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kann oder mit fünf Referate über die Ursprünge der Quantentheorie hält, eines steht fest: Das erste Wort, das es sprechen kann, wird Allsa heißen!«

       Gerade schwappte eine größere Welle heran und Clark bekam nas­se Füße, so als wollte der See sagen, Kommt rein zu mir. Beide schwie­gen für einen Moment. Nur das Zirpen der Grillen und das Plätschern der Wellen waren zu hören. Jasper umklammerte mit beiden Händen Clarks Arme und schaute ihn deprimiert an. »Soweit ist es also schon, ja?« Clark konnte ihm nicht in die Augen schauen. Seine Stimme klang leise und gedemütigt. »Ja, Jasper. Ich mache in diesem Sumpf schon seit Jahrzehnten mit. Ich darf nicht mehr aussteigen und deshalb werde ich verfolgt. Meine Frau und meine Tochter sind Indi­vi­dualisten geworden und haben mich schon lange verlassen. Das war der Preis für meinen Elite Titel, dem ich Idiot ein halbes Leben lang hinterherge­lau­fen bin. Ich bin zu spät aufgewacht.«

       Für ein paar Sekunden schwiegen sie. Jasper grübelte. Dann nickte er und machte ein Gesicht, als sei er gerade über­redet worden, das Casino zu überfallen. »Also gut. Als Semi Elite darf ich dich mit aus dem Wellness-bereich nehmen. Wir gehen jetzt in eine Bar. Dort sind nur Leute, die hier arbeiten. Ich werde dich jemanden vorstellen. Wenn wir am Grenz­posten angekommen sind, wirst du keine Kommentare abge­ben. Sag einfach freundlich Guten Tag. Den Rest mache ich.« Mit zwei großen Schritten entfernte sich Clark von Jasper, schlug die Hacken zusammen und legte die Arme an. »Guten Tag.« Dann schaute er ihn mit einem verschmitzten Grin­sen an. »War das richtig so?« Jasper war nicht zum Scherzen zumute und rollte mit den Augen. »Ich spüre, dass ich das hier nicht tun sollte«, murmelte er, »also los, komm.«

       Mit entschlossenen, großen Schritten lief Jasper vom Ufer weg und zu den Grünanlagen, die den See rundum mit einer üppigen Baum­pracht säumten. Clark stapfte hinter ihm her. Beide sprachen kein Wort miteinander, rund zehn Minuten lang nicht, bis sie mitten im Grün plötzlich vor einem hohen Zaun standen. Der Zaun war durch einen Schlagbaum mit Wach­haus unterbrochen, an dem ein kleiner, etwas dicklicher Mann Jasper bereits die Hand zum Gruß ausstreckte.

       »Hallo Jasper, freut mich, dich zu sehen. Du bist für mich so etwas wie mein Kalender.«

       »Ja, die Zeit vergeht schnell«, lachte Jasper.

       »Für mich nicht. Wenn du noch zweimal hier gewesen bist, gehe ich in Pension. Du bringst Besuch mit?«

       Jasper legte den Arm auf Clarks Schulter. »Ja, Clark will sich das neue Bewässerungssystem einmal anschauen. Er ar­bei­tet an einer Ecopoesis, die auf Getreide angelegt ist.« Clark legte das freundlichste Gesicht auf, das er im Programm hatte, reichte dem Wärter die Hand und sagte »Guten Tag.« Dann wandte er sich zu Jasper und nuschelte: »War das richtig so?«

       »Halt den Mund«, zischte Jasper zurück. »Deinen ID-Chip bitte.« Clark reichte dem Wärter seinen Chip. »Tut mir leid, wenn ich so streng kontrollieren muss aber in letzter Zeit gab es hier viele Ganoven, die IW45 schmuggeln wollten. Ist halt sehr begehrt, das Zeugs.« Dann zog er die Augenbraun hoch, als er auf seinen Bildschirm starrte. »Dr. Clark Seli Ash­ton. Du arbeitest bei Clonedake? Glückwunsch Mann, dann bist du wohl bald Elite Klasse.« Clark schaute zu Boden. »Och, na ja.«

       »Sei nicht so bescheiden, jetzt wo Clonedake an der Spitze steht.« Clark glaubte an ein Missverständnis, dass durch diesen stets etwas abseits agierenden Mann mit der Funktion eines Torhüters durchaus begründet schien. »Die Clonedake ist plei­te«, erwiderte er. Dabei be­hielt er sein überaus freundliches Grin­sen im Gesicht, das keineswegs zu einem Aka­demiker pass­te, der gerade über das Ende seiner Karriere plauderte. In Jaspers Gesicht stand langsam Panik, als schien die Situation außer Kon­trolle zu geraten. »Clonedake pleite? Das war ein­mal. Sie steht auf 141 Punkte.« Vehement grinste Clark weiter. »Das kann nicht sein.« Der Wärter klatschte in die Hände. »Glaube mir doch, ich mache nebenbei in Shares und hole mir stündlich die Werte. Clone­dake ist vor acht Stunden sprunghaft ange­stiegen. Irgendjemand hat gigantische Stützkäufe getätigt.« Clark grinste fröhlich weiter, als würde er mit einem Deppen re­den. »Das ist unmöglich.« Der Wärter packte Clark am Arm und zog ihn zu sich an den Bild­schirm. »Komm, schau es dir an, du kannst es an meinem System verifizieren.« Clarks Mund­winkel gingen nach unten. »Wer hat die Käufe getätigt?«

       »Käufer mit 111 Punkten war die Conestar Limited«, antwortete das System. Clark grübelte ein paar Sekunden. »Wer hat jetzt die Majorität bei Conestar?«

       »Majoritätsinhaber der Conestar Limited ist mit 51 % Dr. Broke Eli Castello.« Clark starrte in den Sternenhimmel. »Das darf doch nicht war sein!« Der Wärter strahlte ihn an. »Ja freust du dich denn gar nicht? Es geht richtig rauf.«

       »Ja«, seufzte Clark und versuchte vergebens sein freundliches Ge­sicht wieder hervorzukramen. »Es geht richtig rauf. Guten Tag.« Jasper griff Clark am Arm und ging mit ihm weiter. Während Clark tausend Dinge durch den Kopf jagten, reklamierte Jasper sein Verhal­ten. »Ich habe dir doch gesagt, du sollst dich auf keine Diskussionen einlassen.«

       »Die Ereignisse überschlagen sich jetzt stündlich. Allsa ist wie ein Virus, das sich ausbreitet, aber Castello weiß, dass er nicht jeden für dumm verkaufen kann, deswegen ist er hinter jedem Aussteiger her.« Jasper schlug die Hände über dem Kopf zusammen. So langsam wurde er sich darüber im Klaren, wo­rauf er sich gerade eingelassen hatte.

       »Dieser Castello ist hinter dir her?«

       »Dieser wahnsinnige Castello wird bald Herrscher des Uni­versums sein.«

       »Was ist, wenn du einfach abhaust? Werde Individualist und gehe zu deiner Frau und Tochter. Vergiss das alles hier.«

       »Es wird bald keine Individualisten mehr geben, Jasper. Der ganze Weltraum wird eine einzige Industrie sein.«

       »Ist er das nicht jetzt schon?«

       »Wie groß sind die Getreidefelder, die du bewässerst, Jasper?«

       »14 Millionen Hektar.«

       »Man wird sie auf 5000 Quadratmeter reduzieren, wo eine Fabrik steht, die das Zeugs vollsynthetisch herstellt. Und zehntausend Hektar wird man für die Elite Klasse nachlassen.« Jasper nickte andächtig mit dem Kopf. »Ja, und Ronald, mein persönlicher Prominator, wird mir jeden Tag erzählen, wie gut es mir schmeckt.«

       Von der atemberaubenden Schönheit und Blumenpracht war außerhalb des Wellnessbereiches nicht mehr viel zu sehen. Die Gegend war öde, staubig und die Wege wurden gelegentlich von betonierten Bewässerungskanälen gekreuzt. Vereinzelt standen trostlos wirkende Gebäude in der Gegend herum. Auf diesem Teil des Formaten musste nichts mehr schön aussehen, sondern nur noch praktisch funktionieren. Gut 15 Minuten marschierten sie durch die menschenleere Gegend, bis sie an einer kleinen Siedlung ankamen. Auf Schönheit hatte man hier ebenfalls verzichtet. Ein paar Kontroll-Bots surrten durch die Gegend und Jasper steuerte auf ein kleines Haus zu, aus dem Musik drang und dessen Eingang mit einem schlichten Schild geziert war: Insider.

       Im Insider war die Luft schwül und stickig. Am Tresen saßen ge­lang­weilt ein paar Arbeiter und nippten an ihren Drinks. Jasper und Clark nahmen etwas abseits der anderen Gäste platz. Die Stimmung wirkte alles andere als locker. Vor ihnen baute sich ein recht kräftiger und ungepflegt wirkender Barkeeper auf, der auf Clark so abfällig und schräg hinab­schiel­te, wie alle anderen Gäste auch. Jasper lächelte ihn an und machte eine beschwichtigende Handbewegung. »Hallo Bert, das ist mein Freund Clark. Du kannst ihm vertrauen.« Bert musterte ihn einen Moment und nuschelte, »Hallo Clark, was möchtet ihr denn trinken?« Jasper beugte sich zu Bert vor und starrte ihm ernst in die Augen. Die beiden waren offensichtlich gut bekannt. »Wir wollen es kurz machen. Clark hätte gerne einen Cocktail. Er möchte einen Positive Concept.«Bert rollte mit den Augen. »Und warum möchte Clark so etwas Scharfes?« Jaspers steinernes Gesicht zeugte von einem heiklen Thema. »Er möchte den Kummer über einen verlorenen Freund run­ter­spülen. Er war Clone Designer, so wie Clark.« Bert griff zwei Gläser aus dem Regal und kippte sie mit Whisky voll.

       »Mit dem Positive Concept spült man viele verlorenge­gan­gene Freun­de runter. Und sie waren alle Clone Designer.«

       »Wie viele

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