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werden, Herr General, alles, was an schnellen Flugzeugen zu Ihrer Verfügung steht, ohne Rücksicht auf die Ladefähigkeit hier in Wierny konzentrieren und zu kleinen Geschwadern zusammenstellen. An dem Tage, an dem es gilt … ich werde ihn bestimmen … werden Sie von einem Orenburger Schiff der Kompagnie die Ladungen für diese Geschwader empfangen. Die Geschwader werden die Grenze überfliegen. Jedes Geschwader bekommt vor dem Abflug sein bestimmtes Ziel … und das Ziel wird sein … Wasser … ob See … ob Fluß … Wasser überall dort, wo gelbe Streitkräfte in größeren Mengen marschieren oder versammelt sind …«

      »Wasser? … Wollen Sie dampfen? … Dynothermdampf?«

      Isenbrandt überhörte die Frage.

      »Kämpfe sind nur anzunehmen, wenn es zur Erreichung des Zieles unvermeidlich ist.«

      »Das dürften nicht viele sein, die gegen die Übermacht ihr Ziel erreichen.«

      »Ich rechne zehn Prozent«, kam es kalt von den Lippen Isenbrandts. »Das wird genügen.«

      »Und dann? … Was wird dann geschehen?« drängte der General, indem er an Isenbrandt herantrat.

      »Es wird geschehen …«

      Einen Augenblick stand Georg Isenbrandt wieder wie geistesabwesend. Dann neigte er seinen Mund zu dem Ohr des Generals und sprach zu ihm … flüsternd, als fürchte er, der Wind könne die Laute an menschliche Ohren tragen.

      Und während er sprach, trat ein Grauen in die Augen des Generals. Sein Fuß zuckte, als wolle er zurückweichen vor diesem Manne … diesem Unheimlichen. Sein Herz schlug, wie es in der schwersten Schlacht nie geschlagen. Er fühlte, wie ein Zittern von seinen Füßen nach oben stieg, wie seine Knie wankten.

      Sein Auge starrte auf die frühlingsprangende Landschaft, als sähe er die fürchterlichen Bilder der Vernichtung, des Todes … des weißen Todes … und dann war es still an seinem Ohr.

      Mit Gewalt raffte er sich zusammen. War das ein Mensch, der zu ihm gesprochen? … War es ein Gott? … Ein Teufel? …

      Er warf einen schrägen Blick hinüber zu dem anderen. Der stand starr. Wie aus Marmor gehauen die bleichen, kantigen Züge. Die Augen regungslos in die Ferne gerichtet. Die schmalen Lippen fest zusammengepreßt.

      »Es wird geschehen, wie Sie es befehlen«, kam es da von den Lippen des Generals.

      »Noch heute! Sofort! Lassen Sie die Befehle hinausgehen! Kommen Sie!«

      Sie schritten der Stadt zu. Erst im Gehen gewann der General seine alte Ruhe wieder. Was ihm im ersten Augenblick so unfaßbar, so furchtbar erschien, das und seine Folgen hatte sein Geist jetzt voll erfaßt. Sein Schritt wurde schneller, je näher sie der Stadt kamen. Jetzt drängte es ihn, das befohlene Werk zu beginnen.

      »Ja, Herr Isenbrandt, jetzt kann ich ja unbesorgt die Kräfte hier am Ili verstärken, um endlich dem Bandenwesen ein Ende zu machen. Die Kirgisen wechseln hin und her, als ob es keine Grenze gäbe. Das soll jetzt aufhören.«

      »Sie können das unbesorgt tun … Untersuchen Sie die Gefangenen recht genau! Stellen Sie fest, wieviel reguläre chinesische Truppen unter diesen irregulären Banden sind. Ich fliege in einer Stunde nach Orenburg … das heißt offiziell. Ihre Telegramme erreichen mich unter meiner alten Geheimadresse in Berlin.«

      *

      »Der Kaiser … der Sohn des Himmels … tot.«

      Um die Mittagstunde war es dem chinesischen Volke kundgegeben worden. Bis in die entferntesten Teile des Landes hatte der Telegraph die Nachricht verbreitet. Ein schwüles Zucken war durch die Glieder des Riesenreiches gegangen. Und während noch die Herzen der Millionen unter dem Eindruck der Ereignisse standen, kam die zweite Botschaft:

      »Schanti, Toghon-Khan, der Herzog von Dobraja, ist Regent.«

      Da regte es sich stärker, lauter im Lande. Veraschte Glut wollte sich wieder entfachen. Gefesselte Hände zerrten an ihren Banden. Gefesselte Zungen wollten sprechen. Und dann war es wieder still wie am Tage zuvor.

      In der Nacht, die dazwischen lag, hatte die Faust des Schanti schon zugegriffen. Was gegen ihn war, befand sich in den Händen seiner Häscher. Die Stimmen der führerlosen Gefolgschaft wurden schwächer, und dann verstummte alles vor der Wucht der neuen Losung:

      »Krieg den Europäern!«

      Wie ein Steppenfeuer lief es durch die weiten Ebenen des Reiches und entflammte alle Geister.

      Wer hatte die Parole ausgegeben? Niemand wußte es. Die neue Regierung schwieg. Schwieg auch, als die Vertreter der fremden Mächte sie interpellierten.

      Und dann schallte es weiter und fand sein Echo auf der ganzen Erde … Krieg!?

      Es war um die sechste Morgenstunde desselben Tages. Toghon-Khan saß im großen Beratungszimmer des Palastes. Die fensterlosen Wände waren bedeckt mit großen und kleinen Karten. Die langen, niederen Tische waren verborgen unter den Stößen von Papieren und Plänen.

      Die kleine Gestalt des Regenten verschwand fast in dem großen Sessel, in dem sie zusammengesunken lag. Er schien zu schlafen. Die Augen waren geschlossen, die Lippen fest zusammengepreßt. Die ganze Nacht hatte er allein in dem Raume zugebracht. Ruhelos war er von einer Karte zur anderen geschritten, immer wieder die Stellung der kleinen Nadelfähnchen prüfend und vergleichend, immer wieder Zahlenkolonnen zusammenstellend und gegeneinandersetzend.

      Bis endlich die Worte sich von seinen Lippen lösten:

      »… So muß es gehen! … So wird es gehen … so geht es!«

      Dann hatte er sich in den Sessel geworfen und versucht, in kurzem Schlaf Erholung zu finden … Um sieben Uhr waren seine Generale zu ihm befohlen.

      Doch vergeblich suchte er den Schlaf. Die Flut der rastlos arbeitenden Gedanken ließ ihn nicht zur Ruhe kommen. Der Druck der übermenschlichen Verantwortung peitschte seine Nerven immer von neuem auf. In ihm war das Leben, die Macht, die Zukunft des größten Volkes der Erde verkörpert.

      Mit halbgeschlossenen Lidern blickte er vor sich hin. Der Schlaf wollte die Herrschaft über ihn gewinnen. Nur noch undeutlich sah er die Papiere auf den Tischen … weiße Flächen … weite, weiße Flächen …

      Da … seine Hände umkrampften die Lehnen, sein Oberkörper beugte sich vor.

      Schnee! … Schnee? …

      Er fiel in den Sessel zurück und preßte die Hände auf die Augen.

      Was war das damals am Tage des Einzuges des Kaisers? Schwerer Schnee aus lichtem Frühlingstag … Hatte er nicht selbst die Flocken auf seiner Hand zergehen sehen? Bis auf die eine, die am Ringe des Dschingis-Khan solange haften blieb … und seinen Glanz trübte.

      War es ein Zeichen des Himmels? War alles Menschenwerk? … Werk dieses einen da drüben? Dann …

      Mit jähem Ruck riß er sich empor, die Augen weit geöffnet. Das Weiße vor ihm gewann feste Gestalt, es waren die weißen Papiere, die dort auf den Tischen lagen. Nervös fuhr er sich über die Augen.

      Hinweg mit der Furcht! … Menschenwerk? … Nein! Kein Mensch würde jemals so tief in die Geheimnisse der Natur eindringen … Kein Mensch jemals die Folge der Zeiten verändern können.

      »Zuviel habe ich gearbeitet in den letzten Wochen … zuviel war es, was meine Nerven spannte. Ruhe brauche ich … die Ruhe wird kommen, wenn der Würfel gefallen ist.« Seine Faust schlug auf das Papier. »Weg damit! … Zur Tat!«

      Er drückte auf den Bronzeknopf. Ein Adjutant trat ein.

      »Die Generale!«

      Sie traten in den Raum. Die in so vielen Kämpfen erprobten Führer. Die Feldherren des großen Kubelai-Khan. Seine Kampfgenossen.

      Sie verneigten sich tief … vor dem Ringe des Dschingis-Khan, der auf der Hand des Regenten gleißte. Toghon-Khan setzte sich. Schweigend nahmen die anderen ihre Plätze ein.

      »Unser

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