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um die Tail­le sei­ner Frau und press­te sie an sich. Sein hef­ti­ges Ver­lan­gen wur­de im­mer ver­zeh­ren­der; es wur­de zu ei­ner trös­ten­den, zärt­li­chen Lieb­ko­sung, zu ei­ner Lieb­ko­sung, mit der man Kin­der ein­wiegt.

      Ganz lei­se flüs­ter­te er:

      »Ich wer­de dich sehr lieb­ha­ben, mei­ne klei­ne Made.«

      Der zar­te Klang der Stim­me er­reg­te plötz­lich die jun­ge Frau und ein lei­ses Zit­tern lief über ihre Haut. Sie bot ihm ihre Lip­pen, in­dem sie sich über ihn neig­te, denn er hat­te die Wan­ge auf ih­ren war­men Bu­sen ge­legt.

      Es war ein lan­ger, tiefer und stum­mer Kuss. Dann sprang er auf und riss sie rasch und wild an sich. Es folg­te ein keu­chen­des Rin­gen und eine hef­ti­ge und un­ge­schick­te Umar­mung. Dann blie­ben sie Arm in Arm lie­gen, bei­de ein we­nig ent­täuscht, müde und im­mer noch zärt­lich, bis das Pfei­fen des Zu­ges die Nähe des Bahn­hofs an­kün­dig­te.

      Sie glät­te­te mit den Fin­ger­spit­zen die zer­zaus­ten Haa­re an den Schlä­fen und er­klär­te:

      »Es war recht tö­richt; wir sind wie die klei­nen Kin­der.«

      Aber er küss­te ihr has­tig und fie­ber­haft die bei­den Hän­de, eine nach der an­de­ren und er­klär­te:

      »Ich lie­be dich über al­les, mei­ne klei­ne Made.«

      Bis Rou­en sa­ßen sie Wan­ge an Wan­ge ge­lehnt, fast un­be­weg­lich, und blick­ten durch das Fens­ter in die Nacht hin­aus, und sa­hen hin und wie­der die Lich­ter ein­zel­ner Häu­ser vor­über­flie­gen.

      Sie wa­ren zu­frie­den, so nahe bei­ein­an­der zu sein und träum­ten von der in­ne­ren An­nä­he­rung und Ve­rei­ni­gung, die sie er­war­te­ten.

      Sie stie­gen in ei­nem Ho­tel ab, des­sen Fens­ter nach dem Ufer hin­aus­gin­gen. Nach­dem sie abends ein we­nig ge­ges­sen hat­ten, gin­gen sie zur Ruhe.

      Das Zim­mer­mäd­chen weck­te sie am nächs­ten Mor­gen um acht Uhr und stell­te zwei Tas­sen Tee auf den Nacht­tisch.

      Du­roy sah sei­ne Frau an und schloss sie in sei­ne Arme mit stür­mi­scher Freu­de ei­nes Man­nes, der einen kost­ba­ren Schatz ge­fun­den hat, und lei­se flüs­ter­te er ihr ins Ohr:

      »Mei­ne klei­ne Made, ich füh­le, dass ich dich sehr, sehr, sehr lie­be!«

      Sie lä­chel­te ihm zu­frie­den und ver­trau­ens­voll zu, er­wi­der­te sei­ne Küs­se und mur­mel­te:

      »Ich dich auch … viel­leicht …«

      Der be­vor­ste­hen­de Be­such bei sei­nen El­tern be­un­ru­hig­te Du­roy. Er hat­te sei­ne Frau schon oft ge­warnt und auf al­les vor­be­rei­tet. Jetzt fing er noch ein­mal an:

      »Weißt du, es sind Bau­ern, rich­ti­ge Bau­ern vom Lan­de, nicht von der ko­mi­schen Oper.«

      Sie lach­te: »Ich weiß es doch, du hast mir oft ge­nug das ge­sagt. Also steh auf, und lass mich auch auf­ste­hen.«

      Er sprang aus dem Bett, zog sei­ne St­rümp­fe an und sag­te:

      »Wir wer­den es sehr un­be­quem ha­ben. In mei­nem Zim­mer steht nur ein Bett mit ei­nem Stroh­sack. In Can­te­leu kennt man kei­ne Ross­haar­ma­trat­zen.«

      Sie schi­en ent­zückt zu sein.

      »Umso bes­ser. Es wird so herr­lich sein, mal schlecht ne­ben … ne­ben dir zu schla­fen… und mit dem Hah­nen­schrei auf­zu­wa­chen.«

      Sie hat­te einen Mor­gen­rock aus weißem Fla­nell an­ge­zo­gen, den Du­roy so­fort er­kann­te. Die­ser An­blick war ihm un­an­ge­nehm. Wa­rum? Er wuss­te, dass sei­ne Frau ein vol­les Dut­zend sol­cher Mor­gen­klei­der hat­te. Sie konn­te frei­lich nicht ihre Aus­s­teu­er ver­nich­ten, um sich eine neue zu kau­fen. Wie es auch sei, es wäre ihm lie­ber ge­we­sen, dass ihre Wä­sche, ihre Nacht- und Leib­wä­sche nicht die glei­che wäre wie bei dem an­de­ren. Ihm schi­en, als ob der wei­che, war­me Stoff et­was von Fo­res­tiers Berüh­rung be­wahrt ha­ben müss­te.

      Er ging ans Fens­ter und steck­te sich eine Zi­ga­ret­te an. Der An­blick des Ha­fens und des brei­ten Stro­mes mit sei­nen Schif­fen und ih­ren schlan­ken Mas­ten, mit sei­nen plum­pen Damp­fern, de­ren La­dung von Dampf­krä­nen mit lau­tem Lärm auf die Kais aus­ge­la­den wur­de, — das al­les pack­te ihn, ob­wohl er es schon lan­ge kann­te. Und er rief:

      »O Gott, ist das schön!«

      Ma­de­lei­ne kam her­bei, leg­te ihre bei­den Hän­de auf sei­ne Schul­tern, beug­te sich in hin­ge­ben­der Hal­tung zu ihm her­ab. Sie war gleich­falls hin­ge­ris­sen und ent­zückt:

      »Oh! Das ist herr­lich! Oh, wie herr­lich! Ich wuss­te gar nicht, dass es hier so vie­le Schif­fe gibt.«

      Eine Stun­de spä­ter fuh­ren sie ab; sie woll­ten bei den Al­ten zum Früh­stück sein, denn sie hat­ten sie meh­re­re Tage vor­her be­nach­rich­tigt.

      Eine of­fe­ne, alte Drosch­ke fuhr sie lang­sam mit furcht­ba­rem Geras­sel zu­erst eine ziem­lich lang­wei­li­ge Al­lee ent­lang, dann fuh­ren sie über eine Wie­se, die ein Fluss durch­ström­te und stie­gen end­lich lang­sam ein hüg­li­ges Ge­län­de hin­auf.

      Ma­de­lei­ne war müde und er­hitzt von der fri­schen Land­luft und der wun­der­vol­len Früh­lings­son­ne, und schlief in ei­ner Ecke des al­ten Wa­gens ein.

      Ihr Gat­te weck­te sie:

      »Sieh dir das an!« sag­te er.

      Sie hat­ten etwa zwei Drit­tel der Stei­gung über­wun­den und mach­ten an ei­nem be­rühm­ten Aus­sichts­punkt halt, wo­hin alle Frem­den ge­führt wur­den. Man über­sah von hier das wei­te Tal, das der brei­te Fluss in vie­len Win­dun­gen durch­ström­te. Man sah ihn in der Fer­ne mit sei­nen vie­len In­seln, bis er kurz vor Rou­en einen wei­ten Bo­gen mach­te. Wei­ter­hin rag­te die Stadt am rech­ten Ufer et­was ver­schwom­men im Mor­gen­ne­bel, in der Fer­ne blitz­ten die Son­nen­fle­cke auf den Dä­chern und den tau­send fei­nen go­ti­schen Kir­chen­türm­chen, über­ragt von der häss­li­chen, selt­sa­men und un­pro­por­tio­nier­ten Bron­ze­spit­ze der Ka­the­dra­le.

      Auf der an­de­ren Fluss­sei­te rag­ten rund und oben aus­ge­baucht die noch zahl­rei­che­ren, dün­nen Fa­brik­schorn­stei­ne der großen Vor­stadt Saint-Se­vè­re und spien aus den Zie­gel­säu­len ih­ren schwar­zen Koh­len­qualm in den blau­en Him­mel hin­auf.

      Der Kut­scher war­te­te ge­dul­dig, bis sei­ne Fahr­gäs­te sich hin­rei­chend ent­zückt hat­ten. Aus sei­ner lang­jäh­ri­gen Er­fah­rung wuss­te er ziem­lich ge­nau die Dau­er der Be­wun­de­rung bei Rei­sen­den je­des Schla­ges.

      Als der Wa­gen sich wie­der in Be­we­gung setz­te, be­merk­te plötz­lich Du­roy ein paar hun­dert Schritt von ihm ent­fernt zwei alte Leu­te, die ih­nen ent­ge­gen­ka­men; er sprang aus dem Wa­gen und rief:

      »Da sind sie; ich er­ken­ne sie.«

      Es wa­ren zwei Bau­ern, ein Mann und eine Frau, die mit un­re­gel­mä­ßi­gen Schrit­ten da­her­ka­men und sich dann und wann mit den Schul­tern an­s­tie­ßen. Der Mann war klein, rot und un­ter­setzt, mit et­was dickem Bauch, aber kräf­tig trotz sei­nes ho­hen Al­ters. Die Frau war groß, ma­ger, dürr, et­was ge­krümmt und sah mür­risch und ver­grämt aus, wie eine rich­ti­ge Feld­ar­bei­te­rin,

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