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endlich zu dir zu kommen.«

      Dr. Daniel drückte sie für einen Moment liebevoll an sich, dann schaute er zur Küchentür hinein.

      »Irene, könntest du für Linda noch eine Kleinigkeit zu essen herrichten?« bat er.

      Seine Schwester grummelte etwas und hantierte laut scheppernd mit dem Geschirr.

      »Sie mag mich immer noch nicht«, seufzte Linda und tat dabei, als würde ihr dieser Umstand sehr zu Herzen gehen, dabei war es ihr in Wahrheit völlig egal, ob Irene sie nun leiden konnte oder nicht.

      »Das mußt du verstehen, Liebes«, versuchte Dr. Daniel zu vermitteln. »Irene ist ein paar Jahre älter als ich und hat sich schon immer ein bißchen für mich verantwortlich gefühlt. Ich glaube, sie wird immer auf mich aufpassen wollen, auch wenn ich einmal ein Tattergreis sein und am Stock gehen werde. Außerdem kennt sie dich ja kaum. Ich bin sicher, daß ihr euch vertragen werdet, wenn wir erst mal verheiratet sind.«

      »Hoffentlich«, seufzte Linda. »Ich würde mit deiner Schwester nur ungern im Dauerstreit leben. Sie ist ja eigentlich eine so sympathische Person.«

      Dr. Daniel lächelte. »Da hast du recht, und ich liebe sie auch von ganzem Herzen. Sie hat mir damals meinen neuen Anfang hier in Steinhausen sehr erleichtert.« Bei diesen Worten wurde er ernst. »Es war nicht einfach, in das Haus zurückzukehren, wo ich mit Christine so glücklich gewesen bin.«

      Zärtlich streichelte Linda sein Gesicht. »Das muß ja wirklich schrecklich für dich gewesen sein.«

      Die Erinnerung an diese schmerzliche Zeit drohte Dr. Daniel einzuholen, doch rasch schüttelte er diese Gedanken wieder ab. Es war vorbei, und Christine wäre sicher glücklich, wenn sie wüßte, daß er mit ihrer Kusine nun eine neue Liebe erleben durfte. Immerhin hatte Christine ihn kurz vor ihrem Tod noch gebeten, nicht allein zu bleiben, doch damals war es für ihn einfach unvorstellbar gewesen, daß er für eine andere Frau jemals etwas würde empfinden können.

      »Du denkst noch sehr oft an Christine, nicht wahr?« drang Lindas flüsternde Stimme an sein Ohr.

      Dr. Daniel nickte. »Ja, und ich fürchte, daß sich das auch nicht so schnell ändern wird – obwohl ich dich sehr liebe.«

      »Aber, Liebling, dafür habe ich doch vollstes Verständnis«, versicherte Linda rasch. »Ich will ja nicht, daß du Christine vergißt. Ich will dich nur wieder glücklich machen.«

      Dr. Daniel küßte sie zärtlich. »Das tust du bereits, Linda. Seit Christines Tod war ich nicht mehr auch nur annähernd so glücklich wie jetzt mit dir.« Dann machte er ein geheimnisvolles Gesicht. »Und nun, mein Liebes, habe ich eine Überraschung für dich.«

      Erstaunt sah Linda ihn an. »Eine Überraschung?« Und dann dämmerte es ihr plötzlich. Ein strahlendes Lächeln glitt über ihr Gesicht. »Du wirst meine Klinik übernehmen, habe ich recht?«

      Schlagartig wurde Dr. Daniel ernst. »Nein, Linda, es tut mir leid, aber ich habe mich noch nicht endgültig entschieden. Laß mir noch ein bißchen Zeit, ja?«

      Linda versuchte, sich die Enttäuschung nicht anmerken zu lassen, was ihr auch sehr gut gelang. Schließlich war Dr. Daniels Entscheidung nur noch von nebensächlicher Bedeutung. Der Vertrag, den sie bei sich hatte, würde ihn ohnehin zwingen, die Klinik zu übernehmen.

      »Natürlich lasse ich dir Zeit, Robert«, erklärte Linda gönnerhaft, dann spielte sie perfekt die Neugierige. »Und was hast du nun für eine Überraschung?«

      »Weihnachten steht vor der Tür, und ich besitze im Zillertal eine wunderschöne Berghütte. Dorthin werden wir morgen gleich nach der Sprechstunde fahren und erst im Neuen Jahr zurückkehren. Was sagst du dazu?«

      Die Aussicht, das Weihnachtsfest in einer primitiven Berghütte zu verleben, reizte Linda nicht gerade sonderlich. Viel lieber wäre sie in einem Nobelhotel abgestiegen, aber sie kannte mittlerweile Dr. Daniels Hang zur Romantik, und so heuchelte sie ihm ihre Begeisterung vor.

      »Das ist ja wunderbar, Robert!« Stürmisch umarmte sie ihn. »Ich habe mir schon immer gewünscht, einmal Weihnachten in so stilvoller Umgebung zu feiern. Und dann auch noch ganz allein mit dir. Eine schönere Überraschung hättest du mir gar nicht bereiten können.«

      *

      Stefan kam ein wenig früher als sonst vom Dienst nach Hause. Als er den blitzenden Sportwagen vor der Villa seines Vaters stehen sah, stockte sein Schritt sekundenlang.

      Deshalb also, dachte er. Ich habe mich ja schon gewundert, daß Papa heute nicht mehr in die Klinik gekommen ist. Normalerweise schaut er dort mindestens zweimal am Tag nach dem Rechten.

      Er seufzte. Am liebsten hätte er jetzt kehrtgemacht und den Abend woanders verbracht. Aber zu wem hätte er schon gehen können? Seit Rabea die Verlobung gelöst hatte, hatte er keine Freundin mehr. Sicher, die junge Darinka gefiel ihm, aber was sie beide im Augenblick verband, war nicht mehr als eine sehr lockere Freundschaft. Sie gingen gelegentlich gemeinsam in die Kantine, hatten sich aber noch nie außerhalb der Klinik getroffen.

      Dann war da noch der Oberarzt der Waldsee-Klinik, Gerrit Scheibler, mit dem Stefan inzwischen eine gute Freundschaft verband. Doch Gerrit hatte Frau und Kind, da konnte er jetzt am Abend auch nicht einfach unangemeldet hineinplatzen.

      Und mit Wolfgang Metzler, dem Chefarzt der Klinik, war es nicht mehr so das Wahre. Er hatte sich in den vergangenen Monaten sehr verändert, und manchmal hatte Stefan das Gefühl, als wäre ihm der Chefarztposten doch ein wenig zu Kopf gestiegen. Früher hatte er sich mit Wolfgang gut verstanden, aber in letzter Zeit kehrte der ein wenig zu sehr den Chef heraus.

      Stefan seufzte noch einmal, dann betrat er die Villa. Irgendeine Ausrede würde ihm schon einfallen, damit er sich möglichst bald wieder absetzen konnte.

      »Du kommst aber früh«, bemerkte Irene. Sie hatte gehört, wie die Wohnungstür geöffnet worden war, und daraufhin einen Blick aus der Küche geworfen. »Das Essen ist noch nicht fertig.«

      »Macht nichts«, entgegnete Stefan. »Ich will sowieso nicht lange bleiben. Wahrscheinlich fahre ich noch nach München – ein paar alte Freunde besuchen.«

      »Verräter«, knurrte Irene. »Läßt mich einfach mit dieser Kuh allein.«

      »Aber, Tante Irene«, tadelte Stefan seine Tante. »Du kannst doch Papas große Liebe nicht einfach als Kuh bezeichnen. Außerdem bist du mit ihr überhaupt nicht allein. Mein Vater wird das Haus bestimmt nicht verlassen, solange seine Linda hier ist.«

      Irene grummelte etwas Unverständliches und zog sich wieder in die Küche zurück.

      Stefan kämpfte mit sich. Er hörte Stimmen aus dem Wohnzimmer und wußte, daß der Anstand es gebührte, seinen Vater und Linda wenigstens zu begrüßen. Andererseits verspürte er wahrlich keine große Lust, seiner künftigen Stiefmutter zu begegnen.

      Die Entscheidung wurde ihm jedoch abgenommen, als sein Vater auf den Flur trat.

      »Stefan, du bist ja schon hier«, stellte er überrascht fest.

      »Ja, Papa, in der Klinik war nicht mehr viel los«, antwortete Stefan, »und ich habe so viele Überstunden gemacht, daß Wolfgang mich früher gehen ließ.«

      Dr. Daniel nickte. »Ich bin ganz froh, daß wir uns heute noch sehen, dann kann ich dir nämlich gleich sagen, daß ich morgen nachmittag mit Linda zur Hütte fahren werde.« Er zögerte kurz. »Wir werden wohl erst nach Neujahr wieder zurückkommen.«

      Stefan ließ sich nicht anmerken, wie wenig ihm das Vorhaben seines Vaters gefiel. Mit seinem Vorschlag, Urlaub zu machen, hatte er eigentlich nur seinen Vater, nicht aber Linda Böhnig gemeint.

      »Ist in Ordnung, Papa. Ich werde Alena morgen früh gleich Bescheid sagen, daß die Gynäkologie der Waldsee-Klinik deine Arbeit übernehmen muß.« Er sah auf die Uhr. »Du entschuldigst mich bitte? Ich muß rasch telefonieren.«

      Wieder nickte Dr. Daniel, dann sah er seinen Sohn an. »Kommst du nachher zu uns ins Wohnzimmer?«

      Stefan

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