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with that which is intimately “inner”, immanent and personal, within the self and others, and/or as relationship with that which is wholly “other”, transcendent and beyond the self. It is experienced as being of fundamental or ultimate importance and is thus concerned with matters of meaning and purpose in life, truth and values. (ebd., S. 548 f.)

      Im Sammelband Religion and Psychiatry. Beyond Boundaries der WPA (Verhagen et al. 2010) sagen die Herausgeber im Vorwort:

      Religiosity can be considered a normal personality trait and cannot be disregarded by psychiatrists, whatever their own ideas on religiosity might be. The entire soul/psyche, after all, belongs to their sphere of work. This point of view is the raison d’être of the WPA’s section on Religion, Spirituality and Psychiatry, and the main reason why this book was conceptualised under the section’s auspices. We hope that this volume will indeed stir up curiosity and interest in the interface between psychiatry and man’s tendency to provide life with a vertical transcendental dimension. (ebd., S. xvii)

      Peter J. Verhagen bemerkt, dass religiöse bzw. spirituelle Erfahrungen und Deutungen nicht selten seien und eben nicht nur in außerordentlichen, sondern auch gewöhnlichen und alltäglichen Wahrnehmungen und Deutungen bestünden und bedeutsam seien: „Religious experiences can take ordinary forms […]. Religious experience, in other words, is a religious interpretation of ordinary, daily experiences, which are not at all rare. […] This ‚normality‘ of religious (and spiritual) experiences makes it likely that they do occur and have meaning in the lives of many psychiatric patients and their relatives as well.“ (Verhagen 2010, S. 552)

      Die Religionssoziologie untersucht empirisch unter anderem, inwiefern und wie Menschen sich als religiös bzw. spirituell einschätzen und verhalten. Angesichts eines starken Individualisierungsschubes in der Spätmoderne94 wurde Religion oft individueller, privater und schwerer erkennbar. Einflussreich wurde z. B. das Konzept der „unsichtbaren Religion“ von Thomas Luckmann95 und seine Unterscheidung von „kleinen, mittleren und großen Transzendenzen“ – wobei „Diesseitsreligionen“ auf mittleren und „Jenseitsreligionen“ auf großen Transzendenzerfahrungen basierten (vgl. Luckmann 1991, S. 166–171).96 Der Religionssoziologe Hubert Knoblauch greift diese Unterscheidungen auf und sieht Spiritualität als Ausdruck von Individualisierung und persönlicher Erfahrung hier verankert:

      Diese Tendenz, persönliche Erfahrungen der Transzendenz zu machen und darüber zu kommunizieren, hängt alltagssprachlich mit einer Ersetzung des Begriffs des Religiösen durch den des Spirituellen zusammen. Der Begriff der Spiritualität (als subjektive Sonderform des Religiösen) eignet sich durchaus auch für die Soziologie, da er zum einen auf eine als transzendent erfahrene Wirklichkeit und zugleich auf eine Distanz zu institutionell definierten Vorstellungen des Religiösen hinweist. Dies gelingt ihm, zum anderen, gerade deswegen, weil er auf die Dimension der subjektiven Erfahrung der (großen) Transzendenz rekurriert. (Knoblauch 2004, S. 78)

      Spiritualität scheine „ihre Begründung nicht im Sozialen, sondern im Subjekt selbst zu suchen. Sie bezeichnet die zunehmende Tendenz von Gesellschaftsmitgliedern, die eigene Transzendenzerfahrung als Quelle, Evidenz- und ‚Güte‘-kriterium der eigenen Religion anzusehen.“ (ebd.) Der Begriff Spiritualität werde häufig als in den eigenen Erfahrungen gründende Selbstbeschreibung verwendet und sei damit eine „Ethnokategorie der Handelnden“ (Knoblauch 2006, S. 91). Gegenüber einem inflationären Wortgebrauch durch einen ganz funktionalistischen Religionsbegriff äußert er sich jedoch skeptisch, denn dann könne „jede kulturelle Aktivität […] als religiös bezeichnet werden: Fußball, Musik etc.“ (vgl. ebd., S. 99). Er schlägt deshalb vor, als religiöse Erfahrungen solche Erfahrungen zu „bezeichnen, in denen große Transzendenzerfahrungen auf eine symbolisch außerweltliche Weise gedeutet werden“ (ebd., S. 100).

      Ein empirischer Überblick zur Religiosität in den deutschsprachigen Ländern findet sich bei Stefan Huber (2011), basierend v. a. auf dem Religionsmonitor 2008. Es zeigt sich, dass ein erheblicher Teil der Bevölkerung für religiöse bzw. spirituelle Semantik ansprechbar ist, speziell auch in Krisensituationen wie Krankheit (vgl. unter Abschn. 4.5.1).

      Empirische Zahlen zum Verständnis von Spiritualität und entsprechenden Selbsteinschätzungen im Vergleich von USA und Deutschland finden sich bei Barbara Keller et al., basierend u. a. auf dem Religionsmonitor 2008 sowie ALLBUS 2008 (als Überblick siehe Keller et al. 2013, S. 73) Tab. 1: Selbsteinschätzung als religiös bzw. spirituell; vgl. für konkrete Werte unten S. 257f). Für den neueren Religionsmonitor 2013 wäre als erste Übersicht etwa Detlef Pollack und Olaf Müller (2013) heranzuziehen. Ein aktueller religionssoziologischer Überblick findet sich auch bei Walter Schaupp (2014) im Abschnitt „Renaissance des Religiösen – Phänomene und Analysen“ (ebd., S. 17) f.).

      Die Religionswissenschaftlerin Birgit Heller beschreibt Spiritualität religionssoziologisch so:

      Der zeitgenössische Spiritualitätstrend repräsentiert in weiten Teilen den modernen Typ abendländischer säkularisierter Religion […]. Spiritualität ist einerseits ein wesentlicher Bestandteil jeder religiösen Tradition und kann andererseits als Synonym für das moderne religiöse Feld dienen. Die moderne Spiritualität repräsentiert einen Typ von Religiosität, der antidogmatisch, antiinstitutionell, erfahrungsorientiert, plural, subjektiv und teilweise, aber nicht zwangsläufig privat ist. (Heller u. Heller 2014, S. 57)

      Andererseits stellt sie sich stark gegen die Formulierung, alle Menschen seien spirituell, darin sieht sie eine unzulässige Vereinnahmung: In empirischen Untersuchung würden sich nicht alle als spirituell bzw. religiös bezeichnen, nicht jeder habe eine spirituelle Dimension, ca. ein Viertel der EuropäerInnen würde sich von Religiosität bzw. Spiritualität abgrenzen (vgl. ebd., S. 67) f.). Zu beachten ist jedoch, dass es sich bei den von ihr herangezogenen Daten um empirisch erhobene Selbstzuschreibungen handelt, wo offen bleibt, warum die Personen sich so oder anders verstehen wollen.

      Auf diese grundlegende Schwierigkeit in der empirischen Forschung macht auch die Religionspsychologin Ulrike Popp-Baier (2008, 2010) aufmerksam: Konzepte wie Glaube, Spiritualität oder Religiosität gehörten einerseits zur empirischen Ebene (und würden von Beteiligten sehr unterschiedlich verstanden und eingesetzt), andererseits zur systematischen Ebene, auf der Sozialforscher die Antworten mit eindeutigen Termini und Kategorien klassifizieren, einordnen etc. Kritisch bemerkt sie:

      Ein inkonsistentes Changieren zwischen diesen Ebenen kann bisweilen »empirische« Ergebnisse zur Folge haben, die mehr an das Kaninchen erinnern, das man nur deshalb aus dem Hut zaubern kann, weil man es vorher selbst hineingesteckt hat. So ist z. B. eine Interpretation vieldeutiger Selbstbezeichnungen bzw. Selbstverständnisse wie »religiös« oder »spirituell« mit Hilfe eines der terminologisch eindeutig bestimmten Religionskonzepte aus der Literatur mehr als problematisch. (Popp-Baier 2008, S. 3)

      In der Säkularisierungsdebatte solle man deshalb das Konzept Spiritualität besser nicht verwenden, da es eine so große Vielfalt an emischen Bedeutungen (wie Menschen den Begriff benützen) und Schwächen in den etischen Konzepten (den theoretischen Definitionen) von Spiritualität gebe – man möge eher erkunden, was Menschen meinen, wenn sie von Spiritualität sprechen (vgl. Popp-Baier 2010, S. 62).97 Um die Komplexität und Vielfalt persönlicher Orientierungen bewusst zu halten, könne der Begriff Spiritualität allerdings nützlich sein (vgl. ebd., S. 61).

      Ein beachtenswerter Blickwinkel kommt aus der empirischen Sinnforschung, die nach Lebenssinn und Lebensbedeutungen fragt. Eine allgemeine Definition findet sich bei Ursula M. Staudinger und Sigrun-Heide Filipp:

      Lebenssinn lässt sich demnach umschreiben als die Bewertung des Lebens durch eine Person oder als die Bedeutung, die eine Person dem Leben zuschreibt. In dieser Definition ist sowohl enthalten, dass man im Leben einen bestimmten inhaltlichen Zweck verfolgt, wie beispielsweise materielle Sicherheit, als auch dass der Lebenssinn für eine Person

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