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ich beinahe ein großes Geheimniß ausgeplaudert. Die Großmutter hat mir streng verboten, irgend Jemanden zu erzählen, was für liebe kleine Gäste wir erwarten; aber mir ist, als wären wir schon lange mit einander bekannt, und Deine Augen sind so gut, daß ich Dir gerne Alles sagen möchte. Siehst Du wohl, ich habe außer Großmutter und der alten Melitta gar keinen Menschen auf der ganzen Welt, dem ich anvertrauen könnte, was mich freut; – und, ich weiß selber nicht, woher es kommt, – aber manchmal begreifen die Beiden, so lieb sie mich haben, gar nicht, wie dieses oder jenes Schöne mir so große Freude machen kann.«

      »Das kommt daher, weil sie alt sind und das Jauchzen eines jungen Herzens nicht mehr verstehen können. Aber hast Du denn gar keine Gespielin, keine Altersgenossin, die Du liebst?«

      »Keine einzige. Es gibt wohl manches Mädchen außer mir in Naukratis; die Großmutter sagt aber, ich dürfe ihren Umgang nicht suchen, und weil sie nicht zu uns kommen wollten, sollte ich nicht zu ihnen gehen.«

      »Armes Kind, wenn Du in Persien wärest, so könnt’ ich Dir bald eine Freundin schaffen. Ich hab’ eine Schwester, Atossa heißt sie, die jung und schön und gut ist wie Du.«

      »Ach, wie schade ist es, daß sie Dich nicht begleitet hat. – Aber jetzt mußt Du mir auch sagen, wie ich Dich nennen soll.«

      »Ich heiße Bartja.«

      »Bartja? Ein seltsames Wort; Bartja – Bartja. Weißt Du, daß mir der Name gut gefällt? Wie hieß doch der gute Sohn des Krösus, der unseren Phanes so edelmüthig rettete?«

      »Du bist aber umsonst geritten.«

      »Nein, beim Mithra, das bin ich nicht, denn ich habe Dich auf diesem Ritte gefunden. Nun aber mußt Du mir auch sagen, wie Du heißt?«

      »Man nennt mich Sappho!«

      »Ein schöner Name. Bist Du verwandt mit der Dichterin, von welcher mir Gyges so schöne Lieder vorgesungen hat?«

      »Freilich; die zehnte Muse oder der lesbische Schwan, wie sie die ältere Sappho nennen, war die Schwester meines Großvaters Charaxus. – Dein Freund Gyges ist wohl des Griechischen mächtiger als Du?«

      »Von der Wiege an hat er neben der lydischen die hellenische Sprache gelernt und spricht beide gleich geläufig. Auch des Persischen ist er vollkommen mächtig; und, was mehr sagen will, er hat sich auch alle Tugenden der Perser zu eigen gemacht!«

      »Welche haltet ihr denn für die höchsten Tugenden?«

      »Aber ich denke, daß ihr keine Götter kennt?«

      »Wo aber betet und opfert ihr denn, wenn ihr keine Tempel habt?«

      »O, daß ich mit Dir könnte! O, daß ich einmal von einem Berge hinunterschauen dürfte auf alle Thäler und Flüsse und Wälder und Wiesen! Ich glaube, daß ich mich da oben, wo sich nichts meinen Blicken verbergen könnte, fühlen würde, als sei ich selbst eine Alles schauende Gottheit. – Aber, was war das? – Die Großmutter ruft; ich muß gehen!«

      »O, verlaß mich noch nicht!«

      »Gehorsam ist auch eine persische Tugend!«

      »Und meine Rose?«

      »Hier hast Du sie.«

      »Wirst Du Dich meiner erinnern?«

      »Wie sollt’ ich nicht?«

      »Liebes Mädchen, verzeih mir, wenn ich Dich um eine zweite Gunst ersuche.«

      »Schnell, schnell, die Großmutter ruft wieder!«

      »Nimm diesen Stern von Diamanten zum Andenken an diese Stunde.«

      »Ich darf nicht!«

      Der Jüngling nahm die Kette mit dem Sterne von seiner Brust, und wollte sie dem Mädchen an den Hals hängen. Sappho sträubte sich, die kostbare Gabe anzunehmen; Bartja aber schlang seinen Arm um sie her, küßte ihre Stirn, nannte sie seine einzige Geliebte, legte mit freundlicher Gewalt den Schmuck um ihren Hals und schaute tief in die dunklen Augen des zitternden Kindes.

      Rhodopis rief zum dritten Male. Sappho entzog sich den Armen des Königssohnes und wollte fliehen; aber sie wandte sich nochmals auf den flehenden Ruf des Jünglings um und antwortete auf dessen Frage: »Wann darf ich Dich wiedersehen?« mit leiser Stimme: »Morgen früh bei jenem Rosenbusche!«

      »Der Dich als mein Bundesgenosse festhielt.«

      Sappho eilte dem Hause zu. Rhodopis empfing Bartja und theilte ihm von dem Geschicke seines Freundes mit, was sie wußte.

      Der junge Perser ritt sogleich nach Sais zurück.

      Als die Greisin an diesem Abende, wie immer, an das Bett ihrer Enkelin trat, fand sie dieselbe nicht mehr kindlich schlummernd wie sonst, denn ihre Lippen bewegten sich, und, wie von neckischen Träumen gequält, seufzte die Schläferin tief und schmerzlich.

      Bartja traf auf dem Heimwege von Naukratis nach Sais mit seinen Freunden Darius und Zopyrus zusammen, welche ihm, sobald sie seine heimliche Entfernung bemerkt hatten, gefolgt waren. Sie ahnten nicht, daß Bartja, statt der gefürchteten Kämpfe und Gefahren, sein erstes Liebesglück geerntet habe.

      Kurze Zeit vor den drei Freunden traf Krösus zu Sais ein. Er begab sich sofort zum Könige und erzählte diesem ohne Rückhalt, der Wahrheit gemäß, was sich am letzten Abende zugetragen hatte.

      Amasis zeigte sich sehr verwundert über das Benehmen seines Sohnes, versicherte seinen Freund, daß Gyges sofort auf freien Fuß gestellt werden sollte, und

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