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Dialog über die beiden hauptsächlichsten Weltsysteme. Galileio Galilei
Читать онлайн.Название Dialog über die beiden hauptsächlichsten Weltsysteme
Год выпуска 0
isbn 9783843804387
Автор произведения Galileio Galilei
Жанр Математика
Издательство Bookwire
Die Szene vom 26. Februar 1616 bildete den Abschluss des ersten gegen Galilei angestrengten Prozesses. Gegen seine Person war man, sehr entgegen den Wünschen seiner Feinde, glimpflich verfahren; seine künftige Tätigkeit hatte man ihm freilich mindestens sehr erschwert. Die nächstfolgenden Jahre weisen denn auch hervorragendere Leistungen Galileis nicht auf; eine gewisse Entmutigung hatte sich seiner bemächtigt, nach den vergeblichen Mühen und Kämpfen der letzten Jahre wollte er ruhigere Tage verleben.70 Namentlich konnte er das Werk De systemate mundi in der Form, die vor Erlass des Indexdekrets geplant war, nicht veröffentlichen. Dass er schon damals an eine Umarbeitung dachte, wie sie uns im Dialog vorliegt, ist nicht anzunehmen. Indessen zeigt der Brief71, den er einer Abschrift seiner Abhandlung über die Erklärung der Gezeiten beifügte, als er dieselbe an den Erzherzog Leopold von Österreich übersandte (23. Mai 1618), wie er sich die Möglichkeit vorstellte, seine Gedanken auszusprechen, ohne die notwendige Rücksicht auf die Kirche zu verletzen. Er nennt darin seine Ansicht eine Dichtung, einen Traum, gibt aber vor, auf diese denselben Wert zu legen, wie ein Dichter auf seine Dichtung. An die Richtigkeit seiner Erklärung glaube er nicht, seitdem eine himmlische Stimme ihn aufgeklärt habe. Man kann zweifeln, ob diese auch im Dialoge angewendete Manier mit dem Dekrete sich abzufinden als statthaft gelten konnte, ob das die hypothetische Form war, wie sie dem Dekrete und der in den nächsten Jahren üblichen Praxis entsprach; man kann aber nicht zweifeln, dass sie dem etwaigen verschärften Verbote, dass nur für Galilei galt, aufs Bestimmteste widersprach. In demselben Schreiben findet sich auch zum ersten Male der in der Vorrede zum Dialog wiederkehrende Gedanke, dass er seinen Einfall veröffentliche, damit kein Fremder oder außerhalb der katholischen Kirche Stehender sich desselben bemächtigen und Prioritätsansprüche darauf erheben könne. Der unausgesprochen bleibende Nebengedanke ist: »Seht, wie schwer durch Eure Schuld der katholische Gelehrte im Wettbewerb mit den Ketzern benachteiligt ist.« Es liegt darin eine ähnliche agitatorische Absicht, wie wenn Campanella später sagte72, dass er einige deutsche Edelleute beinahe zum Katholizismus bekehrt habe, dass sie ihn aber entrüstet verlassen hätten, als sie von dem Verbote der kopernikanischen Lehre gehört hätten.
Im Jahre 1617 nahm Galilei die Verhandlungen mit Spanien wieder auf, die schon vier Jahre zuvor gespielt hatten und die auch später wiederholt in Gang gebracht wurden, ohne je zu einem Ziel zu führen. Es handelte sich dabei um eine Methode der geographischen Längenbestimmung mittels der Jupiterstrabanten, eine Methode, auf die Galilei ungemeinen Wert legte, und auf deren Vervollkommung er unsägliche Mühe verwendete. Er beabsichtigte dieselbe an Spanien, später an die Niederlande zu verkaufen, doch zerschlugen sich, wie gesagt, die Verhandlungen stets.
Im Jahre 1619 begann eine literarische Fehde, die für Galilei verhängnisvoll werden sollte, da sie ihm die Feindschaft der Jesuiten zuzog. Bis dahin hatte er, wenigstens zu den Jesuiten in Rom, in einem leidlichen Verhältnis gestanden. Die Briefe über die Sonnenflecken mussten zwar den deutschen Jesuitenpater Scheiner verdrießen, da namentlich in der von Angelo de Filiis geschriebenen Vorrede die Priorität der Entdeckung sehr energisch für Galilei in Anspruch genommen wurde. Indessen hat Scheiner damals kaum Widerspruch erhoben; ja in dem von ihm inspirierten Büchlein Disquisitiones mathematicae de controversiis et novitatibus astronomicis seines Schülers Locher, welches 1614 zu Ingolstadt erschien, wird an mehreren Stellen von Galilei mit höchster Achtung gesprochen und nur schüchtern die Bemerkung gemacht73: »Diese [Erscheinungen an der Sonne] wurden vor einigen Jahren zuerst durch Apelles in zwei Gemälden, sodann auch durch den Herrn Galilei bekannt.« – Die drei Kometen des Jahres 1618 hingegen sollten Galilei schwere Kämpfe mit den Jesuiten bringen, Kämpfe, bei welchen wissenschaftlich in der Hauptsache das Recht nicht auf seiner Seite war. Über diese Kometen nämlich hieltO r a z i oG r a s s i ,Professor am römischen Jesuitenkolleg, einen Vortrag74, worin er im Wesentlichen richtige Ansichten über die Natur der Kometen entwickelt, ähnlich denen, die Tycho de Brahe früher aufgestellt hatte. Er erklärt sie für dunkle, vom Sonnenlicht erleuchtete Körper, vergleicht ihre Bewegung mit derjenigen der Planeten und versetzt sie vermutungsweise in die Sphäre zwischen Mond und Sonne. Diese Ansichten bekämpfte ein Schüler Galileis,M a r i oG u i d u c c i ,in einem in der Florentiner Akademie gehaltenen Vortrage, welcher im Juni 1619 durch den Druck veröffentlicht wurde unter dem Titel: Discorso delle Comete di Mario Guiducci.75 Die darin aufgestellten Ansichten rührten von Galilei her, auch die Redaktion im Einzelnen war großenteils sein Werk. Neben Ausfällen auf Scheiner76 und vorsichtigen Anspielungen darauf, dass zur vollen Erklärung des Kometenphänomens die Lehre von der Erdbewegung herangezogen werden müsse77, findet sich als wahrscheinlich ausgesprochen, dass die Kometen nichts Reales seien, sondern eine bloße optische Erscheinung, hervorgebracht durch Brechung und Reflexion an den von der Erde emporsteigenden, möglicherweise bis in die Himmelsräume sich erhebenden Dünsten. Es werden aber beiläufig auch mancherlei beachtenswerte Erörterungen angestellt; so über die Irradiation, die minder ausführlich schon im Nuncius Sidereus sich finden und im Dialoge sich wiederholen.78 Auf den Discorso Guiduccis erschien 1619 eine Entgegnung, angeblich von einem Schüler Grassis, Lotario Sarsi, in Wahrheit aber von Grassi selbst verfasst: Libra astronomica ac philosophica qua Galilaei Galilaei opiniones de cometis a Mario Guiduccio in Florentina Academia expositae atque in lucem nuper editae examinantur a Lothario Sarsio Sigensano.79 Darin wird, wie der Titel bereits andeutet, Galilei selbst, nicht Guiducci – und zwar in sehr boshafter Weise – angegriffen. Die Diskussion dreht sich vielfach nicht mehr um die Hauptfrage, sondern um gelegentlich zur Sprache gekommene Dinge: ob das Fernrohr nahe und entfernte Objekte gleich stark vergrößere, ob ein rotierendes Gefäß die darin enthaltene Luft in Bewegung versetze, ob die Reibung der Luft Wärme erzeuge, wie die Irradiation kleiner leuchtender Körper zu erklären sei, ob Flammen durchsichtig seien oder nicht. – Galileis Freunde waren über die Händel, in die er sich eingelassen hatte, nicht erbaut; sie schwankten lange, wie am besten auf Pseudo-Sarsis Schrift zu reagieren sei. Die Ängstlichkeit, mit der man die notwendigen Maßregeln erwog, ist höchst charakteristisch; wusste man doch nur zu gut, dass es unberechenbare Folgen haben könne, sobald man die allmächtigen, vor keinem Mittel zurückschreckenden Jesuiten zu Gegnern habe. So kam es, dass Galilei von seinen Freunden zu einer Entgegnung gedrängt und gleichzeitig zur Vorsicht gemahnt wurde. Erst im Oktober 1622 beendigte er seine Arbeit, welche in Form eines Briefes anD o nV i r g i n i oC e s a r i n iabgefasst war. Er schickte sie nach Rom, um vor der Drucklegung das Urteil der Mitglieder der Accademia dei Lincei, auf deren Kosten die Veröffentlichung stattfand, einzuholen. Dieses fiel sehr günstig aus, nur an wenigen Stellen hielt man es für zweckmäßig, Änderungen anzubringen. Der Saggiatore (Goldwäger) – dies war der Titel der Schrift