Скачать книгу

geöffnet … dort Staudämme gesprengt … dort Brücken unterminiert und Wege ungangbar gemacht. Es fing als eine planmäßige Sabotage an.

      Aber als die ersten Nachrichten kamen, daß auch Dynothermlager der Kompagnie zum Brennen gebracht waren, da wußte man, daß es mehr als Sabotage … daß es Aufruhr … Krieg war.

      Die Siedler griffen zu ihren Verteidigungsmitteln. Die Polizeitruppen waren Tag und Nacht mobil. Wo sie hinkamen, schafften sie Ordnung. Sobald sie den Rücken kehrten, ging es wieder los.

      Im jahrelangen Verkehr mit den Siedlern hatten die Kirgisen viel gelernt. Unter den technischen Arbeitern waren anstellige Kirgisen in Menge. Die kannten die Anlagen und ihre Bedeutung nur allzu gut. Wußten nicht nur, wie man diese richtig zu bedienen habe, sondern auch, wie man sie am besten ruinieren könne.

      Und es blieb nicht bei diesen Zerstörungsakten einzelner. Es kam zur regelrechten Bandenbildung in den Grenzgebieten. Die Ausrüstung und Organisation war dabei derartig, daß die fremde Unterstützung außer allem Zweifel war.

      Sogar Flugzeuge standen den Banden zur Verfügung. Von den Grenzgebirgen her stießen sie zur Nachtzeit weit in das Siedlungsgebiet vor, richteten hier allerlei Schaden an und waren bei Morgengrauen wieder verschwunden. –

      Kurz nach Sonnenaufgang kam der vom Baron von Löwen geführte Kompagniekreuzer in das obere Amutal. Hier befanden sich gewaltige Stauanlagen, die das überreichlich von den Alpen kommende Wasser auffingen und in einem großartigen Kanalsystem über das Siedlungsland im alten Turkmenengebiet verteilten.

      Hier hatte die E. S. C. vor zwanzig Jahren ihre Arbeiten begonnen … Richtiger gesagt, die alten ähnlichen Arbeiten der russischen Regierung in großzügiger und technisch viel vollkommenerer Weise fortgeführt. Dicht besiedelt war das Land hier. Lebenswichtig für das Gedeihen der Siedlung war das gute Funktionieren des Kanalsystems und der Stauanlage.

      Aber schon mehrmals waren die Anlagen das Ziel feindlicher Angriffe gewesen.

      Georg Isenbrandt war seit Beginn des Aufstandes Tag und Nacht unterwegs. Der Kreuzer des Herrn von Löwen war seit Tagen sein ständiges Quartier. Als das Schiff jetzt an der großen Schleuse von Kula Kul niederging, kam sofort der Adjutant des Generals Bülow, der Hauptmann Averil Lowdale, an Bord, um Rapport abzustatten.

      Mit gespanntem Interesse lauschte Isenbrandt dem Bericht des Offiziers. Erst in der vergangenen Nacht hatte es hier einen scharfen Kampf gegeben. Ein überraschend starkes Geschwader hatte nach Anbruch der Dunkelheit einen Angriff auf die Anlagen unternommen. Hauptmann Lowdale hatte ihn mit gutem Erfolg abgewehrt. Die Anlagen waren nur leicht beschädigt worden.

      Der Hauptmann war mit seinem Bericht an Isenbrandt zu Ende.

      »Sie haben recht, Herr Hauptmann! Es hat keinen Zweck, hier ständig große Kräfte zu binden … zu lauern, bis ein Angriff erfolgt. Es ist besser, das Übel bei der Wurzel zu fassen.

      Ihre Meinung, daß die Angriffe über die gelbe Grenze herkommen, teile ich nicht. Sie mögen die Unternehmungen von dort aus unterstützen … meinetwegen sogar veranlassen. Aber ich halte die Regierung von Peking für zu vorsichtig, sich eine derartige Blöße zu geben. Berichten Sie in diesem Sinne auch an den General. Er möchte die hiesigen Grenzgebiete durch eine schnelle Kreuzerflotte gründlich absuchen lassen. Es müßte doch mit dem Teufel zugehen, wenn die Burschen nicht zu finden wären.

      Die Grenzführung ist hier freilich außerordentlich schwierig. Mir ist sie von den Arbeiten im Gebirge her genau bekannt. Begleiten Sie mich, bitte, um das Terrain zu studieren. Sie dürften dann der richtige Mann sein, um die Operationen selbständig zu leiten. Vielleicht haben wir Jägerglück und spüren eins der Fuchslöcher auf.«

      Eine Viertelstunde später strich der Kreuzer in niedrigem Fluge langsam über die Kämme der Grenzgebirge. In der Zentrale stand Hauptmann Lowdale neben Isenbrandt und verfolgte an der Hand der Karte und der Erklärungen Isenbrandts das unter dem Kreuzer langsam hingleitende Gelände.

      Jetzt teilte sich der Gebirgskamm. Der eine Rücken ging nach Nordosten, der andere nach Osten. Herr von Löwen ließ den Kreuzer dem Nordostkurs folgen.

      »Halt, Herr von Löwen! Wo wollen Sie hin?«

      »Der Grenze folgen, Herr Isenbrandt.«

      »Die Grenze läuft auf dem Ostkamm weiter.«

      »Unmöglich, Herr Isenbrandt. Hier, bitte, die Karte!«

      »Dann ist die Karte hier ungenau! Nehmen Sie auf meine Verantwortung den Ostkurs.«

      In scharfem Winkel bog der Kreuzer auf den befohlenen Kurs ab. Gebirgswüste dehnte sich unter ihnen. Kein Baum und Strauch, geschweige denn ein Zeichen menschlichen Lebens. Öde und eintönig zog die von den Gebirgskämmen umsäumte Sandwüste unter ihnen hin. Jetzt strichen sie an dem Eingange eines nach Süden laufenden Seitentales vorbei.

      Während der Hauptmann und Baron von Löwen vorwärts blickten, suchte Isenbrandt die Talmulde mit seinem Perspektiv ab. Die Kämme ringsherum waren mit leichtem Firneis bedeckt. Nur an einer Stelle brach der kahle Fels ohne jede Spur von Eis und Schnee durch.

      Wie war das möglich? Nach der Gebirgsbildung mußte auch hier Schnee liegen. Isenbrandts Auge ruhte unverwandt auf der Stelle.

      Nur Menschenhände konnten hier gewirkt haben. Aber wozu? Zu welchem Zweck?

      Isenbrandt nahm das Glas von den Augen und überlegte. Augenscheinlich war hier in letzter Zeit mit Dynotherm geschmolzen worden. Von seiten der Kompagnie konnte es nicht geschehen sein.

      Von feindlicher Seite? Es war viel zu wenig, um irgendwelchen Schaden anzurichten. Sein Auge überflog die traurige Wüste. Ein Gedanke zuckte durch sein Hirn.

      Nirgends war hier eine Spur von Wasser. Lebewesen, die hier längere Zeit hausen wollten, mußten sich das unentbehrliche Naß mitbringen … oder erschmelzen.

      »Ruder Steuerbord!« kam es scharf von seinen Lippen, überrascht sahen ihn seine Begleiter an. Noch während der Kreuzer das Kommando ausführte, folgte sein zweiter Befehl:

      »Höhensteuer!«

      In steiler Fahrt strebte das Schiff größere Höhen an, während sein Kurs es über jene Talmulde hinführte.

      »Bombe bereit.«

      Frohlockend schrie Löwen das Kommando in den Apparat.

      »Wir haben sie, Herr Isenbrandt! Der Teufel hätte sie hier suchen sollen!«

      Der geübte Blick des alten Schiffsführers hatte jetzt auch erkannt, daß diese Talmulde einen mit raffinierter Kunst kaschierten Flughafen verbarg. In geschickter Weise war ein Teil der Mulde mit einem leichten Gerüst überbaut und die Bedachung, um die Täuschung vollständig zu machen, mit einer dünnen Sanddecke belegt.

      »Bombe ab!«

      Noch ehe der Lufttorpedo seinem Rohre entglitt, öffneten sich wie von Geisterhänden bewegt weite Luken in der Sandfläche. Wie ein Schwarm aufgescheuchter Krähen schoß ein halbes Dutzend schneller kleiner Schiffe daraus hervor, die sich sofort weitauseinander zogen und den Kompagniekreuzer einkreisten.

      Ehe weitere Schiffe folgen konnten, erreichte der Lufttorpedo sein Ziel. Ein Blitz! Noch bevor der Donner der Explosion den Kreuzer erreichte, sah man von dort aus die furchtbare Wirkung. Weit aufgerissen klaffte jetzt die Decke dieses heimlichen Hafens. Vernichtet mußte alles sein, was darunter verborgen war.

      Die Insassen des Kreuzers hatten keine Zeit, sich weiter um die Trümmerstätte zu kümmern. Die Schar der Angreifet, die sie wie Hornissen umschwärmten, beanspruchte ihre volle Aufmerksamkeit.

      Schon arbeiteten die Batterien des Kreuzers und feuerten aus allen Rohren. Aller Wahrscheinlichkeit nach mußte das Kompagnieschiff mit den Gegnern schnell fertig werden. Seine gute Panzerung bot ihm gegenüber den ungepanzerten Angreifern einen wesentlichen Vorteil. Diese schienen sich auch auf einen ernsten Kampf nicht einlassen zu wollen. Sie suchten die Entfernung zwischen sich und dem Kreuzer ständig zu vergrößern, wobei sie nach alter tatarischer Kampfesweise abwechselnd nach rechts und

Скачать книгу