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mit Ausbrüchen der Verzweiflung.

      »Es regnet, Fräulein Maria! Fühlen Sie die wunderbare Frische, die ins Zimmer dringt?«

      Einen Augenblick schien Maria Feodorowna aus ihrer Apathie zu erwachen.

      »Ja! … Es regnet?«

      Sie wandte den Kopf und hörte das Rauschen des immer stärker werdenden Regens.

      »Es regnet … ja … es regnet.«

      Dann sank sie wieder in ihre alte Teilnahmlosigkeit zurück. Fox überlegte einen Augenblick, wie er ihr die frohe Nachricht beibringen könne. Er fürchtete, daß ein allzu jäher Umschwung der Empfindungen ihr Gefahr bringen könnte.

      Die kleine kirgisische Dienerin Marias huschte an ihm vorbei und beugte sich zu ihr.

      »Ein gutes Mittel für die kranke Herrin! Ein Mittel gegen die Kopfschmerzen. Ein durchziehender sartischer Händler gab es mir … Es wird der Herrin helfen. Er sagte, es muß so gebraucht werden, wie es dabei geschrieben steht.«

      Mit einer müden Handbewegung wehrte Maria die Dienerin ab.

      Bei der Nennung des sartischen Händlers hatte Wellington Fox aufgehorcht. Er schritt an die Ruhestätte heran und nahm der Kirgisin das Päckchen aus der Hand.

      »Geh! Deine Herrin ist müde. Ich werde es ihr später geben!«

      Kaum hatte die Dienerin den Raum verlassen, so zerriß er mit fieberhaften Händen die Umhüllung. Eine Tube von der ihm so gut bekannten Form fiel ihm in die Hand. Mit schnellen Griffen löste er den Zettel, der sie umhüllte.

      »An Wellington Fox oder die, die es bekommen!

      Heute nachmittag um 5 Uhr 30 Minuten müßt ihr den Inhalt der Tube in ein Wassergefäß in eurem Zimmer schütten.«

      Der Zettel in Maschinenschrift. Kein Namen darunter.

      Schon wollte Wellington Fox seiner Freude in neuen Sprüngen Luft machen, als sein Blick auf Maria fiel. Hallo, alter Fox! Nicht zu stürmisch. Bring es ihr langsam bei.

      »Ein vorzügliches Rezept! … Ein brillantes Rezept!«

      »Was ist’s?«

      Der alte Witthusen war zu ihnen getreten und ließ sich auf dem Rande von Marias Lager nieder. Er ergriff ihre Hände und streichelte sie leise.

      »Was ist Vater? Du schaust so froh?«

      »Sprechen Sie weiter, Herr Fox … Sie werden es besser sagen können. Ich … ich … kann nur ahnen … die frohe Botschaft … die Sie sagen werden.«

      »Also, Fräulein Maria! … Hier ist das beste Mittel gegen Ihre Kopfschmerzen, das es in der Welt gibt.«

      »Sie kennen das Mittel?«

      »Jawohl! … Ganz genau, Fräulein Maria ..Es wird hergestellt und vertrieben … von meinem Freunde Georg Isenbrandt!«

      Maria erhob sich halb von ihrem Lager. Ihre Augen wanderten zwischen Fox und ihrem Vater hin und her.

      »Von Isenbrandt? … Was ist’s«, drängte sie. »Sagen Sie es, Herr Fox! … Was schickt uns Georg Isenbrandt?«

      Fox lächelte spitzbübisch.

      »Das Mittel, um Sie von Ihren Kopfschmerzen und … uns aus der Gefangenschaft zu befreien … Er selbst ist gekommen.«

      Mit einem Ruck erhob sich Maria Feodorowna vollständig von ihrem Lager.

      »Er ist gekommen? … Georg Isenbrandt ist da?«

      Alle Müdigkeit … alle Erschlaffung war von ihr gewichen. Sie eilte zur Tür. Ihre Augen suchten forschend durch das fahle Grau. Mit gierigen Atemzügen zog sie die frische Kühle in ihre Brust ein.

      »Sein Bote! … Der Regen!« sagte Witthusen.

      Maria drehte sich um und schaute ihren Vater fragend an.

      »Wann kommt er selbst?«

      Ein freudiger Glanz lag in ihren Augen. Ein leichtes Rot bedeckte die blassen Wangen.

      »Bald, Kind! … Bald kommt er und bringt uns Freiheit.«

      Ein Zittern ging durch Marias Gestalt. Witthusen nahm sie in seinen Arm und führte sie zu ihrem Lager zurück.

      »Zuviel des Guten! Mut, Kind! … Mut!«

      Wolkenbruchartig strömte jetzt der Regen herab. Schon bildete der ganze Hof eine einzige Lache. Immer düsterer, jetzt nicht mehr grau, sondern fast schwarz, ballten sich massige Wolken und gossen den schweren Sturzregen auf das Land.

      »O Gott, was für ein Unwetter!«

      »Ein Unwetter, das uns die Rettung …die Freiheit bringt.«

      »… Kann ein Mensch Sturm und Wetter senden, wie er will? Wind und Wetter schicken? … Erinnern Sie sich, Herr Fox. Wir sprachen auf der Fahrt von Orenburg nach Ferghana darüber. Es war der Punkt, an dem die Künste Ihres Freundes versagten.«

      »Damals Fräulein Maria!«

      »Und heute?«

      »Und heute ist es … vielleicht anders.«

      Eine kurze Pause des Schweigens. Unterbrochen durch schwere Donnerschläge und zuckende Blitze. Inmitten der strömenden Regengüsse kam ein Gewitter von unerhörter Stärke zum Ausbruch. Es gab Minuten, in denen ein Blitz dem anderen fast unmittelbar folgte, in denen das Rollen und Grollen nicht zur Ruhe kam und jede Rede unmöglich war.

      In einer Pause des Tobens der Elemente sprach Maria:

      »Das Blatt in dem Päckchen trägt keine Unterschrift … keinen Namen … sind Sie so sicher, daß es von Ihrem Freunde kommt?«

      »Kein Zweifel, Fräulein Maria.«

      »Warum hat Ihr Freund seinen Namen nicht daruntergeschrieben?«

      »Weil es nicht gut … nicht klug ist, den Namen Isenbrandt in das Land der Gelben zu tragen … Nicht gut für den Träger der Botschaft … auch nicht gut für die, an die die Botschaft gerichtet wurde …«

      Ein neuer Donnerschlag unterbrach seine Rede und ließ das ganze Gebäude bis in die Grundfesten erzittern. Erschreckt drängte sich Maria an ihren Vater. Die kleine Kirgisin kam wieder in den Raum. Verstört und hilfesuchend. Das Unwetter schien den Weltuntergang einzuleiten.

      Jetzt war es ganz dunkel in dem Zimmer. Nur die Blitze warfen durch die kleinen, hoch unter der Decke liegenden Fenster ihre jähen bläulichen Reflexe.

      Wellington Fox allein blieb ruhig und äußerlich wenigstens unbewegt. Wieder zog er die Uhr.

      »Zwanzig Minuten nach Fünf.«

      In einer Pause zwischen zwei Donnerschlägen klangen die Worte durch den Raum.

      Der Regen begann jetzt milder zu fallen. Aus dem Wolkenbruch wurde ein einfacher Landregen.

      Ging das Unwetter seinem Ende entgegen? Sollte der Aufruhr der Elemente ebenso jäh zur Ruhe kommen, wie er ausgebrochen war?

      Seltener wurden die Donnerschläge, seltener die zuckenden Blitze. Aber die Helligkeit im Raume wurde nicht geringer. Auch jetzt noch fiel Licht durch die Fenster.

      Der Himmel selbst schien zu leuchten.

      Wellington Fox lief bis an die Hoftür. Er streckte die Hände in den Regen und zog sie mit einem Aufschrei zurück. Kochendes Wasser war ihm darauf gefallen und hatte ihn verbrüht.

      Er kehrte in das Zimmer zurück und rieb sich die schmerzende Hand. Spürte dabei, wie die Wärme auch im Zimmer zunahm.

      Nach der Sonnenglut des Tages hatte der erste schwere Wolkenbruch angenehme Kühlung gebracht. Jetzt begannen die Fluten zu sieden und zu kochen.

      Wellington Fox sah auf die Uhr.

      »Halb sechs!«

      Mit schnellem Griff

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