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Die besten Wildwestromane & Seegeschichten. Franz Treller
Читать онлайн.Название Die besten Wildwestromane & Seegeschichten
Год выпуска 0
isbn 9788027238613
Автор произведения Franz Treller
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Sie begaben sich nun im Schutz der Büsche auf die Vorderseite des Hauses. Nach kurzer Überlegung ging John auf das Palisadentor zu, nachdem er dem Indianer gedeutet hatte, in Deckung zu bleiben und die Büchse schußbereit zu halten. Wie gut, daß er sich den Namen des Stelzfußes gemerkt hatte. Er pochte mit den Fäusten gegen das Tor und rief laut mit verstellter Stimme: »Hallo! Skroop! Aufgemacht!«
Es kam keine Antwort.
»Hallo! Skroop!« brüllte John abermals, »Botschaft vom Chef!«
Nicht ein Laut drang aus dem Hause heraus.
Was war das? War das Haus etwa leer? Hatte man den Gefangenen getötet oder weggeschleppt? John lief um die Palisaden herum und rief zu dem vergitterten Fenster hinauf: »Hallo, Sir Richard! Hört Ihr mich?«
Ehernes Schweigen nach wie vor. Es war klar: In diesem Haus war gegenwärtig kein Mensch. John ging zu der verschlossenen Palisadentür zurück und rüttelte daran. Aber das Schloß hielt dicht.
Plötzlich hörte John eine Stimme in seinem Rücken: »Hallo, Boy, was macht Ihr denn da?«
Blitzschnell fuhr er herum. Vor ihm stand, die Büchse in der Hand, der Seemann, der Sir Edmund in der Jolle zur Insel gerudert hatte. Er war so erschrocken, daß er nicht gleich eine Antwort fand und den Piraten wie eine Erscheinung anstarrte.
Der nahm jetzt eine drohende Haltung an: »Wer, zum Teufel, hat Euch geheißen, hier nach Sir Richard zu rufen?« sagte er barsch. »Kriege ich bald Antwort?«
John riß in einer Art Reflexbewegung die Büchse hoch; der Pirat drang auf ihn ein. Fast im gleichen Augenblick krachte aus dem Gebüsch ein Schuß. Der Fremde stieß einen Schrei aus, warf die Arme in die Luft und brach zusammen.
Der Pulverdampf verzog sich, und der immer noch wie betäubte John erblickte zwischen den Büschen den Indianer, der ruhig und gelassen seine Büchse lud. John kniete neben dem Gefallenen nieder, der sich stöhnend umwandte. Sein Hemd zeigte große Blutflecke auf der Brust.
»Wasser!« keuchte der Mann, während John seinen Kopf in den Schoß nahm; auf seinen Lippen erschien Blut. John ließ den Kopf sacht zu Boden gleiten und ging zu einer nahen Quelle, die er bei seinem Rundgang um das Haus bemerkt hatte. Er füllte seine Mütze, ging zurück und ließ den Verwundeten trinken. Ni-kun-tha stand regungslos, die Büchse in der Hand, im Gebüsch.
Die Gesichtszüge des Verwundeten veränderten sich schnell; er verfiel zusehends. »Wer seid Ihr?« flüsterte er, während John sich mühte, das Blut seiner Brustwunde zu stillen. »Warum habt Ihr nach Sir Richard gerufen?«
»Ich wollte ihn befreien!«
»Er ist also – fort?«
»Das Haus ist leer.«
Der Mann keuchte und schluckte: »Dachte es mir.«
»Strengt Euch nicht an.«
»Laßt nur. Sowieso gleich aus. Verspielt! Wollt' dem jungen Baron in eine bessere Welt verhelfen – komme selber hin.« Er röchelte: »Wollte erst nicht, aber – hundert Pfund sind ein Stück Geld. Äh!« Er hustete; ein Blutstrom brach aus seinem Mund.
John glaubte, es sei schon zu Ende, aber der Verwundete erholte sich noch einmal; in seinen starren Augen war ein sonderbarer Glanz. Er stammelte: »Egal – Halunke: Sir Edmund! Betrügt alle! Der Baronet – rettet ihn nur – Gott vergib – Kanal Südost – sechste Insel – großer Stein – äh – Er – barmen!« Er reckte sich, röchelte, ein krampfhaftes Zucken schüttelte den Körper des Mannes, dann fiel er zurück und regte sich nicht mehr.
John war erschüttert, obgleich dieser Mann ein Verbrecher war; Erlebnisse dieser Art waren ihm noch neu. Der Indianer hatte dem Todeskampf des Piraten zugesehen, als handle es sich um ein Stück Wild, das verendete. Er kam jetzt aus den Büschen heraus und warf das Gewehr um. »Aus – gehen!« sagte er kurz.
»Mein Bruder möge helfen, die Leiche in die Büsche zu tragen; wir können sie nicht hier liegen lassen«, sagte John. Ni-kun-tha faßte zwar mit an, aber man sah ihm an, daß er es höchst widerwillig tat. Als sie den Toten dann unter den grünen Zweigen eines Baumes gebettet hatten, griff der Indianer in die Tasche des Mannes und holte einige blutbefleckte Papiere heraus. Er reichte sie John und sagte: »Das vielleicht sprechen. Nehmen!«
John nahm die Papiere und steckte sie in die eigene Tasche. Er deckte den Körper des Toten mit Zweigen zu und ging, von Ni-kun-tha gefolgt, zum Kanu zurück. Ni-kun-tha folgte ihm, nachdem er die dem Toten entfallene Büchse aufgenommen hatte. Sie erwies sich bei näherer Untersuchung als sorgfältig geladen.
Am Ufer angekommen, reichte John dem Indianer die Hand und schüttelte sie. »Vielleicht hat mein roter Bruder mir das Leben gerettet«, sagte er; »ich danke ihm, und ich werde es nicht vergessen.«
Über das bronzene Antlitz Ni-kun-thas flog ein hellerer Schein. Er antwortete in seinem gebrochenen Englisch: »Weißer Mann mein Leben – ich das seine retten. Gut!« Sie bestiegen den Einbaum und bedienten sich der Ruder, da der Wind einstweilen nicht in ihrer Richtung blies.
John war ernster als sonst. Er hatte jetzt an zwei Tagen hintereinander zwei Menschen fallen sehen, und es waren dies die einzigen Menschen, die er überhaupt sterben sah. Gewiß, er hatte nicht selbst geschossen, außerdem waren die Schüsse beide Male in klarer Selbstverteidigung abgegeben worden. Sehr wahrscheinlich verdankte er der kalten Entschlossenheit und der kriegerischen Erfahrung seines roten Bruders sogar, daß er noch atmete. Und der eben Gefallene war ein gedungener Mörder gewesen. Aber John sah immer noch das Gesicht des sterbenden Mannes vor sich; er glaubte es nie vergessen zu können.
Während sie schweigend durch die Inselwelt ruderten, glitten Johns Gedanken schließlich von dem grausigen Ereignis der jüngsten Vergangenheit ab und wandten sich dem Gefangenen zu, den er hatte befreien wollen. Da er am Vortage das Gespräch des Piratenkapitäns Hollins mit Sir Edmund und das folgende Selbstgespräch Hollins belauscht hatte, war es nicht schwer für ihn, sich die Zusammenhänge zu erklären. Hollins hatte den Gefangenen fortschaffen lassen, um ihn vor etwaigen direkten Mordabsichten des sauberen Baronets zu schützen, weil er ihn als Geisel in der Hand behalten wollte. Wie richtig er damit gehandelt hatte, hatte John gerade eben erlebt. Sir Edmund, der Grund haben mochte, dem Piraten nicht zu trauen, hatte seinen eigenen Bootsführer gedungen, den Mord an Waltham auszuführen. Unter diesen Umständen schien im Augenblick keine unmittelbare Gefahr für den Gefangenen zu bestehen. Aus den letzten Worten des von Ni-kun-tha Erschossenen ging unzweideutig hervor, daß die Seeräuber noch über einen weiteren Zufluchtsort im Inselbereich verfügten. John hatte die Einzelheiten, die der Sterbende in diesem Zusammenhang äußerte, seinem Gedächtnis fest eingeprägt.
Die Sache hatte doch mehr Zeit erfordert, als John ursprünglich angenommen hatte. Jetzt hatten sie den Wind gegen sich und mußten sich schwer in die Riemen legen, um so schnell wie möglich vorwärts zu kommen. Da sie außerdem sehr vorsichtig sein und die Augen offen halten mußten, war es bereits später Nachmittag, als sie wieder in dem Waldversteck eintrafen.
Elias Burns und Bob Green hörten sich Johns Bericht mit gefurchten Stirnen an. Aber sie hatten im Augenblick weit ernstere Sorgen: Ein Blick auf die vor Anker liegende Molly zeigte John, daß die Piraten es entgegen aller Erwartung inzwischen fertiggebracht hatten, die Sloop so zu takeln, daß sie bei ruhigem Wind sogar eine Fahrt über den See wagen konnte. Damit näherte sich der Augenblick, wo etwas geschehen mußte, um das Schiff den Räubern zu entreißen. Befand sich die Molly erst einmal außerhalb der Reichweite ihrer Gewehre, war sie unwiderruflich verloren, denn selbstverständlich wäre es Wahnsinn gewesen, zwölf von entschlossenen Männern geführten Büchsen gegenüber mit der Jolle anzugreifen. Ein Angriff zur Nachtzeit hätte vielleicht noch Erfolgschancen geboten, aber dazu mußte das Schiff erst einmal erreichbar sein. Wer weiß, wo es bei Einbruch der Dunkelheit war, wenn man die Banditen jetzt weiter gewähren ließ.
John durchschaute die Lage mit einem einzigen Blick. Es war auch ihm klar, daß sofort etwas geschehen mußte; zweifelhaft blieb nur das Wie.
Bobs Vorschlag ging dahin, sich auf der Landzunge, in welche