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er­zählt ha­ben und drang dann auf sei­nen Va­ter ein, er sol­le den Af­fen ja kau­fen und mit­brin­gen.

      Lady Grey­sto­ke war na­tür­lich über die­sen Vor­schlag au­ßer sich, aber ihr Jun­ge blieb nur im­mer hart­nä­cki­ger bei sei­ner Bit­te. Tar­zan er­klär­te dar­auf, er habe schon be­ab­sich­tigt, den Af­fen zu kau­fen, al­ler­dings nur, um ihn wie­der in sei­ne Dschun­gel­hei­mat zu­rück­be­för­dern zu las­sen. Dem pflich­te­te Jacks Mut­ter bei.

      Jack frag­te her­nach, ob er den Af­fen noch ein­mal be­su­chen dür­fe, doch wur­de ihm dies wie­der glatt ab­ge­schla­gen. Er kann­te aber die Adres­se, die der Domp­teur sei­nem Va­ter an­ge­ge­ben hat­te, und zwei Tage spä­ter pass­te er einen güns­ti­gen Au­gen­blick ab und ent­wisch­te sei­nem neu­en Er­zie­her, der an Stel­le des vom Schre­cken arg mit­ge­nom­me­nen Mr. Moo­re en­ga­giert wor­den war.

      Nach lan­gem Hin­und­her­ir­ren in ei­nem Lon­do­ner Stadt­vier­tel, in das er bis­her noch nie ge­kom­men war, fand er end­lich den dump­fen, düs­te­ren Win­kel, in dem je­ner po­cken­nar­bi­ge Greis haus­te. Auf das Klop­fen er­schi­en der Alte selbst an der Tür, und als Jack er­klär­te, er wol­le sich den Ajax an­se­hen, mach­te er auf und ließ ihn in den klei­nen Raum ein, den er mit dem Af­fen­rie­sen be­wohn­te.

      Frü­her war der ge­ris­se­ne Paw­lo­wi­tsch schon et­was an­spruchs­vol­ler ge­we­sen; aber die zehn furcht­ba­ren Jah­re, die er in Afri­ka un­ter Kan­ni­ba­len hat­te zu­brin­gen müs­sen, moch­ten bei ihm jeg­li­che Spur fei­ne­rer Ge­wohn­hei­ten weg­ge­spült ha­ben. Sein An­zug war fle­ckig und halb­zer­ris­sen, er wusch sich die Hän­de nicht, ge­schwei­ge denn, dass je ein Kamm an die paar krau­sen Haar­sträh­nen kom­men moch­te. Das so­ge­nann­te Zim­mer starr­te vor Schmutz und sah wie eine Rum­pel­kam­mer aus. Als der Jun­ge ein­trat, hock­te der große Affe ge­ra­de auf dem Bett. Schmut­zi­ge Woll­de­cken und übel­rie­chen­de Tü­cher la­gen dort wirr durch­ein­an­der. So­wie der Affe den Jun­gen ge­wahr wur­de, sprang er zu Bo­den und hum­pel­te ihm ent­ge­gen; doch der Alte, der sei­nen Be­such nicht wie­der­er­kann­te und fürch­te­te, dass der Affe nichts Gu­tes im Schil­de führ­te, trat so­fort da­zwi­schen und wies den Af­fen ins Bett zu­rück.

      Der tut mir nichts zu­lei­de, rief der Jun­ge laut. Wir zwei sind gute Freun­de, und frü­her war er der Freund mei­nes Va­ters. Lord Grey­sto­ke ist näm­lich mein Va­ter. Er weiß es nicht, dass ich hier­her ge­gan­gen bin. Mei­ne Mut­ter hat es mir üb­ri­gens ver­bo­ten, aber ich woll­te nun ein­mal Ajax se­hen. Und ich will Sie gut be­zah­len, wenn Sie mich oft hier­her kom­men und den Af­fen se­hen las­sen.

      Wie Jack sei­nen Na­men er­wähn­te, zuck­te es un­will­kür­lich in Paw­lo­wi­tschs Au­gen. Seit er Tar­zan von der Büh­ne der Mu­sik­hal­le zum ers­ten Male wie­der ge­se­hen hat­te, däm­mer­ten in sei­nem sonst fast stumpf­sin­ni­gen Hirn Ge­dan­ken auf, die ihn lan­ge in Ruhe ge­las­sen, ja es reg­te sich in ihm so et­was wie ein Ver­lan­gen, nun doch noch Ra­che zu üben. Es ist über­aus be­zeich­nend für Schwäch­lin­ge und Ver­bre­cher, dass sie an­de­re für das Un­glück ver­ant­wort­lich ma­chen, das sie doch nur ih­rer ei­ge­nen Min­der­wer­tig­keit zu­zu­schrei­ben ha­ben. Genau so stand es mit Ale­xei Paw­lo­wi­tsch. Lang­sam er­wach­te in ihm ge­ra­de jetzt die Erin­ne­rung an sein frü­he­res Le­ben, und wenn er nun dar­an dach­te, wie greif­bar nahe er die­sen Men­schen hat­te, den er da­mals mit Ro­koff un­ter Ein­satz al­ler Kräf­te aus sei­ner Bahn schleu­dern, ja ein­fach ins Jen­seits be­för­dern woll­te, so fühl­te er von Neu­em das gan­ze Un­heil, das über ihn her­ein­ge­bro­chen war, als all die fein ge­spon­ne­nen Rän­ke ins Nichts zer­ran­nen, und ih­nen ihr Op­fer ent­ging. Vo­rerst sah er in­des­sen kei­ne Mög­lich­keit, un­ter Wah­rung sei­ner per­sön­li­chen Si­cher­heit sich an Tar­zan auf dem Um­weg über des­sen Sohn zu rä­chen. Aber er war sich dar­über klar, dass der Jun­ge ihm durch sei­ne un­vor­sich­ti­gen Äu­ße­run­gen den Weg zu ei­ner gründ­li­chen Ra­che frei­ge­macht hat­te. So be­schloss er, das häu­fi­ge Er­schei­nen des jun­gen Grey­sto­ke recht zu be­güns­ti­gen und die­sen so an sich zu fes­seln. Hoff­te er doch, dass ir­gend­ein güns­ti­ger Stern ihm den Jun­gen ei­nes Ta­ges ir­gend­wie in die Hand spie­len wür­de.

      Da­rum er­zähl­te er dem Jun­gen zu­nächst al­les, was er über das Dschun­gel­le­ben sei­nes Va­ters wuss­te. Als er dann hör­te, dass der jun­ge Grey­sto­ke all die Jah­re über­haupt nichts zu er­fah­ren be­kom­men hat­te, dass ihm der Be­such des Zoo­lo­gi­schen Gar­tens un­ter­sagt war, ja, dass er sei­nen Er­zie­her hat­te fes­seln und ihm einen Kne­bel in den Mund stop­fen müs­sen, um sich so we­nigs­tens ein­mal die Vor­stel­lung mit Ajax an­se­hen zu kön­nen … da er­riet er so­fort, wel­che ge­hei­men Be­fürch­tun­gen die el­ter­li­chen Her­zen zu die­ser wun­der­ba­ren Für­sor­ge trie­ben. Vor ih­nen stand dro­hend wie ein Ge­s­penst der Ge­dan­ke, der Dschun­gel könn­te ein­mal auch ih­ren Jack in die Arme lo­cken, wie sie einst des­sen Va­ter an sich ge­ris­sen hat­te.

      Und so re­de­te Paw­lo­wi­tsch dem Jun­gen zu, ja recht oft zu kom­men, und ging im­mer be­reit­wil­lig auf des­sen Bit­ten ein, ihm doch viel, recht viel von der wil­den Welt da drau­ßen zu er­zäh­len, da Paw­lo­wi­tsch in al­lem ja nur zu be­kannt war. Er ließ ihn auch viel mit Akut al­lein, und nach gar nicht zu lan­ger Zeit stell­te er zu sei­ner großen Über­ra­schung fest, dass der Jun­ge sich mit dem Af­fen ver­stän­di­gen konn­te, weil er tat­säch­lich schon vie­le Wor­te der pri­mi­ti­ven Men­schen­af­fen­spra­che ge­lernt hat­te.

      In die­ser Zeit kam Tar­zan meh­re­re Male zu Paw­lo­wi­tsch. Es schi­en ihm sehr dar­an ge­le­gen, Ajax zu er­wer­ben, und schließ­lich er­zähl­te er dem Al­ten ei­nes Ta­ges ganz of­fen, dass ihn nicht al­lein der rein per­sön­li­che Wunsch, dem Af­fen mit der Rück­kehr in die Dschun­gel­hei­mat sei­ne Frei­heit wie­der­zu­schen­ken, zu dem be­ab­sich­tig­ten Kauf be­stim­me. Sei­ne Frau fürch­te viel­mehr, dass ihr Sohn ir­gend­wie Nä­he­res über das Wo­her des Af­fen er­fah­ren kön­ne, und das so – zu­mal der Jun­ge für das Tier Feu­er und Flam­me sei – in ihm ge­wis­se aben­teu­er­li­che Re­gun­gen zum Durch­bruch kämen, die, wie Tar­zan dem Be­sit­zer ver­trau­lich er­klär­te, sein ei­ge­nes Le­ben ent­schei­dend be­ein­flusst hät­ten. Der Rus­se konn­te nur mit Mühe das La­chen ver­bei­ßen, als Lord Grey­sto­ke ihm dies mit­teil­te, denn noch vor ei­ner knap­pen hal­b­en Stun­de hat­te der künf­ti­ge Lord Grey­sto­ke auf dem zer­wühl­ten Bett ge­ses­sen und sich so ge­läu­fig wie ein leib­haf­ti­ger Affe mit Ajax un­ter­hal­ten.

      Wäh­rend die­ser Un­ter­re­dung ge­wann in Paw­lo­wi­tsch ein neu­er Plan Ge­stalt. Der ers­te Schritt zur Ver­wirk­li­chung be­stand dar­in, dass er schließ­lich in eine fa­bel­haft hohe Kauf­sum­me für den Af­fen ein­wil­lig­te und sich ver­pflich­te­te, nach Empfang des Gel­des das Tier auf ein Schiff zu brin­gen, das in zwei Ta­gen sei­ne Rei­se von Do­ver nach Afri­ka an­tre­ten soll­te. Zwei­er­lei hat­te er im Sinn, als er Grey­sto­kes An­ge­bot an­nahm. An ers­ter Stel­le war es der Geld­punkt, der bei sei­ner Ent­schei­dung stark mit­spiel­te; der Affe war für ihn ja so­wie­so nicht mehr die alte Ein­nah­me­quel­le, da er sich hart­nä­ckig wei­ger­te, wie­der in der Mu­sik­hal­le auf­zu­tre­ten, seit er Tar­zan ent­deckt hat­te. Es war fast so, als ob das Tier nur des­halb ge­dul­det hät­te, dass man es aus sei­ner Dschun­gel­hei­mat ver­schleppt und vor Tau­sen­den von neu­gie­ri­gen Zuschau­ern sei­ne Kunst­stücke ma­chen ließ,

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