Скачать книгу

fliegt die grosse Liwûna an ihren Kaidôh ganz nahe heran und flüstert mit leuchtenden Augen:

      »Ich weiss, was du suchst – du suchst das Weib, das dein Weib sein kann.«

      Kaidôh zittert, ballt die Faust und schlägt der Liwûna ins Gesicht.

      Doch der Schlag geht natürlich wieder durch, ohne zu schaden. Und die Liwûna lacht, dass es durch die ganze Frostwelt schallt.

      Danach spricht sie milde:

      »Die Wut gegen Andre beruht immer auf einer Wut gegen uns selbst. Du bist wütend, weil du nicht weisst, was du willst. Du weisst eben nicht, was du suchst. Warum fragst du mich also nicht? Warum musst du gleich deine Wut an mir auslassen? Wüte doch gegen dich selbst!«

      Ich schäme mich, denn die Worte trafen. Ich sage weich:

      »Verzeih mir! Führe mich weiter durch das Labyrinth deiner Weisheit.

      Ich folge geduldig und werde mich schon noch zurechtfinden.«

      »Das wirst du!« sagt Liwûna.

      Und wir verlassen die Sternwelten, in denen so viel Schnee ist, schweben in einen finsteren Raum und bleiben Seite an Seite.

      Kaidôh hat eine merkwürdige Empfindung, als ob die Liwûna ohne jede Unterbrechung auf ihn einspräche, ihm die Rätsel aller Welten erklärte – doch in einer Sprache, die ihm vollkommen fremd ist.

      Er horcht eifrig in die Finsternis hinein und möchte verstehen, was er da in seltsamen Lauten hört – doch ihm wird Alles immer unklarer; nur das Unklare wird ihm klar. Und das schmerzt so, dass er aufstöhnt.

      Er möchte so gerne lachen über das Alles – vermag aber nicht zu lachen.

      Nur Liwûna scheint neben ihm zu lachen – das nützt ihm leider Nichts.

      Die Finsternis ist so schwarz, dass Nichts zu sehen ist – kein Stern – Nichts.

      Liwûna sagt leise:

      »Du willst grössere Welten sehen – suchst du die? Willst du selbst grösser werden?«

      Kaidôh wacht auf – wie aus einem hässlichen Traume und ruft »Ja! Ja!« Doch er hat nicht das Gefühl, dass Liwûna das Richtige getroffen habe – er fühlt nur, dass er in der Finsternis noch grösser wird – und sieht in der Ferne ein schwaches Licht – das rasch heller und heller wird. Neuen Sternwelten kommen sie auch in der Finsternis näher.

      Da wird Kaidôh grässlich heftig und so begehrlich – so gierig.

      Ganz andre Sternwelten leben in dem neuen Licht – die sind die grössten – das Licht in der Ferne wird heller – da kommt aus der Finsternis ein Riesenleib hervor – und dieser Riesenleib besteht aus vielen Millionen bunter Sterne.

      Der Riese hat Augen über den ganzen Leib und einen Kopf, der aus dunkelgrünen lodernden Flammenwelten besteht – Arme und Beine sind unzählig und wie flüssiges zitterndes Gold – auf dem Perlen herumschwimmen; diese Perlen rollen auf den goldenen Gliedern in ewiger Unruhe.

      Kaidôh hemmt seinen Flug und starrt den Sternriesen an – das ist das grösste Weltwesen, das er jemals sah. Kaidôhs Augen rollen so wild wie die Perlen – wie die blauen und roten Augen auf dem Rumpf des gewaltigen Sternriesen.

      »Wir wollen,« spricht Liwûna, »über den Sternriesen hinüberfliegen. Der Weg ist weit. Folge mir!«

      Und Liwûna fliegt rauschend voran.

      Kaidôh kriegt einen Schreck, als sähe er plötzlich in ein Jenseits.

      Liwûnas Rücken gleicht ungeheuren Gebirgsmassen, die mit Schnee und Eis bedeckt sind; Millionen von Schneesternen schleppt sie auf ihrem Rücken mit; die goldenen Gewänder sind kaum zu sehen; die schwarzen Haarmassen ihres Hauptes flattern oben, und sie wendet oben ihren Kopf zurück, und Kaidôh erschrickt nochmals – das riesige Gesicht ist braun, und hellblaue Augen strahlen wie zwei Riesensonnen unter Augenbrauen, die endlosen Wäldern gleichen.

      Kaidôh will seine Fusszehen bewegen – das geht aber nicht – er schwebt ohne jegliche Körperbewegung der Liwûna nach.

      Und nach einer langen Zeit, in ders immerwährend höher geht, blickt er hinab und sieht unter sich das grüne Flammenhaupt des Sternriesen – unzählige grüne Schlangensonnen winden sich da durch einander, und grüne Flammen schlagen heraus und brennen.

      Kaidôh hebt den Blick und bebt – Welten öffnen sich vor seinem Blick – Welten – wie sie nie ein Sterblicher geschaut hat.

      Liwûna schwebt neben Kaidôh. Und die Augen der Beiden schweifen trunken nach allen Seiten.

      Zwölf grosse Sternriesen ragen da im weiten grossen Halbkreise hoch auf in den weiten grossen Raum. Auf einer Bank, die auch einen Halbkreis bildet, sitzen die Sternriesen und bewegen sich nicht.

      Und die Bank besteht aus unzähligen Brillantsternen – deren gleissende Farbenfeuer durch glitzernden Funkenregen durchsprühen und durchflackern – deren gleissende Farbenfeuer in langen Flammenkegeln tief aufglühen wie bunte Sammetblüten – deren gleissende Farbenfeuer mit heissem Strahlenglanz brennen.

      Kaidôh wundert sich, dass sein Auge nicht erblindet; sein Auge ist wiederum anders geworden.

      Und es sind so viele Brillantsonnen; die Rücklehne der Bank ist so hoch, dass sie oben fast endlos erscheint – eine im Halbkreise gebogene Riesenwand aus lauter Sonnen, die ungeheure sich langsam drehende Diamanten sind.

      Und der Halbkreis ist so gross, dass die Wand nach allen Richtungen so weit entfernt erscheint. Ein Weltenrand!

      Hoch oben bilden die blauen, roten und grünen und die andersfarbigen Farbenkegel ein bewegliches Dach; die bunten Kegel schieben und drängen sich durch- und über- und untereinander. Und die funkelnden Diamanten flimmern immerzu, denn die Sterne stehen nicht still. Das flackert. Das glüht. Das brennt.

      Und auf der grossen Bank sitzen die Sternriesen – und die bewegen sich nicht.

      »Dass sie sich nicht bewegen,« sagt die Liwûna, »kommt uns bloss so vor. Sie brauchen zu jeder Bewegung viele Tausend Sternjahre, und daher glauben wir, sie seien ohne Bewegung – wie totes Volk. Das ist natürlich ein grosser Irrtum! Wir dürfen nicht vergessen, dass alle Glieder der Sternriesen aus unzählbaren Sternen bestehen – lauter Sonnen sind – lauter grosse Sonnen mit vielen Millionen Monden. Die Sterne haben alle möglichen und denkbaren Formen – die können wir aber nicht mehr unterscheiden – die Entfernungen sind in dieser Gegend auch für grosse Riesen so entsetzlich gross.«

      Liwûna sagt noch mehr, Kaidôh starrt mit offenem Munde die zwölf Riesen an. Er kann die grossen Gestalten gar nicht überschauen; wo ihnen der Kopf sitzt, weiss er nicht. Der Hauptteil des Rumpfes ist gross und breit und als solcher wohl zu erkennen. Aber jeder Rumpf sieht anders als der nächste aus; die meisten scheinen aus goldenen und silbernen Wolken zusammengesetzt zu sein. Es gehen aber überall so viele blaue und grüne Adern durch, und es sind überall so viele perlbunte und stechende Augen, dass Kaidôh nicht weiss, wie er die einzelnen Teile der Riesenkörper nennen soll. Die Gliedmassen ähneln wilden Korallengewächsen, und Flammenäste stehen dazwischen – und grüne Pyramiden sitzen oben auf steilen Schulterbergen – neben schwarzen Hörnern und glühenden Haaren und Kugelgewächsen und Würfelketten mit bunten Bändern und langen goldenen Schlangenarmen.

      Die Zwölf sind furchtbare Ungeheuer, in denen Milliarden tollster Sonnen brennen. Und diese wilden Weltgestalten sitzen da zum Scheine so still, als wären sie versteinert.

      Kaidôh starrt die Sternriesen an mit gierigen Augen; er möchte die zwölf Grossen festhalten und nicht mehr vergessen; er ärgert sich, dass er nicht unzählige Augen hat wie die zwölf Grossen.

      »Ob sie auch Kleider haben?« fragt er leise.

      Doch Liwûna hört nicht, sie bittet ihn, sich einmal umzudrehen.

      Kaidôh thut es und schaut in einen dunklen Raum, in dem unzählige eckige Sterne funkeln, die stellenweise ganz dicht zusammen stehen – aus Sternwolken.

Скачать книгу