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war. »Der passende Behälter für dieses Zeug wäre ein Reagenzglas«, raunte er den Kellner an, »aber bring mir mal ruhig die Selbstfindung.« Kaum war das Glas serviert, ertönte neben Clark die kleine Melodie und Ronald erschien, Clarks persönlicher Prominator. »Glückwunsch, für diesen herrlichen Iseris Tropical schreibt dir Allsa 10 Bonuspunkte gut.« Diesmal musste Clark laut lachen. Ihm fiel die Parodie ein, die sie mal bei Clonedake auf den Allsa Prominator geschaffen hatten und dem man eine reinhauen konnte, bis dieser sich dann vor Schmer­zen krümm­te. Plötzlich meldete sich Daisy über Inter­com. »Clark, eben ist ein Versorgungsschiff gelandet und ein älterer Mann mit weißen Haaren ausgestiegen. Ich kann ihn aber nicht zuord­nen.«

      »Na, vielleicht kann ich das ja. Ich schau mal, ob ich ihn finde.«

      Gerade wollte er aufstehen und zurück in die Empfangs­halle gehen, um nach diesem Mann zu suchen, als dieser die Bar betrat und ein paar Tische weiter Platz nahm. Der Blick­kontakt war schnell hergestellt. Clark nahm sein Glas in die Hand, stand auf und ging zu ihm rüber. »Darf ich mich zu dir setzen?« Der Mann nickte stumm und machte ein skeptisches Gesicht, blieb jedoch freundlich.

      »Jasper van Dyke.«

      »Angenehm, Clark.«

      »Mal richtig ausspannen und relaxen?«

      »Ja, Selbstfindung«, schmunzelte Clark und schaute auf die kitschi­gen Animationen, die auf seinem Glas abliefen.

      »Ja, Selbstfindung mit Allsa, dein Lebenselixier« erwiderte Jasper zynisch und runzelte die Stirn. Die beiden waren offen­sichtlich auf einer Wellenlänge. »Bist du allein hier?«, fragte Jasper. »Nein, Daisy ist noch bei mir. Aber man hat sie nicht rein­gelassen. Sie macht sich auch nicht viel aus Wellness.« Jas­per verstand, was gemeint war, beugte sich nach vorn, machte ein ernstes Gesicht und sprach mit leiser Stimme. »Hast du deinen Bot etwa abgegeben? Mach das nie. Meinen kriegen sie auch nicht. Hast du ein Klasse1 Modell? Behalte es. Sie sind schwer kontrol­lierbar. Du wirst ausgetrickst, hörst du? Sie sammeln sie ein und wollen sie angeblich warten. Dann erzäh­len sie dir was von Sicherheits­mängeln und geben dir kostenlos ein neues Allsa-Modell. Ich traue den Dingern nicht. Ich traue überhaupt nichts mehr, was von denen kommt.« Clark schüt­telte den Kopf und lächelte. »Nein, ich habe ihn in meinem Schiff gelassen.« Jasper zuckte zusammen.

      »Du hast ein Schiff? Bist du Elite? Allsa? Habe ich mir jetzt Ärger eingefangen?«

      »Nein, hast du nicht«, beschwichtigte Clark, »warum bist du hier?«

      »Das gleiche wollte ich dich auch gerade fragen.«

      Clark stütze die Ellenbogen auf den Tisch, faltete seine Hände zu­sammen und legte sein Kinn darauf. Er spürte, dass Jasper etwas über die Ereignisse auf der Iseris wusste und starrte ihn mit einem ein­ge­frorenen lächeln in die Augen. »Ich bin auf Empfehlung eines alten Freundes hier und wollte ei­gent­­lich einen Tauchkurs im Badesee machen.« Jasper räus­perte, beugte sich näher an Clark und nuschelte fast flüsternd einen Satz, den er gerade noch verstehen konnte. »Du hast da eben ein paar Begriffe genannt, mit Badesee und Tau­chen.«

      »Na und?« Jasper ließ sich in seinen Sessel zurückfallen, schaute in den Saal hi­nein und erhob seine Stimme. »Weil ich mit dem Allsa-Wellness-Programm sehr unzufrieden bin.« Aus den Lautsprechern ertönten plötzlich lautstark die Stimmen einer Menschenmenge mit einem fast weinerlichen »Ooh«, ge­folgt von einer sanften aber eindring­lichen Frauenstimme. »Jasper, alle deine Freunde hier auf der Iseris werden jetzt da­rüber nachdenken, wie wir dir den Aufenthalt verbes­sern kön­nen. Bedenke, wie traurig deine Allsa-Freunde werden, wenn sie wissen, dass du dich auf der Iseris nicht wohl fühlst.« Dann ertönte die bekannte kleine Melodie und Ronald erschien ne­ben Jasper. »Hallo Jasper, Ronald, dein persönlicher Promi­nator, wird dir in Zukunft noch mehr Aufmerksamkeit schen­ken. Als kleine Entschädi­gung für deine Unzufriedenheit schreibt dir die Allsa-Gruppe 50 Bonus­punkte gut.« Clark spielte das Spiel demonstrativ und laut mit. »Verstehe, viel­leicht sollten wir irgendwo hingehen und an einem Allsa-Programm teilneh­men, das uns besser gefällt?« Jasper lächelte. »Ja, komm mit, wir gehen in das Casino.«

      Dr. Broke Eli Castello

       In seinem Gesicht stand dieses dauerhaft süffisante und selbstge­fällige Grinsen, das so typisch für ihn war. Auf seinem kahlgeschorenen Schädel reflektierten die Bordlichter seines Cockpits. Als er die Silhou­et­ten der Conestar 64 erkannte, regte sich in ihm eine Freude, als würde er mit drei geklonten Welt­raumköniginnen zum Wochenende ein­che­cken. Doch kaum hat­te ihn das Stationssystem identifiziert, kam eine Meldung, die ihn verwirrte. »Die Conestar 64 begrüßt Dr. Broke Eli Castello. Landung in Schleuse 3. Tor 1 ist defekt.« Castello braus­te auf.

       »Wieso ist das defekt? Tor 1 bitte auf den Schirm.«

       »Tor 1 ist gesprengt worden«, antwortete sein Bord­system. Er wurde nervös.

       »Jemand war hier. Gibt es Aufzeichnungen?«

       »Negativ, im Stand By Modus wird nichts mehr proto­kol­liert.«

       »Ich hätte die Station wieder ganz hochfahren sollen.«

       »Dann hätte sie hier jeder orten können. Offiziell gibt es sie nicht mehr.«

       »Für irgendjemanden hat es sie wohl doch noch gegeben und ich habe auch schon eine leise Ahnung, für wen.« Gefolgt von sechs Bots marschierte Castello wie ein Feldherr durch die Fertigungshallen der Conestar 64. »Mel, bitte erspare mir dies­mal das Versteckspiel und komm raus. Ich muss dich sonst wieder bestrafen.« Mel beugte sich seinem Schicksal und rollte direkt vor Castello. »Was ist?«, fragte er verächtlich. Castello schlug einen Tonfall an, als würde er gerade seinen kleinen En­kel besuchen.

       »Ja, freust du dich denn gar nicht mich zu sehen? Wo es doch hier so einsam ist und man sich über jeden Besuch freut.«

       »Was willst du von mir? Ich habe dir doch gesagt, ich weiß nicht wo meine Tochter ist.«

       Castello griff in seine Westentasche. »Mel, ich glaube du lügst mich an.« Er holte einen kleinen Kontroller raus, den er über ein Kabel an Mels Vehikel anschloss. »Ich habe mein Spielzeug wieder dabei und werde jetzt erst mal dein Fahrwerk abschalten.« Mit dem Kontroller war er in der Lage jegliche Emp­findungen zu simulieren und Mel stand bewegungslos die­sem Sadisten gegenüber. Er wusste, was wieder auf ihn zukam. Seine Stimme wurde weinerlich und zitternd. »Broke, bitte, hör auf damit.« Castello ging in die Hocke und grinste ihm direkt in die Kamera­augen. Mit seinen Greifzangen hätte Mel ihm die Kehle zer­drücken können. Doch sämtliche Bewegungen waren blockiert. Körper, ob me­cha­nisch oder organisch, die man je­der­zeit austauschen oder neu wach­sen lassen konnte, waren für Castello etwas völlig Wertloses. Nur das Gehirn, mit seinen Gedanken, Ideen und Empfindungen, verkör­perte für ihn das menschliche Sein. Es gab für ihn kein erhabeneres Gefühl, als ein so ausgezeichnetes Exemplar von hoher Intelligenz wie Mel hilflos und winselnd vor sich zu sehen. »Aufhören? Och, Mel, ich habe doch noch gar nicht angefangen. Bist du schon so verzweifelt?« Für einen Moment begann Castello zu grübeln. Er hätte statt der simplen Kameraaugen ein menschliches Mo­dell verwenden sollen, in denen man besser die Angst erkennen konnte. Doch damals, als er das Vehikel und Mels Kopf er­schaffen hatte, ging es ihm nur darum, es mög­lichst hässlich und ordinär aussehen zu lassen. Direkt gegenüber von Mel ließ er von den Bots einen kleinen Tisch und einen Stuhl auf­stel­len, auf dem er dann Platz nahm, sich die Hosenbeine hochkrempe­lte und die Waden kratzte. »Diese trockene Luft hier, sag mal, Mel, spürst du auch manchmal noch deine Beine?« Auf dem Tisch vor ihm hatten die Bots ein Mittagessen serviert. »Hm, wie das duftet. Ein Wildragout mit Sojaklößen. Mel, weißt du was? Heute ist theoretisch Sonntag und deshalb werde ich dich zum Essen einladen.«

       Diese Prozedere musste Mel regelmäßig über sich ergehen lassen. Beim letzten mal waren es Erstickungsanfälle. Heute spiel­te Castello mit dem Essen. Mal kalt, mal heiß, mal köst­lich, mal übelriechend. Mel quittierte die Simula­tions­at­ta­cken mit entsprechenden Lauten und wusste, dass dies in der Regel erst der Anfang war. Castello liebte seine verbotenen Spiel­zeuge. Könnte er doch nur den gesamten Index ab­schaffen. Er hatte

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