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das fehlt mir sehr«, sag­te sie. »Ich war so ganz und gar Jour­na­lis­tin ge­wor­den. Ich lie­be nun ein­mal die­se Tä­tig­keit.«

      Dann schwieg sie. Er glaub­te, sie zu ver­ste­hen; er glaub­te in ih­rem Lä­cheln, in dem Ton ih­rer Stim­me, ja selbst in ih­ren Wor­ten eine Art Auf­for­de­rung zu fin­den. Er hat­te sich zwar vor­ge­nom­men, die Sa­che nicht zu über­stür­zen, aber dann konn­te er nicht mehr an sich hal­ten und stam­mel­te:

      »Nun ja … warum … warum wol­len Sie denn nicht die­se Tä­tig­keit un­ter … dem Na­men Du­roy wie­der auf­neh­men?«

      Sie wur­de plötz­lich ernst, leg­te die Hand auf sei­nen Arm und sag­te:

      »Re­den wir nicht dar­über.«

      Doch er ver­stand, dass sie »ja« sag­te; er sank auf die Knie, küss­te lei­den­schaft­lich ihre Hän­de und stot­ter­te im­mer­fort:

      »Oh, dan­ke, dan­ke, wie ich Sie lie­be.«

      Sie stand auf. Er tat das glei­che und be­merk­te, dass sie sehr bleich war. Da wur­de ihm klar, dass er ihr ge­fal­len hat­te, und viel­leicht schon seit län­ge­rer Zeit. Sie stan­den dicht bei­ein­an­der; er zog sie an sich und drück­te ihr einen lan­gen, zärt­li­chen Kuss auf die Stirn. Sie mach­te sich los, lehn­te sich an sei­ne Brust und fuhr in ernst­haf­tem Tone fort:

      »Hö­ren Sie mich an, mein lie­ber Freund, noch bin ich zu gar nichts ent­schlos­sen, aber es wäre nicht un­mög­lich, dass ich ja sag­te. Sie müss­ten mir aber ab­so­lu­te Ver­schwie­gen­heit ver­spre­chen, bis ich Sie da­von ent­bin­de.«

      Er schwor es und ging; sein Herz jauchz­te vor Freu­de.

      Von da ab be­such­te er sie stets mit großer Vor­sicht und bat sie auch nicht um eine be­stimm­te Zu­sa­ge, denn ihre Art, wie sie über die Zu­kunft sprach, wie sie »spä­ter« sag­te und al­ler­lei Plä­ne ent­warf, in de­nen sie bei­de eine Rol­le spiel­ten, sprach deut­li­cher und doch zar­ter als ein for­mel­les Ja­wort.

      Du­roy ar­bei­te­te flei­ßig, gab we­nig aus, ver­such­te et­was Geld zu­rück­zu­le­gen, um bei sei­ner Hei­rat we­nigs­tens et­was Geld zu be­sit­zen. Er wur­de nun eben­so gei­zig, wie er frü­her ver­schwen­de­risch ge­we­sen war.

      Der Som­mer ging vor­bei und dann der Herbst, ohne dass je­mand auf den ge­rings­ten Ver­dacht kam, denn sie sa­hen sich sel­ten und so un­auf­fäl­lig wie mög­lich. Ei­nes Abends frag­te ihn Ma­de­lei­ne und sah ihm da­bei tief in die Au­gen:

      »Sie ha­ben doch Ma­da­me de Ma­rel­le von un­se­ren Plä­nen noch nichts mit­ge­teilt?«

      »Nein, Teu­ers­te, ich ver­sprach Ih­nen, zu schwei­gen und habe kei­ner le­ben­den Men­schen­see­le ein Wort da­von ge­sagt.«

      »Nun gut, es wird jetzt Zeit sein, sie dar­auf vor­zu­be­rei­ten. Ich wer­de mei­ner­seits Wal­ters über­neh­men. Also es ge­schieht die­se Wo­che, nicht wahr?«

      Er war rot ge­wor­den: »Ja, gut, mor­gen«, sag­te er.

      Sie senk­te ihre Au­gen, als wol­le sie sei­ne Ver­wir­rung nicht be­mer­ken, und sag­te:

      »Wenn es Ih­nen recht ist, kön­nen wir An­fang Mai hei­ra­ten. Es wür­de sehr gut pas­sen.«

      »Ich füge mich Ih­nen mit Freu­den in al­lem.«

      »Der zehn­te Mai ist ein Sonn­abend. Er wäre mir be­son­ders lieb, denn es ist mein Ge­burts­tag.«

      »Schön, den zehn­ten Mai.«

      »Ihre El­tern woh­nen in der Nähe von Rou­en, nicht wahr? So sag­ten Sie mir we­nigs­tens.«

      »Ja, dicht bei Rou­en, in Can­te­leu.«

      »Was tun sie dort?«

      »Sie sind … sie sind klei­ne Rent­ner.«

      »Ach, ich freue mich sehr dar­auf, sie ken­nen­zu­ler­nen.«

      Er­schro­cken ver­stumm­te er.

      »Ja … aber … es sind …«

      Dann nahm er sich zu­sam­men und sag­te:

      »Mei­ne teu­ers­te Freun­din, es sind Bau­ern, die ein Wirts­haus be­sit­zen, die sich Hän­de und Füße blu­tig ge­ar­bei­tet ha­ben, da­mit ich stu­die­ren konn­te. Ich schä­me mich ih­rer nicht, aber ihre bäu­er­li­che Ein­fach­heit … könn­te Ih­nen viel­leicht doch pein­lich sein.«

      Sie lä­chel­te zärt­lich. Ihr Ge­sicht strahl­te von sanf­ter Güte.

      »Nein, ich wer­de sie sehr gern ha­ben. Wir wer­den sie be­su­chen. Ich will es. Wir spre­chen nach­her dar­über. Auch mei­ne El­tern wa­ren klei­ne Leu­te. Doch sie sind schon bei­de tot. Ich habe kei­nen Men­schen mehr auf Er­den …« Sie reich­te ihm die Hand und füg­te hin­zu: » … au­ßer Ih­nen!«

      Er fühl­te sich ge­rührt und er­grif­fen. Noch nie hat­te eine Frau ihn so be­zau­bert.

      »Mir ist noch et­was ein­ge­fal­len,« fuhr sie fort, »aber es ist recht schwer zu er­klä­ren.«

      »Was denn?«

      »Nun ja, mein Lie­ber, ich bin näm­lich wie alle Frau­en. Ich habe mei­ne klei­nen Schwä­chen. Ich lie­be al­les, was schön glänzt und gut klingt. Ich wür­de so gern einen ad­li­gen Na­men tra­gen. Könn­ten Sie sich ge­le­gent­lich un­se­rer Hei­rat nicht et­was … et­was adeln?«

      Dies­mal er­rö­te­te sie, als hät­te sie ihm einen un­pas­sen­den Vor­schlag ge­macht.

      Er ant­wor­te­te ein­fach:

      »Ich habe schon oft dar­über nach­ge­dacht, aber es scheint wohl nicht so ein­fach zu sein.«

      »Wes­halb denn?«

      Er lach­te.

      »Weil ich nicht lä­cher­lich er­schei­nen will.«

      Sie zuck­te die Ach­seln.

      »Aber gar nicht, nicht im Ge­rings­ten. Alle Welt tut das und nie­mand lacht dar­über. Zer­le­gen Sie Ihren Na­men ein­fach in zwei Tei­le und nen­nen Sie sich Du Roy! Das geht doch sehr gut.«

      Er ant­wor­te­te schnell, wie je­mand, der sich in sol­chen Din­gen gut aus­kennt:

      »Nein, das geht nicht. Das Ver­fah­ren ist zu ein­fach, zu ge­wöhn­lich und zu be­kannt. Wohl habe ich schon dar­an ge­dacht, den Na­men mei­ner Hei­mat an­zu­neh­men; zu­nächst als li­te­ra­ri­schen Deck­na­men, ihn dann all­mäh­lich dem mei­ni­gen hin­zu­zu­fü­gen. Spä­ter könn­te ich, wie Sie vor­schla­gen, mei­nen Na­men tei­len.«

      »Can­te­leu ist Ihre Hei­mat?«

      »Ja.«

      Sie über­leg­te.

      »Nein, die En­dung ge­fällt mir nicht. Könn­ten wir viel­leicht das Wort et­was än­dern … Can­te­leu?«

      Sie nahm eine Fe­der vom Tisch und schrieb ver­schie­de­ne Na­men hin und prüf­te ihr Aus­se­hen. Plötz­lich rief sie:

      »Halt! Halt! Ich habe es!«

      Sie reich­te ihm ein Stück Pa­pier, auf dem er las:

      »Ma­da­me Du­roy de Can­tel.«

      Ei­ni­ge Se­kun­den über­leg­te er, dann er­klär­te er ernst:

      »Ja, so ist es aus­ge­zeich­net.«

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