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fürchte er sich vor den grossen Weltgestalten. Er kommt sich so klein vor wie ein Wurm, obgleich er weiss, dass er viele Tausend Schneesterne auf seinem Rücken trägt wie die Liwûna. Er wendet sich wieder zur Diamantenbank und sucht die karminroten Streifen an den Riesenkörpern zu zählen und findet sehr viele, sie sitzen immer neben helllila eiförmigen Flecken. Er glaubt, das seien besondere Sinne und lässt das Zählen. Seine Gedanken verwirren sich, und er bittet die Liwûna, ihn weiter zu führen.

      »Führe mich weiter,« sagt er, »durch das grosse Labyrinth deiner Weisheit – ich finde mich da nicht zurecht.«

      Liwûna bedeutet ihm, dass sie gradeaus unter der Bank durchmüssten, oben hinüber ginge es nicht.

      Und Zähne klappernd schwebt Kaidôh dahin.

      Und nach langer Zeit nähern sie sich den unteren Gliedmassen der Riesen und sausen dann an ihnen vorbei unter die Bank.

      Kaidôh fliegt mit gekrümmtem Rücken – wagt kaum um sich zu blicken.

      Unter den grellsten Brillantsternen, die dicht unter der Bank wie gläserne Maschinen rasseln und rumoren, sieht Kaidôh nach unten und entdeckt in der Tiefe grosse halbkugelförmige Hügel. Die Halbkugeln haben Farbenringe am unteren Rande, um die Mitte sitzen Sterne in Zickzacklinien drauf; als wären Perlen draufgestickt – so wirkt es.

      Kaidôh will wissen, was das ist.

      Liwûna sagt:

      »Das sind die Schlafmützen der grossen Riesen. Die Schlafmützen fliegen bei jeder Ratssitzung unter die Diamantenbank. Es sind sehr viele Schlafmützen – nicht etwa zwölf.«

      »Ist das,« fragt Kaidôh, »auch wirklich wahr?«

      »Jawohl,« erwidert seine Führerin, »glaubst du etwa die Riesen hätten den Schlaf nicht auch mal nötig? du weisst wohl garnicht, wie wichtig der Schlaf ist.«

      Kaidôh wagt nicht weiter zu sprechen.

      Und nach langer Zeit kommen sie auf der Rückseite der Bank wieder ins Freie – in eine wunderbare duftende frische Luft.

      Die beiden sind in einem drolligen Walde.

      Sie fliegen durch ein buntes Gewirr von gewaltigen Aesten. Und jeder Ast besteht wieder aus unzähligen Sternen, die sämtlich Linsenform zu haben scheinen. In der Tiefe ballen sich grosse Nebelhaufen zusammen, die lilafarbig leuchten. Kaidôh weiss nicht, ob die Nebel ebenfalls aus Sternen bestehen. Und beim Nachdenken wird ihm so anders zu Mute – er muss lachen – und er fragt lachend:

      »Du, sind das wirklich Bäume?«

      Liwûna giebt ihm zur Antwort: »Ja, ja – das werden wohl Bäume sein. Du kannst die Bäume auch für Riesen halten und die Riesen für Bäume. Mit deinem Wortschatz wirst du hier nicht viel ausrichten. Verstehen kannst du diese grossen Weltgestalten doch nicht – und wenn du noch viel mehr guten Willen – und wenn du noch tausendmal mehr Worte hättest. Gieb dir keine unnütze Mühe – mit Worten begreift man die Welt doch nicht. Wir wollen uns nichts vorflunkern. Sieh dir lieber die Formen der einzelnen Sterne an, aus denen sich diese sogenannten Aeste zusammensetzen. Die silbernen Aeste sind ganz mit Muschel- und Schneckensternen gefüllt.« Und Kaidôh sieht sich alles genau an, und dabei schweben sie nach und nach aus dem Astgewirre raus und in eine tiefere Gegend hinein. Da schiessen sie durch flockige Nebelmassen hinunter und erblicken plötzlich unter sich einen Sternriesen, der lang ausgestreckt daliegt und zu schlafen scheint.

      Der Riese schläft auch wirklich, er besteht aus lauter Kugelsonnen, die fortwährend ihre Farbe verändern. Ein flirrendes Farbengewirr! Es kann ganz schwach machen. Es huscht oft noch ein Schattenspiel durch das Opalgeflitter.

      Wie ein grosses Segelschiff, das strandete, liegt der grosse Riese da. Was Segeln ähnt, schwankt immer auf und nieder. Liwûna macht darauf aufmerksam, dass die Segel aus lauter Blattwelten bestehen, und dann flüstert sie geheimnisvoll:

      »Lieber Kaidôh, dies ist ein ganz junger Riese, der noch sehr klein ist; er wird grade gewiegt. Die Wiege sehen wir nicht, denn sie ist viel zu gross. Aber siehst du da drüben den grossen roten Ball herniederschweben? Siehst du, dass da viele Millionen roter Sonnen drinn sind? Siehst du das?« Kaidôh bejaht die Frage, und Liwûna fährt fort:

      »Das ist ein Blutstropfen von der Mutter des Riesen – die Mutter muss sich geschnitten haben – dort drüben die grossen Sternwolken gehören zum Leibe der Mutter. Doch stelle dir das Mütterliche ja nicht so einfach vor – ich will mich bloss kurz fassen. Na – diese Gesellschaft ist dir doch gross genug – nicht wahr, mein kleiner Kaidôh?«

      Kaidôh bejaht auch diese Frage, schüttelt seinen violetten Sammtmantel, dass viele tausend Schneesterne rausfallen, und versucht, seine Zehen zu bewegen. Es gelingt ihm – und pfeilschnell gehts weiter – aber es geht ihm immer noch nicht schnell genug. Das Riesenland ist zu umfangreich. Nun sieht er unter sich ein langes, langes, goldenes Rohr – es besteht natürlich auch aus echten Sternen – aus lauter glitzernden, kantigen Sternen. Und er will wissen, was das ist.

      »Das ist,« versetzt die Liwûna hastig, »die grosse Sturmmaschine. Wenn wir rasch an die Spitze des Rohrs gelangen, so können wir von der Sturmwolke gefasst werden – dann würden wir sehr schnell weiter kommen – was dir wohl sehr angenehm sein dürfte.«

      Kaidôh nennt das Rohr eine Sternkanone. Sie schauen vorn an der Spitze in das Rohr hinein.

      Indessen da giebts gleich einen donnernden Knall, und in einer brennenden Wolke sausen sie dahin, dass dem Kaidôh Hören und Sehen vergeht. Als ihm die Besinnung wiederkehrt, sieht er um sich alle Lüfte voll Wolken, und die Wolken jagen sich wie die Windhunde – es blitzt und donnert ohne Pausen – der Sturm heult und pfeift und knurrt und kreischt auf – Liwûnas goldene Gewänder flattern und rauschen und knallen und knirschen. Und dazu kracht es in einem zu, als gingen in jedem Augenblick viele tausend Welten platzend entzwei.

      »Das sind,« erklärte die Liwûna, »die anderen Schüsse der Sturmmaschine. Durch diese Maschine wird die Luft der ganzen Gegend verbessert. Die Maschine gehört zu den berühmtesten Erfindungen des Sternriesenreichs.«

      Und sie fliegen in Wirbelwinden – in Windhosen – selig dahin – wobei sie oft riesig rasch um sich selber gedreht werden.

      Dem Kaidôh stockt beinahe der Atem. Der Weltendurchflieger weiss gar nicht mehr, wo er ist. Unter sich sieht er eine grosse, dunkelgrüne Fläche, die er für eine Wiese hält. Es ist aber, wie Liwûna erklärt, keine Wiese – sondern ein grosses, herrliches Meer, in dem ungezählte Billionen von Smaragdsternen das Wasser bilden.

      Und aus dem sogenannten Meere ragen braune und türkisblaue Korallengebirge heraus. Das sind aber, wie Liwûna wieder erklärt, keine Gebirge – sondern Sternriesen, die wahrscheinlich baden.

      Das Donnern hört sich wie die Brandung des Smaragdmeeres an, und die Blitze zucken wie Phosphorwolken – so schnell folgen sich die einzelnen Blitze.

      Das Schiessen der Sturmmaschine will auch kein Ende nehmen.

      Aber die Lüfte werden doch allmählich ruhiger; es geht ja so rasend schnell vorwärts.

      Die Beiden steigen höher und höher wie Luftballons im Orkane, so dass das grüne Meer unten nach einer guten Weile nur noch wie ein zarter Schleier schimmert.

      Und dann erblicken sie eine weite Pforte aus blauen Saphiren. Sie sehen vor sich nur die blaue Pforte, als ginge sie von einem Ende der Welt zum andern – sie bildet einen grossen Bogen; die Saphire sind ebenfalls Sternwelten.

      Und sie fliegen durch die Pforte durch und in ein grosses Säulenreich hinein. Die Säulen sind so umfangreich, dass die Beiden lange fliegen müssen, um an einer Säule vorbeizukommen. Die Säulen sind alle aus einem festen Stück gearbeitet und sind nicht wieder bewegliche Sterne.

      Aber die Sterne fehlen auch hier nicht ganz; an vielen Stellen befinden sich die Sterne auf der Rinde der Säulen – sitzen da so drauf wie Pilze auf altem Holz – wie Schimmel.

      Die Säulen sind gelb und leuchten, obgleich sie nicht glänzen und auch nicht durchsichtig sind.

      »Wir

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