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erspähte Linda sofort mit Kennerblick ein kleines Spirituosengeschäft, wo sie bei Gelegenheit sicher ein paar Flaschen Champagner würde erstehen können. Und dann würde das Schicksal von Dr. Robert Daniel bestimmt seinen Lauf nehmen!

      Linda rieb sich im Geiste schon die Hände, weil sie absolut sicher war, daß es für sie ein Leichtes sein würde, dem verliebten Arzt den Vertrag unterzujubeln, den Oskar Pellendorf für sie aufgesetzt hatte. Und wenn Dr. Daniel diesen Vertrag erst unterschrieben hatte, gab es für ihn ohnehin kein Zurück mehr. Nach der Hochzeit würde Linda ihm das Schriftstück vorlegen, und dann mußte er wohl oder übel die Frauenklinik in Trier übernehmen. Sicher, ihm stand der Weg einer Scheidung offen, doch Linda war überzeugt davon, daß Dr. Daniel von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch machen würde. Vor allem dann nicht, wenn Linda ihm noch eine Weile die verliebte Frau vorspielen würde!

      »Nach dem Mittagessen werde ich einen Baum besorgen und nach oben in die Hütte bringen«, erklärte Dr. Daniel und riß Linda so aus ihren Gedanken. Er lächelte sie zärtlich an. »Ich freue mich unsagbar auf dieses Weihnachtsfest mit dir.«

      »Ich freue mich auch«, behauptete Linda, dabei hatte sie für Feste wie Weihnachten nun überhaupt nichts übrig, aber schließlich wollte sie Dr. Daniel ja unbedingt gefallen. Jetzt schmiegte sie sich an ihn wie ein schnurrendes Kätzchen. »Wäh-rend du den Baum besorgst, werde ich mich um die Getränke für heute abend kümmern. Ich denke da an einen lauschigen Abend vor dem Kamin mit Champagner und…«

      Lächelnd zog Dr. Daniel die Augenbrauen hoch. »Champagner? Aber, Liebes, Heiligabend ist doch erst übermorgen.«

      Linda zuckte die Schultern. »Na und? Darf man nur an Heiligabend Champagner trinken?«

      »Nein, natürlich nicht.« Er küßte sie liebevoll. »Wenn du heute abend Champagner trinken möchtest, werden wir es auch heute abend tun. Du weißt doch ganz genau, daß ich dir keinen Wunsch abschlagen kann.«

      Das ist auch gut so, dachte Linda im stillen, und während Dr. Daniel einen Weihnachtsbaum besorgte, ging sie mit der ihr eigenen Raffinesse daran, den schicksalhaften Abend vorzubereiten. In der Dorfmetzgerei ließ sie eine kalte Platte richten, dann bestellte sie in dem kleinen Spirituosengeschäft eine Kiste Champagner. Eine derartige Menge würde sie zwar sicher nicht benötigen, aber sie wollte für alle Fälle gerüstet sein. Schließlich wußte sie nicht, wieviel Alkohol Dr. Daniel eigentlich vertrug.

      »Aber Liebes, eine kalte Platte wäre doch wirklich nicht nötig gewesen«, meinte Dr. Daniel, als Gustl sowohl die Platte als auch den Champagner ablieferte, mit einem breiten Grinsen sein Trinkgeld entgegennahm und dann mit seinem Schlitten wieder in den Ort hinunterfuhr.

      »Ich habe doch genügend Vorräte in der Hütte«, fügte Dr. Daniel noch hinzu.

      Aber Linda winkte ab. »Für den heutigen Abend stelle ich mir schon etwas Edleres vor als Schwarzgeräuchertes und Bauernbrot.«

      Ein solcher Imbiß wäre für ihren Plan auch äußerst schlecht gewesen. Deshalb hatte sie die kalte Platte auch nach ganz bestimmten Kriterien zusammengestellt. Die erlesenen Delikatessen waren nämlich so gehalten, daß sie keine gute Unterlage für den anschließenden Alkoholgenuß boten. Überdies war Dr. Daniel blind vor Glück und Liebe und bemerkte daher nicht, daß Linda ihm nur immer wieder zuprostete, selbst aber kaum etwas trank, während er die Wirkung des Alkohols immer mehr spürte.

      »Jetzt muß ich aber wirklich aufhören«, erklärte er schließlich, doch davon wollte Linda gar nichts hören.

      »Ach komm, Liebling, es ist doch so ein gemütlicher Abend«, entgegnete sie gespielt munter. »Und es ist schön, dich einmal so gelöst und entspannt zu sehen. Glaub mir, Robert, der Champagner tut dir gut.«

      Und so schenkte Linda ihm immer und immer wieder ein, bis sie ihn so betrunken gemacht hatte, wie sie es für ihre finsteren Pläne beabsichtigte.

      »Einen Augenblick, Liebling«, entschuldige sie sich, holte aus ihrer Tasche etliche beschriebene Blätter und kehrte damit zu ihm zurück. »Würdest du mir das rasch unterschreiben, Robert? Ich habe vorhin völlig vergessen, es dir zu zeigen. Eine reine Formsache wegen der Erbschaft, die ich damals von meinem Onkel gemacht habe – falls wir wirklich heiraten sollten.« Sie lächelte. »Und davon gehe ich ja nun aus.«

      Dieser Erklärung hätte es nicht mehr bedurft. Dr. Daniel befand sich in einem Stadium, wo ihm bereits alles gleichgültig war. Und so setzte er auch ohne weitere Fragen seine Unterschrift auf die Papiere. Er versuchte zwar, wenigstens einige Worte zu entziffern, doch das war ihm einfach nicht mehr möglich. Vor seinen Augen verschwammen die Buchstaben und begannen sich immer schneller zu drehen. Rasch schob Dr. Daniel die Blätter von sich.

      Als er eine halbe Stunde später im Bett lag und fest schlief, sah Linda zufrieden auf ihn herab.

      »So, mein Liebling, nun mußt du meine Klinik übernehmen – ob du es willst, oder nicht«, meinte sie. »Damit steht unserer Eheschließung nichts mehr im Weg. Und diesen Vertrag, den wir beide eben geschlossen haben«, sie wedelte triumphierend mit den Blättern, »wirst du erst nach der Hochzeit zu sehen bekommen. Dann gibt es nämlich kein Zurück mehr für dich.«

      *

      Dr. Daniel erwachte mit fürchterlichen Kopfschmerzen. Obwohl die Vorhänge geschlossen waren, schmerzte ihn das hereindringende Licht in den Augen. Trotzdem dauerte es eine Weile, bis er sich dazu durchringen konnte, das Bett zu verlassen und auch die Fensterläden noch zu schließen. Mit einem schmerzvollen Stöhnen ließ er sich nach dieser Anstrengung wieder in die Kissen fallen.

      »Wie konnte ich nur so verrückt sein und mich dermaßen betrinken«, seufzte er leise auf, dann warf er einen erschrockenen Blick auf die Uhr. Es war schon gleich Mittag!

      In Windeseile sprang er aus dem Bett, ignorierte völlig den stechenden Schmerz, der in seinen Kopf fuhr, und stellte sich unter die Dusche, die er erst vor kurzem hier hatte installieren lassen. Nach anfänglichem Zögern entschied er sich für kaltes Wasser. Schließlich wollte er Linda einigermaßen frisch gegen-übertreten. Sie würde sicherlich schon lange auf ihn warten.

      Der Schmerz pochte noch immer in seinem Kopf, während er sich ankleidete und dann nach nebenan ging. Auf dem Tisch lag ein Zettel.

      Lieber Robert, Du hast so gut geschlafen, da wollte ich Dich nicht wecken. Ich bin in den ›Schwarzen Adler‹ hinuntergefahren und werde wohl erst am Nachmittag zurückkommen. Bis dahin bist Du vielleicht auch schon wach. Ich liebe Dich, Linda.

      Dr. Daniel ließ sich mit einem tiefen Seufzer auf die Bank fallen. Allein der Gedanke an die Abfahrt in den Ort bereitete ihm schon zusätzliche Kopfschmerzen, andererseits wollte er Linda auch nicht länger allein lassen als unbedingt nötig. Sie mußte sich ja ohne ihn entsetzlich langweilen.

      Er zwang sich aufzustehen, dann holte er aus seiner Reiseapotheke ein Aspirin und schluckte es mit etwas Wasser, doch es trat nur eine mäßige Besserung seines Zustandes ein.

      Mühsam schlüpfte er in seinen Skioverall, schnallte die Skier an und fuhr, so langsam es ging, in den Ort hinunter. Er betrat den Schwar-zen Adler und blickte sich suchend um, bis er Linda an einem der Tische entdeckte. Rasch ging er auf sie zu, doch plötzlich stockte sein Schritt, denn Linda war nicht allein. An ihrem Tisch saß ein etwa fünfzig-jähriger Mann, der Dr. Daniel irgendwie bekannt vorkam, doch im Augenblick wußte er nicht, wo er ihn schon mal gesehen haben konnte.

      Da Linda noch nicht auf ihn aufmerksam geworden war, zog sich Dr. Daniel wieder zurück und versuchte dabei, den ziehenden Schmerz der Eifersucht in seinem Herzen zu ignorieren. Wer mochte dieser Mann sein, der mit seinem dunklen Haar und den bereits leicht ergrauten Schläfen so unerhört attraktiv aussah? Dazu kamen die dezent gebräunte Haut und das männlich-herbe Gesicht…

      Ärgerlich über sich selbst schüttelte Dr. Daniel den Kopf.

      »Ich bin wohl verrückt geworden«, knurrte er sich an. »Vielleicht ist dieser Mann lediglich ein Bekannter von ihr, den sie heute zufällig getroffen hat. Und selbst wenn nicht? Was ist schon dabei, wenn sie sich mit einem anderen Mann unterhält? Immerhin habe ich ja den ganzen Vormittag verschlafen.«

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