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Beredsamkeit oder selbst der größeren Intelligenz Vorteile für die eine oder andere Seite herauszuschlagen vermöge.64 Er zielt offenbar darauf ab, die Kirche zur Nichtintervention zu veranlassen: Denn diese musste ungern zu einer profan-wissenschaftlichen Frage Stellung nehmen, wenn ihr nicht durch anderweitige Deutung der gefällten Entscheidung späterhin ein Rückzug in Aussicht gestellt blieb. Galilei sagt sehr verständlich, wenn auch versteckt hinter ehrerbietigen Redewendungen: »Hütet Euch die Bewegung der Erde als Irrlehre zu verdammen, denn hier kann nicht, wie sonst so häufig, eine nachträgliche Wortverdrehung den begangenen Fehler aus der Welt schaffen wollen.« Seine Warnung sollte ungehört verhallen, aber er hat Recht behalten. Von seiten der katholischen Kirche ist vielleicht manche grausamere und schädlichere Maßregel getroffen worden als das Verbot der kopernikanischen Lehre; keine jedoch, die in so eklatanter Weise als verkehrt von den Gegnern der Kirche nachgewiesen werden kann, keine, deren Unrichtigkeit von ihr selbst so ohne Weiteres zugegeben werden muss und zugegeben wird.

      »Und weil ferner zur Kenntnis vorgenannter heiliger Kongregation gelangt ist, dass jene falsche, der Heiligen Schrift durchaus widersprechende pythagoreische Meinung von der Beweglichkeit der Erde und Unbeweglichkeit der Sonne, welche Nicolaus Copernicus De revolutionibus orbium coelestium, sowie Didacus Astunica in Iob lehren, sich jetzt verbreitet und von vielen gebilligt wird; wie zu ersehen ist aus einem gedruckten Briefe eines gewissen Karmeliterpaters, dessen Titel lautet: Lettera del R. Padre Maestro Paolo Antonio Foscarini, Carmelitano, sopra l’opinione de Pittagorici, e del Copernico, della mobilità della Terra, e stabilità del Sole, et il nuovo Pittagorico Sistema del Mondo, in Napoli per Lazzaro Scoriggio 1615, worin genannter Pater zu zeigen versucht, vorgenannte Lehre von der Unbeweglichkeit der Sonne im Mittelpunkte der Welt und von der Beweglichkeit der Erde sei in Übereinstimmung mit der Wahrheit und widerspreche nicht der Heiligen Schrift: Darum, damit sotane Meinung nicht zum Schaden der katholischen Wahrheit um sich greife, beschloss man, genannten Nicolaus Copernicus de revolutionibus orbium und Didacus Astunica in Iob zu suspendieren, bis sie verbessert würden, das Buch des Karmeliterpaters Paulus Antonius Foscarini aber ganz zu verbieten und zu verdammen, und alle anderen Bücher, die dasselbe lehrten, gleichermaßen zu verbieten. Wie sie denn durch gegenwärtiges Dekret alle respektive verboten, verdammt und suspendiert werden. Zu Urkund dessen ist gegenwärtiges Dekret mit Unterschrift und Siegel Sr. Erlaucht und Hochwürden des Herrn Kardinals von S. Caecilia, Bischofs von Albano, unterzeichnet und ausgefertigt worden am 5. März 1616.«

      Wir ersehen aus dem Wortlaute des Dekrets, dass das Werk des Kopernikus nicht ohne Weiteres verboten wurde, dass nur diejenigen Bücher als verdammenswert bezeichnet werden, die wie das Foscarinische es sich zur Aufgabe machten, die Wahrheit der Lehre und ihre Konkordanz mit der Heiligen Schrift zu erweisen. Es lag also nicht in der Absicht der Kongregation, die Berechnung der Planetenbewegung aufgrund der kopernikanischen Annahmen zu verbieten, nur durften diese Annahmen nicht als Wahrheit, sie mussten als mathematische Fiktion gelehrt werden. Demgemäß wurde denn auch Kopernikus in der Folge (1620) verbessert, d. h. alle die Stellen seines Werkes, die apodiktisch von der Erdbewegung und dem Stillestehen der Sonne reden, wurden auf eine hypothetische Form gebracht. Die hypothetische Behandlung seiner Lehre ließ man also im Allgemeinen zu und von dieser Erlaubnis wurde Gebrauch gemacht.

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