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Guy de Maupassant – Gesammelte Werke. Guy de Maupassant
Читать онлайн.Название Guy de Maupassant – Gesammelte Werke
Год выпуска 0
isbn 9783962817695
Автор произведения Guy de Maupassant
Жанр Языкознание
Серия Gesammelte Werke bei Null Papier
Издательство Bookwire
»Der Herr Pfarrer …« stammelte er, »hat mir … etwas von der … Sache gesteckt.«
Dann schwieg er wieder, aus Furcht zu viel zu sagen und dadurch sein Interesse zu verletzen.
»Von welcher Sache? Ich weiß wahrhaftig nichts« sagte der Baron verständnislos.
»Die Sache mit dem Mädchen … mit Rosalie …« sagte hierauf der andere mit halblauter Stimme.
Johanna, die halb und halb die Geschichte erraten hatte, stand auf und entfernte sich mit dem Kind auf den Armen.
»Kommt heran,« sagte der Baron mit der Hand auf den Stuhl deutend, den seine Tochter verlassen hatte.
»Sie sind sehr gütig,« murmelte der Bauer sich setzend. Dann wartete er wieder, als wenn er weiter nichts zu sagen hätte. Endlich nach längerem Schweigen schien er einen Entschluss zu fassen und heftete den Blick auf den blauen Himmel. »Wir haben noch schönes Wetter für diese Jahreszeit Schade, dass es dem Lande für die Aussaat nicht mehr zu Gute kommt.« Dann schwieg er abermals.
»Ihr wollt also die Rosalie heiraten?« fragte ihn der Baron ganz unvermittelt, nachdem seine Geduld zu Ende war.
Der Mann wurde sofort sehr unruhig; seiner gewohnten normännischen Vorsicht passte diese Frage nicht so recht. »Vielleicht ja, wie es passt; vielleicht auch nein, je nachdem,« erwiderte er lebhaft wenn auch immer noch sehr misstrauisch.
Dem Baron wurden endlich diese ausweichenden Redensarten zu viel.
»Zum Teufel auch! So sprecht doch frisch von der Leber. Kommt ihr deshalb, oder nicht. Wollt ihr sie heiraten oder nicht?«
Der Mann starrte ganz verlegen immer nur auf seine Füsse.
»Wenn es so ist, wie der Pfarrer sagt, nehm’ ich sie; wenn es aber so ist, wie Herr Julius sagt, nehm ich sie keinesfalls.
»Was hat euch Herr Julius gesagt?«
»Herr Julius hat mir gesagt, dass ich fünfzehntausend Francs haben sollte; und der Herr Pfarrer hat mir gesagt, es wären zwanzigtausend. Mit zwanzigtausend nehme ich sie, mit fünfzehntausend aber nicht.«
Die Baronin, welche in ihrem Stuhl versunken sass, stiess beim Anblick dieses ängstlichen Menschen ein kurzes Lachen aus. Der Bauer sah sie von der Seite mit missvergnügter Miene an; er begriff diese plötzliche Heiterkeit nicht und wartete.
Dem Baron war dieser Handel unbequem.
»Ich habe dem Herrn Pfarrer gesagt, dass ihr den Pachthof Barville zeitlebens haben sollt und dass er dann auf das Kind übergeht. Er ist zwanzigtausend Francs wert. Ich habe nur ein Wort. Genügt euch das oder nicht?«
Der Mann lächelte stumpfsinnig und befriedigt; jetzt wurde er auf einmal gesprächig: »Ach, wegen damals hätte ich ja nicht nein gesagt. Das war es nicht, was mich genierte. Als der Herr Pfarrer mit mir sprach, war ich, meiner Seel! auf der Stelle einverstanden, und es war mir ein Vergnügen, dem Herrn Baron gefällig zu sein, der mir das schon vergelten würde, wie ich mir sagte. Das bleibt wahr wenn man sich gegenseitig gefällig ist, so lohnt sich das für jeden. Aber Herr Julius suchte mich auf, und sprach nur von fünfzehntausend. »Da musst du selbst einmal schauen,« dachte ich bei mir und so kam ich her. Ich wusste ja schon Bescheid, ich hatte Vertrauen; aber ich wollte wissen, woran ich war. Gute Ordnung erhält gute Freundschaft; ist das nicht wahr Herr Baron?«
»Wann soll die Hochzeit sein?« fragte ihn der Baron, als er einen Augenblick Atem schöpfte. Da wurde der Mann plötzlich wieder ängstlich, voll Verlegenheit. »Wollen wir nicht erst ein kleines Papier darüber aufsetzen?« fragte er schliesslich zögernd. Diesmal wurde der Baron ärgerlich.
»Aber zum Kuckuck! Ihr habt doch an dem Heirats-Kontrakt genug. Das ist doch das sicherste Papier.«
»Wir könnten indessen immer noch etwas schriftlich darüber ausmachen,« wandte jener ein. »Das kann nichts schaden.«
Der Baron stand auf, um ein Ende zu machen. »Antwortet, ja oder nein. Wenn Ihr keine Lust habt, so sagt’s nur. Ich habe noch einen andren zur Hand.«
Da machte die Furcht vor einem Nebenbuhler den schlauen Normannen stutzig. Er entschied sich schnell, er ergriff die Hand des Barons, wie beim Kuhhandel und sagte: »Topp! Herr Baron! Abgemacht. Ein Narr, der noch zögerte!«
Der Baron schlug ein und rief dann ›Ludivine!‹ Der Kopf der Köchin erschien am Fenster. »Bringen Sie eine Flasche Wein.« Man begoss die Sache mit der notwendigen Feuchtigkeit. Später entfernte sich der Bursche mit etwas beflügelterem Schritte, als wie er gekommen war.
Julius sagte man nichts von diesem Besuche. In tiefster Stille wurde der Kontrakt fertig gemacht, und dann fand eines montags morgens die Hochzeit statt, nachdem das Aufgebot erfolgt war.
Eine Nachbarin trug das Kleine hinter dem neuen Paare her zur Kirche, wie ein sicheres Vermögenspfand. Niemand in der Gemeinde wunderte sich; man beneidete höchstens Desiré Lecoq. Es sei ein heller Kopf, sagten die Leute mit etwas boshaftem Lächeln, aber ohne jede Spur von Entrüstung.
Julius machte nachträglich eine furchtbare Szene, welche die Abreise seiner Schwiegereltern von Peuples beschleunigte. Johanna sah sie ohne allzu tiefen Kummer scheiden, da Paul für sie eine unerschöpfliche Quelle des Glücks geworden war.
*
IX.
Als Johanna sich von ihrer Niederkunft ganz erholt hatte, entschloss man sich, den Besuch der Fourvilles zu erwidern und auch dem Marquis de Coutelier einen Besuch zu machen.
Julius hatte auf einer Auktion einen neuen Wagen gekauft, ein Phaeton, zu dem man nur ein Pferd bedurfte; so konnten sie ein oder zweimal im Monat bequem ausfahren.
An einem schönen klaren Dezembertage wurde angespannt. Nachdem sie zwei Stunden durch Feld und Wiesen gefahren waren, begann der Weg in ein kleines Tal abzusteigen, dessen Ränder bewaldet waren und dessen Grund deutliche Spuren einer sorgfältigen Kultur zeigte.
Auf die besäeten Felder folgten Wiesen und auf die Wiesen ein großer Sumpf. Das Schilfrohr desselben war zu dieser Jahreszeit schon dürr und seine Blätter flatterten wie lange gelbe Bänder im Winde.
Plötzlich nach einer scharfen Biegung des Tales lag das Schloss la Vrilette vor ihnen. Es lehnte sich mit der einen Front an den bewaldeten Talhang