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es den Städten und Kreisen bis zur Währungsunion nicht gelang, die Schulen umfänglich instand zu setzen.120 Insbesondere galt es, bedingt durch die erstmalig schulpflichtigen Kinder der geburtenstarken Jahrgänge 1939/40 und die hinzukommenden Flüchtlingskinder, besonders große Schülergruppen einzuschulen. Auch war der Lehrermangel eklatant: Viele Lehrer waren im Krieg gefallen, galten als politisch belastet oder waren noch in Kriegsgefangenschaft. Neben den schulorganisatorischen Rahmenbedingungen stellte sich den Besatzungsmächten die Frage, wie die inneren Schulangelegenheiten im Sinne ihrer „Re-education-Politik“ zu regeln seien. Strukturell griff man dabei auf den Organisationsplan der preußischen Provinzialverwaltung zurück. Günter Heumann stellt dazu in seinen Untersuchungen fest, dass die oberen Schulbehörden die einzelnen Provinzen zunächst mit unvorbelasteten und kompetenten Fachleuten zu besetzen versuchten, die nicht selten aus dem Umfeld der Katholischen Kirche kamen.121 Spätestens aber nachdem die Verwaltungsbehörden ihre Arbeit aufgenommen hatten und die Schulen schrittweise wieder geöffnet wurden, stellte sich die Frage nach dem inneren Charakter der Volksschulen. Prompt proklamierte die Katholische Kirche ihre Rechte auf eine konfessionelle Bestimmung. Insbesondere aus dem Erzbistum Köln und dem Erzbistum Paderborn wurden „alte Rechte“ eingefordert: So berief sich der Kölner Erzbischof Frings, der sich unmittelbar nach Wiedereröffnung der Schulen für eine eindeutig konfessionelle Ausrichtung der Volksschulen aussprach, auf die Bestimmungen des preußischen Volksschulunterhaltungsgesetzes von 1906, wonach, wie oben ausgeführt, der Unterricht für katholische Kinder von katholischen Lehrern zu erteilen ist.

      Rückblickend betrachtet verwundert es kaum, dass die britische Militärregierung angesichts der gravierenden und massiven Probleme und vielschichtigen organisatorischen Aufgaben und Herausforderungen, die die Wiedereröffnung der Schulen mit sich brachten, mit Verärgerung auf das Gesuch des Kölner Erzbischofs Frings und des Paderborner Erzbischofs Jaeger auf Wiederherstellung der Bekenntnisschule reagierte. Klaus-Peter Eich zeichnet den Konflikt zwischen der Katholischen Kirche Paderborns (insbesondere durch Erzbischof Jaeger) und der britischen Militärregierung in seiner „Schulpolitik in Nordrhein-Westfalen“ nach: „Wiederholt richteten er persönlich und die katholischen Priester seiner Diözese Protestbriefe an den zuständigen Oberst Stirling. Dieser reagierte äußerst gereizt auf die vielen Briefe und Memoranden der katholischen Priester.“122 Konkreter Auslöser für die Interventionen des Paderborner Erzbischofs und einiger Kleriker war die britische Anweisung an den Arnsberger Regierungspräsidenten, dessen Volksschulen als Gemeinschaftsschulen wiederzueröffnen bzw. einzurichten.123

      Insgesamt kann jedoch mit Eich festgestellt werden, dass die britische Besatzungsmacht dem kirchlichen Ansinnen neutral bis wohlwollend begegnete.124 Wahrscheinlich nicht zuletzt auch als Reaktion auf die kirchlichen Interventionen125 sah sich die britische Militärregierung herausgefordert, eine Regelung in der Konfessionsstreitfrage der Volksschulen zu finden, wie sie schließlich mit der Erziehungsanordnung 1, genannt Eiga Nr. 1, getroffen wurde. Diese Anordnung mit dem Untertitel „Die Einrichtung oder Wiedereinrichtung konfessioneller, aus öffentlichen Mitteln unterstützter Volksschulen“ enthielt folgende Grundsätze:

      •Eltern, die für ihre Kinder eine Bekenntnisschule wünschten, haben das Recht, diese zu fordern.

      •Dort, wo vor 1933 Konfessionsschulen bestanden, sollte die Wiedereinführung möglich sein.

      Im Frühjahr 1946 wurde auf der Ebene der Landkreise und Regierungsbezirke das geforderte Abstimmungsverfahren durchgeführt, auf dessen Grundlage die Wiedereröffnung der Schulen zum Schuljahr 1946/47 erfolgen sollte. Diese Abstimmungen ergaben eine große Mehrheit für die Bekenntnisschule, mit Ausnahme einiger großer Städte, wie Pakschies, Heumann und Himmelstein126 in ihren Untersuchungen nachweisen. Von 379 905 Volksschuleltern wählten 277 198 die konfessionelle Bindung der Schule.127 Himmelstein führt dieses Ergebnis im Wesentlichen auf Mängel im Verfahren, auf die Forderung Adenauers nach einer bekenntnismäßigen Wiedereinführung der Volksschule und auf den Einfluss der Ortsgeistlichen auf die katholische Bevölkerung zurück: „Nur eine längere Phase der politischen und pädagogischen Aufklärung hätte eine Möglichkeit geschaffen, diese Vorurteile aufzubrechen.“128 Ob diese Deutung einer genauen Prüfung standhalten würde, muss dahingestellt bleiben. Festzuhalten ist allerdings, dass viele Menschen nach dem Ende der totalitären Herrschaft des nationalsozialistischen Regimes den Kontakt zu ihrer Kirche suchten. Man sehnte sich nach einer „unbescholtenen“129, richtunggebenden und -weisenden Institution, die der Sinnleere der geschichtlichen Erfahrung einen Kontrapunkt entgegensetzen konnte und einen gewissen Rückhalt gab.130 Diese allgemeine Stimmungslage begünstigte ohne Zweifel die Diskussion um die Bekenntnisschule, zumal die Kirche in dieser Frage auf zahlreiche Dokumente von vor 1933 zurückgreifen konnte. Auch die Argumentationslinie von „Divini illius magistri“ (vgl. Kap. 2.2.3), wurde in den kirchlichen Dokumenten immer wieder zitiert. Die Katholische Kirche bot sich an als staatstragende Organisation, deren schulische Bildung und Erziehung auf Grundlagen des Bekenntnisses eine Gewähr und ein Garant für ein neues Deutschland sein sollten.131

      Wirft man nun über diese strukturellen Fragen der Volksschule hinaus einen Blick auf ihre inhaltlich-pädagogische Ausrichtung, dann muss zunächst festgestellt werden, dass es den genannten Untersuchungen an einer detaillierten Darstellung und Aufarbeitung der inhaltlichen und pädagogischen Ausrichtung der konfessionellen, öffentlichen Volksschule, wie sie von der Katholischen Kirche beabsichtigt und gefordert war, mangelt. Lediglich Heumann verweist in seiner Untersuchung auf den Erlass: „Gedanken und Richtlinien für die Erziehungsarbeit der Schule. Erlaß des Oberpräsidiums der Nordrhein-Provinz vom 31.08.1945, Hauptstaatsarchiv Düsseldorf“. Diesem Erlass nach sollte die Schule bei aller Erziehung „im wahrhaft demokratischen Geiste“, bei aller „Achtung vor der Würde des Menschen“ und bei aller „Erziehung zur Freiheit“ und zur „Selbstverantwortung“ immer „ein Weg zu Gott“ sein.132 Heumann erkennt darin „einen nicht unwesentlichen Beitrag zum Wiederaufbau einer demokratischen Schulerziehung“133, den die Kirchen leisteten. Worin genau dieser bestand, bleibt in seinen Ausführungen indes fragmentarisch. Dies aber ist für die Untersuchung, die nach den Propria einer Katholischen Grundschule sucht, genau die Frage, um die es geht: Welchen spezifischen Beitrag leistet eine auf Konfessionalität ausgerichtete Grundschule zur Demokratisierung?

      Um dieser Frage nachzugehen, greift diese Untersuchung im Folgenden auf drei bischöfliche Schreiben zurück, die an wichtigen schulhistorischen Schnittstellen anzusiedeln sind: der Wiedereröffnung der Schulen nach dem Krieg, der Abstimmung über die Konfessionsschulen und der Entwicklung einer Verfassung für das Land NRW. Es handelt sich dabei um „typische Schriften“, insofern sie die erhebliche Einflussnahme der Katholischen Kirche auf die gesetzliche Verankerung der Konfessionsschule in NRW widerspiegeln. Vorwegnehmend lassen sich daraus folgende Forderungen der Katholischen Kirche in der Zeit zwischen 1945 und 1950 benennen:

      •katholische Schulen für katholische Kinder,

      •katholische Lehrerausbildungsstätten,

      •Berücksichtigung des Elternwillens,

      •Gleichberechtigung und finanzielle Förderung der katholischen Schulen aus öffentlichen Mitteln.134

      Dabei richtet sich das Augenmerk nicht in erster Linie auf die – in der Literatur häufig rezipierten – strukturellen Grundsätze und Forderungen der Katholischen Kirche in der Frage der Bekenntnisschule. Das Interesse gilt der Frage nach den inhaltlichpädagogischen bzw. religionspädagogischen Absichten einer auf Konfessionalität ausgerichteten Schule – hier, wie gesagt, in ihrem Beitrag zur Demokratisierung.

       2.3.1Die deutschen Bischöfe 1945

      Unmittelbar nach Kriegsende, im August 1945, versammelten sich die deutschen Bischöfe zur ersten Bischofskonferenz in Fulda. Im gemeinsamen Dokument und Hirtenbrief vom 23. August 1945 „Erster gemeinsamer Hirtenbrief nach dem Krieg“135 entwarfen die Bischöfe das Bild einer dem Nationalsozialismus standhaft widerständig gebliebenen Kirche: „Mit

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