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al­lein mit sei­ner kran­ken Groß­mut­ter reis­te, und dass sein Ziel ein klei­ner Ha­fen an der West­küs­te war; fer­ner, dass er Bil­lings hieß, und dass die bei­den in der klei­nen Ko­lo­nie, nach der sie reis­ten, kei­ne Freun­de und Be­kann­ten hat­ten. Als Con­don dann noch nach dem ei­gent­li­chen Zweck der Rei­se frag­te, schwieg sich der jun­ge Eng­län­der völ­lig aus und ließ auch nicht wei­ter in sich drin­gen. Con­don sei­ner­seits war klug ge­nug, die Sa­che nicht auf die Spit­ze zu trei­ben; er hat­te auch schließ­lich al­les er­fah­ren, was er zu­nächst wis­sen woll­te.

      Ei­nes Ta­ges ging der Damp­fer am Fuße ei­nes be­wal­de­ten Vor­ge­bir­ges vor An­ker. Wie ein häss­li­cher Schand­fleck auf dem schö­nen ver­lo­cken­den Ant­litz der Na­tur wirk­ten die zwan­zig oder mehr Häu­ser mit ih­ren Well­blech­dä­chern und schri­en es den An­kom­men­den gleich­sam ent­ge­gen, dass die Zi­vi­li­sa­ti­on mit ih­ren Er­run­gen­schaf­ten dort ihr grel­les Ban­ner auf­ge­rich­tet hat­te. Et­was ab­seits la­gen die stroh­be­deck­ten Hüt­ten der Ein­ge­bo­re­nen, ma­le­risch in ih­rer Ein­fach­heit und ge­bo­ren aus der Ur­ge­walt der Wild­nis, wun­der­bar in ih­rer Har­mo­nie mit dem Tro­penur­wald im Hin­ter­grund, und in grel­lem Ge­gen­satz zu den ab­sto­ßend-häss­li­chen Bau­wer­ken der wei­ßen Ko­lo­nis­ten! Der Jun­ge beug­te sich über die Re­ling. Sei­ne Bli­cke schweif­ten weit hin­weg über die klei­ne An­sied­lung, die­ses nur von Men­schen­hand her­vor­ge­stampf­te Mach­werk, weit hin­aus in den Dschun­gel, den Gott ge­baut. Ein ei­gen­ar­ti­ges Ge­fühl be­schlich ihn in die­sem Au­gen­blick, ein leich­ter Schau­er rann ihm den Rücken hin­ab … und dann sah er – ganz ohne dass er es ge­wollt hät­te – auf ein­mal die lie­ben­den Au­gen sei­ner Mut­ter vor sich … und das stren­ge Ant­litz sei­nes Va­ters, das aber trotz ei­ner ge­wis­sen männ­li­chen Här­te und Ge­schlos­sen­heit kei­ne ge­rin­ge­re Lie­be wi­der­spie­gel­te. Er fühl­te, wie er selbst mit ei­nem Male schwan­kend und un­schlüs­sig wur­de …

      Nicht weit von ihm stand ein Schiff­s­of­fi­zier und rief mit dröh­nen­der Stim­me der na­hen­den Boot­flot­til­le al­ler­hand Be­feh­le zu; denn die Ein­ge­bo­re­nen ka­men, um den für die­sen klei­nen Ha­fen be­stimm­ten Teil der Schiffs­la­dung zu lö­schen. Wann legt der nächs­te Damp­fer nach Eng­land hier an? frag­te der Jun­ge.

      Der »Ema­nu­el« muss bald vor­bei­kom­men. Ich nahm ei­gent­lich an, wir wür­den ihm hier be­geg­nen, gab der Of­fi­zier zur Ant­wort und fuhr so­gleich fort, das wüs­te Durchein­an­der, das auf den Flu­ten im­mer nä­her an den Damp­fer her­an­schau­kel­te, zu ent­wir­ren und rich­tig zu di­ri­gie­ren.

      Es war eine äu­ßerst schwie­ri­ge Auf­ga­be, die Groß­mut­ter des Jun­gen von Bord des Damp­fers in ein be­reit­lie­gen­des Boot hin­ab­zu­be­för­dern. Der Jun­ge hielt sich an Bord stän­dig an ih­rer Sei­te und ließ sich von nie­man­dem hel­fen. Erst als sie schließ­lich un­ten im Boot, das sie an Land brin­gen soll­te, si­cher ge­bor­gen war, klet­ter­te der En­kel, ge­wandt wie eine Kat­ze, zu ihr hin­ab. So sehr hat­te er sich be­müht, ihr alle Un­be­quem­lich­kei­ten zu er­leich­tern, dass er nicht ein­mal auf das klei­ne Pa­ket acht­gab, das schon aus sei­ner Ta­sche her­aus­ge­rutscht war, wäh­rend er mit zu­griff, um die alte Dame auf ei­nem mit Sei­len ver­knüpf­ten Sitz über die Re­ling ins Boot hin­ab­zu­las­sen. Er merk­te es auch nicht, als das Päck­chen ganz her­aus­glitt und ins Was­ser fiel.

      Kaum war das Boot mit dem Jun­gen und der al­ten Dame nach dem Stran­de un­ter­wegs, als Con­don sich auf der an­de­ren Sei­te des Schif­fes einen Ein­ge­bo­re­nen mit sei­nem Kanu her­an­rief. Nach­dem er sich mit dem Man­ne über den Preis ge­ei­nigt, ließ er sein Ge­päck hin­ab und folg­te sel­ber.

      Ein­mal an Land, be­ob­ach­te­te er aus ei­ni­ger Ent­fer­nung den häss­li­chen zwei­stö­cki­gen Bau, der sich mit der hoch­tra­ben­den Be­zeich­nung »Ho­tel« ge­schmückt hat­te, um arg­lo­se Rei­sen­de auf sei­ne zahl­lo­sen Un­be­quem­lich­kei­ten und so wei­ter her­ein­fal­len zu las­sen. Erst als es be­reits völ­lig dun­kel war, wag­te er hin­ein­zu­ge­hen und sich sei­ne Un­ter­kunft zu si­chern. –

      In ei­nem nach rück­wärts ge­le­ge­nen Zim­mer im zwei­ten Stock er­klär­te der Jun­ge sei­ner »Groß­mut­ter« – al­ler­dings nicht ohne be­trächt­li­che Schwie­rig­kei­ten – dass er sich ent­schlos­sen habe, mit dem nächs­ten Damp­fer nach Eng­land zu­rück­zu­keh­ren. Er gab sich da­bei die größ­te Mühe, um der al­ten Dame be­greif­lich zu ma­chen, dass sie in Afri­ka blei­ben kön­ne, so­fern sie dies wün­sche. Ihn für sei­ne Per­son zwin­ge je­den­falls sein Ge­wis­sen, sich zu Va­ter und Mut­ter zu­rück­zu­be­ge­ben; denn bei­de El­tern gräm­ten sich zwei­fel­los jetzt bit­ter­lich, weil er ih­nen durch­ge­gan­gen sei …, wor­aus zu ent­neh­men ist, dass sei­ne El­tern nicht in die Plä­ne ein­ge­weiht wa­ren, die ihn und die alte Dame zu ih­rer aben­teu­er­li­chen Rei­se in die afri­ka­ni­sche Wild­nis ge­führt hat­ten. –

      Schließ­lich wa­ren die bei­den doch ei­nig ge­wor­den; dem Jun­gen war es gleich ganz an­ders zu­mu­te, und die quä­len­den Ge­dan­ken wi­chen, die ihn man­che schlaflo­se Nacht wie böse Geis­ter ge­pei­nigt hat­ten. Und als sich sei­ne Au­gen heu­te zum Schlum­mer schlos­sen, träum­te er von ei­nem glück­li­chen Wie­der­se­hen mit den Sei­nen da­heim. Doch wäh­rend ihm die­se Träu­me ihre trü­ge­ri­schen Bil­der vor­gau­kel­ten, nah­te auf dem dunklen Kor­ri­dor des schmut­zi­gen »Ho­tels«, in dem er schlief, heim­lich und auf lei­sen Soh­len, grau­sam und un­er­bitt­lich das Ver­häng­nis, das Ver­häng­nis in Ge­stalt des ame­ri­ka­ni­schen Hoch­stap­lers Con­don.

      Be­hut­sam schlich sich der Mann an die Zim­mer­tür, press­te sich mit dem Ohr dicht her­an und horch­te so lan­ge, bis ihn die tie­fen re­gel­mä­ßi­gen Atem­zü­ge drin­nen da­von über­zeug­ten, dass die bei­den fest schlie­fen. Ru­hig steck­te er dann einen schma­len Schlüs­sel in das Schlüs­sel­loch, dreh­te ihn mit au­ßer­or­dent­li­cher Fin­ger­fer­tig­keit im Schloss her­um und drück­te gleich­zei­tig die Klin­ke nie­der. Je­der hät­te ohne wei­te­res ge­se­hen, dass Con­don solch heim­li­che »Be­ar­bei­tung« von Schloss und Rie­gel, hin­ter de­nen sich Hab und Gut sei­ner Mit­menschen si­cher­te, lan­ge ge­wohnt war. Ein leich­ter Druck ge­gen die Tür und sie glitt lang­sam in den An­geln nach in­nen. Der Mann trat ein und schloss die Tür hin­ter sich. Drau­ßen schi­en der Mond, doch war er von Zeit zu Zeit von schwe­ren schwar­zen Wol­ken ver­hüllt. So auch jetzt: Im Zim­mer herrsch­te na­he­zu völ­li­ge Dun­kel­heit. Con­don tas­te­te sich nach dem Bett hin, in­des­sen sich in ei­ner ent­fern­ten Ecke des Zim­mers et­was an­de­res be­weg­te, ganz lei­se und noch viel vor­sich­ti­ger, als es dem ge­werbs­mä­ßi­gen Ein­bre­cher trotz al­ler sei­ner Rou­ti­ne ge­lang. Con­don hör­te nichts da­von. Sei­ne gan­ze Auf­merk­sam­keit rich­te­te sich auf das Bett, in dem er den jun­gen Eng­län­der und des­sen hilflo­se, ge­brech­li­che Groß­mut­ter ver­mu­te­te.

      Der Ame­ri­ka­ner woll­te auch nur das Bün­del Bank­no­ten. Konn­te er es an sich rei­ßen, ohne dass man erst auf ihn auf­merk­sam wur­de, soll­te es ihm recht sein. Wenn der Jun­ge Wi­der­stand leis­te­te, auch gut. Er hat­te sich auf al­les ge­rüs­tet. An­zug und Un­ter­klei­dung des Jun­gen la­gen auf ei­nem Stuhl ne­ben dem Bett. Der Ame­ri­ka­ner wühl­te die Sa­chen rasch durch: In den Ta­schen war nichts von ei­nem Bün­del neu­er Bank­no­ten oder der­glei­chen zu ent­de­cken. Der Jun­ge hat­te

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