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      Und noch ein paar Hän­de graps­ten nach ihm, raue, be­haar­te Hän­de. Über sei­ne Schul­ter ka­men sie von hin­ten her­an und lang­ten nach sei­nem Hal­se. Con­don warf einen ent­setz­ten Blick rück­wärts, die Haa­re stan­den ihm zu Ber­ge, wie er ein rie­si­ges men­schen­ähn­li­ches Af­fe­nun­ge­tüm im An­griff dicht hin­ter sich ge­wahr­te. Die weit­ge­öff­ne­ten Fän­ge des Men­schen­af­fen muss­ten ihm im nächs­ten Au­gen­blick sei­ne Keh­le um­schnü­ren, der Jun­ge hielt ihn an den Hän­den wie mit ei­ser­nen Klam­mern ge­fes­selt, kei­ner von bei­den gab einen Ton von sich. Wo war denn die Groß­mut­ter? Mit ei­nem ein­zi­gen Blick such­te er das Zim­mer bis in alle sei­ne Win­kel ab, und sei­ne Au­gen tra­ten ihm vor Ent­set­zen fast aus den Höh­len, wie ihm in je­nem ver­zwei­fel­ten Mo­ment ein Licht über die wah­ren Zu­sam­men­hän­ge auf­ging. Was wa­ren das für furcht­ba­re, un­heim­li­che We­sen, in de­ren Ge­walt er sich ah­nungs­los ge­stürzt hat­te! Wie ein Ra­sen­der wehr­te er sich jetzt. Es galt erst ein­mal den ver­damm­ten Jun­gen ab­zu­schüt­teln, da­mit er dann mit vol­ler Wucht auf das schreck­li­che Tier hin­ter sei­nem Rücken los­ge­hen kön­ne. Eine Hand hat­te er schon frei, ein hef­ti­ger Schlag traf den Jun­gen ins Ge­sicht. Doch da­mit hat­te er sei­ne Lage nur ver­schlim­mert: Es schi­en, als sei das strup­pi­ge Un­ge­tüm mit ei­nem Male von tau­send Teu­feln be­ses­sen. Wü­tend würg­te es ihn am Hal­se, Con­don hör­te noch ein tie­fes wil­des Brum­men … und das war auch das Letz­te, was er in sei­nem Le­ben hör­te. Er wur­de nach rück­wärts auf den Bo­den her­ab­ge­zerrt, ein schwe­rer Kör­per wälz­te sich auf ihn nie­der, mäch­ti­ge Zäh­ne bohr­ten sich in sei­ne Schlag­ader … und sei­ne See­le wir­bel­te hin­über in die schwar­ze Nacht am Ran­de der Ewig­keit. Im nächs­ten Au­gen­blick er­hob sich der Affe. Lang­hin­ge­streckt lag sein Op­fer vor ihm … doch Con­don wuss­te nichts mehr da­von, er war tot.

      Der Jun­ge sprang ent­setzt aus dem Bett und beug­te sich über den Kör­per des Fremd­lings. Er wuss­te wohl, dass Akut da­mals Mi­cha­el Sa­b­rov in der Not­wehr ge­tö­tet hat­te; doch was wür­de man hier mit ihm und sei­nem ge­treu­en Af­fen ma­chen, wenn man dies er­fuhr? Hier im wil­den Afri­ka, weit weg von da­heim und von den Freun­den? Der Jun­ge wuss­te, dass auf Mord die To­dess­tra­fe stand, er wuss­te auch, dass mit dem Tä­ter der Hel­fers­hel­fer dem glei­chen Schick­sal ver­fal­len war. Wer soll­te hier Zeu­ge sein, wer soll­te sie bei­de ver­tei­di­gen? Al­les, al­les wür­de ge­gen sie spre­chen. Die Leu­te hier wa­ren kaum mehr als halb­zi­vi­li­siert zu nen­nen, es war nichts an­de­res zu er­war­ten, als dass man ihn und Akut bei Mor­gen­grau­en hin­aus vor die Stadt schlepp­te und sie bei­de am ers­ten bes­ten Baum auf­knüpf­te. Oft hat­te er ge­le­sen, dass man es in Ame­ri­ka so mach­te, und in Afri­ka? Hier ging es si­cher nur noch schlim­mer und grau­sa­mer zu als im großen Wes­ten, der Hei­mat sei­ner Mut­ter. Ja, man wür­de sie bei­de ei­nes Mor­gens hän­gen! Gab es denn kein Ent­rin­nen? Er dach­te ein paar Mi­nu­ten ru­hig nach, dann rieb er mit ei­nem Aus­ruf der Er­leich­te­rung die Hän­de und griff nach sei­nem An­zug auf dem Stuh­le. Das Geld! Ja, mit Geld wür­de noch et­was zu ma­chen sein. Das Geld wür­de ihn und Akut ret­ten! Er woll­te das Bün­del Bank­no­ten aus der Ta­sche zie­hen, in der er es ge­wöhn­lich trug: es war nicht mehr dar­in! Erst such­te er be­däch­tig in den an­de­ren Ta­schen, doch von Se­kun­de zu Se­kun­de stei­ger­te sich sei­ne Un­ru­he. Fast wie ein Wahn­sin­ni­ger rutsch­te er dann auf Hän­den und Kni­en im Zim­mer her­um und tas­te­te den Bo­den ab. Er mach­te sich Licht, rück­te das Bett bei­sei­te und such­te Zen­ti­me­ter für Zen­ti­me­ter den gan­zen Raum ab. Da lag Con­don. Der Kna­be zö­ger­te, es war ihm zu­wi­der, ihn an­zu­rüh­ren. Doch schließ­lich riss er sich zu­sam­men und zog die Lei­che bei­sei­te. Auch da war nichts von dem Geld zu se­hen. Ihm kam jetzt der Ge­dan­ke, dass Con­don ein­ge­drun­gen sein konn­te, um ihn zu be­rau­ben; doch konn­te er nicht glau­ben, dass der Mann schon ge­nug Zeit ge­habt hat­te, sich des Gel­des zu be­mäch­ti­gen. In­des­sen – sonst war es nir­gends zu fin­den, der Tote muss­te es also schon bei sich ver­staut ha­ben. Jack vi­si­tier­te die Klei­der des Ame­ri­ka­ners. Ver­geb­lich! Im­mer und im­mer wie­der stand er auf, durch­such­te das Zim­mer von Neu­em … und je­des Mal kehr­te er wie­der zu der Lei­che des Fremd­lings zu­rück. Das Geld war und blieb ver­schwun­den.

      Er war der völ­li­gen Verzweif­lung nahe. Was soll­ten sie denn nun tun? Am Mor­gen wür­de man sie auf­grei­fen und ein­fach tö­ten. Ge­wiss, er war ein klu­ger und stäm­mi­ger Bur­sche, dem vie­le be­nei­dens­wer­te Ei­gen­schaf­ten von sei­nen El­tern her gleich­sam im Blu­te la­gen: Doch jetzt, nach al­le­dem, war er schließ­lich nicht viel mehr wie ein klei­ner Jun­ge, ein klei­ner Jun­ge, den Furcht und Heim­weh ge­packt ha­ben, und der al­les vom Stand­punkt sei­ner spär­li­chen Ju­gen­d­er­fah­rung aus be­ur­teilt.

      Er sah al­les nur von der einen of­fen­kun­di­gen Tat­sa­che aus an, dass sie einen Men­schen ge­tö­tet hat­ten. Au­ßer­dem wa­ren sie mit­ten un­ter halb­wil­den frem­den Leu­ten, de­nen nicht viel Ver­ständ­nis für sei­ne be­son­de­re Lage zu­zu­trau­en war. Das und Ähn­li­ches mehr hat­te er sich aus al­ler­lei Schau­er­ro­ma­nen zu­sam­men­ge­le­sen, das wa­ren sei­ne »Er­fah­run­gen«. –

      Geld brauch­ten sie bei­de, sie muss­ten das Geld wie­der­ha­ben!

      Er beug­te sich wie­der über den To­ten. Dies­mal woll­te er aber rück­sichts­los und ent­schlos­sen vor­ge­hen! Der Affe hock­te in ei­ner Zim­me­r­e­cke und folg­te je­der Be­we­gung des Jun­gen, der dem Ame­ri­ka­ner ein Klei­dungs­stück nach dem an­de­ren aus­zog und Stück für Stück mi­nu­ten­lang vi­si­tier­te. So­gar die Schu­he durch­such­te er mit pein­li­cher Sorg­falt und, als er dem To­ten auch das Letz­te vom Lei­be ge­zo­gen hat­te, warf er sich aufs Bett. Er schi­en fast den Ver­stand zu ver­lie­ren, sei­ne Au­gen starr­ten weit­ge­öff­net ins Lee­re … und doch auch wie­der nicht. Ein gräss­li­ches Bild stand vor sei­nem In­nern, das war das, was kom­men muss­te.

      Wie lan­ge er so da­ge­s­es­sen hat­te, wuss­te er nicht, als ihn schließ­lich ein Geräusch im ers­ten Stock un­ten auf­scheuch­te. Er sprang rasch auf sei­ne Bei­ne, blies die Lam­pe aus, eil­te zur Tür und schloss sie von in­nen. Dann wand­te er sich zu dem Af­fen; er war in­zwi­schen zu ei­nem an­de­ren Ent­schluss ge­kom­men.

      Ges­tern Abend war er noch der An­sicht ge­we­sen, dass es das bes­te sei, bei nächs­ter Ge­le­gen­heit nach der Hei­mat zu­rück­zu­rei­sen und sei­ne El­tern um Ver­zei­hung die­ses tol­len Aben­teu­ers zu bit­ten. Jetzt hat­te er das Ge­fühl, dass er nie wie­der nach Hau­se kom­men wür­de. Das Blut ei­nes Mit­menschen kleb­te an sei­nen Hän­den, ja an sei­nen Hän­den, wie er sich nun schon fest ein­ge­re­det hat­te. Die ge­ra­de­zu krank­haf­ten Vor­stel­lun­gen, die in den letz­ten Stun­den sein Hirn durch­wühlt, hat­ten ihre Ar­beit ge­tan. Er war jetzt so­weit: Nicht der Affe hat­te Con­don um­ge­bracht. Nein, in sei­nen Schre­ckens­nö­ten und in sei­ner Ver­wir­rung leg­te er die gan­ze Schuld sich al­lein zur Last. Hät­te er sein Geld noch, wür­de er sich viel­leicht den Frei­spruch er­kau­fen kön­nen. Aber so, nicht einen Pen­ny in der Ta­sche? Was soll­ten Frem­de hier ohne Geld in die­ser Lage noch zu er­hof­fen ha­ben?

      Wo das Geld nur war? Er such­te sich in die Erin­ne­rung zu­rück­zu­ru­fen, wann er das Bün­del Bank­no­ten zum letz­ten Mal ge­se­hen. Doch er konn­te sich an nichts ent­sin­nen, und selbst wenn er es ge­konnt hät­te, wür­de er sich un­mög­lich über das Ver­schwin­den des Päck­chens

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