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Die Katholische Grundschule NRW Öffentliche Grundschule im konfessionellen Gewand. Petra Lillmeier
Читать онлайн.Название Die Katholische Grundschule NRW Öffentliche Grundschule im konfessionellen Gewand
Год выпуска 0
isbn 9783429062491
Автор произведения Petra Lillmeier
Жанр Документальная литература
Серия Studien zur Theologie und Praxis der Seelsorge
Издательство Bookwire
Es lassen sich textbezogen fünf zentrale Aspekte und Merkmal benennen:
1.Verlust einer schulischen Gebets- und Gottesdienstkultur: „Ihr kennt genau die Absichten der Gegner, die euch im Namen der Gewissensfreiheit zwingen wollen, eure Kinder ihnen auszuliefern und sie in Schulen ohne Gebet und Gottesdienst, ohne Religion und ohne allen religiösen Geist unterrichten und erziehen zu lassen.“93
2.Verlust einer Anleitung zum Glauben: „Für Gott und für die Ewigkeit erziehen […] die Anleitung zum heiligen Glauben und Leben.“94
3.Verlust an moralisch-sittlicher Erziehung des Kindes: Der katholische Lehrer „weiß auch, […] wie nur dadurch, daß man Christen erzieht, auch gute Menschen erzogen werden.“95
4.Verlust der Deutungshoheit über eine Anthropologie des Kindes: „Setzet denen, die das Kind nicht mehr als Kind Gottes und Gott nicht mehr als Erzieher der Menschen anerkennen und darum die Verweltlichung aller Schulen wollen, unbeugsam euren eigenen Elternwillen entgegen.“96
5.Verlust der Möglichkeit einer katechetischen Unterweisung der Kinder: Die Kirche „bereitet das jugendliche Herz für den würdigen und wirksamen Empfang der heiligen Sakramente und bricht vor allem den Kindern das geheimnisvolle Brot des Lebens in der heiligen Kommunion.“97
Bischof Schulte betont in seinem Hirtenbrief die vorrangige und elementare Aufgabe der Eltern, ihre Kinder im Glauben zu erziehen und ihnen durch ihr eigenes Lebensbeispiel zum Vorbild zu werden. In dieser Aufgabe hat die Schule als staatliche Einrichtung die Eltern zu unterstützen: „Die Schule muß bei eurer Arbeit helfen! Auf ihre Hilfe habt ihr Recht und Anspruch.“98 Insofern das elterliche Recht auf Erziehung als natürliches Recht über dem staatlichen Recht angesiedelt ist, besteht ein Anspruch auf Fortsetzung und Unterstützung der religiösen Erziehung im Elternhaus durch die Kirche innerhalb der Schule. Die staatlich verordnete Schulpflicht des Kindes und die Pflicht katholischer Eltern, ihre Kinder in Bekenntnistreue zu erziehen, verlangen nach einer Gewährleistungspflicht des Staates. „Ihr konntet der Schule ruhig eure Kinder anvertrauen; in der religiösen Erziehung bestand zwischen der Schule und eurer Familie eine segensvolle Harmonie.“99 Als Garant für diese enge Bindung steht die katholische Lehrerschaft.
Eine Katholische Bekenntnisschule gründet demnach auf dem natürlichen Recht und der religiösen Pflicht der Eltern, ihre Kinder katholisch zu erziehen. Dabei darf die Elternschaft auf die Unterstützung der Kirche bauen und vertrauen. Die Kirche wiederum realisiert ihre Unterstützung im Raum der Schule über eine kirchlich gebundene, katholische Lehrerschaft, die die Kinder in eine Gebets- und Gottesdienstkultur einführt, sie zum Glauben an Jesus Christus anleitet und katechetisch unterweist und die in ihrer eigenen Lebensführung und in ihrer Erziehung Orientierung nimmt an einer katholischen Tugend- und Sittenlehre.
2.2.3Papst Pius XI.: Divini illius magistri
Am 31.12.1929 brachte Papst Pius XI. in der Enzyklika „Divini illius magistri – Rundschreiben über die christliche Erziehung der Jugend“100 seine Vorstellungen von einer katholischen schulischen Erziehung im Kontext der Trias Staat – Kirche – Eltern im Rahmen eines theologischen Lehrschreibens zum Ausdruck. Diese Enzyklika gilt als erste systematische und zusammenhängende Abhandlung über die Grundsätze einer katholischen Erziehung.101
„Divini illius magistri“ ist eine lehrhaft angelegte Schrift, die ihren argumentativen Ausgang in der Feststellung einer „allgemeinen Zeitlage“ nimmt und ihre Kausalität im kirchlichen Selbstverständnis einer Gesellschaft vollkommener, übernatürlicher Ordnung102 findet: Insofern die Familie, so die Argumentation, als Gesellschaft natürlicher Ordnung eine zum Zweck der Zeugung und Erziehung der Nachkommen unmittelbar von Gott geschaffene Einrichtung ist, nimmt sie gegenüber dem Staat, der ebenfalls natürlicher Ordnung ist, eine natürliche und damit auch rechtliche Vorrangstellung ein. „Zunächst steht die Erziehung in ganz überragendem Sinne der Kirche zu auf Grund zweier Rechtsansprüche übernatürlicher Ordnung.“103 Aus diesem Selbstverständnis heraus ergeben sich Recht und Pflicht der Kirche zur schulischen Erziehung. So ist es Aufgabe der Kirche, dort ein Einvernehmen mit dem Staat herzustellen, wo es in dieser Hinsicht Schwierigkeiten gibt.104 Die Kirche hat somit einen zweifach vorrangigen Auftrag gegenüber dem Staat. Sie nimmt eine inhaltliche und eine institutionelle Vorrangstellung ein. Zwar ist die Erziehung Aufgabe „aller drei Gesellschaften“105, also von Staat, Eltern und Kirche. Der Kirche aber steht diese aufgrund des göttlichen Auftrags ganz besonders und vorrangig und absolut zu. Im Sinne der Enzyklika kann mit Blick auf die Fragestellung, wem das Recht auf Erziehung zusteht, also folgende „institutionelle Rangfolge“ aufgestellt werden: zunächst der Kirche als Gesellschaft übernatürlicher Ordnung, qua göttlichen Auftrags als Vermittlerin der göttlichen Heilsmittel (Sakramente und Gebote), dann dem Elternhaus als von Gott geschaffener Gesellschaft und schließlich dem Staat in subsidiärer Funktion106 gegenüber dem elterlichen Recht auf Erziehung.
In der Frage also, welchen Charakter die Institution Schule im Spannungsfeld Kirche – Eltern – Staat einnimmt, ist „Divini illius magistri“ folglich eindeutig: Die Schule ist ihrem Wesen nach eine subsidiäre Einrichtung, die den natürlich begründeten erzieherischen Auftrag der Eltern ergänzt. Der Staat handelt in subsidiärer Funktion gegenüber diesem elterlichen Recht. Insofern leistet die Kirche auch einen Beitrag zur Stabilisierung des Staates bzw. des staatlichen Auftrags, denn Inhalt und Absicht katholischer Erziehung gehen konform mit dem Ziel eines guten Staatsbürgers. Die Kirche bietet dem Staat durch die Erziehung der Kinder und Jugendlichen ein Wertekorsett an, das ihm Orientierung und Richtung gibt. „Sie wollen ihre Kinder damit nicht etwa vom Körper und Geist des Volkes lostrennen, sondern sie auf die vollkommenste und dem Wohl der Nation dienlichste Art dafür erziehen. Denn der gute Katholik ist gerade kraft der katholischen Glaubenslehre auch der beste Staatsbürger.“107 Hier entdeckt man eine legitimierende Beweisführung, die nach 1945 noch einmal aktuell wurde.
Für unsere Fragestellung lässt sich nun resümieren und nochmals zuspitzen:
Papst Pius XI. nimmt ein vorrangiges kirchliches „Recht auf Erziehung“ in Anspruch, das er aus der „natürlichen Ordnung“ ableitet. Aus diesem auf naturrechtlicher Apologetik gründenden Kausalzusammenhang leitet er einen kirchlichen Aufsichtsanspruch über das erzieherisch und bildend tätige Lehrpersonal und die sächlichen Mittel (Schulbücher) ab, der sich aus dem Selbstverständnis einer Kirche als „Besitzerin und Hüterin der Wahrheit“ ergibt. Eben weil Wahrheit nur in der Katholischen Kirche zu finden ist und letztgültiges Ziel aller Erziehung und Bildung darstellt, kann nur die Kirche den Wächterdienst über die richtige Erziehung ausüben: „Da die Erziehung ihrem Wesen nach in der Bildung des Menschen besteht, wie er sein und im Diesseits seine Lebensführung gestalten soll, um das erhabene Ziel zu erreichen, für das er geschaffen ist, so ist es klar, daß es keine wahre Erziehung geben kann, die nicht ganz auf das letzte Ziel ausgerichtet ist, und daß es darum in der gegenwärtigen Ordnung der Vorsehung, nachdem Gott sich uns in seinem eingeborenen Sohne geoffenbart hat, der allein ‚der Weg, die Wahrheit und das Leben‘ ist, keine angemessene und vollkommene Erziehung außer der christlichen geben kann.“108 In seinen Ausführungen leitet Pius XI. aus dem Sendungsauftrag Jesu an seine Jünger den Sendungsauftrag der Kirche sowie aus dem Seinsverständnis einer „Kirche als Braut Christi“ im Sinne einer geistigen Mutterschaft über alle Geschöpfe ein kirchliches Alleinstellungsmerkmal in Fragen der Erziehung des Menschen ab.109 „Daraus folgt mit Notwendigkeit, daß die Kirche wie im Ursprung so auch in der Ausübung ihrer Erziehungsmission unabhängig ist von jeder irdischen Macht nicht allein hinsichtlich ihres eigentlichen Gegenstandes, sondern auch hinsichtlich der notwendigen und angemessenen Mittel zu deren Erreichung. Hinsichtlich jeder weiteren Erziehung und menschlichen Schulung, die in sich betrachtet Erbgut aller, der Einzelnen wie der Gesellschaft sind, hat darum die Kirche