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mach­te. So ge­zwun­gen sei­ne An­ge­le­gen­heit deut­li­cher zu er­klä­ren wur­de der Bur­sche ganz ver­le­gen. Sei­ne Au­gen wan­der­ten un­ru­hig hin und her; bald haf­te­ten sie auf der Müt­ze in sei­ner Hand, bald weil­ten sie drü­ben auf dem Da­che des Schlos­ses.

      »Der Herr Pfar­rer …« stam­mel­te er, »hat mir … et­was von der … Sa­che ge­steckt.«

      Dann schwieg er wie­der, aus Furcht zu viel zu sa­gen und da­durch sein In­ter­es­se zu ver­let­zen.

      »Von wel­cher Sa­che? Ich weiß wahr­haf­tig nichts« sag­te der Baron ver­ständ­nis­los.

      »Die Sa­che mit dem Mäd­chen … mit Ro­sa­lie …« sag­te hier­auf der an­de­re mit halb­lau­ter Stim­me.

      Jo­han­na, die halb und halb die Ge­schich­te er­ra­ten hat­te, stand auf und ent­fern­te sich mit dem Kind auf den Ar­men.

      »Kommt her­an,« sag­te der Baron mit der Hand auf den Stuhl deu­tend, den sei­ne Toch­ter ver­las­sen hat­te.

      »Sie sind sehr gü­tig,« mur­mel­te der Bau­er sich set­zend. Dann war­te­te er wie­der, als wenn er wei­ter nichts zu sa­gen hät­te. End­lich nach län­ge­rem Schwei­gen schi­en er einen Ent­schluss zu fas­sen und hef­te­te den Blick auf den blau­en Him­mel. »Wir ha­ben noch schö­nes Wet­ter für die­se Jah­res­zeit Scha­de, dass es dem Lan­de für die Aus­saat nicht mehr zu Gute kommt.« Dann schwieg er aber­mals.

      »Ihr wollt also die Ro­sa­lie hei­ra­ten?« frag­te ihn der Baron ganz un­ver­mit­telt, nach­dem sei­ne Ge­duld zu Ende war.

      Der Mann wur­de so­fort sehr un­ru­hig; sei­ner ge­wohn­ten nor­män­ni­schen Vor­sicht pass­te die­se Fra­ge nicht so recht. »Vi­el­leicht ja, wie es passt; viel­leicht auch nein, je nach­dem,« er­wi­der­te er leb­haft wenn auch im­mer noch sehr miss­trau­isch.

      Dem Baron wur­den end­lich die­se aus­wei­chen­den Re­dens­ar­ten zu viel.

      »Zum Teu­fel auch! So sprecht doch frisch von der Le­ber. Kommt ihr des­halb, oder nicht. Wollt ihr sie hei­ra­ten oder nicht?«

      Der Mann starr­te ganz ver­le­gen im­mer nur auf sei­ne Füs­se.

      »Wenn es so ist, wie der Pfar­rer sagt, nehm’ ich sie; wenn es aber so ist, wie Herr Ju­li­us sagt, nehm ich sie kei­nes­falls.

      »Was hat euch Herr Ju­li­us ge­sagt?«

      »Herr Ju­li­us hat mir ge­sagt, dass ich fünf­zehn­tau­send Fran­cs ha­ben soll­te; und der Herr Pfar­rer hat mir ge­sagt, es wä­ren zwan­zig­tau­send. Mit zwan­zig­tau­send neh­me ich sie, mit fünf­zehn­tau­send aber nicht.«

      Die Baro­nin, wel­che in ih­rem Stuhl ver­sun­ken sass, stiess beim An­blick die­ses ängst­li­chen Men­schen ein kur­z­es La­chen aus. Der Bau­er sah sie von der Sei­te mit miss­ver­gnüg­ter Mie­ne an; er be­griff die­se plötz­li­che Hei­ter­keit nicht und war­te­te.

      Dem Baron war die­ser Han­del un­be­quem.

      »Ich habe dem Herrn Pfar­rer ge­sagt, dass ihr den Pacht­hof Bar­ville zeit­le­bens ha­ben sollt und dass er dann auf das Kind über­geht. Er ist zwan­zig­tau­send Fran­cs wert. Ich habe nur ein Wort. Ge­nügt euch das oder nicht?«

      Der Mann lä­chel­te stumpf­sin­nig und be­frie­digt; jetzt wur­de er auf ein­mal ge­sprä­chig: »Ach, we­gen da­mals hät­te ich ja nicht nein ge­sagt. Das war es nicht, was mich ge­nier­te. Als der Herr Pfar­rer mit mir sprach, war ich, mei­ner Seel! auf der Stel­le ein­ver­stan­den, und es war mir ein Ver­gnü­gen, dem Herrn Baron ge­fäl­lig zu sein, der mir das schon ver­gel­ten wür­de, wie ich mir sag­te. Das bleibt wahr wenn man sich ge­gen­sei­tig ge­fäl­lig ist, so lohnt sich das für je­den. Aber Herr Ju­li­us such­te mich auf, und sprach nur von fünf­zehn­tau­send. »Da musst du selbst ein­mal schau­en,« dach­te ich bei mir und so kam ich her. Ich wuss­te ja schon Be­scheid, ich hat­te Ver­trau­en; aber ich woll­te wis­sen, wor­an ich war. Gute Ord­nung er­hält gute Freund­schaft; ist das nicht wahr Herr Baron?«

      »Wann soll die Hoch­zeit sein?« frag­te ihn der Baron, als er einen Au­gen­blick Atem schöpf­te. Da wur­de der Mann plötz­lich wie­der ängst­lich, voll Ver­le­gen­heit. »Wol­len wir nicht erst ein klei­nes Pa­pier dar­über auf­set­zen?« frag­te er schliess­lich zö­gernd. Dies­mal wur­de der Baron är­ger­lich.

      »Aber zum Kuckuck! Ihr habt doch an dem Hei­rats-Kon­trakt ge­nug. Das ist doch das si­chers­te Pa­pier.«

      »Wir könn­ten in­des­sen im­mer noch et­was schrift­lich dar­über aus­ma­chen,« wand­te je­ner ein. »Das kann nichts scha­den.«

      Der Baron stand auf, um ein Ende zu ma­chen. »Ant­wor­tet, ja oder nein. Wenn Ihr kei­ne Lust habt, so sag­t’s nur. Ich habe noch einen and­ren zur Hand.«

      Da mach­te die Furcht vor ei­nem Ne­ben­buh­ler den schlau­en Nor­man­nen stut­zig. Er ent­schied sich schnell, er er­griff die Hand des Barons, wie beim Kuh­han­del und sag­te: »Topp! Herr Baron! Ab­ge­macht. Ein Narr, der noch zö­ger­te!«

      Der Baron schlug ein und rief dann ›Lu­di­vi­ne!‹ Der Kopf der Kö­chin er­schi­en am Fens­ter. »Brin­gen Sie eine Fla­sche Wein.« Man be­goss die Sa­che mit der not­wen­di­gen Feuch­tig­keit. Spä­ter ent­fern­te sich der Bur­sche mit et­was be­flü­gel­te­rem Schrit­te, als wie er ge­kom­men war.

      Ju­li­us sag­te man nichts von die­sem Be­su­che. In tiefs­ter Stil­le wur­de der Kon­trakt fer­tig ge­macht, und dann fand ei­nes mon­tags mor­gens die Hoch­zeit statt, nach­dem das Auf­ge­bot er­folgt war.

      Eine Nach­ba­rin trug das Klei­ne hin­ter dem neu­en Paa­re her zur Kir­che, wie ein si­che­res Ver­mö­gens­pfand. Nie­mand in der Ge­mein­de wun­der­te sich; man be­nei­de­te höchs­tens De­siré Le­coq. Es sei ein hel­ler Kopf, sag­ten die Leu­te mit et­was bos­haf­tem Lä­cheln, aber ohne jede Spur von Ent­rüs­tung.

      Ju­li­us mach­te nach­träg­lich eine furcht­ba­re Sze­ne, wel­che die Abrei­se sei­ner Schwie­ger­el­tern von Peup­les be­schleu­nig­te. Jo­han­na sah sie ohne all­zu tie­fen Kum­mer schei­den, da Paul für sie eine un­er­schöpf­li­che Quel­le des Glücks ge­wor­den war.

      *

      Als Jo­han­na sich von ih­rer Nie­der­kunft ganz er­holt hat­te, ent­schloss man sich, den Be­such der Four­vil­les zu er­wi­dern und auch dem Mar­quis de Cou­te­lier einen Be­such zu ma­chen.

      Ju­li­us hat­te auf ei­ner Auk­ti­on einen neu­en Wa­gen ge­kauft, ein Phae­ton, zu dem man nur ein Pferd be­durf­te; so konn­ten sie ein oder zwei­mal im Mo­nat be­quem aus­fah­ren.

      An ei­nem schö­nen kla­ren De­zem­ber­ta­ge wur­de an­ge­spannt. Nach­dem sie zwei Stun­den durch Feld und Wie­sen ge­fah­ren wa­ren, be­gann der Weg in ein klei­nes Tal ab­zu­stei­gen, des­sen Rän­der be­wal­det wa­ren und des­sen Grund deut­li­che Spu­ren ei­ner sorg­fäl­ti­gen Kul­tur zeig­te.

      Auf die be­sä­e­ten Fel­der folg­ten Wie­sen und auf die Wie­sen ein großer Sumpf. Das Schilf­rohr des­sel­ben war zu die­ser Jah­res­zeit schon dürr und sei­ne Blät­ter flat­ter­ten wie lan­ge gel­be Bän­der im Win­de.

      Plötz­lich nach ei­ner schar­fen Bie­gung des Ta­les lag das Schloss la Vri­let­te vor ih­nen. Es lehn­te sich mit der einen Front an den be­wal­de­ten Tal­hang

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