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      »Der Elende!«

      »Sage lieber: der echte Aegypter! Psamtik haßt Alles, was nicht aus diesem Lande stammt.«

      »Wie viel haben die Hellenen zu Naukratis beigetragen?«

      »Das ist viel!«

      »Immerhin,« antwortete die Greisin. »Ihr werdet daraus ersehen, daß dem Schlemmer sein Betragen von neulich leid thut.«

      Der Delphier holte das Briefröllchen aus seiner Tasche und las: »Philoinus läßt dem Phryxus sagen: ›Es thut mir leid, daß ich neulich bei Rhodopis nicht mehr getrunken habe; denn hätt’ ich das gethan, so würd’ ich ohne alle Besinnung und außer Stande gewesen sein, auch nur die kleinste Fliege zu beleidigen. Meine verwünschte Mäßigkeit trägt also die Schuld, daß ich mich von nun ab nicht mehr an der wohlbesetztesten Tafel in ganz Aegypten ergötzen darf.

      ›Ich lasse diesen Brief von meinem gelehrten Sklaven Sophotatus im Rebenzimmer schreiben, denn ich bekomme den Krampf in die Finger, wenn ich nur der Arbeit des Schreibens zuschaue.‹«

      Alle Gäste brachen in ein schallendes Gelächter ans; Rhodopis aber sagte: »Mich erfreut dieser Brief, weil ich aus ihm ersehe, daß Philoinus kein schlechter Mensch ist. Sybaritisch erzogen . . .«

      »Verzeiht, ihr Herren, wenn ich euch störe, und Du, ehrwürdige Hellenin, daß ich ungeladen in Dein friedliches Haus dringe!« Mit diesen Worten unterbrach ein der Greisin fremder Mann, welcher von Allen unbemerkt in das Speisezimmer getreten war, das Gespräch der Schmausenden. – »Ich bin Gyges, Sohn des Krösus, und nicht zum Scherze vor kaum zwei Stunden von Sais fortgeritten, um zur rechten Zeit hier einzutreffen!«

      »Menon, ein Polster für unsern neuen Gast!« rief Rhodopis. »Sei herzlich willkommen in meinem Hause und ruhe aus von Deinem wilden, echt lydischen Ritte.«

      Gyges vermochte in den ersten Augenblicken kein Wort auf die Rede seines Vaters zu erwiedern. Ihm war, als er den Geliebten, für dessen Leben er gefürchtet hatte, wohlbehalten und fröhlich beim reichlichen Schmause sitzen sah, als habe er zum Zweitenmale die Sprache verloren. Endlich kehrte ihm die Kraft der Rede wieder und er antwortete: »Die Götter seien gepriesen, mein Vater, daß ich Dich wohlbehalten wiedersehe! Glaube ja nicht, ich habe meinen Posten an Bartja’s Seite leichtsinnig verlassen. Ich bin gezwungen worden, mich als Unglücksvogel in diese frohe Versammlung einzudrängen. Wißt, ihr Männer, denn ich darf keine Zeit mit Vorbereitungen verlieren, – euer warten Verrath und Ueberfall.«

      Alle Anwesenden sprangen, wie vom Blitz getroffen, auf die Füße. Aristomachus lockerte schweigend das Schwert in seiner Scheide und Phanes streckte die Arme aus, als wollt’ er prüfen, ob ihm noch die alte athletische Spannkraft innewohne.

      »Was ist’s? – Was hat man mit uns vor?« fragte es von allen Seiten.

      »Dieses Haus ist von äthiopischen Kriegern umstellt!« erwiederte Gyges. »Ein treuer Mensch hat mir mitgetheilt, der Thronerbe wolle Einen aus eurer Mitte gefangen fortführen lassen, ja er habe befohlen, sein Opfer zu tödten, wenn es sich wehren sollte. Ich fürchtete für Dich, mein Vater, und jagte hierher. – Der Mann, von dem ich Alles erfuhr, hat nicht gelogen. Dies Haus ist umstellt. Als ich an der Pforte Deines Gartens, o Rhodopis, anlangte, scheute mein Roß, trotz seiner Ermüdung. Ich stieg ab und gewahrte im Mondenscheine hinter jedem Strauche die blitzenden Waffen und glühenden Augen versteckter Menschen. Sie ließen uns ungestört in den Garten treten.«

      Mit großer Ruhe hatte der Athener die Erzählung des Gyges und die des Sklaven mit angehört.

      Rhodopis zitterte. Aristomachus rief: »Ich lasse Dir kein Härchen krümmen und müßten wir ganz Aegypten zerschlagen!« Krösus rieth zur Vorsicht; eine ungeheure Aufregung hatte sich des ganzen Kreises bemächtigt.

      Endlich brach Phanes sein Stillschweigen und sagte. »Niemals ist Ueberlegung nöthiger, als in Gefahr. Ich bin mit Nachdenken fertig und sehe ein, daß ich schwerlich zu retten bin. Die Aegypter werden versuchen, mich ohne Aufsehen zu beseitigen. Sie wissen, daß ich morgen in aller Frühe mit einer phoceischen Triere von Naukratis nach Sigeum segeln will und haben also keine Zeit zu verlieren, wenn sie mich fangen wollen. Dein ganzer Garten, Rhodopis, ist umstellt. Sollt’ ich bei Dir bleiben, so wärest Du sicher, daß man Dein Haus nicht mehr als Asyl achten, es durchsuchen und mich in ihm fangen würde. Das phoceische Schiff, welches mich zu den Meinen bringen soll, wird ohne Zweifel gleich diesem Hause bewacht. Um meinetwillen soll kein unnützes Blut vergossen werden.«

      »Du

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