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unterdrückte einen Seufzer. »Natürlich, Papa.«

      Er folgte seinem Vater ins Wohnzimmer, dann trat er zu der äußerst elegant gekleideten und dezent geschminkten Dame und reichte ihr die Hand.

      »Guten Abend, Frau Böhnig«, grüßte er höflich.

      Linda lächelte ihn an, und plötzlich konnte Stefan verstehen, was seinen Vater an dieser Frau so sehr bezauberte. Sie besaß wirklich einen unwiderstehlichen Charme, und Stefan gestand sich ein, daß er selbst vielleicht auch bei ihr schwach geworden wäre, wenn Linda ein paar Jahre jünger gewesen wäre.

      »Aber, Stefan, ich bitte dich«, erklärte sie jetzt. »Da deine Mutter und ich Kusinen waren, sollten wir nicht so förmlich miteinander umgehen. Ich heiße Linda.«

      »Freut mich, Linda.« Dann warf er einen demonstrativen Blick auf seine Armbanduhr. »Ihr entschuldigt mich bitte, aber ich muß noch telefonieren.«

      »Und anschließend zieht es ihn mal wieder nach München«, fügte Dr. Daniel schmunzelnd hinzu. »Seit er in der Waldsee-Klinik arbeitet, hat er nur selten Zeit, sich mal ein wenig zu vergnügen.«

      Stefan zwang sich zu einem Lächeln. »Stimmt.« Dann verabschiedete er sich höflich und verließ das Wohnzimmer. Draußen atmete er tief durch.

      »Sie ist doch eine falsche Schlange«, erklärte Irene voller Überzeugung. »Und sie hat deinen Vater nur herumgekriegt, weil er glaubt, daß sie Christine ein bißchen ähnlich sieht.«

      Stefan seufzte. »Ach, weißt du, Tante Irene, vielleicht sollten wir Papa einfach machen lassen, was er für richtig hält. Er ist alt genug, um zu wissen, was er tut.«

      *

      Es erstaunte Dr. Daniel nicht weiter, als Gerhild Sanders und ihre Tochter Martina am nächsten Tag in seine Praxis kamen, denn schließlich hatte er selbst dem jungen Mädchen diesen Vorschlag gemacht. Weit mehr wunderte er sich dagegen über Martinas gelösten Gesichtsausdruck.

      »Mir scheint, als wäre es innerhalb der Familie bereits zu einer Lösung gekommen«, meinte er, während er Gerhild und Martina mit einer einladenden Handbewegung Platz anbot.

      »Wir wissen seit gestern, daß Martina schwanger ist«, erklärte Gerhild. »Natürlich wäre es uns lieber, diese ganze dumme Geschichte wäre nicht passiert, aber das läßt sich nun mal nicht mehr ändern. Eine Abtreibung kommt jedenfalls nicht in Frage.«

      »Das ist eine sehr gute Einstellung«, meinte Dr. Daniel. »Abgesehen davon, daß im Fall Ihrer Tochter eigentlich keine andere Entscheidung möglich ist – es sei denn, eine illegale Abtreibung, aber davon rate ich jeder werdenden Mutter dringend ab. Allerdings ist über dieses Thema nun ja glücklicherweise keine weitere Diskussion mehr nötig.« Er sah Mutter und Tochter an. »Ich nehme an, Sie werden das Baby nach der Geburt zur Adoption freigeben.«

      »Ist das denn die einzige Möglichkeit?« wollte Gerhild wissen.

      »Wenn Ihre Tochter das Baby nicht behalten will, dann schon«, meinte Dr. Daniel. »Martina ist erst sechzehn. Als ledige Mutter hätte sie es sicher ziemlich schwer – nicht nur was Schule, Ausbildung und späteren Beruf betrifft. Auch ein junger Mann würde es sich bestimmt zweimal überlegen, bevor er eine Frau heiratet, die ein Kind mit in die Ehe bringt.«

      Martina und ihre Mutter wechselten einen Blick, dann wandte sich Gerhild Dr. Daniel wieder zu.

      »Glauben Sie, daß mein Mann und ich dieses Baby adoptieren könnten?« fragte sie. »Es wäre ja immerhin unser Enkelkind.«

      Dr. Daniel überlegte kurz, dann nickte er. »Das ist sicher möglich. Ich kenne mich in den Vorschriften des Vormundschaftsgerichts zwar nicht so genau aus, aber ich denke nicht, daß es da Probleme geben würde.« Er lächelte. »Für Martina wäre das natürlich ohnehin die beste Lösung. Sie hätte ihr Kind bei sich, ohne die Nachteile einer ledigen Mutter zu haben.« Dann wurde er wieder ernst. »Was sagt Ihr Mann zu diesem Plan?«

      Gerhild zuckte die Schultern. »Er ist nicht gerade begeistert davon, aber ich kenne meinen Benno. Wenn das Baby erst da ist, dann ist er mit Sicherheit der letzte, der es weggeben würde. Im Augenblick ist er nur voller Wut auf diesen Richie, der Martina dazu gebracht hat, daß sie sich nicht genügend vor einer Schwangerschaft schützt, und sie nun einfach sitzenläßt.«

      Dr. Daniel bemerkte, wie Martina den Kopf senkte.

      »Es tut sehr weh, wenn man von einem Menschen, den man geliebt hat und vielleicht noch immer liebt, so enttäuscht wird«, erklärte er. »Aber wie fast alles im Leben hat auch das seine guten Seiten. In Zukunft wirst du sicher vorsichtiger sein, wenn du einen jungen Mann kennenlernst.«

      Jetzt blickte Martina auf und nickte. »Da können Sie sicher sein, Herr Doktor. Noch einmal wird mir so etwas nicht passieren. Was ich mit Richie erlebt habe, wird mir für immer eine Lehre sein.« Sie lächelte ihre Mutter an. »Aber glücklicherweise habe ich ja eine Familie, die zu mir steht und die jetzt sogar eine Lösung für mich gefunden hat – die beste, die es in meiner Situation gibt.«

      *

      Die zauberhafte Berglandschaft rund um die Hütte von Dr. Daniel erweckte den Eindruck einer Märchenwelt. Die Äste der Tannen, die die Hütte umstanden, bogen sich unter der Last des Schnees, und jetzt, im Licht der schon sehr tief stehenden Sonne, sah die meterhoch verschneite Landschaft wie überzuckert aus.

      Linda seufzte gekonnt auf. »Ach, Robert, wie herrlich. Diese Stille hier oben… einfach wunderbar.« Dabei wünschte sie jetzt schon, diese langweiligen, einsamen Tage wären endlich vorüber. Die Abgeschiedenheit dieser Hütte war ihr einfach zuwider. Sie liebte die großen Pisten und die feudalen Discos, in denen man sich zum Aprés Ski treffen konnte.

      Zärtlich nahm Dr. Daniel sie in die Arme. »Wir werden hier wundervolle Tage verleben, Linda.« Und dabei spielte er schon mit dem Gedanken, ihr am Weihnachtsabend einen Heiratsantrag zu machen. Den Ring, den er ihr dabei anstecken würde, hatte er bereits besorgt – es war ein wunderschönes Schmuckstück, dessen zwei winzige, ineinander verschlungene Herzen ihm wie ein Symbol erschienen.

      Dr. Daniel schloß die Hüttentür auf, und schon ein erster Blick ins Innere zeigte ihm, daß Gustl, der Junge aus dem Ort, wieder einmal ganze Arbeit geleistet hatte. Trockenes Holz lag bereit, und Dr. Daniel wußte, daß Kühlschrank und Vorratskammer wohlgefüllt sein würden.

      »So, mein Liebes, in ein paar Minuten haben wir ein gemütliches Feuerchen, und anschließend werde ich uns gleich eine Kleinigkeit zu essen machen«, versprach Dr. Daniel, dann lächelte er. »Ich bin zwar kein großartiger Koch, aber zur Vervollkommnung unserer Hüttenromantik wird es sicher noch reichen.«

      Linda zwang sich zu einem Lächeln. Sie war an erlesene Delikatessen gewöhnt, und von Hüttenromantik hielt sie ohnehin nicht das geringste. Aber um Dr. Daniel als Chefarzt für ihre Klinik zu gewinnen, war sie zu beinahe jedem Opfer bereit.

      Sie verbrachten dann auch einen Abend, der zumindest für Dr. Daniel nicht romantischer hätte sein können. Das Kaminfeuer knisterte behaglich und verbreitete außer angenehmer Wärme auch einen sanften, flackernden Lichtschein.

      »Es ist schön hier so mit dir allein«, flüsterte Dr. Daniel der Frau seines Herzens zu. »Ich liebe dich grenzenlos, Linda.«

      »Ich liebe dich auch«, erwiderte Linda leise und wünschte dabei nur eines, nämlich daß diese öden, langweiligen Tage schon vorüber wären. Aber ihr standen noch fast zwei Wochen in dieser primitiven Hütte bevor…

      Zwei Wochen, dachte sie voller Entsetzen. Ich werde sterben vor Langeweile!

      *

      Am nächsten Morgen schnallten Dr. Daniel und Linda die Skier an und fuhren die idyllische Abfahrt zum Ort hinunter. Direkt hinter dem Gasthof Zum schwarzen Adler kamen sie an und genossen dort erst mal ein ausgiebiges Frühstück. Dr. Daniel hatte zwar angeboten, in der Hütte oben etwas zuzubereiten, doch die Delikatessen, nach denen es Linda dringend gelüstete, waren in seiner Vorratskammer leider nicht enthalten gewesen.

      Nun war Linda schon beinahe in ihrem

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