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Tiere hatten einander bemerkt. Nolan stand mit gespitzten Ohren und

      wedelndem Schweif vor dem kleinen Kater, der sich direkt vor ihn setzte und ihn mit einem leisen Maunzen begrüßte. Es gab ein vorsichtiges Beschnuppern, und dann machte Nolan es sich auf dem Fußboden gemütlich. Dante kuschelte sich zwischen seine ausgestreckten Vorderpfoten und begann zu schnurren, während der junge Hund dem Kätzchen das Fell leckte.

      »Wie süß!« Elli war begeistert. »Dante scheint nicht vergessen zu haben, wer ihm das Leben gerettet hat.«

      »So viel zu dem sprichwörtlichen Verhalten von Hund und Katze!«, antwortete Benedikt Seefeld schmunzelnd. Er wies auf das Buch ›Beute‹. »Dort geht es entschieden weniger friedlich zu.«

      »Möchten Sie es kaufen, Doktor Seefeld?«

      »Unbedingt! Es ist noch ein Geburtstagsgeschenk für Traudel, das ich ihr gestern ja noch nicht geben konnte.«

      Elli wickelte es besonders schön ein. »Bitte grüßen Sie Frau Bruckner von mir, und ich wünsche ihr viel Vergnügen, beziehungsweise Gänsehaut beim Lesen.«

      »Vielen Dank.« Benedikt Seefeld musste Nolan sanft überreden, den Platz neben dem Kätzchen zu verlassen. Dante spazierte hinüber zu Elli und kuschelte sich wie üblich um ihren Hals.

      »Hallo, Baby, wenn du erstmal größer bist, müssen wir uns da etwas anderes einfallen lassen«, sagte Elli zu dem Winzling, der hingerissen schnurrte. Selbst das Läuten des Telefons konnte ihn nicht von seinem Lieblingsplatz aufschrecken.

      »Buchhandlung ›Lesezeichen‹, grüß Gott«, meldete sich Elli freundlich.

      »Tilsner, guten Tag«, antwortete eine Männerstimme.

      Der gefeierte Krimiautor rief tatsächlich bei ihr an! Elli bemühte sich, ruhig und gelassen zu klingen. »Herr Tilsner, was kann ich für Sie tun?«

      »Da ich nun hier gestrandet bin, biete ich Ihnen eine Lesung und Signierstunde an«, kam die knappe Antwort. Die Stimme des Mannes klang erschöpft und nicht sehr freundlich.

      »Ich habe darüber nachgedacht und denke, es lässt sich machen«, antwortete Elli sachlich. Sollte der Mann bloß nicht denken, sie würde jetzt in Freudenschreie ausbrechen! »Der Verkauf Ihres neuen Buches ist sehr gut angelaufen, und viele Kunden haben nach Ihnen gefragt. Wann würde es Ihnen passen, und soll ich mich um die Ankündigung kümmern?«

      Einen Augenblick herrschte Schweigen, dann erwiderte Til Tilsner knurrig: »Einen genauen Termin kann ich Ihnen jetzt nicht nennen. Ich nehme an, es wird in zwei, drei Tagen so weit sein.«

      »Hm!«, machte die junge Buchhändlerin. »Ohne genaues Datum wird es natürlich schwierig mit der Ankündigung. Sagen Sie, haben Sie Migräne?«, rutschte es ihr plötzlich heraus.

      »Was?« Til Tilsner war perplex.

      Elli wurde rot bis über beide Ohren. »Bitte, entschuldigen Sie!«, stotterte sie. »Das wollte ich natürlich nicht fragen, und es geht mich auch überhaupt nichts an. Es tut mir leid!«

      Anstelle einer mürrischen Abfuhr fragte der Mann interessiert: »Wie kommen Sie denn darauf, mich das jetzt zu fragen?« Er klang immer noch erschöpft, aber nicht mehr unfreundlich.

      »Es ist Ihre Stimme«, erklärte Elli. »Sie klingt leicht nasal, aber anders, als es sich bei einer Erkältung anhört.«

      »Woher wissen Sie das?«

      »Mein Mann …«, Elli korrigierte sich hastig, »mein ehemaliger Mann hat lange unter Migräne gelitten. Wenn wir telefonierten, dann habe ich schon beim ersten Satz gewusst, wenn er wieder einen Anfall hatte. Es war seine Stimme, an der ich es erkannt habe.«

      »Sie haben recht«, antwortete Til Tilsner schlicht.

      »Natürlich können Sie mir jetzt keinen genauen Termin nennen. Sie können nicht absehen, wann es Ihnen wieder besser gehen wird«, erwiderte Elli freundlich. »Aber das macht doch nichts! Ruhen Sie sich aus, und ich mache derweil eine Vorankündigung ohne genaues Datum.«

      Einen Moment lang herrschte tiefes Schweigen. Dann sagte Til Tilsner leise: »Das ist sehr verständnisvoll von Ihnen.«

      »Echt? Ich finde das ganz normal. Wenn es jemandem nicht gut geht, dann muss man darauf Rücksicht nehmen und nicht noch mehr Druck ausüben.«

      »Das sagen Sie!«, antwortete der Schriftsteller bitter.

      Elli horchte auf. Hatte der gefeierte Autor auch ganz andere Erfahrungen gemacht, als nur hofiert zu werden? »Ruhen Sie sich aus und machen sich keine Gedanken«, antwortete sie weich. »Wenn es Ihnen wieder besser geht, reden wir über die Veranstaltung. Bis dahin wünsche ich Ihnen alles Gute.«

      »Danke, das ist sehr nett von Ihnen.« Plötzlich war ein leises Lachen in der müden Stimme zu hören. »Jetzt habe auch ich eine Frage: neben Ihnen höre ich deutlich ein äußerst zufriedenes Schnurren. Tragen Sie gerade wieder Ihren lebendigen schwarzen Pelzkragen?«

      »Ja, und sein Name lautet Dante«, informierte Elli ihn.

      »Wunderschön! Bitte grüßen Sie ihn«, antwortete er freundlich.

      Nachdem Elli das Telefonat beendet hatte, pflückte sie das Kätzchen von ihrem Hals, setzte sich in einen Sessel und unterhielt sich mit Dante. »Ist das nicht merkwürdig? Da dachte ich, dieser Til Tilsner ist nichts weiter als ein eingebildeter Windbeutel, der zufällig ganz gut schreiben kann. Und plötzlich entpuppt er sich als menschlich und freundlich. Vielleicht wird es doch ganz nett, wenn er bei uns eine Lesung hält?«

      Dantes Antwort war ein zufriedenes Maunzen, das für Elli wie Zustimmung klang.

      *

      Im Garten des Doktorhauses waren die Kirschen reif geworden und mussten verarbeitet werden. Anna hatte ihre Hilfe beim Entkernen zugesagt, und ihre Freundin Elli begleitete sie. Während die Frauen mit dem Obst beschäftigt waren, unterhielten sie sich angeregt.

      »Ich freue mich darauf, zum ersten Mal zum Lichterfest am Sternwolkensee zu gehen«, sagte Elli. »Ich stelle es mir wunderhübsch vor, wenn das ganze Ufer erleuchtet ist.«

      »Nicht nur das Ufer«, antwortete Traudel. »Es fahren auch erleuchtete Boote hinaus. Wenn sich deren Lichter im Wasser spiegeln, ist das wirklich ein schöner Anblick.«

      »Ich freue mich auch auf diesen Abend und hoffe, dass dann nicht gerade ein Storch im Anflug ist. Ich habe Rufbereitschaft.«

      »Wird denn zu der Zeit ein Baby erwartet?«

      »Nicht genau an diesem Wochenende, aber man kann nie wissen, was den Kleinen so einfällt«, schmunzelte Anna.

      »Ich bin ja mal gespannt, ob Til Tilsner sich unters Volk mischt«, sagte Elli. »Er macht mir wirklich Kopfzerbrechen. Seitdem das Plakat mit der Vorankündigung seiner Lesung in meinem Schaufenster hängt, kann ich mich vor Anmeldungen nicht mehr retten. Der Laden ist viel zu klein für alle diejenigen, die kommen wollen.«

      »Von Therese Kornhuber weiß ich, dass der gesamte Landfrauenverein kommt«, erwiderte Traudel. »Und Afra meinte, vom Trachtenverein erscheinen auch fast alle.«

      »Und etliche Touristen«, seufzte Elli sorgenvoll. »Es soll doch schön werden und kein Chaos! Wo bringe ich die nur alle unter?«

      »Das sollte doch eigentlich kein Problem sein«, warf Anna ein. »Die Räume der Kirchengemeinde stehen auch für weltliche Veranstaltungen offen. Der Herr Pfarrer stellt dir bestimmt den großen Gemeindesaal zur Verfügung.«

      »Das wäre perfekt!«, erwiderte Elli hoffnungsvoll. »Dann gehe ich nachher zu ihm und frage wegen des Raumes.«

      Wie sich herausstellte, wurde der jungen Buchhändlerin der Gemeindesaal mit Freuden zur Verfügung gestellt. Erleichtert erzählte sie ihrem Katerchen von der Absprache. »Jetzt bin ich wieder eine Sorge los und kann mich ganz auf morgen freuen, wenn wir alle zum Lichterfest gehen!«, sagte sie und küsste Dante mitten zwischen die winzigen Öhrchen. Dann setzte sie den Kleinen auf seinen Lieblingsplatz im Schaufenster und wandte

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