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Cyrus gab mich frei; erklärte mich aber für ehrlos. So verdanke ich denn Deinem Vater mein Leben; dennoch konnte ich nicht in Persien bleiben, denn die Ehrlosigkeit lastete zu schwer auf mir. Ein smyrnäisches Schiff brachte mich nach Cypern. Dort nahm ich wieder Kriegsdienste, lernte Griechisch und Aegyptisch, kämpfte gegen Amasis und wurde von Phanes als Kriegsgefangener hierher gebracht. Ich hatte stets als Reiter gedient. Man gesellte mich zu den Sklaven, welche die Pferde des Königs besorgen. Ich zeichnete mich aus und wurde nach sechs Jahren Stallaufseher. Ich habe niemals Deines Vaters und des Dankes, den ich ihm schulde, vergessen; jetzt kommt die Reihe an mich, ihm eine Wohlthat zu erweisen.«

      »Es handelt sich um meinen Vater? – So sprich, rede, theile mit!«

      »Sogleich. Hat Krösus den Thronerben Psamtik beleidigt?«

      »Ich wüßte nicht.«

      »Dein Vater ist heut Abend bei Rhodopis zu Naukratis?«

      »Woher weißt Du das?«

      »Ich hab’ es von ihm selbst gehört, denn ich folgte ihm heute Morgen zur Barke, um mich ihm zu Füßen zu werfen.«

      »Hast Du Deinen Zweck erreicht?«

      »Ja. Er schenkte mir auch einige gnädige Worte; aber er konnte mich nicht lange hören, denn seine Gefährten hatten schon in dem Schiffe Platz genommen, als er kam. In der Eile sagte mir sein Sklave Sandon, den ich kenne, nur noch, daß es nach Naukratis ginge und daß das hellenische Weib, das sie Rhodopis nennen, einen Besuch erhalten solle.«

      »Er sagte die Wahrheit.«

      »Ha, Verrath!« rief Gyges.

      »Aber was mögen sie Deinem Vater anthun wollen?« fragte Darius. »Sie wissen doch, daß die Rache des Kambyses – –«

      »Könnte dieß wirklich meinem Vater gelten?«

      »Nimmermehr!« rief Darius.

      »Man weiß nicht,« murmelte Bubares, »in diesem Lande ist Alles möglich.«

      »Wie lange braucht ein schnelles Roß, um Naukratis zu erreichen?«

      »Drei Stunden, wenn es den Lauf aushält und der Nil die Straße nicht zu hoch überfluthet.«

      »In zweien bin ich dort!«

      »Ich reite mit Dir,« rief Darius.

      »Nein, Du mußt mit Zopyrus zu Bartja’s Schutz hier bleiben. Befiehl unsern Dienern, sich bereit zu halten.«

      »Aber Gyges –«

      »Du bleibst hier und entschuldigst mich bei Amasis. Du sagst, ich, ich könne wegen Kopf- oder Magen- oder Zahnweh das Gelage nicht theilen; hörst Du? Ich reite das nisäische Roß des Bartja; – Du, Bubares, folgst mir auf dem des Darius; Du leihst es mir doch, mein Bruder?«

      »Wenn ich zehntausend hätte, sie gehörten Dir.«

      »Kennst Du den Weg nach Naukratis, Bubares?«

      »Wie meine Augen!«

      »So gehe hin, Darius, und befiehl, daß man Dein und Bartja’s Roß bereit halte! Jedes Zaudern ist Verbrechen! Lebe wohl, Darius, vielleicht auf immer! Schütze Bartja! Lebe wohl!«

      Achtes Kapitel

       Inhaltsverzeichnis

      Zwei Stunden vor Mitternacht drangen fröhliche Worte und helle Lichtstrahlen aus den offenen Fenstern des Hauses der Rhodopis.

      Heute war die Tafel der Greisin zu Ehren des Krösus besonders reich geschmückt.

      Auf den Polstern lagen, bekränzt mit Pappelzweigen und Rosen, die uns bekannten Gäste der Rhodopis: Theodorus, Ibykus, Phanes, Aristomachus, der Kaufmann Theopompus von Milet, Krösus und mehrere andere Männer.

      »Ja, dieß Aegypten,« sagte Theodorus, der Bildhauer, »kommt mir vor wie ein Mädchen, welches einen goldenen Schuh besitzt, den es, wenn er sie auch schmerzt und drückt, nicht ablegen mag, obgleich schöne, bequeme Sohlen vor ihr stehen, nach denen sie nur zu greifen hätte, um sich auf einmal frei und zwanglos fortbewegen zu können.«

      »Du meinst das starre Festhalten der Aegypter an ihren althergebrachten Formen und Gewohnheiten?« fragte Krösus.

      »Aber wie kann man den Künstler zwingen, seine Bildwerke, welche doch immer Verschiedenes darstellen, gleichmäßig zu gestalten?«

      »Und würdest Du Deine Wette gewinnen?«

      »Unbedingt. Ich bin schon im Begriffe, dieses Kunststück auszuführen; ein Kunstwerk wird es freilich nicht werden, so wenig, als irgend eine ägyptische Statue diesen hohen Namen verdient.«

      »Ohne Frage.

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