Hand über Stirn und Au­gen. »Aber ich sehe kei­ne an­de­re Mög­lich­keit. Wenn sie hier wei­ter­gra­ben, zer­stö­ren sie ent­we­der al­les, oder mit viel Glück ge­lan­gen sie ohne uns in die Kam­mer, was viel­leicht noch schlim­mer wäre. In je­dem Fal­le wäre das Grab für uns ver­lo­ren. Wenn ich die Tote ir­gend­wo zur ewi­gen Ruhe bet­ten kann, wer­de ich ver­su­chen, den Fluch für im­mer zu bre­chen.«

      Ein Fun­ken Hoff­nung blitz­te in Za­rifs Au­gen auf.

      »Meinst du, das wäre mög­lich?«

      »Die Zeit ist reif, und ich be­reue, dass ich es nicht schon längst ver­sucht habe.«

      Ka­rims Au­gen ruh­ten jetzt auf Sa­rah, die dem Ge­spräch ge­bannt ge­folgt war. Ihre Bli­cke tra­fen sich, und mit mü­der Stim­me sag­te er:

      »Ich habe in letz­ter Zeit Ge­sprä­che ge­führt, die mich über vie­les nach­den­ken lie­ßen, Er­in­ne­run­gen aus­ge­gra­ben, die mir zeig­ten, wie viel ich in mei­nem Le­ben falsch ge­macht habe. Es ist an der Zeit, ei­ni­ges zu rich­ten.«

      Sa­rah schluck­te, hielt aber sei­nem Blick stand. Mehr­fach öff­ne­te sie den Mund und woll­te um Auf­klä­rung der vie­len Rät­sel bit­ten, doch im­mer wie­der schreck­te sie vor den er­war­te­ten Ant­wor­ten zu­rück. Schwei­gen senk­te sich wie­der über ihre Grup­pe, und kei­ner be­merk­te, wie Sil­via Wal­lert sich nä­her­te. Erst als sie an­ge­spro­chen wur­den, schreck­ten Ka­rim und sei­ne Freun­de aus ih­ren Ge­dan­ken hoch.

      »Kom­men Sie bit­te wie­der zu uns? Wir ha­ben uns ent­schlos­sen, Ihr An­ge­bot an­zu­neh­men, und möch­ten ger­ne die Ein­zel­hei­ten be­spre­chen.«

      Alle er­ho­ben sich, doch bis sie bei den an­de­ren wa­ren, fiel kein Wort. Ka­rim wirk­te er­leich­tert, Sa­rah nach­denk­li­cher denn je, Za­rif im­mer noch be­drückt, und Safi führ­te einen in­ne­ren Kampf, den nur Al-Kis­met­bahr ver­stand. Ka­mal schi­en von all­dem nichts zu be­mer­ken und kam zur Sa­che, be­vor sie sich set­zen konn­ten.

      »Wir sind nicht ganz ei­ner Mei­nung, doch wir las­sen uns auf Ihre Be­din­gun­gen ein. Also füh­ren Sie uns jetzt ins Grab!«

      »Nicht ganz

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