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war blasser als Hennings. Er trug modische, gut geschnittene und offensichtlich teure Sommerbekleidung. Als Dante faszinierte Blicke auf die glänzenden Schuhe des Mannes warf, zog er seine Füße mit den edlen Lederschuhen sofort unter den Stuhl zurück. Bloß keinen Kratzer im italienischen Chic!

      Elli hob das Kätzchen vorsichtshalber hoch und drückte es gegen ihre Brust. Sofort kletterte Dante auf ihre Schultern und legte sich wie ein kleiner Pelzkragen um ihren Nacken.

      Til Tilsner schüttelte den Kopf und reichte mit einem gemurmelten Dank das Telefon zurück. Wohin hatte das Schicksal ihn nur verschlagen! Hoffentlich konnte er diesen Ort bald wieder verlassen. »Es wird nichts mit sofortiger Weiterfahrt. Können Sie mir hier ein erstklassiges Quartier empfehlen?«

      »Ich wüsste keines, das nicht sehr gut und gemütlich ist«, antwortete Elli. »Aber es ist Sommer, und es sind viele Gäste in Bergmoosbach. Ich fürchte, Sie werden ziemlich lange suchen müssen. Vielleicht beginnen Sie beim Sonnenhof? Das ist gleich links, am Ende der Gasse.«

      »Alles voller Sommerfrischler, mir bleibt auch nichts erspart!« Til Tilsner verdrehte die Augen. »Aber danke für Ihre Hilfe; vielleicht sieht man sich noch mal?«

      »Vielleicht«, antwortete Elli mäßig interessiert und ging hinüber in die Kinderbuchecke, um die neuen Bücher weiter einzuräumen.

      Ebenso grußlos, wie er gekommen war, verließ der Mann das Geschäft.

      Miriam, die ihn mit großen Kulleraugen angestaunt hatte, fuhr zu Elli herum. »Frau Faber! Wissen Sie denn nicht, wer das ist?«

      »Til Tilsner, na und?«

      »Na und? Mir fehlen die Worte! Sie haben einen Buchhandel und lassen diesen Starautor einfach so zur Tür heraus marschieren? Was sind Sie nur für eine Geschäftsfrau!«

      »Eine, die sich nicht einfach anblaffen lässt!«, entgegnete Elli kühl.

      Miriam Holzer schluckte eine Antwort hinunter und stolzierte aus dem Geschäft. Wenn die Buchhändlerin sich diesen Fang entgehen lassen wollte, bitte schön. Sie selbst formulierte in Gedanken bereits eine Einladung zu einem eleganten Essen, bei dem die örtliche Prominenz anwesend sein würde. Zum Beispiel Bürgermeister Xaver Talhuber nebst Gattin und Doktor Sebastian Seefeld, selbstverständlich ohne die lästige Hebamme Anna!

      *

      Hennig kam etwas vor Ladenschluss, um Elli zu dem vereinbarten Essen abzuholen. Während die junge Frau letzte Kunden bediente, schaute der Mann sich interessiert um. Seiner geschiedenen Frau war es gelungen, das Geschäft wie ein gemütliches Zimmer zum Lesen einzurichten. Man bekam ganz einfach Lust, in den Büchern zu stöbern und sie zu sich nach Hause zu holen. Er blätterte sich durch einen faszinierenden Bildband der Alpen, schaute sich neue Romane an und beobachtete dann einen kleinen Jungen, der in der Kinderbuchecke saß und versuchte, sich durch ein Bilderbuch zu blättern. Das war nicht ganz einfach, denn der rechte Arm des Kleinen war bis zu den Fingerspitzen bandagiert. Henning platzierte sich auf eines der Kinderstühlchen und bot dem Blondschopf seine Hilfe an. Der Junge nickte erfreut, und Henning und er blätterten sich durch die Abenteuer eines großen Bären und eines kleinen Bären, dessen beste Freundin ein Häschen namens Lotta war.

      Aus dem Augenwinkel beobachtete Elli die beiden. Sie konnte kaum glauben, was sie sah: Henning beschäftigte sich liebevoll und aufmerksam mit einem kleinen Kind. Was für eine Veränderung! Der Henning von früher hatte keine Kinder gewollt, sie passten nicht in sein Leben, das der Wissenschaft und seiner Karriere gewidmet war.

      »Du hast dich verändert«, sagte sie versonnen, nachdem sie die Ladentür endlich abgeschlossen hatte.

      »Ja, in manchen Dingen schon.«

      Elli sah aus, als ob sie noch etwas sagen wollte, aber dann schüttelte sie nur leicht den Kopf. »Und du lässt mich nicht warten, sondern kommst sogar zu früh«, stellte sie fest. »Ich muss noch mein eines Schaufenster umgestalten, morgen kommt der neue Tilsner auf den Markt, da muss alles bereit sein.«

      Henning half ihr, die Bücherkartons aus dem Hinterzimmer zu holen, und mit wenigen, geübten Bewegungen gestaltete Elli das Schaufenster so um, dass es der perfekte Rahmen für den neuen Krimi ›Beute‹ des Starautors wurde. Während sie arbeitete, betrachtete Henning das große Portrait des Schriftstellers, welches mit im Fenster ausgestellt werden sollte.

      »Das ist ein sehr gut aussehender Mann; er hat, wie man so schön sagt, das gewisse Etwas«, stellte Henning fest.

      »Was immer das auch sein mag, Freundlichkeit ist es bestimmt nicht!«, antwortete Elli.

      Ihr Ex-Mann grinste. »Ja, man hört und liest so einiges.«

      »Was durchaus der Wahrheit entspricht! Er ist zufällig hier in Bergmoosbach, und ich kann dir sagen, sein Einstand war nicht gerade rühmlich. Ich erzähle es dir nachher, jetzt gehe ich mich etwas frisch machen, und dann können wir endlich los.«

      Henning setzte sich in einen Sessel und begann, in dem neuen Krimi zu lesen, während Elli nach oben in ihre kleine Wohnung lief. Als sie wieder in das Geschäft trat, war Henning völlig überrascht von ihrem Aussehen.

      »Donnerwetter! Du hast dich aber auch geändert. Ich hätte mir nie vorstellen können, dass du irgendwann ein Dirndl trägst!« Bewundernd schaute er die junge Frau an. Elli hatte ihr schwarzes Flatterkleid vom Flohmarkt gegen ein fliederfarbenes Dirndl mit heller Schürze eingetauscht und sah bezaubernd aus.

      Sie lachte. »Früher hätte ich mir das auch nicht vorstellen können, aber hier habe ich so schöne Dirndl gesehen, dass ich ganz begeistert war. Ich kann dir nachher eines im Schaufenster zeigen, das schaut aus, als sei es für mich gemacht. Aber bis ich mir das leisten kann, muss ich noch viele, viele Bücher verkaufen. Bis dahin tut’s dieses auch.«

      »Elli, du siehst hinreißend aus!« Hennings aufrichtige Bewunderung stand offen in seinem Gesicht geschrieben. »Ich freue mich, mit einer so schönen Frau auszugehen.«

      »Was sind denn das für Sprüche? Mit Maja an deiner Seite hast du doch wohl auch eine gute Figur gemacht«, antwortete sie unbeabsichtigt scharf.

      Maja mit den langen schwarzen Haaren und den Augen, die aussahen, als wären sie aus grünem Eis, war Elisabeths beste Freundin gewesen. Sie hatten sich in der Schule kennengelernt und waren seitdem eine verschworene Gemeinschaft. Elli heiratete Henning, wenig später Maja ihren Freund Konrad. Die Paare verstanden sich gut und unternahmen vieles gemeinsam.

      Bis Elli ihren Mann mit ihrer beste Freundin im Bett überraschte und es sich herausstellte, dass die beiden seit Monaten eine heftige Affaire miteinander hatten. Diesen Vertrauensbruch konnte Elli nicht verzeihen, und in ihre Trauer mischte sich ungeheure Wut über Hennings abgeschmacktes Verhalten: Ehemann geht fremd mit bester Freundin! Sie hatte das Gefühl, als sei ihr Leben auf einmal ein schlechter Roman und es dauerte lange, bis sie sich davon befreien konnte.

      »Sprechen wir nicht von Maja, nicht jetzt, Elli!«, bat Henning eindringlich.

      Sie machte eine unbestimmte Handbewegung, so als wollte sie etwas zur Seite wischen, und schob Henning zur Tür hinaus.

      »Ich habe in der Kreisstadt bei dem Franzosen, der dort eröffnet hat, einen Tisch bestellt. Er soll fantastisch kochen!« Verwirrt bemerkte er den enttäuschten Gesichtsausdruck seiner Frau.

      »Schade, Henning«, antwortete sie. »Ich habe mich auf einen Abend in Bergmoosbach gefreut. Es ist mein neues Zuhause, und ich hätte meine Eröffnung gern hier gefeiert.«

      Er legte freundschaftlich den Arm um ihre Schultern. »Das ist doch kein Problem, Elli. Ich sage den Tisch ab, und du bestimmst, wo wir heute Abend hingehen.«

      »Dann möchte ich in das Steg-Haus! Es ist ein Hotel mit Restaurant direkt am Sternwolkensee; während man auf der Terrasse sitzt, schaut man über das Wasser und hat das Alpenpanorama im Hintergrund.«

      »Klingt verlockend!« Mit einer freundlichen Entschuldigung sagte er den Tisch im La France ab, anschließend gingen sie hinunter an den Sternwolkensee, der im Licht der sinkenden Sonne golden leuchtete.

      Und

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