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Lauscher oben im Wald hätten etwas darum gegeben, hätten sie hören können, was unten im Kielboot gesprochen wurde, doch dafür war die Entfernung zu weit. John sah nur, daß der Banditenchef Hollins persönlich am Steuer saß. Auch sonst gab ihr günstig gewähltes Versteck ihnen die Möglichkeit, die Vorgänge unten in Einzelheiten zu verfolgen.

      Hollins unten rief, während das Kielboot sich der Sloop näherte: »Beim Jupiter! Da hat der Sturm doch noch unseren Strand gesegnet. Ein verdammt erfreulicher Anblick, Boys. Sitzt auf dem Sand wie ein an die Küste geschleuderter Walfisch. Hoffentlich entspricht der Inhalt dem Äußeren.« Er gab den Ruderern das Zeichen zum Halten und betrachtete aufmerksam das Schiff und seine Lage. »Der Sturm hat die Sloop nicht in diesen Winkel geführt, soviel steht fest«, sagte er; »man hat sie dahin gesteuert und auf Strand laufen lassen. Wäre sie nur einfach gescheitert, läge sie dort.« Er deutete auf das nahe Ufer, nahm ein Teleskop aus der Tasche, richtete es auf die Molly und dann auf die nächste Umgebung. Die Männer oben in ihrem Versteck duckten sich tiefer hinter die Büsche.

      »Die Sloop hat drei bis vier Mann Besatzung gehabt«, fuhr Hollins unten fort, »wo sind die Leute geblieben?« Er wandte sich einem rothaarigen, wüsten Gesellen zu: »Hast du dich nicht vielleicht geirrt, Dick?« fragte er, »waren es wirklich Indianer, die sich gestern abend an der Insel herumtrieben?«

      »Will verdammt sein, Captain, wenn es nicht ein Irokesen-Einbaum mit zwei rothäutigen Schuften war«, entgegnete der Angeredete. »Konnte übrigens auch die Falkenfedern genau erkennen.«

      Das Boot näherte sich langsam der Sloop. »Sloop ahoi!« schrie Hollins mit weithin schallender Stimme.

      Er erhielt keine Antwort, nichts regte sich auf dem Schiff, und die Wälder schwiegen.

      »Der Mast ist gebrochen, aber der Rumpf scheint noch fest in den Fugen zu halten«, stellte Hollins fest. »Wo aber mag die Mannschaft stecken?«

      »Vermutlich an Land gegangen«, sagte einer der Männer.

      »Sehe die Jolle nicht«, bemerkte der vorhin mit Dick Angeredete. »Werden sich in ihr davongemacht haben.«

      »Hätten wir doch auf dem See bemerken müssen«, sagte Hollins.

      »Nicht unbedingt, Captain. Können bei Nacht gesegelt sein. Bei dem glatten Wasser kommt man in einer Nußschale über den ganzen Ontario.«

      »Hm, könntest recht haben. Konnten die Sloop allein nicht flott machen. Werden also weg sein, um Hilfe zu holen. Man läßt eine beladene Sloop nicht einfach liegen, wenn Hoffnung ist, das ganze Schiff, oder wenigstens die Ladung zu bergen. Werden also wohl bald mit Mannschaft und Leichterkähnen zurückkehren. Wollen uns also den Kasten jetzt schnell mal von innen besehen.«

      Das Kielboot fuhr dicht an die Sloop heran und legte am Achterdeck bei. Hollins und zwei Männer kletterten mit leichter Mühe an Bord, warfen ein paar flüchtige Blicke umher und stiegen dann in das Schiffsinnere hinab. Unten untersuchte der Seeräubercaptain aufmerksam erst die Kajüte und dann den Laderaum. Er ließ ein befriedigtes Knurren vernehmen, als er die gestapelten Fässer, Ballen und Säcke erblickte. »Lohnende Sache, Fellows«, sagte er, »läßt sich in Detroit ohne Schwierigkeit in blankes Geld umsetzen.« Er untersuchte nun aufmerksam die Bordwände, und da er ein erfahrener Seemann war, kam er ebenso wie Bob Green zu der Überzeugung, daß der Schiffskörper im wesentlichen unbeschädigt sei und daß die Sloop flottgemacht werden könne. Er beschloß, unverzüglich einen Versuch zu unternehmen. Wieder an Deck steigend, rief er seine Leute zusammen. »Ein fetter Happen, Boys«, sagte er, »aber das Ausladen wäre ein schwieriges und zeitraubendes Stück Arbeit. Wollen deshalb versuchen, die Sloop abzubringen. Müßt euch aber dran halten; möchte sein, daß wir bei der Arbeit überrascht werden.«

      Die Boys, reiche Beute witternd, gröhlten vor Begeisterung.

      »Mast über Deck!« befahl Hollins. »Dann bringen wir einen Anker aus und gehen mit vereinten Kräften ans Werk.«

      Es gab Äxte genug an Bord, die den Mast haltenden Taue waren bald gekappt.

      Oben im Wald sagte Bob, der dem Treiben an Deck des Schiffes aufmerksam zusah: »Die Halunken wollen wahrhaftig versuchen, die Molly abzubringen.«

      »Laß sie gewähren. Werden später sehen, was zu tun ist«, entgegnete Elias Burns, der, wie immer in gefährlichen Situationen, die verkörperte Ruhe und Kaltblütigkeit war. Gespannt verfolgten die vier Männer das Treiben der Seeräuber. Sie entfernten das große Hauptsegel von der Rahe und legten es auf Deck zusammen. Bald danach wälzten die Männer den schweren Mast mit vereinten Kräften über Bord, wo er im Sand liegenblieb. Neben dem schweren Anker lagen an Deck zusammengerollt einige schwere Trossen. Die Banditen richteten mit großer Geschicklichkeit eine der Rahen auf, befestigten den Flaschenzug, der das Segel getragen hatte, an deren Spitze, hoben auf diese Weise den inzwischen am Tau befestigten Anker und ließen ihn in das Boot hinab. Dann zogen sie das Ende des Taues durch das Gangspill.

      »Sie verstehn ihre Sache«, brummte Bob, »sind ein paar richtige Seeleute darunter.«

      Unten wurde das Kielboot jetzt bemannt.

      »Laß zwanzig bis dreißig Faden Tau ablaufen, Dick«, rief Hollins dem Rothaarigen zu. Alsdann befahl er den Männern im Boot, den Anker bis zu einer am Ufer stehenden Fichte zu bringen und ihn dort in Ufernähe fallen zu lassen. Das Boot stieß ab und führte den Befehl aus. Nachdem der Anker Grund gefaßt hatte, kehrte es um, und die Männer stiegen wieder an Bord.

      »Alle Hände ans Gangspill!« befahl Hollins.

      Die Leute griffen in die Speichen und begannen, die schwere, an Deck befestigte Winde zu drehen. Das Tau straffte sich; der Anker schleifte noch einige Male und saß dann endgültig fest.

      »Los, Boys, zeigt, was ihr könnt!« brüllte Hollins. »Munter! Munter!« Er ging nun selbst mit ans Gangspill und setzte seine herkulische Körperkraft ein. »Aho – hup!« rief er, »aho – hup!«

      Die Männer setzten die letzte Kraft ein, aber die Molly bewegte sich nicht.

      »Noch einmal, Boys! Aho – hup! Aho – hup!«

      Es half alles nichts; die Molly rührte sich nicht, sie steckte zu fest im Ufersand.

      »Hat keinen Zweck, Captain«, sagte der rothaarige Dick, »sind nicht Hände genug.«

      »Hilft alles nichts«, knurrte Hollins, »die Sloop muß zu Wasser. Wir müssen das Vorderteil erleichtern. Macht die große Luke dort auf und richtet einen Kran her. Wir schaffen etwas von der Ladung heraus.«

      Den Burschen schien selber viel daran zu liegen, das Schiff zu bergen; sie murrten nicht. Sie richteten mit Hilfe der Rahe und des Flaschenzuges einen Kran her, der denn auch bald darauf Fässer, Ballen und Säcke auf den Strand beförderte. Die durch den Fall des Mastes verursachte Zertrümmerung des Bollwerks leistete dabei gute Dienste.

      Mit steigender Erregung sahen die Männer im Wald dem Treiben der Piraten zu. Bob hielt es bald nicht mehr aus. Er hatte schon mehrmals den Wunsch geäußert, dazwischen zu schießen, aber Burns wollte nicht. »Warum?« entgegnete er jedesmal; »die Burschen sollen uns die Sloop erst einmal flott machen. So billig und einfach kriegen wir's sonst nicht. Nachher werden wir weitersehen.«

      Nachdem etwa fünfzig bis sechzig Stückgüter auf dem Ufersand lagerten, befahl Hollins, das Ausladen einzustellen und das Gangspill erneut zu bemannen. Auf sein aufmunterndes »Aho – hup!« setzten alle Mann wieder ihre äußerste Kraft ein. Das Tau war so straff gespannt, daß es zu reißen drohte. »Nochmals, Boys!« brüllte Hollins, »ich höre den Sand knirschen.«

      Noch eine wilde, gemeinsame Anstrengung, und die Molly begann sich zu rühren. Die Piraten stießen ein Gebrüll des Triumphes aus.

      »Sagte euch ja: kriegen den Kahn zum Schwimmen«, rief Hollins, »noch einmal alle Mann! Aho – hup!«

      Und wieder bewegte sich der Schiffsrumpf, um nun in langsamer, stetiger Bewegung, unter dem letzten Krafteinsatz der das Gangspill bedienenden Männer, ins Wasser zu gleiten. Wenige Minuten später schwamm die Sloop frei. Die Piraten brüllten und tobten vor

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